Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mannheimer Morgenblatt — 1843

DOI Kapitel:
Oktober (No. 230 - 255)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44564#1021

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext




Na. 255.

E











Tagsbericht.

RR Nauuheim, 29, Oktober. „Eine Rüge, eine ernſte Rüge verdient die

„ Böswilligkett, wenn fie unter dem erborgten Kleide der Ehrlichkeit und Unpar-
»theiiſchkeit Haß zu predigen, Verdächtigungen auszuſtreuen, die öffentliche Meinung
mirrre zu fübren, zu denunciren ſucht qı ſ. w. So fängt ein Aufſatz in der hie-
ſigen Abendzeitung vonr 27 D., der eine Wiederlegung des Artikels in Nr. 250
des Mannheimer Morgenblattes, die jüngſte hieſige Deputirtenwahl betreffend, fein
foll, an, Dann folgen die Worte umit verlarvt:m Gefichte«, „ein Wefen‘‘, „Gaͤlie“
„%31:@1)"‚ „Scridler/, „Invectiven“ u. dgl. — es fehlen alſo um die Gallerte
vollſtandig 3U machen, nur noch, „Gift“, „Rad'“, „Galgen!,„Mord! und ähnliche! —
Wir durften wohl erwarten, daß unſere ausgeſprochenen Worte angegriffen,
daß verſucht werde ſie zu widerlegen, aber wir hatten gebaͤcht daß es wenigßens
mit Auſtand geſchehen werde. Ob dleß der Fall iſt, wollen wir ruhig der öffentli-
chen Meinung auheimſtellen, wie ſte ſich auch ſchon laut und deutlich über den von
uns zur Sprache gebraͤchten Unfuͤn ausgeſprochen hat! Für unſern Theit wollen
wir unſerm Herrn Gegner nur fo vtel auf feine Frage wo wir in die Schule ge-
gangen ſeien! verſichern, daß es auf keinem feolie dieſelbe war, wo er ſeine Er-
ziehung erhalten hat! Uns hat man ſtets gelehrt, daß man auch mit Axtigkeit die
Vahrheit ſagen könne, baß man gegen alles Schlechte ankämpfen ſoll, ohne an die
oyheiten feiner Widerſacher ſich zu kehren. Dieß war unſer Grundſatz als wir den




ſelbſt anlangend, ſo glauben wir füglich auf die vielen Worte die in der AWend?
‚geitung Deßhalb ſteben, nicht weiter eing hen zu dürfen: durch Grobheiten und hoble
ß__»‘\'g‚fi‚„b’utd; Perionlichkeiten, durch Fraͤge? und Ausrufungszeichen, durch das Ei-
ren von Hans und Michel iſt nichts wiederlegt. Wir daben behauͤptet, daß glelch
Lachdem Herr Baſſermann durchs Loos aus der Kammer trat, man von einer ge-
wifſen Seite das Gerücht derbreitete, man würde ihn dießmal wieder und zwar
einſtimmig wähten zum roge gewiffer Lente! 7
Er mwurde nun einſtimmig gewählt und fedes Kind weiß hier, welche Thättg



Ö

Feit die. .. VolkSvormundfchaft‘ bet den Urmahlen entwickelte Dieß i eine


Vortkram ungeſchehen machen fann: Und eben dagegen, daß diefe NMoligoormunde
ſchaft permanent werde, daͤß ſich gewiſſe Perſonen anmaßen nach und nach fede
ffentliche Angelegenheit nach ihrem Sinne zu leiten, wollen und werden wir uas
mit aller Kraft auffehnen. — Die Wahlordnung erlaubt allerdings den Wahlmän-
nern eine Vorberathung wegen des zu wählenden Deputirten; das iſt gut und recht
und dagegen baben wir auch in ünſerm erſten Aufſatz nict das mindeke geſagt,
aber wir fönnen in der Wahlordnung nicht finden, daß es erfaudt feie auf die ür-
Wwahlen einzumirfen, dieß iſt geſchehen und folglich iſt etwas Unerlaubtes geſchehen.
Mas auch unfer Herr Gegner in fägkichem- Tone ausrıfen: „ Seht ihr bra-
„ven Urwähler, welche Meinung jenes Blatt von Euch hat, was für Menſchen
nach dem Morgenblatt exiſtiren ſollen“ —0 beſticht man mit ſolch' leeren uͤnd
weinexlichen Worten den vernünftigen Mann nicht; diefer weiß, daß unter den ver-
ſchtedenen Menſchenklaſſen es auch eine ſolche, und insbeſondere unter den Beut-
ſchen gibt, die ſehr indolent für öffentliche Angelegenseit iſt und ſich leicht leiten
laͤßt; daß auch wieder Menſchen exiſtiren? die, wenn ein großer Mann ihnen nur
die Hand auf offener Straße drückt und ibnen fetre Candivdaten empfiedlt die Sache
dald abgethan iſt. Dieß mögen nun lauter brave Menſchen ſein, fie ſind indeffen
immerhin bevormundet worden.
Klinst e8 nun — ſo müſfen wir frazen — wenn man Angeſichts einer gan-

