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Mannheimer Morgenblatt — 1843

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Januar (No. 1 - 26)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44564#0037

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1813.









Coloniſation in Algerien.

Algier iſt das einzige Erbſtück, das die Franzoſen aus dem Nach-
laß des, gewaltſamen Tods verſtorbenen, Miniſteriums Polignac an-
zunehmen nicht verſchmäht haben. Eroberung und Behauptung des
wichtigen Punktes auf der Nordküſte Afrika's gehören zu den bedeuten-
ſten Ereigniſſen unſerer Zeit. Das Raubneſt hatte Karl'n V. wider-
ſtanden (die mißlungene Expedition fällt in den October 1541) und
war von Lord Ermouth (1816) nur gezüchligt worden. Bourmont
nahm &8 wie im Fluge Es hatte ihm den Sohn gekoſtet und der
Dank ſeiner Landsleute ſollte ihn lohnen. Aber drei Wochen nach Al-
gierls Fall, wenige Tage, nachdem die Siegesnaͤchricht Paris erreicht
“Hatte, weckten die Juliordonnanzen den Sturm der Karl's Thron
umſtürzie. Bourmont, der Polignae's College, haͤtte vergebens den
Flecken von Wuterloo in Maurenblut abgewaͤſchen. Er mußte das
Vaterland meiden. Unter der weißen Fahne war Algier genommen
worden unter der dreifarbigen ward es behauptet. Seit 1830 dient
es nun in's dreizehnte Jahr zum Abzugscanal für Frankreich's Mann-
ſchaft und Schätze. Oft ſchon erhob ſich die Frage, ob es nicht räth-
Lich/ Algier aufzugeben oder doch nur die Küſtendiſtriete beſetzt zu hal-
ten! Die entgegengeſetzte Anſicht behielt die Oberhand. Algier wird
alg ein integrirender Theil des franzöſiſchen Reiches angeſehen; es ſoll
pacificirt und coloniſirt werden. Was die Vollziehung dieſes Plans
bis daher hinderte — der hartnäckige Widerſtand der Eingebornen —
kommt immer weniger zur Beachtung. Abdel Kader ſcheint gebeugt,
die Unterwerfung der Araberſtämme nachgrade geſichert. Darum iſt es
jeßt, bei Eröffnung der legislativen Seſſion, wo die Regierung“ neue
Millionen für Algerien anſprechen muß, an der Zeit, die Ausſichten,
welche ſich der Beſitzung in Afrika eröffnen, ins Auge zu faſſen. Dieß
hat Dureau de la Malle bedacht, der in der neueſten Nummer
der Debats eine Abhandlung anfängt über die Coloniſation Al-
geriens. Die früher ausgeſprochene Ueberzeugung, man müſſe Eon-
ſtantine nehmen um Algier zu bebaupten, hat ſich gerechtfertigt. Der
Krieg in Afrika naht ſich ſeinem Ende; der Muth der unbezähmbaren
Mauren fängt an, in Ermüdung unterzugehen. „Es gibt Fiebermo-
mente“ — ſagt Dureau de la Malle — „in dem Leben der Voͤlker;
wir hatten die unſeren in den Jahren 1789 und 1830; ebenſo iſt es
den Arabern ergangen, als die türkiſche Herrſchaft der franzöſiſchen
weichen mußte. Da legte ſich plötzlich jeder innere Haß; die getheilten
Stämme machten gemeinſame Sache gegen das unbekannte Volk, das
ſich wie ein wandernder Raubvogel, mit Maſten und Segeln an threr
Küſte niederließ.

Der Kampf dauerte lange; heute aber iſt die Stunde gekommen,
wo er ſichtlich ermattet! Der wilden Aufregung zum heiligen Kriege,
der die Nomaden die Nothwendigkeit eines Centralpunktes ihrer Kräfte
fühlen ließ (woraus ſich Abdel Kaders Maͤcht erklärt), iſt das Be-
dürfniß der Ruhe gefolgt. Der Fatalismus des Islam bietet der Ent»
muthigung eine leichte Eniſchuldigung. Materielle Intereſſen erwachen;
die Araber fangen an einzufehen, daͤß ſie bei der Unterwerfung weni-
ger verlieren als gewinnen. ; ;

Unter dieſen Umfländen.ift es Zeit, an die Koloniſation der Nordküſte
Afrikals zu denken, die Lehren der Erfahrung zu hören, und die Mittel in
Betrachtung zu zieben, welche einſt von den Römern angewendet wurden,
als ſie die große und reiche Landſtrecke mehr unter ihre Herrſchaft brachten,
verwalteten, und civiliſirten, alg coloniſirten! Man hat ſich bis daher
eine irrige Idee gemacht von den Wirkungen der römiſchen Regieruag auf
Afrika; und in Folge diefer unzulänglichen Anſicht iſt angenommen worden,
die Nordküſte Afrika's ſei von den Römern coloniſirt worden.

