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Mannheimer Morgenblatt — 1843

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Juni (No. 127 - 151)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44564#0513

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; ‚ Tagsbericht, V

Triberg, 28. Mai. Geftern Nachmittag ereignete ſich in unferer
Naͤhe ein ſchauderhafter Vorfall. Ein Buͤrger zu Schonady, der übris
gens etwas geiſtesverwirrt ſein foll, trachtete ſeiner Frau nach dem
Leben und ſchoß ſeine Flinte auf ſie ab; fehlte ſie aber gluͤcklicherweiſe.
Seinen auf den Huͤlferuf der Mutter herbeigekommenen 20 Jahre al-
ten Stiefſohn emöfing ein zweiter Schuß aus dem inzwiſchen wieder
geladenen Gewehr, der ihn in die linke Bruſt ſo gefaͤhrlich traf, daß
man an ſeinem Aufkommen zweifelt.

Darmſtadt, 27. Mat. Die Nachricht oͤffentlicher Blaͤtter, am
LMai würden die Erdarbeiten auf der beſchloffenen Main:Nedarz:.
Liſenbahn in Angriff genommen werden, mwaren zu voreilig. Das
Puͤblikum ſieht noch Feine Spur von etwas Begonnenem oder etwas
Beginnendem. Aber doch ſcheint man bereits über Anſchaffung der
Locomotive zu unterhandeln.

Cöln, 29. Mai. Sicherm Vernehmen nach iſt dieſer Tage die
Entfheidung Sr. Maj. des Koͤnigs in Betreff der Richtuug der Koͤlu-
Mindener Eiſenbahn erfolgt, und zwar in der Weift, daß die-
ſelbe nicht über Etberfeldſ ſondern in die Naͤhe von Duis:
burg geführt werden foll, um doͤrt die Ruhr zu uͤberſchreiten.

Hannover, 28. Die Rumann'ſche Angelegenheit hat eine, man
darf nach dem zweimal gefaßten Beſchluͤß des Maͤgiſtrats! Und Buͤrger-
dorſtehercollegiums wohl ſagen, ſehr unerwartete Erledigung gefanden:
die beiden Collegien haben das Dienſtentlaſſungsgeſuch
des Stadtddirectors angenommen und ſeine Penſionirung
aus ſtaͤdtiſchen Mitteln bewilligt. Ueber das Raͤhere des Her-
gangs erfaͤhrt man Folgendes. Geſtern Morgen war auf den Beſchluß
jener Collegien vom 23. eine koͤnigliche Reſolution eingegaͤngen des Ins
halts, daß wenn von Seiten der Stadt eine Beihuͤlfẽ zu der Penfion
des Staptdirectors erbeten worden, die Regierung nicht abgeneigt ge-
weſen ſein wuͤrde, eine ſolche zu bewilligen, daß aber, wie die Sachen
jeßt ſtaͤnden, Befehl ertheilt ſei, gegen fämintliche Mitglieder des Magi-
firats, welche durch Urtheil der Juſtizkanzlei und des Oberappellations-
Eerichts mit einer Criminalſtrafe belegt worden, den S. 177 der Ver-
faſſung gel.end zu machen, nach welchem der Koͤnig das Recht hat,
Legen Beamte, die von einer Eriminalſtrafe getroffen, nach Anhoͤrüng
des Staatsratbs Suspenſton reſp. Amtsentſetzung zu verfuͤgen. Beige-
fuͤgt war indeß die Eroͤffnung, daß, um Magiſtrat und Buͤrgervorſteher
die Moͤglichkeit zu geben, ihken letzten Beſchluß einer nochmaligen Er-
wdgung zu unterziehen, die Ausfuͤhrung diefes Befehls noch um 24
Stunden hinausgefeßt fei. So verfammelten ſich ſchoͤn geftern Nach-
mittag beide Collegien zum dritten Male und das Reſultat war, daß
die Dienftentlaffung Rumann’s angenommen uͤnd demſelben aug ftaͤbti-
ſchen Mitteln, unter dankbarer Annahme der in Ausſicht geſtellte Bei-
hülfe der Regierung, eine lebenslaͤngliche Penfion von 3000 Thalern
bewilligt wurde. Noch geſtern Abend wurde diefer Beſchluß dem Koͤnige
uͤbergeben. ; ‚ ;

Leipzig, 24. Mai. Es iſt faſt keinem Zweifel unterworfen, daß
die Deutſche Allg. 3. bis Juli in Preußen wieder erlaubt ſein wird.

Paris, 29. Mai. Es ſollen Berichte aus China gekommen ſein,
beſagend, der Kaiſer habe die Abſicht zu erkennen gegeben, den Frans
zoſen eben ſo wie den Englaͤndern freien Handel im Laͤnde zu geſtatten.

— Das Zuckergeſetz liegt nun der Pariskammer zur Berathung
vor; man will wiſſen, viele Pairs ſeien dem Amendement Paſſy feind-
lich geſinnt. 4

— Man erfährt aus London, daß der Prinz von Joinville!
am 27. März im beſten Wohlſein zu Rio Jan eito angekommen iſt.

— Hr. Amedee Guyot, einer der angeſehenſten Pariſer Advokaten,
hat ſich dieſen Vormittag erſchoſſen.

