Mannheimer Morgenblatt (1843)

——



No. 270.












+ Mannheim, 16. Nov. Herrn Schmelzer, verantwortlicher
Redacteur des „Mannheimer Morgenblatts.“
Euer Wohlgeboren.
So eben. Fömmt mir No. 268 des Morgenblatts zu Geſichte, in
welchem folgender Paſſus vorkoͤmmt:
man glaube feſt der beſagte Aufſatz in der Abendzeitung ſeie
Mannheimer Fabricat, da man aͤhuliche Sprache in Prozeß-
ſchriften wieder finde, daß verletzte und gekraͤnkte Eitelkeit ihn
dictirt habe.“


Verfaſſer jenes Artikels in der Abendzeitung, ſo erklaͤre ich auf Man-
neswort, daß ich jenen Artikel weder deranlaßt noch verfaßt habe. Ich
ſehe mich auch nicht genoͤthigt auf jene Angriffe meiner Perſon nur
das Mindeſte zu erwiedern, da ich das Urtheil uͤber mich getroſt dem
Publikum uͤberlaſſen kann.
der in No. 268 Ihres Blattes meine Seele nur im geringſten bewegt.
Da aber in diefer Sache Licht werden muß, und man erfahre wer die-
ſen Artikel verfertigt, ſo erklaͤre ich, daß, nach allen mir gewordenen
Nachrichten, der erſte Artikel im Hauſe des Poſthalters Huͤbſch von
Weinheim unter Mitwirkung des Sberamtmann SG odel und des Pfar-
rers von Birkenau gefertigt, der Letztere von Oberamtmann Gockel ver-
faßt und don Actuar Rumpf eopirt worden ſein ſoll. Da man mei-
nen Namen in jenen Artikeln ohne alle Ruͤckſicht genannt hat, ſo wird


Sie gefaͤlligſt ebenſo in die Spalten Ihres Blattes aufnehmen werden als Sie
die Angriffgartifel aufgenommen haben. Zeihen die mir gewordenen
Rachrichten jene Perſonen faͤlſchlich, ſo moͤgen ſie ebenſo auf Mannes-
wort verſthern, daß ſie jene Artikel weder verfaßt noch dazu mitge-
wift baben, thun ſte dieſes aber nicht, ſo muß ich ſie als die wirkli-
chen Verfaſſer anſehen. * Dr. Hecker.

„ Bruchfal, 15. Nov. Die Abendzeitung, wovon ſo piel ich
weiß uur en Gremplar hier gehalten wird und zwar pon meiner al-
ten reichen Nachbarin, des zarten Papieres wegen, brachte ſchon einige
Yrtifel in Bezug auf die bevorſteheude Abgeordnetenwahl in Weinheim,
die den frühern Deputirten aufs Neue embfehlen, und Herrn Geheime-
raͤth Mittermaier den das ganze Land, den alle Partheien mit
Meclamation wieder in unferer Kaminer begruͤßen wuͤrden, in den Hin-
tergrund ſtellen. Dieſe Artikel baben jedoch, in ſo weit ſie bekannt
wurden, nicht den mindeſten Anklaug gefunden, dagegen wurden die
mit iniigem Verguuͤgen geleſen, die das geſchaͤtte Margenblatt, von
dem 122 Exemplare von der hieſigen Poſt fuͤr deſſen Beſtellungebezirk
bezogen, und die ſich mit dem t. Januar k. J. ſehr wahrſcheinlich ver-
doppeln werden, enthielt. *

Mittermater wird bei den aͤußerſt wichtigen Arbeiten, die
auf dem kuͤnftigen Laudtag vorkommen werden, ſeine Kraͤfte dem Va-
teriande nicht vorenthalten, das kann der Mann nicht, der in ſo lie-
hevollem ‚. fleundlichen fo theuern Andenken aller freiſinnigen Badner,
aller Deutſchen ſeit Beginn feines ſtaͤndiſchen Wirkens ſteht! — Wir
ſind mit der Handbewegung der wackern Ladenburger vollkommen ein-
verſtanden.

Carisruhe, 12 Nov. Geſtern hat Hr. v Dufch, unſer bis-
heriger Bundestagsgeſandter in Frankfurt, das Miniſterium des großh.
Haufes und der auswaͤrtigen Angelegenheiten definitiv übernommen und
ift dem Perſonal von ſeinem Vorgaͤnger, dem Freiherrn von Blitters-
dorff, als der neue Chef dargeſtellt worden. Hr. v. Blittersdorff
haͤtte heute ſeine Abſchiedsaudienz bei Sr. kgl. Hoheit dem Großherzog
und waͤrde fodann zuͤr großh. Tafel gezogen, worauf Se, k. Hoh. nebſt
den vier Prinzen Hoͤh. nach Baden abreiſte. Hr. v. Blittersdorff wird,
dem Veruehmen nach, kuͤnftigen Donnerſtag auf ſeinem nenen Poſten




