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Mannheimer Morgenblatt — 1843

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November (No. 256 - 282)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44564#1077

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1843,













Tagsbericht.

Aus dem 35. Aemterwahlbezirk, 13. Nov. Der bevorfte-
hende Landtag darf wohl für einen der wichtigſten unter allen bisheri-
gen gezaͤhlt werden, da auf dieſen die allgemeine Hoffnung gebaut iſt,


werde. Je wichtiger, und in die moraliſchen und buͤrgerlichen Verhaͤlt-
niſſen eingreifender eine ſolche Maßregel iſt, deſto eruͤſter werden wir
gemahnt an die Vorſicht und Ueberlegung der Auswahl der Mitglieder
dieſes Landtags. ;
Eine Autoritaͤt wie der Geh. Rath Mittermaier in Heidelberg,
dem als weltberuͤhmten Juriſten und ausgezeichneten Menſchenkenner
aud Freund dieſer Gegenſtand eine Lebensaufgabe geworden iſt, und
der ſo viele Erfahrungen mit wiſſenſchaftlichem, moraliſchen und politi-
ſchen Werth verbindet, braucht wohl nicht empfohlen zu werden, ſteht
auch viel zu erhaben, als daß ſie darauf hin ſich empfehlen laſſen könnte.


bar — und wer will dieſes wiederlegen — Maͤnner wie Mittermaier
um jeden Preis fuͤr die Kammer zu gewinnen; im allgemeinen Landes:
wohl liegt es uͤberhaupt, bei den jetzigen Auſpizien ſolche Maͤnner in
die Kammer zu ſenden, die nicht ailein die noͤthigen Wiffenſchaften ſtu-
dirt, ſondern auch bei der groͤßten Lehrmeiſterin der Welt, der — Er-


ein ruͤhmliches Zeugniß ihrer Befaͤhigung erworben haben, ſo daß bei
ihnen die gehaltloſen ideellen Schwindeleien und brauſenden Leidenſchaf-
ten dem ruhigen Urtheile des Verſtandes und der Ueberlegung nicht
mehr vorgreifen. x * 22
Den 20. d. M. wollen wir fehen, ob die Waͤhler muͤndig find. —

Carlsruhe, 11, Nop. Das heutige Taghlatt enthaͤlt folgende
Aufforderung: „Wer eine Forderung an den großh. Staatsminiſter Frei-


halb acht Tagen in ſeiner Wohnung zu melden und die ihm gebuͤhrende
Zahlung zu empfangen.“

Meersburg, 10. Nov. Die Weinleſe iſt ſo ziemlich beendigt.
Nur in den markgraͤflichen Reben und in einigen Gaͤrten der Herrſchaft
iſt der Herbſt noch im Freien. Sowohl die Quantitaͤt als Qualitaͤt
des Weines iſt fuͤr die Rebleute, die hier faſt kein Ackerfeld haben und
deren Exiſtenz alſo rein vom Herbſtreſultat abhaͤngt, nicht erfreulich.
Der Preis des Weines iſt ſehr nieder. Es wurde gekauft zu 12 — 14 fl.
ver Ohm. Die Noth dieſer Rebleute iſt daher ſehr groß und wird,
da in Folge des vielen Regens dieſen Sommer in hieſiger Gegend we-
nig Kartoffeln, Ruͤben, Kraut, u. d. gl. gewachſen iſt, bis Fruͤhjahr
noch groͤßer werden. Man fordert fuͤr das Viertel Kartoffeln (circa
zwei neue Sfir.) 36, 40, 48 Kreuzer bis einen Gulden; fuͤr die Ruͤ—
ben 36 bis 40 kr. und der Vierling Kraut koſtet 2 fl. bis 2 fl. 42 kr.
waͤhrend man ihn bei Baden und Buͤhl zu 48 kr. — 1 fl. kaufen ſoll. Es
iſt wuͤnſchenswerth und für unſere Gegend ein tief gefuͤhltes Beduͤrfniß,
daß die Eiſenbahn nicht allein dem Rheinthale ſondern auch der See-
gegend Fruͤchte tragen. Wuͤrde ſich dieſelbe bis Conſtanz erſtrecken, ſo
koͤnnte man mit geringer Muͤhe und wenig Koſten Lebensmittel aus
der untern Gegend hierherbringen. — Wir hoffen und ſind faſt uͤber-


ben, daß die Eiſenbahn bis in unſere Gegend ausgefuͤhrt werde.
Paris, 12. Nov. Telegraphiſche Depeſche. Madrid, 8. Nov.
Heute haben die beiden legislativen Koͤrperſchaften (Congreß und Se-
nat) vereint im Saale des Congreſſes, die Volljaͤhrigkeit der Koͤ—
nigin erklaͤrt. Zahl der Stimmenden 209; Für 193; Gegen 16.
Dieſes Botum iſi mit Enthuſiasmus aufgenommen worden. General
Narvaez als er den Saal verließ, wurde wie im Triumphe begruͤßt
(a Ct6 Vobjet d’une espèce d&ovation). Die Koͤnigin wird uͤbermorgen




