Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mannheimer Morgenblatt — 1843

DOI Kapitel:
Februar (No. 27 - 50)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44564#0145

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext




No. 36,






Veleuchtung der Frage, vb im Großherzogthum Baden


vatbeleidigung zuläßig ſei, wenn die Cenſur die Druck-
erlaubniß ertheilt hat. ;
(Von Obergerichts-Advokat, Afſeſſor Molitor in Mannheim.)
. (Foriſetzung)
2) Hingegen wird man doch nicht fagen wollen, die gelte blos von
Schriften politiſchen Inhaltes, nicht aber von Beſprechungen über Pri-
vaiangelegenbeiten; denn das Geſetz in der Hand, frage ich, wo f ht


‘ #inchon? Wäre dieſes, ſo müßten wir ein Geſetz haben, welches
Aufſätze über Privaiverhältniſſe für preßfrei erkläre, und nur jene
über politiſche Dinge der Cenſur unterwerfe; aber ein ſolches Geſetz
haben wir nicht, es ſind vielmehr ſowohl durch das Bundespreßgeſetz,
als durch unſere Verordnung vom 28. Juli 1832 alle Schriften unter
20 Bogen gleichgültig weſſen Jahalt ſie feien,. unbedingt, und ohne
Ausnahme der Cenfur unterworfen. Man kann auch nicht fagen, die
Verhülung von Privatbeleidigungen läge auber dem Bereich der Preß-
gefeßgebung, welche blos öffentliche Beſprechungen politiſcher Gegen-
ſtände überwachen wolle. Denn auch abgeſehen von der Unrichtigkeit,
dieſer Vorausſetzung, ſo ſprechen die Geſetze allgemein, ohne eine Aus-
nahme zu machen, der Grundſatz: Cessante ratione CGessat. L, iſt falſch,
und der Umſtand, daß der Grund eines allgemein ſprechenden Geſe
tzes auf einzelne ſpecielle Fälle nicht paſſe, berechtiget nicht zu einer
deſchränkenden Auslegung. 2


wendigkeit einer nähern Cenſur⸗Ordnung hervorgerufen. Dieſe Cenfurz
Ordnung beſtehet auch wirklich, und biidet einen integerirenden Theil
unſeres Preßgeſetzes; ſie wird aber alg bloſe Polizeimaßregel betrach-
tef, iſt nur den Cenſoren bekannt, für das Volk und die Richter aber
ein Geheimniß. Wenn wir daher annehmen wollen, daß Jemand im
Großherzogthum Baden eines gedruckten Aufſatzes wegen, ohnerachtet
der Cenſurerlaubniß vor Gerichi geſtellt werden könne, ſo kommen wir
auf das merkwürdige Abſurdum, daß bei uns Jemaͤnd nach einem Ge-
ſetz gerichtet werden ſoll, welches ibm ſelbſt und dem Richter minde-
ſtens theilweiſe im Geheimniß iſt.

) Indeſſen ſind die Cenſoren wirklich ſchon durch die allgemeinen
Beſtimmungen der Verordnung vom 28. Juli 1832 angewieſen, auch
Ehrenkränküngen gegen Privaten nicht paſſiren zu laſſen, denn es heißt
im 5ten Artikel:

„Bei Ertheilung oder Verſagung der Druckerlaubniß hat die Polizeibe-
„hörde das Bundespreßgeſetz vom 20. Sept. 1819. ſodann die S. S,
„I8. 20, 21, und 22. des Preßgefetzes vom 28. Dez. 1831 zur Richt-
„ſchnur zu nehmen.“ d. h. ſie ſoll nichts
dieſe Geſetzesſtellen für ſteäflich erkläret iſt.
Nun heißt es aber im 18. S. des alten Preßgeſetzes!
„Wer durch den Inhalt einer Druckſchrift ſich eines Verbrechens oder
„Vergehens ſchuldig macht, verfällt zunächſt in diejenige Sttafe, wo-
Amit die beſtehende Geſetzgebung daͤsfelbe Verbrechen oder Vergehen
züberhaupt belegt.“ Ehrenkränkungen an Privaten ſind aber ſtraͤfliche
Vergehen oder Verbrechen, alſo iſt die Cenfur, indem ſie auf den $
18 verwieſen iſt, auch angewieſen, Ehrenkränkungen gegen Privaten
nicht paſſiren zu laſſen; und wenn ſie daher dem Aufſaͤtz das Impri-
matur eriheilt, ſo erklärt ſie ihn im Namen des Staaͤtes für unſträf-
lich und ünverfänglich, und die Befreiung der Ucheber von aller Ver-
antwortlichkeit iſt hievon die nothwendige Folge.

