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Mannheimer Morgenblatt — 1843

DOI Kapitel:
Juni (No. 127 - 151)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44564#0533

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No. 133.












Tagsbericht.

Naftatt, 6. Juni. Das Igraͤßlichſte Verbrechen iſt in unferer
Naͤhe begangen worden: ein Vatermord.
Lebr Reuther zu Vlittersdorf gerieth geſtern Abend mit feinem hochbe-
tagten Vater in Streitigkeit, vergriff ſich an demſelben und - mißhans
delte den ohnehin mit einem Leibſchaden behafteten Greis mit Fauſt-
ſchlaͤgen und Fußtritten auf ſo eniſetzliche Weiſe, daß derfelbe ſchon
nach wenigen Stunden unter großen Schmerzen den Geiſt aufgab. Der
unnatuͤrliche Sohn entfloh ſofort aus dem' elterlichen Hauſe, wurde
aber von der Gendarmerie verfolgt und heute fruͤh gefaͤnlich hier ein-
gebracht. *

Darmſtadt, 3. Juni. So eben vernimmt man hier, daß der
Großherzog verfuͤgt habe, alle politiſchen Gefangenen des Großherzog-
thums Heffen „vor der Hand in Freiheit zu ſetzen.“ Dieſe . Maßregel
uafaßt ungefähr 12 bis 18 Perſonen, welche, wegen Handwerkerver-
dindungen mit repolutionaͤren Tendenzen verurtheilt, theils noͤch im
Detentionsarreſte ſich befanden, theils bereits in die Strafanſtalten
abgefuͤhrt worden waren.

Caſſel, 5. Juni. Hier hat ſich ein ſchauderhaftes, vielleicht gar
beiſpielloſes Ereigniß zugetragen. Der 11 Jahr alte Sohn eines
hieſigen Fruchtmeſſers hatie in der Schule mit ſeinen Mitfchuͤlern Strei-
tiakeiten angefangen und ſich dabei eines ſogenannten Borhorns bedient.


ſchickt es zur weitern Verfuͤgung an den Vater. Der Knabe kommt


{ung, daß die Strafe erfolgen wuͤrde, wenn der Vaͤter nach Hauſe
komme. Ehe dieſer aber eiuͤtrifft, nimmt dieſer raffinirt boshafte Bube
ſeinen juͤngern Bruder, 8 Jahre alt, an die Hand, geht mit ihm un-
ter irgend einem Vorwand weg und ſtuͤrzt ihn und ſich in die Fulda.
Als beide Kinder von den Eltern vermißt wurden, ließ man es an den
gehoͤrigen Nachforſchungen nicht fehlen; ſie waren aber vergebens, bis
denn geſtern, alſo nach mehreren Tagen, das vermuthete Ereigniß zur
Lewißheit ward, indem der Leichnam des aͤlteſten Knaben, mit einem
Feile um den Leib, aufgefunden ward. Wahrſcheinlich hatte er feinen
jüngern Bruder an ſich gebunden und ſo die ſchauderhafte That: ver:
‚übt. Was ihn bewogen haben koͤnnte, ſeinen Bruder mit umzubrin-
gen; Darüber hat man freilich nur Vermuthungen; es heißt: er ſei der
Liebling des Vaters geweſen. 7 2 *
Paris, 5. Juni! Der Director der Tabacksverwaltung, Vi-
comte Simeon hat in einem Bericht an den Finanzminiſter die Re-
ſultate der ihm anvertrauten Regie bekannt gemacht. Nur fuͤnf De-
parfemenf$ concurriren im Tabakbau, naͤmlich? Niederrhein, Nord, Ile
und Vilaine, Lot, Lot und Garonne; in zehn koͤniglichen Fabriken wird


waltung auf fremden Maͤrkten, zumeiſt in Amerika, angekaufte, zum
Berkrauch preparirt; von 23 Mill. Kilogr. Tabak in Blaͤttern, welche
im Jahr 1841 von der Regie eingethan wurden, waren 10 Mill. Kilogr.
im Lande gewachſen. Die Regie ftellt ſich den Tabak zu 1 Fr. 43 Cent.
per Kilogr. und verkauft ihr Fabrikat zu 5 Fr. 93 Cent. Der Staat
hat aus der Tabaksregie im Jahr 1841 an 72 Mill. Fr. und im Jahr
1842 an 74 Mill. bezogen. Im Jahr 1830 war der Ertrag nur
46 Mill.; es hat ſich fomit in 12 Jahren eine Zunahme von 28 Mill.
gr ergeben. Im Ganzen hat die Tabaksregie ſeit ihrer Einfuͤhrung
bis zum 1. Januar 1843 dem Staat eine Einnahme von 1470 Mill.
8. gewährt, und zwar In folgender, Progreffion: 93 Mill. von 1811
bis 1815; 609 Mill. von 1815 bis 1830; 768 Mill. von 1830 his 1843.
‚— In Bezug auf den Stand der Dinge in Spanien ſoll die Re-
gierung den Entfchluß gefaßt haben, die ſirengſte Neutralitaͤt zu bed-
bachten und beim Ausbruch bedenklicher Unruhen jenſeits der Pyrenaͤen
nur in Nebereinftinmung mit den andern Großmaͤchten einzuſchreiten.
— Man zaͤhlt ſchon 70 Deputirte, die von hier abgereift ſind und


