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Mannheimer Morgenblatt — 1843

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Februar (No. 27 - 50)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44564#0149

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Beleuchtung der Frage, ob im Großhexzogthum Baden
bei dem jett beſtehenden Preſigeſetz die Klage wegen Pri-
patbeleidigung zuläßig ſei, wenn die Cenſur die Druck-
erlaubniß ertheilt hat.
(Bon Obergerichts⸗Abvokat, Aſſeſſor Moliior in Mannheim.)
(Foriſ. u. Schluß.)

7) Un dieſe wichtige Beirachtungs momente reihi ſich noch ein wei-
teres nicht minder wichtiges an: Das Ehrenrecht iſt und bleibt dem
pollzeilichen Reſſort entzögen, und umier ren Schutz der Gerichte ge-
fielll Die Suafe meyen Ehrenkrätkung iſt eine gerichtliche Strafe,
die Beftinmungen über die Straͤflichkeit der Injurien, über das Struf»
maß und die Art der Sirafe iſt daher nicht Gegenſtand der pottzeilt-
en VBerordnung, fondern kann nur im förmlichen Wege der Geſetzze-
bung erlaſſen weıden. So waren durch das Geſetz vom 28. Dezbr.
—14831 die durch die freie Preſſe begangenen Injurie für ſträflich er-

klaͤret, ſofort A t und Maß der Strafe durch das Edrenkränkungoge-
ſetz vom nämlichen dato geregelt; ſo wie aber jetzt die Preßfreihtit auf-
behöret hat, ſo kann die durch obige Geſetze beſiimmte Sträfl chkeit der
“Cyrenfränfungen durch die Preſſe nur noch doit beſtehen, wo ſich Je-
mand. durch Umaehung der Cenſur die Preßfreiheit anmaßt, oder durch
ein mehr al$s 20 Boyen ſtarke Schrift Injurien begeht. Auf cenfirte
Schriten aber kömen jene Beſtimmungen krine Anwendung ſinden,


Siräftichkei der Inſurten durch cenſirre Schriften beſtehet daher kein
Sefep ! Darum ift die Frage, ob auch nach erfolgter Dtuckerlaubniß
die Klage wegen Privatbeleidigung durch die Preſſe zuläſſig ſei, unbe-
zwelfelt ein Gegenſtand der Legisiation, und kann eben darum ſo we-
nig von dem hohen Miniſterium ver Juſtiz und des Innern, alg von
den Gerichishoͤfen ſelbſt entſchieden werden. Vor der competenten Ent-
ſcheiduug diefer Frage im Wege der Geſetzgebuag kann von einer Klage
zund Straferfeine Ride ſein, weil kein Strafgeleg beſtehet, nach dem

* oberften Gruudſatz des Strafrechtes: Nulla Pöna: sine Les?.

’8)_ Die Gründe, welche die hohen Miniſterien dex Juſtiz und des
Innctn für ihre Anſicht über: die Zuläſſigkeit der Privatklage gegen
Tenſtrte Schriften aufftellen, ſind dieſe:

Der mit der Cenſur beauftragte Polizeibeamte koͤnne demjenigen,
der an ſeiner Ebre aͤngegriffen fei, an ſeinen Rechten nichts verge-
„ben ; wenn gleich dieſer Folizeibeamte Aufſaͤtzen, die ſchon durch ihre
Forin beleidigen, die Druckerlaubniß zu verſagen habe ſo liege hierin

doch kein zureichender Schutz gegen die Privat ediie , da der Ceaſor
„eine folde, wenn gleich formelle Beleidigung oft nicht einmal zu er-
kennen vermößen, und ſein Urtheil über das Daſein einer folchen
Beleidigung für den beleidigten Dritten. übechaupt nicht maßg bend

fein touͤne? Dies ſind nun freilich in abstracto beirachier, unumflöß-
iiche Wahrheiten, allein es ſind mehr nur Symtome der organijchen

Krantkheit unferes Cenſurweſens. }

' a) Die erſte diefer Prämiffen, daß det Cenſor demienigen, der an
feiner Ehre gekränkt fei, ſein Recht nicht vergeben könne, führt dulch
den dictaͤus gezogemen: ohnehin nicht folyerichtigen Schluß auf die Zu-
laͤfſigkei der Pribatklage zu einer groͤßen Juͤchaſequenz; deng der Cens

ſor kann auch den politiſchen Perſonen dem hohen deuiſchen Bund, den
auswartigen Regierungen, uhfecer eigenen Regierung, dem Staate-

DObethaupt u ſ. w. kein Rıcht vergeben, und doch iſt es unbeſtritten,
daß für cenfirte Auſſatze wenn ſie auch die ſchwerſte Inoeetiven gegen
foͤlche poluliſche Perſonen enthalten, keine Verantworttlichkeis beſtehe. Ich


Achiung, weniger Ehrenrecht als die Privaten?


