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Mannheimer Morgenblatt — 1843

DOI Kapitel:
Mai (No. 102 - 126)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44564#0489

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No. 122.




1843.








Zagsbericht.

Aus dem Badiſchen, 15. Mai. Es iſt ſeit der Organiſation
unferes Oberſtudienrathes, durch welchen unlaͤugbar der Unterricht in
den alten Sprachen, beſonders des Griechifchen, zum Nachtheile
der uͤbrigen Wiſſenſchaften bisher zu ſehr beguͤnſtigt wurde, vielfach die
Klage erhoben worden, daß man benannten Sprachen hinſichtlich ihres
Werthes fuͤr das praktiſche Leben zu viel Zeit zuwende und ſie fuͤr viel
zu wichtig ſchaͤtze, indem ſogar kein Schuͤler, ſo gut er auch in ande-
ren Gegenſtaͤnden beſtehen moͤchte, in eine hoͤhere Klaſſe uͤbertreten duͤrfte,


chen erworben habe! Auch konnte er weder einen Preis erhalten, noch
oͤffentlich belobt werden wie es ſonſt uͤblich iſt. Indeſſen geſchah bis-
her wenig zu irgend einer Abaͤnderung. Um ſo erfreulicher wird die
Nachricht ſein, daß von Seiten der oberſten Behoͤrden die Anfrage
geſtellt wurde: ob der Zeitverluſt, den das Studium der griechiſchen
Sprache erfodere, nicht in allzugroßem Mißverhaͤltniß ſtehe zu den ge-
leiſteten Erfolgen? dieſer Zeitverluſt treffe gerade diejenigen Gegenſtaͤnde,
deren Kenntniß fuͤr das Leben unentbehrlich ſei. Die grtechiſche Sprache
ſei dies in den weithin meiſten Faͤllen keineswegs; ſie werde in den
Schulen mit vielem Zeitaufwande gelehrt, beim Uebertritt auf die Uni-
verſitaͤt aber nicht weiter beachtet und vergeſſen. Dieſer zeitraubende
Unterricht koͤnne daher beſchraͤnkt, blos das Lateiniſche beibehalten, und
das Griechiſche durch neuere Sprachen und Naturwiſſenſchaft
erſetzt werden. In den Schulen ſolle der Unterricht darin nur noch fuͤr
die Phiologen und etwa auch fuͤr die kuͤnftigen Theologen bindend ſein;
für die uͤbrigen freiwillig. Dieſen Erlaß hat unſer Oberſtudienrath den
verſchiedenen Gelehrtenſchulen zur Begutachtung zugeſchickt. Man iſt
ſehr begierig, wie dieſes Gutachten ausfallen wird, da die Hauptre-
ferenten des Oberſtudienraths, ſo wie alle Vorſteher oder Directoren
und bei weitem die meiſten Lehrer der Gelehrtenſchulen blos Phiologen
— findz ja ſogar in unſerer Schulordnung das Geſetz beſteht, daß kein
Lehrer an ſolchen Anſtalten Director werden koͤnne, wenn er nicht in
Den oberen Klaſſen alte Sprachen lehre!! Man haͤtte mehr gehofft,


den welche Maͤnner uͤnter ſich zaͤhlen, die das Leben kennen, wiſſen,
was: dieſen noth. thut, und in jeder Hinſicht wiſſenſchaftlich und prak-
tiſch gebildet find.

Darmſtadt, 23. Mai. Wie wir ſo eben vernehmen, iſt heute
frühe um Uhr in den Gebaͤuden der Zuckerfabrik bei Pfungſtadt

ein großer Brandausgebrochen. Morgen werden wir Naͤheres daruͤber
mittheilen koͤnnen.

Kürzburg, 22. Mai. Nach eingetroffenen Nachrichten werden
Se. Maj. der Koͤnig am 7. Juni von Muͤnchen nach Aſchaffenbürg abreiſen.
Aus der Schweiz, 16. Mai. Großes Aufſehen erregt, daß ſich
kei uns Vereine zur Auswanderung nach Algier bilden, zu welchem
Behufe ſich ſogar neulich 30 Männer in Biersfeld verſammelt haben,
die im Begriffe ſind, gewiſſe Statuten fuͤr dieſe Emigration zu ent-
werfen.

Berlin, 16. Mai. Dieſen Morgen iſt unter den Linden nicht weit
vom Hotel des Koͤnigs der Niederlande wieder ein im Bau begriffenes
groͤßartiges Haus, welches einer der erſten Gaſthoͤfe Berlins werden
ſollte eingeftürzt. Zum Gluͤck war es erſt .5 Uhr, ſo daß die Arbei-
ter noch nicht da waren und auch kein Menſchenverluſt zu beklagen iſt.
Hannover, 19. Mai.

