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Mannheimer Morgenblatt — 1843

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März (No. 51 - 76)
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29


Annoncen: „So etwas kommt nicht wieder!“ Eines Morgens fand er


ein Stuͤck aus einem Inteligenzblatt, mit dem Anfang ſeiner eigenen


„ 5 In Ofen, naͤchſt der Schiffhruͤcke, wird in einer fehr kleinen Bude
ein ſehr groͤßer Ochs aezeigt. Als man Jemand fragte, ob er das
Wunderthier ſchen beſichtigt habe antwoͤrtete er: „Ich denke mir der
Ochs iſt groͤßer als die Bude, ſo habe ich mir mehr gedacht, alg man
mir zeigen kann.“

+ Eine junge und ſchoͤne Spanierin ging zur Beichte.
der Geiſtliche verſchiedene Fragen gethan hatte, die ihre Beicht betra-
fen, war er neugierig, ſie zu kennen, und fragte fie nach ihrem Na-
men. Die Frau fand nicht für gut, feine Neugierde zu befriedigen,
und antwortete ihm: „Mein Name, Herr Pater, iſt keine
Suͤn de.“ *

Zweiſvylbvige Charade.
Virſt du das Gan ze bexeiten,
So bin ich alg Erſtes beim Zweiten.
Aufl. der 3ſilbigen Charade in No, 67: Trauerſpiel.
Opern Bericht.
(Von nd.)
Sonntag, den 26. Närz: „Die Purttaner.«
von Bellint,
Bellini muß wohl gemüthskrank geweſen ſein, alg er die Muſik zu den Puri-
tanern compontrte. Db eine unglückliche Liebe, oder das Sujet, welches er bear-
bheitete, Schuͤld daraa war, daß der italieniſche Maeſtro ın einen ſolchen Zuſtand



2

J

Das Hauskreuz, oder: MWas vom Brauntwein-
trinken zu halten ſei?
(Fortſetzung)
Kapitel 4, 5
Wie die Bauern mit ihrem Pfarrer ftreiten.

Ein Bauer. Ihr Wort in Ehren, Herr Pfarrer! Aber mir iſt
es doch immer unerklaͤrlich, daß der Branntwein nicht ſtͤrken foll;
er wird doch aus Korn und Kartoffeln gebranut, alfo muß
er doch wohl ſtaͤrkend ſein.

Der Pfarrer Der Branntwein wird nicht aus Korn gebrannt,
wie e& der liebe Gott wachſen laͤßt, ſondern er wird aus Maiſchenge-
brannt. Dieſe Maiſche wird nun freilich aus Korn bereitet Aber ſie
entſteht erſt, nachdem das Korn in Gaͤhrung geſetzt iſt, woduͤrch e De:
kanntlich ganz umgewaͤndelt wird. Mithin iſt es nicht ganz richtigege-
ſprochen, wenn ihr ſagt: „der Branntwein wird aus Korn gemacht.“
Sn dem Korn, in der Kartoffel und allen Fruͤchten ſteckt zweierlei naͤm—
lich Mehl (und dies iſt das Ernaͤhrende und Staärfende) und
Spiritus (und dies iſt das Berauſchende) Der Brenner bekuͤm—
mert ſich nun gar nicht um die ernaͤhrenden Mehltheile des Korns,
ſondern trachtet blos nach dem Spiritus, der vorzuͤglich durch die Gaͤh—
rung neu entſtanden iſt und in der Maiſche ſteckt! Dieſer Spiritus
haͤt die Eigenſchaͤft an ſich, daß er fluͤchtig wird und in die Hoͤhe
ſteigt, ſobald der Keſſel oder die Blaſe, worin ſich die Maiſche hes
findet, erw aͤrmt oder gebrannt wird Dann faͤngt ihn der Bren-



liſche Bearbeitung, viel wahnſinniges Zeug enthält, ift eben ſo gewiß, als daß
man annehmen fann, die Compofition ſei eine der unbedeutendſten, welche Bellini
geſchrieben. ;