« den Schus der Ehre- fei, tann nur ein Grund fi ihre Abſchaffang bei
— Privarbeflpredhung ;: nicht aber fuͤr die bleibende Veramworgickfeu Dcs
: Sthriftellera: fein, Au diefem Schluß fehlt c& fehon; an der Togifhen





ſtellt ſich der Staat als Garant zwiſchen den Schriftſteller und das
Publikum, während er dem letztern Schutz gegen öffentliche Beleidi-
gungen verbürgt, verbürgt er dem Erſtern die Freiheit von aller Ver-
antoortlichkeit. Die dem Schriftſteller verbürgte Strafloſigkeit kann
ader nur auf Möglichkeit und Wirklichkeit des dem Publikum garantiren
Schutzes bedingt jein, wenn ſie nicht ungerecht ſein ſoll; wenn nun
die Staaisverwaliung ſelbſt jagen muß, ſie könne die dem Puͤblikum
gegebene Büryichaft nicht erfüllen , ſo muß ſie ſelbſt zugeben, daß die


Publikum ſti, aber hieraͤus folgt doch wohl nidt, daß man den Schrift-
ſieller ſtrafen dürfe, ohnerachtet man ihm die Strafloſigkeit garantirt
yaͤt. Dieſe Betraͤchtung führt uns auf die Alternative: entweder wird


kechnung flatt füi.det, weil ihm die That von der Staatsbehö: de exlaubt
war, weil kein Sirafgefeß für Ehrenktäukungen durch eenſirte Druck-


Die Ugerechtigkeit von der hier die Rede iſt, geht vom Richter
aug, Jın zweiten Falle dagegen beſtebt eine große Ungerechtigkiit ges


ſelbe wie die hobe Staatoͤbehörden ſelbſt ſagen weßen Unbekanniſchaft


und ſie wird doch wohl nicht durch

neutralifirt werden ſollen? Wenn aber das Uebel im Geſetze liegt,
ſo kann auch nur geſetzgeberiſch gebolfen werden, man gebe die Preſſe
für Prvatbeſprechen fret, dann iſt die Controverfe gkhoben.
Wenn dieſe Privaibeſprechungen außerbalb dem politiſchen Inter-
reſſe des deuiſchen Bundes und unferer eigenen Regierung liegt; dann
kaͤnn dieſer beſchraͤnkien Preßfreiheit nichts entgegen ſtehen.
Leiegt aber die Ausdehnung der Cenfur auf Bruckſchriften über Pri-
vaͤlangelegenheiten im politiſchen Iniereffe, und alfo auch im Sinn und
Geiſt der beſiehenden Pteßgefetzgebung daun Fann hierunter nur der
ſeiden, zu deſſen Ungunſt das Geſetz in feinen Folgen wirft, und Dies
ſes iſt hier vür der durch eine cenfüte Schtift beleidigte Privatmann


verbürgt. *
Raͤch allem dem iſt die Ehrenktänkungeklage gegen die Urbeber ei-
ner eenſtrien Schrift in Rechten nicht beyründer, und muß daher von
vornen hinweg verworfen werden.

Tagobericht.

Freiburg, 10. Febr. So eben trifft die offietette Nachricht
dabier ein, daͤß in dem Conſiſtorium den 36. Jan. 1843 unſer Hechwin-

Düſſeldorf, 6. Febr. Das Verbot der „Rheiniſchen Zeitung
bildet hier noch immer das Tagesgeſpräch. Dem Vergehnen nach *
gulirt: feit einigen Tagen behufs der Unierſchrit Peition, an Se.
Maj. den König wegen Aufbebung ienes die Rhein. Zeitung * effen-
Es ſollen ſogleich viele notable 44
u. A. auch ein Regierungsrath, untexzeichnet baben. In Aachen un
andern. Noeinfkädten [oMsiw Bereits ahuliche Geſuche im Sange fein.


 
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