CSchluß folgt.)


Tagsbericht. Ü
Frankfurt, 6. Januar. Auf der Taunuseiſenbahn wurden im
vergangenen Jahre etwa 60,000 Perſonen mehr alg im Jahr 1841
befördert; die Mehreinnahme überſteigt 36,000 fl. 3 Ha
Berlin, 4, Jan. Dem Vernehmen nach bat Hr. Brockhaus
ſoͤgleich naͤch ſeiner Rückkehr von hier nach Leipzig in Dresden die
Koͤnzeſſion zu einer andern Zeitung nachgeſuͤcht, und dieſe dürfte als
Sächſifche, Dresdener oder dergleichen Allgemeine, wutatis mutandis,
in Kurzem wieder mit der Eiſenbahn bei uns anlangen. Ohne Preu-
ßen wird ein Inſtitut, das ganz auf Preußen baſirt iſt, nicht beſte-


Georg Herwegh! die nächſte, unmittelbare Veranlaſſung des ſo
ploͤtzlichen Verbois der Leipziger Allgemeinen Zeitung, iſt in Betreff


{berafer. Blätter, und bat dringend um Zurückhaltung eines von ihm
auspzehenden Briefes; namentlich waͤndte er ſich auch noch ſpeziell an
ie Leipziger Allgem. Zeitung. Aber umſonſt Die Redaktion bewahrte
Liſen Brief wohl an acht Tage in ihrem Pulte, und beging dann die
meuloſe Unbeſonnenheit, denſelben trotz der Herwegh'ſchen Binen zu

Deuz, bei Cöln, b. Jan. Am Neujahrstage hat ſich hier ein trau-
riges Ereigniß in dem Selbſtmorde einer der ſchönſten Frauen unſerex
Eine junge Fremde vom Oberrhein, hier lebend, galt
allgemein für unverheirathet und ſtand auf dem Punkte, die Frau eines


von ihrem Gatten erhielt, der getreant von ihr lebte und ſie nun aufge»
ſpürt hatte. In der Beſchämung und Hoffnungsloſigkeit ging die Schöne


ſie nicht fortgeſpült werden konnte, verband ihre Augen und ſtürzte in den
Rhein! Durch ihr auf der Brücke hängendes Halstuch wurden die Vorü-
bergehenden aufmerffam und zogen an dem Stricke einen Leichnam aus
der Fluth.

—— „ 8, Januar. Im Jahr 1841 wurden 262 Kreuze der
Ehrenlegion vertheilt und im Jahr 1842 314 —

London, k Jan. London dehnt ſich jetzt von Bethnalgreen bis
Turnhamgreen, 20 engliſche Meilen, und von Fentiſhioxn bis Brir-
ion, 7 englifde Meilen aus, hat eine Oberfläche von 20 engliſchen
Gevierimeiien, gegen 200,000 Häuſer und über 2 Millionen Ein-
wohner.

Carlsruhe. Der erledigte kathol Schul-, Meßner - und Organi-
ſtendienſt zu Eichesheim, Obexamis Raftadt, ift dem Haupilehrer Joſeph
Woͤrner zu Waͤltersweier, Oberamts Offenburg, übextragen, und da-
duͤrch iſt der katholiſche Schulz, Meßner» und Organiſtendienſt zu Bal-
jersweier mir dem gefetzlich regulirten Dienfteinfommen von 140 f jähr-
lich nebſt freier Woßnung und dem Schulgeld, welches bei einer Zahl von
etwa 57 Schulkindern auf 30 kr. jährlich für jedes Kind feſtgeſetzt iſt, er-
ledigt worden. Die Kompttenten um den letztaenannten Schuldienſt haben
ſich durch ihre Bezirksſchulviſitaturen bei der Bezirksſchulviſitatur Offenburg
innerhalb 6 Wochen zu melden. ; ;

Die erledigte evangeliſche Schulſtelle zu Huchenfeld, Bezirke Pforzheim,
iſt dem Schullehrer und bisherigen Ocganiſten zu Durlach, Auguſt Idler
übertragen worden.



As tr. das halbe Jahr. Den jetzt


 
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