Ln Bepölkerung die zum gr oßen Theil mit unwillen auf die Bemühungen einer
Naxthei herabgefehen hat nicht wie wie Spoft ımd Hohn, wenn man ſaͤgt: „die
einſtimmige Wahl des Orn, B, ſeie der freie Gefamnmtwilken der Stadt Monnheim?
Senug — die Patienten haͤben zurch ihr tovendes Aufſchreien verrathen, und
„gamz Mannheim weiß es, daß wir Effig auf faule Wunden gebracht haben. Wolle

ott, daß Heilung erfolge!

Carlsruhe, 27. Oct. Das großh. Staats; und Regierungsblatt von Heu-
tigen No. 25. enthält:
I, Das Statut für die Heil⸗ und Pfleganſtalt Illenau.
I. Eine Verordnung des Finanzmineftertumg: Das Eteuer⸗Ab⸗ und Zuſchrei-
ben betrffd. ; ' :
ILII. Nachſtehende Bekanntmachung des Miniſteriums des Innern: Seine
Löniglicht Hoheit der Sroßberz0g baben mittelft höchſten Staatsminiſterialreferipts
vom 14, I M No. 1689 gnädigft beſchloffen!
&. t) daß zur Zusführung dez Haues der Rain-Reckar⸗Eiſenbahn, ſo weit ſie auf
; - badifhes Territorium fällt, ein befonderes Bayuamt unter ver Benennung
Eiſenbahnbauamt Setvelbergn errichtet werde;
2) daß für die Rechnungs⸗ und Caffenführung zwei Nain⸗Neckar⸗Eiſenbahnbau-
aſſen, eine zu Heidelberg und eine zu Weinheim, aufgeſtellt, und mit den
an dieſen Orten befindlichen Staatsverrechnungen, nämlidh dein Hauptſteuer-
‚amt Heidelberg und der Obereinnehmerei Weinheint, als Nebencaſſen verbun-
den werden ſollen;
3) daß dieſes Bauanit und dieſe Baucaſſe zu den übrigen Staatabehörden im
gleichen Verhältniffe ſtehen, wie die Waffer⸗ und Straͤßenbauinſpeelionen und
Baucaſſen der badiſchen Bahn.





V. Eine Bekanntmachung des Miniſteriums des Innern: nach welcher die
Staatsprufung im Forſtfache für 1843 am 4. Dezember ſtattfindet.

V, Mebrere Stiftungen zu wohlthätigen Zweden,

WI. Nachlehende Exlaubntß zum Tragen eines fremden Ordens: Seine K,
Hoheit dex Großherzog baben dem Gehetmerath und Profeffor Dr. Chelius in Hei-
delberg die gnädigſte Erlaubniß ertheilt, das ihin von Sr. Maf. den König von

M

Baiern verliehenẽ Ritterkreuz des Verdienſtordens vom Jeil. Michael anzunehmen


II. Nachſtehende Ordensverleihungen: Seine Körtaliche Hoheit der Großher-
zog haben gugdigſt geruht, dem Generalmajor v. Pfnorr den Stern zum bereits
innehabenden Cominandeurkreuz mit Eichenlaub und

dem Ooberſtlieutenant v. Fabert, im Kriegsminiſterium, das Commandeurkreuz
des Ordens von Zähringer Lowen, ſodann