In der geſtrigen gemeinſchaftlichen Sitzung des allgemeinen Magiſtrats-,
und Bürgercollegiums in Bezug auf das von dem Stadtdirector Ru-
mann eingegebene Entlaſſungsgeſuch iſt mit 27 gegen 3 dahin entſchie-


den, daß dieſe Entkaffung unter den gegenwaͤrtigen Umſtaͤnden nicht
angenommen werden koͤnne. Das Cabinet wird demnach gends
thigt ſein, direct uͤber die Suspenſion des Stadtdirectors zu beſchlie-


dentlich geſpannt.

Hamburg, 16. Mai. Einer der beiden Geiſtlichen, welche zu-
folge meines Berichts vom 31. Maͤrz hier angekommen waren, um .
Schiffsgelegenheit fuͤr 1500 Altlutheraner zu ſuchen, iſt auf Nequifition .
der preußiſchen Regierung gefaͤnglich eingezogen und vernommen wor-
den; ſein Name iſt Ehrenſtroͤm; er wird des Aufreizens zum Sec-
tiren beſchuldigt, und war, wenn ich nicht irre, ſchon fruͤher in Preu-
ßen und Pommern dieſes Vergehens wegen in Unterſuchung.

Paris, 21. Mai. Die neueſten Nachrichten aus London beſtaͤtigen
nicht die Geruͤchte, welche geſtern an der Boͤrſe uͤber eine angebliche
Inſurrection Irlands verbreitet waren.

— Hr. Thiers reiſt im Laufe des Sommers nach Spanien; er
will die Schauplaͤtze der Kriege von den Jahren 1808 bis 1813 in
Augenſchein nehmen. Auf dem Ruͤckweg wird er auch das Schlachtfeld
von Toulouſe beſuͤchen.

London, 19. Mai. In einem Schreiben aus Feruſalem im


Lebensbeduͤrfniſſen angefuͤllt und der Verkehr iſt lebhaft. Die Stadt iſt
im Ganzen ruͤhig und friedlich; nur ſelten hoͤrt man von Raͤubereien
oder Raubanfaͤllen. Das heil. Grab aber, welches ein Ort der Ver-
ehrung ſein follte, iſt leider zu einem Marktplatze, zu einem Orte des
Zanks und Haders, des Blutvergießens und Mordens herabgewuͤrdigt
worden. Am̃ letzten Sonntage, waͤhrend die Griechen in Proceſſton
um das Grab zogen, wurden ſie von den anweſenden Armeniern ver-
hoͤhnt, welche foͤgar auf die Proceſſion ſpieen. Dies veranlaßte einen
blutigen Kampf, worin drei Maͤnner gefaͤhrlich verwundet und fuͤr todt
weggetragen wurden. Ein Kind ward zu Todte gedruͤckt. Das tuͤrki-
ſchẽ Militaͤr wurde aufgeboten und der Tumult nur mit Muͤhe geſtillt.
Den ganzen Tag uͤber waren die zum Grabe fuͤhrenden Straßen mit
Soldaten beſetzt und in der Kirche ſelbſt ſtanden ſtarke Wachen. Man
kann ſich denken, welchen Eindruck ſolches Treiben der Chriſten auf die
Juden und Mahomedaner macht. *

— O Connel ſcheint ſich in Folge der Drohungen der Regierung reſig-
niren zu wollen. In der letzten Volksverſammlung zu Dublin hat er
das Volk ermahnt, ſich ruhig zu verhalten, und die Aufhebung der


— In der Eity heißt es, Sir Robert Peel beabſichtige, ſich zuruͤck-
zuziehen, wenn die Bill fuͤr die Einfuhr des canadiſchen Getreides nicht
durchgehe. Wenn indeß die fernere Anweſenheit Sir Robert Beel’s im
Cabinette davon abhaͤngt, ſo braucht man keine Beforgniß zu hegen;
denn das Miniſterium wird aller Wahrſcheinlichkeit naͤch eine große


— In Mancheſter haben Unordnungen ſtattgefunden, wobei Blat floß.

— Die Koͤnigin hat den Prinzen Albert an des verſtorbenen Her-
zogs von Suſſex Stelle zum Gouverneur und Conſtabel des Windſor-
palaſts ernannt.
Madrid, 14. Mai. In der Deputirtenkammer iſt die Adreſſe-
Discuſſton im Gange. Sie bot heute nur wenig Intereſſe. Zu er-
waͤhnen iſt nur, daß Hr. Arguelles den Contract fuͤr die Vexpachtung
der Mienen von Almaden angriff und das Decret tadelte, welches zehn
Millionen von den fuͤnfzig, welche das Rothſchild'ſche Haus vorſchießen
ſoll, fuͤr die Zahlung der Intereſſen der 3 pEt. Schuld anweiftz er
machte dem Minifterium Vorwuͤrfe daruͤber, daß es die 5pCt. Rente
zu Gunſten der 3pEt. aufopfere.


 
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