Duſch iſt gegenwaͤrtig nahe an 60 Jahre alt, machte 1810 ſein Exa-
men in der Rechtoͤwiffenſchaft, praktizirte hierauf bei dem Kreiodirectorium
in Mannheim und 1813 bei dem Amte Mosbach. 1814 kam er als
Kreisaffeffor nach Villingen und 1815 als Aſſeſſor zum Finanzminiſte-
1819 wurde er Legationsrath im Miniſterium

zeriſchen Eidgenoſſenſchaft, 1826 geheimer Legationsrath, 1828 Mini-


Rath li. Clafe, Kommandeur der k. ſardiniſchen St. Maritius⸗ und
Lazarusorden und des k. k. oͤſterreichiſchen Leopoldordens. 1836 erhielt
er das Commandeurkreuz des F, baieriſchen Civilverdienſtordens und
war feit 1838 außerordentlicher Geſandter und bevollmaͤchtigter Mini-
ſter Badens am deutſchen Bundestage zu Fraukfurt. Seit 1841 war
er-auch am £. belgiſchen Hofe acereditrt und erhielt noch mehrere Or-
denbaliszeichnungen. Durch Herausgabe und vorzuͤgliche deutſche Be-


ſich auch einen ruͤhinlichen ſchriftſtelleriſchen Namen erworben.
+ Bom Reckar. Dem Vernehmen nach ſoll es die vorige Woche


Gartenhaus ſeien von den Flammen verzehrt worden. Man glaubt,
eine boͤſe Hand habe den Brand angelegt. ;

Berlin, S. Nov. Die Nachrichi, daß um die Conceſſion zu einer
atmofphaͤriſchen Eiſenbahn von hier nach dem eine Meile ent-
fernten Charlottenburg eingekommen iſt, beſtaͤtigt ſich vollkommen;
ja Einige woͤllen wiſſen, daß die Erfinder, die ohnehin ſowohl bei uns
als in Deftreich ein Patent haben, wenig Schwierigkeiten in Erlangung
der hoͤhern Zuſtimmung finden werden. Kommt Der Plan auf dieſer
Straße zur Ausfuͤhrung/ ſo iſt unſerer kleinen Nachbarreſidenz auf ein-
mal wieder aufgeholfen, und der Einfluß, den die Sache auf die uͤbri-
gen Eiſenbahnen auszuuͤben geeignet iſt, iſt unberechenbar.

Varis, 13. Nov. Teſegraphiſche Depeſchen.

L Berpignan, II. Nov. Geſtern hat Amettler die von Girona
gekomwenen Inſurgenten in der Stadt Figueras und den umliegenden
Ortſchaften einquartiert. —

2. erpignan, 12. Nov. Nichts Neues aus Valencia. Die Bande
La Cova faͤhtt fort, das Gebiet von Manſtrazgo zu durchziehen. Vor-
geſtern vermehrten die Inſurgenten zu Barcelona ihre Vertheidigungs-
arbeiten. Geſtern war die ganze beim General Sanz eingetroffene Ver-
ſtaͤrkungsmannſchaft auf 10 Bataillons angewachſen. Die Truppen des
Generaͤl Prim find geſtern zu Bascara eingetroffen.

— Mus Madrid vom 8. Nov. erhaͤlt man Bericht über die Ein-
zelnheiten der legislativen Verhandlungen, die Volljaͤhrigkeit der Koͤni-
zin betreffend. Der Banquier Salamanca hat auf Vollziehung des
Vertrags! der ſo vielen Anſtoß gegeben hat, freiwillig verzichtet; der
treffende Anlehnskontract iſt aufgehoben worden.

London, ii. Nov. Der Herzog und die Herzogin von Lemours
ſind heute um 2 Uhr nach einer gluͤcklichen Ueberfahrt von 13 Stun-
den zu Woolwich angekommen.

— Quton, der herrliche Landſttz der Marquis Bute, iſt am 10.
Nov. durch eine Feuersbrunſt in Aſche gelegt worden. Die koſtbare Ge-
maͤldeſammlnng wurde gerettet.

Won der Donau, 4. Nov. Nach einem Schreiben aus Odefja
vom 25. Oet. herrſcht in den ſuͤdlichen Haͤfen des ruſſiſchen Reichs
eine große Thaͤtigkeit. Es ſollen Befehle gegeben worden ſein zur Be-
mannung und Ausruͤſtung der Flotte, ſo wie zur Inſtandſetzung der
Traͤnspoͤrtſchiffe. Zugleich ethaͤlt ſich die Nachricht von der Vermehrung
der in Beſſarabien ſtehenden Landarmee. Rußland ſcheint demnach aus
Anlaß der griechiſchen Frage neue Verwickelungen im Orient zu beſor-
gen. Der Kaiſer foll nicht allein der griechiſchen Revolution die Aner-
kennung verweigern, ſondern auch energiſch auf die Wiederherſtellung