dem Oberfilieutenant Freiherrn v. Reck, in der Arkillerie-Brigade,

dem Mafor Bayer, im 4. Infanterieregiment,

dem Major Holtz, im Leibinfanterieregtment, und

den Naſox Hilpert, im 2. Dragonereginient, die Auszeichnung des Eichenlau-
bes zum hereits innehabenden Ritterktenz diefes Ordens, endlich *

dem Hauptmann Kraft, im 4. Infanterieregiment ,

dem Rittmeiſter Wachs, im Gendarmertecorys ,

dem Hauptmann Watzenegger, im 2. Infant rieregiment und

dem Hauptmann Walz, im 1, Infanterieregimeni, das Ritterkreuz deſfelben-
Ordens zu verlethen. ¶ Schluß folgt.)

*3 Wormö,. 27. Ott. Die 3eit des Herbſtes iſt gekommen,
aber das eigentliche Herbſten fehlt, In unfern Weingarten ſieht es
naͤmlich ſehr troſtlos aus, und die ſogenanute Mittetweine, die aufan-
gen ſelten zu werden, ſiud im Preite geſtiegen. — Im vorigen Jahre
war das Fleiſch wohlfeil und das Klaut



thener, in dieſem Jahre iſt

Auch wuͤrde
das Obſt ſehr wohlfeil geworden ſein, wenn nicht ganze Schiffsladun-
gen von Acyfel von hier nach Fraukfurt a. M. gegangen waͤren, um
dort den beruͤhmten „Hohenaftheimer” daraus zu gewinnen. — Der „rhei-

niſche Telegraph“ enthielt unter der ANuffchvrift: „Die Mainzer in Worms“


bühne einer beihenden Kriktik unterwirft, und große Senſatton erregte.
Dem Verfafſer koͤnnte man zurufen: „kehre vor deiner Thuͤre!! —. Da
aber Kinder und Narren die Wahrheit zu fagen pflegen, ſo wollen
wir gutmuͤtbig hinnebmen, was eine fcharfe Feder, vielleicht mit Ver-
Jeßung des Gaſtrechtes einmal hingeworfen haͤt.
Faſtel, 27. Oct. Bei dem unter dem geſtrigen Abend S Uhr
von Laſtel nach Wieshaden gehenden Eiſenbahnzug wurde vor Caftel
ein innerhalb der Schienen gelegener Menſch durch den Aſchenkaſten
der Locomotive mit fortgeriſſen und ſo beſchaͤdigt, daß er in Folge deſ-
ſen heute ſtarb. Der Ungluͤckliche war ein anßer Dienft geweſener Kut-
ſcherknecht, der entweder aus Trunkenheit oder Lebensüberdruß in der
Dunkelheit zwiſchen die Schienen gekommen iſt.
Varis, 26. Okt. Die Regierung hat keine telegraphiſche Depe-
fche mit Nachrichten aus Spanien nubliciren laſſen. Man weiß nichts
Beſtimmtes uͤber den Stand der Dinge zu Barcelona; es geht ein
dunkles Geruͤcht, zwei Parteien, die Centraliſten und die Repu-
blikaner bedraͤngten die uugluͤckliche Hauptſtadt Cataloniens und waͤh—
rend des Bombardements pluͤnderte der Poͤbel die Haͤuſer der wehrlö-
ſen Einwohner. *
— Hr. Thiers iſt hier angekommen und hatte heute zu St. Cloud
Audienz bei dem Koͤnig.
London, ?5 Oet. Mit Beſtimmtheit wird jetzt behauptet, daß
Koͤnig Ludwig Ppilipp im naͤchſten Jahre den Beſuch unferer Koͤnigin
erwiedern werde. Auf die Ausſtattung der Yacht, weiche ihn nach
England uͤberfuͤhren ſoll, will man 3: bis 400,000 Franken verwenden.
Trieſt, 19. Oet. Die guͤnſtigen Nachrichten vaus China haben
hier und in Venedig dem Speculatioͤnsgeiſte einen nicht geringen Im-
puls gegeben; Rheder und Kauflente find mit Unternehmungen nach
den chineſiſchen Haͤfen beſchaͤftigt, und da ſchon fruͤher vielfache Vor-
bereitungen getroffen wurden, ſo duͤrften mehrere derſelben in der kuͤrze-
ſten Zeit ins Leben treten.


 
Annotationen