zwei vereinten Koͤrperſchaften
im Saale des Senats ablegen, vor. 2
“— Graf Mole hat ſeine Salons in ſeinem neuen Hotel im Fau-
bourg St. Honore geoͤffnet; Hr. Thiers fand ſich ſchon mehreremale
dort ein; man will wiſſen, die zwei Exminiſter bereiteten ſich zu einem
Krieg auf Leben und Tod mit dem Cabinet vom 29. Oftober, da

ihnen ſchoͤn viel zu lange gelebt hat.
— Man ſpricht zu Compiegne viel von der durch die Polizei bes
werkſtelligten Verhaftung eines Individuums, welches zu einem 4
Wenn
man den verbreiteten Geruͤchten glaubt, ſo haͤtte dieſes Individuuym
die ausfuͤhrlichſten Geſtaͤndniſſe gemacht und ſeine Mitſchuldigen ange-
geben. In einer Schenke zu Ham ſoll dieſes Complott angezettelt woͤr⸗
den ſein. Der Menſch, welcher, wie man fagt, Zeichen von Geiſtes-
zerruͤttung gibt, kann indeß ſehr gefaͤhrlich ſein. Man ſagt ebenfalls
daß zu Senlis und Chantilly die Beboͤrde Maßregeln genommen habe,
welche einige Ausdruͤcke, die gegen die Sicherheit der Prinzen bei der
Die Polizei


Madrid, 6. Nov. In der heutigen Sitzung des Congreſſes wurde
ein Antrag, die Regentſchaft vacant zu erkfldren, mit 74 Stim-
men gegen 31 verworfen. — Zu Cordova und Algefiras waren
einige Unruhen ausgebrochen; ſte ſind jedoch gleich wieder unterdruͤckt
worden. General Narvaez iſt, wie durch ein Wunder, einem wider


et nach dem Theater fuhr; ſein Adjutant, Hr. Maceti, wurde getoͤd⸗
tet, und Hr. Bermudez del Caſtro am Kopf verwundet. Als Narvaez
in's Theaier trat, wo die Koͤnigin war, erhob ſich der Ruf: Es lebe
die Koͤnigin! Es lebe Narvaez! Tod und Verderben den Moͤrdern! Der
General wollte, die Koͤnigin ſollte in's Schloß zuruͤckfahren, weil man
doch nicht wiſſen koͤnne, ob nicht eine Verſchwoͤrung gegen ihre erlauchte
Perſon im Werk feiz Iſabella aber weigerte ſich, dem vorſichtigen Rath
zu folgen, und blieb bis zu Ende des Stuͤcks. —2E
Von der italieniſchen Grenze, 4. Nov. Noch immer kann
die Ruhe und Sicherheit in den verſchiedenen Staaten Italiens, als
der Romagna, in Sardinien, Neapel und Sieilien keineswegs als voͤl⸗
lig hergeſtellt, betrachtet werden. Man will in letzter Zeit mit ziem-
licher Sicherheit in Erfahrung gebracht haben, daß die Inſeln Malta
und Corfica die Hauptquellen der Geldzufluͤſie der Ruheftoͤrer ſeien.
Selbſt Sendungen von Waffen und Emiſſaͤren ſollen denſelben Weg
ſchon mehr als einmal gemacht haben. Hoffentlich werden diplomatt
ſche Schritte, welche dießfalls bereits eingeleitet ſind, genuͤgen, dieſem
Unweſen Schranken zu ſetzen.
Griechenland. Nach einem Privatſchreiben aus Athen vom
21. Oct. von guter Hand wird verſtchert, daß die franzoͤfiſche Regierung
der neuen Oroͤnung der Dinge in Griechenland zwar ihre Anerkennung
ertheilt aber auch uͤber gewiffe, den Koͤnig betreffende Vorgaͤnge bei
der Revolution ihre entſchiedene Mißbilligung ausgeſprochen hat. Wenn
man das Geſchehene als eine Thatſache betrachte, ſo geſchehe es nur
in der beſtimmten Erwartung, daß die griechiſche Regierung das Er-
rungene mit Maͤßigung und Klugheit zur Conſolidirung des Landes und
zur Entwickelung ſeiner moraliſchen und materiellen Hülfsquellen benuz
zen werde. Dem Koͤnige Otto ſoll das franzoͤſiſche Cabinet die Zu-
ſicherung ertheilt haben, daß Frankreich keine fernere Verletzung ſeiner
Praͤrogaͤtive dulden werde, zugleich aber beigefuͤgt haben, daß es im
eigenen Intereſſe Sr. May. liegen duͤrfte, eine aufrichtige Anhaͤnglich-


dere etwaigen Reactionsverſuchen keinen Vorſchub zu leiſten. Der Ein-


 
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