Was die muſikaliſche Karakteriſtik der italieniſchen Componiſten im Allgemei-
nen betirifft, fo haben wir uns in dieſen Blättern ſchon mehrmalen über dieſen
Punkt ausgeſprochen. Es iſt übrigens damit nicht geſagt, daß wir die italieniſchen
Svern gänzlich zurückſetzen, Gott bewahre! Bellint hat manches geſchrieben, wos
uns ſehr angeſprochen, und daß Roſſini in ſeinem ⸗Wilhelm Tells gezeigt, daß er
auch karakteriſtiſch zu konponiren verſtehe, wird wohl Niemand in brede ſtellen.
Geuanntes Werk hat in Deutſchland auch die günſtigſte Aufnahme gefunden und
wird mit Recht von iedem Muſitkenner für ein Meiſterwerk gehalten, nur im Va-
terland des Componiſten ſelbſt fand es wenig Anklang Warum aber die Italiener
felbſt diefer großartigen Tonſchöpfung wenig Beifall zollten, darüber haben wir
ung ſchon früher ebenfalls ausgeſpröchen. Jeder Menſch hat ſeinen Karakter, ſo
Kein Land allein aber lehrt karakteriſtiſch kom-


hinlängliche Kräfte dazu verliehen. Aber nicht jeder Menſch, nicht jede Nation
trückt Karafter in dır Muſik auf eben dieſelbe Manier aus, als die andere. Nach
ſeinem Natipnalkarakter ſpaziert der Franzoſe gern auf Oberflächen herum, daher
das viele teichte und flüchtiße Zeug in der franzöſiſchen Compofition, Der in ſei-
nen Leidenſchaften heftige Ilaliener hingegen ühertreibt alles; daher iſt die meiſte
ttalteniſche Muſik Karritatur. Der Deuͤtſche mögte wohl der einzige ſein, welcher
— Wwie_ wir ſchon in einem frühern Berichte bemerkten — Leidenſchaften nach der


wohl der einzige ſein, der nicht eber karrikaturmäßige Gruppen darſtellt, als wenn
fie nötbig findD. Schon im Jahr 1755 ſagt Marpurg in ſeiner Anleitung zur Sing-
fompofition daß Beutſchland den Vorzug in der Ruſik vor allen andern Nationen
habe, und daß ſich dieſes demonſtrativiſch erweiſen ließe. — Nun wieder zu
derheutigen Dpcr zuruck und die Frage geſtellt, aus was beſteht wohl das Ganze?
Nur wenig Gutes abgerechnet groͤßtentheils aus Gewinſel, Geheul und Geiammer.
Die vielen Andantes Largos u. dal, mehr, bäufen ſich in dieſer Oper ſo auf einan-
der, daß man ant Ende wohl überfättigt wird. Wird dann von den Sängern das
jetzi ſo ziemlich in Schwung kommendeẽ Dehnen, Ziehen und Ritardiren noch in
Auwendung gebracht, ſo möchte man faſt derzweifeln und der Gedanke, daß man

für ſolchen Gnuß gar noch 48 fr, bezahlen mußte, berührt uns allerdings recht
in dieſer Parthie recht viel Lobenswerthes, was uns um ſo mehr Freude verurſachte,
derſelbe ein großer Verehrer von Ritardiren ift, ſelbſt da, wo esen

* , ſo wie Hr. Ditt als Sir Georg im-
ponirten durch ihre kräftigen Stimmen.
kennung.

ſchmerzlich.

Bie Hauptparthie in den Puritanern iſt Elvira. Fr. Neukäufler leiſtete
Da dieſelbe auch heute ziemlich rein intonirte.

Hr Kreuzer alg Arthur Talbot war heute nicht recht bei Stimme. Daß

icht hin gehört,

hat er heute wieder hinlänglich bewieſen.

SHr. Braſſin alg Sir Richard Fort

Letzterer ſchien heute auf eine gewiffe frü-

here Manier gänzlich Verzicht geleiſtet zu haben, So etwas verdient nur Aner-

DBas Duett am Schluſſe des zweiten Akts wurde trotz dem Blitz, welcher am

Ende eingeſchlagen, ſehr beifällig aufgenommen.