auch nicht mehr waͤhrend der Daner der Seſſton zurüdzufommen Wil-
lens ſind. *

— Nach Briefen aus Madrid vom 30. Mai (auf außeroͤrdentli-
chem Wege eingelaufen) hat ſich die infurrectionellè Junta zu
Malaga am 26. Mai aufgeloͤſt; die Ruhe war volllommen mwieder
hergeſtellt. (Der Bericht uͤber dieſen Ausgang des Pronunciamento
von Malaga ift am 29. Mai durch ein Supplement der Gazeta
zu Madrid bekannt gemacht worden; indeſſen zogen doch beſtaͤndig
Truypen ab nach Andaluſien und es hieß, bei Carolina ſolle ein Laͤger
gebildet werden5

Marſeille, 2. Juni. Mit den Dampfbobten „Balear“ und „Elbe“
iſt die Nachricht eingetrofien, daß das Beiſpiel von Malaga voͤn den
meiſten großen Staͤdten in den fuͤdlichen Propinzen Spaniens nachge-
ahmt worden. Von Cadix bis Barcelong iſt die Bewegung allgemein
und verbreitet ſich auch mehr und mehr im Innern der Provinzen.
Das Loſungswort, welches von den in Madrid zuruͤckkehrenden Depu-
tixten uͤberbracht worden zu ſein ſchein, iſt: Wiedereinfetzung des Mi-
niſteriums Lopez und Volljaͤhrigkeitserklaͤrung der Königin Kabella,
Die zweite Stadt Cataloniens hat ſich in diefem Sinne ausgefprochen.
Barcelong, durch ſeine letzten Erfahrungen gewitzigt, haͤt nicht ſoͤfort
zu den Waffen greifen woͤllen; doch iſt der Stadirath in zu warten:
der Haltung und hat ein Gleiches bei der Militaͤrautoritaͤt erwirkt.
In Barcelona hieß es, das Miniſterium Becerra⸗Mendizabal ſei bereits
in voͤlliger Aufloͤſung; nur die Hrn. Becerra und Mendizabal feien noͤch
davon uͤbrig; Linage weiche ebenfalls nicht; das Loos fei geworfen,
England ſpiele ſein Vatont in Spanien.

London, 3. Juni. Die Beſoͤrgniſfe wegen Irland find im Abneh-
men. Man beſchaͤftigt ſich heute mehr mit dem Wettrennen zu Epſom,
alg mit der Repealagitation auf der „gruͤnen Infel.“ }

— Das Padetboot Great:Britaine hat am 30. Maͤrz unfern
der amerikaniſchen — Schiffbruch gelitten; Mannſchaft und Paͤſſa-
giere wurden gerettet. *

Die Koͤnigin hat ihren Gemaht, den Prinzen Albert, zur Erfeßung -
des Herzog von Suſſex zum Feldmarſchall, zum erſten Ritter Groß:
kreuz des Bathordens und zum Großmeiſter deſſelben Ordens - ernannt.

Senua, 25. Mai. Sicherm Vernehmen nach ſind zwiſcheu unz
ſerer Regierung und dem Kanton Genf Unterhandlungen eingeleitet
worden, um auf gemeinſame Koften eine Eifenbahn von SGenf .
nach Chambery zu errichten. Dadurch ſoll die Handelsverbindung
zwiſchen der Schweiz und dem Mittelmeere beſchleunigt werden, da die
Handelsfiraße uͤber Frankreich wegen des vernachläffigten Zuſtaudes der
Rhoneſchiffahrt mit großen Beſchwerlichkeiten verbunden ift.

Caxlsruhe. Die Bewerber um naͤchbenannte erledigte Schul-
dienſte haben ſich bei ihrer vorgeſetzten Bezirksſchulviſitatur innerhalb 6
Wochen zu melden:

Durch das Ableben des Hauptlehrers Joſeph Seger iſt der kathol.
Schul⸗ und Organiſtendienſt in Häg, Amts Schoͤnau, mit dem geſetz-
lich regulirten Dienſteinkommon von 140 fl., und 12 fl. 17 E, aͤhr-
lich fuͤr die Beſorgung des Organifiendienftes, nebſt freier Wohnung
und dem Schulgelde, welches bei einer Zahl von etwa 90 bis 100
Schulkindern auf 30 kr. jaͤhrlich fuͤr jedes Kind feſtgeſetzt iſt, erledigt
worden.

Der erledigte kathol. Schul⸗, Meßner- und Organiſtendienſt zu
Smpfingen, Bezirksamts Gerlachsheim, iſt dem Hauptlehrer Joſeph
Mattenheimer zu Gruͤusfeldhauſen, im naͤmlichen Amtsbezirke, uͤber-
tragen, und dadurch der kathol. Schulz, Meßner und Organiſtendienſt
zu Gruͤnsfeldhauſen, Bezirksamts Gerlachsheim, mit dem gefeßlich re-
gulirten Dieuſteinkommen von 140 fl jaͤhrlich, nebſt freier Wohnung
und dem Schulgeld, welches bei einer Zahl von etwa 32 Schulkindern
auf 40 kr. jaͤhrlich fuͤr jedes Kind feſtgeſetzt iſt, erledigt worden.


 
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