— Der Seibſtmord nimnit in Frankreich noch immer zu. Nach
amtlichen Augaͤben kamen 1839: 2747, 1840: 2752, 1841: 2812



alte Greiſe betrafen. Unter den Minder jaͤbrigen begingen Kinder 1
von 9, 1 von 10, 7 von 13, 6 von 14 und 6 von 15 Jaͤhren Selbftz
morde. Im Departement der Seine allein kamen 501, auf Korfika
gar kein CSelbftmord vor. Von den Selbſtmoͤrdern ertraͤnkten ſich 969,
erhaͤngten ſich 192, erſtickten ſich durch Kohlendampf 192, vergifteten
ſich 70 und erſchoſſen ſich 466. Veranlaſſung war bei 291 Noth/ 332
Familientruͤbſal, 258 koͤrperliche Leiden, 128 Anklagen ı. Es kamen
vor in den Monaten Maͤrz, April, Mai 851, Juni, Juli, Auguf 823,
September, Oktoher, November 591, Dezember, Januͤar, Februar 549.
Lyou, 29. Mai. Durch Lyon komimen gegenwaͤrtig diele fchwetz .
zeriſche und elſaͤſſiſche Familien, welche nach Algier auswandern. (Hof-
fentlich werden es ihnen Deutſche aus den Bundesſtaaten nicht nach-
ſind die Zuſtaͤnde Algierens noch keines-

Loudon, 27. Mai. Zu Mancheſter iſt die Ruhe wieder Her
geſtellt.
— Im Unterhaus hat Sir J. Graham angezeigt, er habe eine
Nittheilung vom Lordkanzler in Irland erhalten! befagend, Daͤniel
O'Conell und Lord French ſeien alg Theilnehmer an der Repealbewe?
wegung von der Friedengrichter⸗ Commiſſton ausgeſchloſſen worden.
— Nach einer vom Unterhaus begehrten und ihm am 16. vorge:
legten Zuſammenſtellung koſtet der chineſiſche Krieg England 4,215,4143


weiſe ſchen gezahlten) Kriegs- oder Entſchaͤdigungsgelder betragen
5,787,504 Pf. St. Es bleibt alſo fuͤr England ein Voͤrtheilsuͤberſchuß
von mehr als 1' Mill. Pfd. St, dazu hat es noch für 6 Mill, Dol-
lars Opium Verguͤtung zu verlangen.
Madrid, 22. Mai. Geſtern Abend wurde dem Regenten eine
Serenade gebracht, man hoͤrte dabei rufen: Es lebe Esparterb!
Es lehe Zurbano! Es lebe die eonſtitutionelle Königin. Die
Geruͤchte von naher Aufloͤſung der Cortes dauern fort; mehrere Depn-
tirte ſind ſchon abgereiſt; das Miniſterium Becerra wird ſich zu einer
entſcheidenden Maßregel entſchließen muͤſſen, denn es kann die Majort-
taͤt im Congreß nicht erlangen. Die Oppoſttionsblaͤtter haben fämmt:
lich die Worte Olozag's: „Dios salve al pais y la Raina“ alg Morto
vorgeſetzt. !
Rom, 20. Mai. Ihre koͤnigliche Hoheit die Prinzeſſin Maͤrie von
Baden iſt mit ihrem Gemahl, dem Marquis v. Douglas, von Florenz
hier eingetroffen. Nach einem Aufenthalte von nur wenigen Tagen
wird ſie die Reiſe nach Neapel und Sicilien autreten. D
Algier, 23. Mai. Aus Tenez wird vom 17. Mai berichtet:
Zwiſchen hier und El Eſuam iſt die Verbindung jetzt hergeſtellt, da
die zu beiden Seiten der Straße wohnenden . Stämme unterwoͤfen find
Unter andern iſt der große Stamm der Shihh zu Paaren getrieben
worden, bei welchem Anlaß der Feind 20 Mann, einige Pferde und
3 — 400 Stuͤcke Schlachtvieh verlor, waͤhrend wir 3 Todte und :3
Vewundete hatten; nur durch die Liſt eines Axabers entkam der ganze
Stamm. Spaͤter aber gelang es uns, 1900 Individuen beiderlei Ge-
ſchlechtes dieſes Stammes zu Gefangene zu machen und vieles Schlaͤcht-
vieh und Fuͤllen von ihm zu erbeuten und dieſen; ſowie noch eine Menge
anderer minder bedeutender Staͤmme zu unterwerfen. Uuſer ganzes
Gebiet iſt geſaͤubert, die drei noch da haͤuſenden Staͤmme friedlich ge-
ſtimmt und von hier bis zur Muͤndung des Scheliff nun Alles unter-
worfen.
Belgrad, 5. Mai. Alle hier aus Stambul eingelangten Nach-
richten geben als gewiß an, daß ſowohl die hohe Pforte, alg auch der
ruſſiſche Botſchafter, Hr. von Butenieff, darin uͤbereingekommen ſeien,
daß in Serbien weder Miloſch nech Micdhael, nocdh aber ir-
gend Jemand aus der Familte Obrenovies herrſchen duͤrfe.


 
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