5) Die Baſis des frühern Preßgefetzes war, wie gefagt, die Preßs
freiheit; nur ausnahmsweiſe war im 12ien $. verordnet, daß die Zei-


Zhriften in fofern ſie die Verfaſſung und Berwaltung des deutſchen






Bundes, oder einzelner Bundeoͤſtaaten zum Gegenſtand haben, uur
mit Genebmigung der Staatsbebörde im Druck erſcheinen dürfen; und
dann beißt es im 13ten 8. weiter daß durch die erhaltenen Drucker-
laubniß alle Urheber von aller Verantwortlichkeit frei werden! Die
Cenſur welche nur eine bezüglich auf die Angelegenheiten des deutſchen
Bundes, und freinde Regierung beſchränkte Ausnahme war, iſt jetzt
durch das neue Preßgeſetz Regel geworden, was daher von ihr als
Ausnahme galt, muß jetzi von ihr als Regel gelten. Alle Zeitſchriften,
Zeitungen und audere Hefte unter 20 Bogen weſſen Inhaltes ſie auch
ſein mögen, müſſen die Cenſur paſſiren; darum muß auch der 13te S,
auf jeden Inhalt einer die Cenſur paſſirten Schrift ſeine Anwendung
fiaden, und darum auch die Urheber eines Artikels über Privat⸗Ange-
egeuheiien von aller Verantwortlichkeit frei bleiben, wenn die Cenfur
daͤs Imprimatur ertbeilt hat. *

6) Dies wird noch klarer, wenn man die S. 12 und 13 des alien
Preßgeſetzs mit dem Artikel 7. des Cenſurgeſetzes vom 28. Juli 1832
neben einander ſtellt. In dieſem 7ten Artikel heißt es:

„Alle Vorſchriften des Preßgeſetzes vom 28. Dez. v. J. welche mit
„vorſtehenden Beſtimmungen undereinbarlich ſind, wohin namentlich die
„in den $. 1, S, 12, 14, 15, 16 und 47 enthaͤltenen Vorſchriften
„gehören und treten außer Wirkſamkeit.“ Demnach iſt namentlich der
$. 12 aufgeboben, welcher die Beſprechung über Bundes oder fremde
Regierung? Angelegenheit der Cenſur unterwirft, und er iſt natürlicher
Dinge nur darum aufgehoben, weil er die Ceaſur nur als Auspahme
angeordnet haite, die jetzt zur Regel erhoben iſt. Dagegen iſt der 13.
5. nicht aufgehoben, welcher die Urbeber einer eenſirien Schrift von
aller Verantwortlichkeit frei ſpricht. Wir baben alſo ietzt ein Geſetz-
welches verordnet, daß alle Zeitungen und Zeiiſchriften, ſie moͤgen oͤf⸗
fentliche oder Privatangelegenheiten zum Gegerſtand haben, ſo wie alle
Druckſchriften unter 20 Boͤgen der Cenſur unterliegen. Das nämlide
Geſetz verordnet, daß durch die erhaltene Druckerlaubniß alle Theilnth-
mer an der Erſcheirung einer Druckſchrift von aller Veranteortlichkeit
frei ſein ſollen! Wie iff es nun bei dieſer Klaiheit des Geſetzes in Wort-
iaut und Sinn rechtlich möglich, jene Theilnehmer eines cenfirten Ara
tikels auf eine Privatklage vor Gericht zu ſtellen? ;

(Fortſetzung folgt.) -

Tagobericht.

Carlsruhe, 6, Febr. Es ſcheint nun außer allım Zweifel, daß
die Eroͤffnung der Eifenbaͤhnfirecke von hier nach Heidelberg mit denz
Anfange Apriis ſtatifinden wird, Wie es heißt, werden bei dieſer Ge-
legenheit ſowohl dahier alg auch in Heidelberg, und Nannheim große
Feſtlichkeiten ſiaitfinden. Es iſt nicht unwahrſcheinlich, daß ſich der
Froßherzogliche Hof um jene Zeit des hohen Beſuches eines benachbar-


Alus Nheinheffen, 7. Febr. Worms, nach der %„‘unbcéjcflung
Mainz die beträchtlıchfie Stadt in Rheinheffen, wird demnächſt eine ſte-
yende Schiffbrücke erhalten, und wie man aus guter Quelle ver-
nimmt , foll der vaſelbſt bereits eonſtituirten Handelskammer ein Han-
delsgericht nachſelgen. ‘
@giefi?n‚ 8. 8 Giſtern Morgen fand hier die Enthaup«
tung eincg Mö.ders, des Maurergefellen Bahlberg aus %rauf?fcbftiß‚
ſiat Im Juni 1841 hatte dieſer Menſch ein 'fi)?abd)‚en„von 2 *
ren zunſ duf eine fhändliche, alles menſchliche Sefühl *
Weiſt mihhandelt und daun durch Stiche und Fußtrite — 24
von früher Jugend an dem Trunk und andern Aunlidhen ’—“5_?3‘ 4
ben, war der Berbrecher ſo ſehr entmenſcht, Daß er DON Wg??;’;i‘
jeiner Unthat nicht überzeugt werden konnte. A ihn b“éb» 8 *
theil publicirt wurde, proteſtirte er Dagegen , indem er 9 8 *
rief, daß in ſeiner Heimath der Nörder einer Frau nur Zuchth


 
Annotationen