- Nächftens wird die Oper „Lempler und Jüdin- zur Aufführung gebra

n8 ı cht werden.
Dem löblichen Comite ſagen wir zum Voraus unſern Dank.


ſetzt hat, und das iſt der Branntwein, den der Menſch trinkt Das
Uebrige aber, naͤmlich die ernaͤhrenden Mehltbeile bekommt das
Maſtbieh.

Ein Bauer. Darum wird das Maſtvieh in den Brennereien ſo
fett, weil es die ernaͤhrenden Mehttheile befommt; der Menſch
aber magert ab, er trinkt den ſchaͤdlichen Spiritus.

Der Pfarrer. So iſt es, die Erfahrung zeigt es ja. Sie be-
weiſen aber auch, daß jener Einwurf ganz falfch iſt, denn da Der
Brauntwein nicht aus Dden Mehltheilen der Fruͤchte gemacht wird, (
kann er auch nicht ernaͤhren und ſtaͤrken. 2

Der Handwerker. Doch noch Eins, Herr Pfarrer: man fuͤhlt
doch neue Staͤrke in ſich, ſobald man ihn getrunken hat, was man
doch ſo deutlich fühlt, kann Niemand abſtreiten.

Der Pfarrer! Ihr habt ganz recht; ihr fuͤhlt neues Leben, neue
ungewohnte Bewegung In den Adern: das iſt das Alut, welches
in eine unnatuͤrliche WMailung geſetzt iſt, das ſind die Nerven, welche
krampfhaft gereizt und angefpannt find, aber neue Kraft iſt das nicht!
Du deuteſt alfo ganz falſch, was du fuͤhlſt, indem du dieſe Aufreizung
der Nerven und diefes ungeſtuͤme Jagen des Blutes fuͤr neue Kraft
und Staͤrke anſteheſt. — Der Branuntwein iſt nichts Anderes als bei
dem Pferde die Sporen und die Peitſche. Der ermuͤdete Gaul wird
nöch einmal anſpringen, wenn du ihn ſpornſt und ſchlaͤgſt und wird
alte Kraͤfte die er noch hat, zuſammenraffen; aber du wuͤrdeſt dies
ganz falſch deuten, wenn du ſagen wollteſt: „er hat neue Kraͤfte durch
meine Peitſchenhiebe erhalten, ift durch ſie neu geſtärkt worden! Neue
Kraft ſteckt nicht in der Peitſche, ſondern im Futter unDd woͤllteſt. du
auch den muͤden Gaul Stuͤnden lang beitſchen und ſpornen er wuͤnde
wohl ſpringen und binten ausſchlagen, aber du wuͤrdeſt das ganz falſch
deuten! woͤllteſt du ſagen: jetzt merke ichs, meine Peitſche hat ihn nen
geſtaͤrkt! — Ihr ſeht aus dieſem Allem, daß der Branniwein den Men-
ſchen nur anreizt und aufregt, ſo Daß er noch Den letzten Reſt feiner
Kraͤfte verbraucht. Daher fommt es, daß der Branntwein den muͤden
Arbeiter vollends erſchoͤpft! Denn auf jene kuͤnſtliche Anregung folgt
bald eine kuͤnſtliche Ermattung! Daher behaupten auch diejenigen
Arbeiter, welche gar keinen Braͤnntwein mehr trinken, daß ſie nach
der Arbeit jetzt weniger erſchoͤpft und angegriffen ſeien, als fruͤher, und
daß ihnen die Arbeit leichter wuͤrde. Wenn alſo der Arbeiter fuͤr ſein
Schnapsgeld ſich Brod kaufte fo wuͤrde aus dieſem der Küörper NrEUE
Krafte faugen und wuͤrden dadurch die verbrauchtey Kraͤfte wieder
erſetzt werden; er wuͤrde dann vernünftiger und pflichtgemäßer hanz
dein! Der Brauntwein und die Peitſche aber geben Feine nNeuE Kraft;
ſie erſetzen das Verbrauchte nicht wieder, fonDdern vETZC hren noch
das Vorhandene, ſie erſchoͤpfen den Arbeiter und bewirken hinter-

+

Foͤrtſetzung folgt)










 
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