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Mannheimer Morgenblatt — 1843

DOI Kapitel:
Mai (No. 102 - 126)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44564#0482

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Der Laſtträger von Briſtol.
Corkſetzung)
4,

Wir haͤben geſehen, wie die 4 Iſabel ganz heiter in den Koffer
des Godfrey Fairfax ſich begab. Die Neuheit dieſet Sithation ent-
zuͤckte ſie. Ihre Heiterkeit dauerte noͤch einige Sekunden, nachdem der
Deckel uͤber ihr zugefallen, und der Schluͤſſel im Schloß umgedreht war.
Wir muͤſſen jedoch zugeben, daß das Geraͤuſch des Schloffts, ſo nahe
ihrem Ohr ſie etwas zum Nachdenken brachte; ſie ſtieß jeBt einen klei
nen Ansſtton aus, aber, ſich einer ſolchen Schwaͤche ſchaͤmend, fing ſie
von Neuem an zu Jachen. Sodfren, welcher froh war, dieß wihrend
des Angenblicks, wo er den Koffet juband, zu dernehmen, hielt es den:
noch fuͤr noͤthig, ſeine Geliebte noch einmal zu beruhigen.

— „Nun, meine kleine Heldin,“ — ſprach er mit gedaͤmpfter
Stimme durch das Schloß hindurch — „verliere den Muth nicht, ſtelle
Dir unſer baldiges Wiederſehen voͤr, die gluͤcklichen Jahré, welche wir


Prufung aus. Denke daran, Iſabel, daß ich es bin, ich, der Dich
mehr als irgend Jemand liebt, ich, deſſen koſtbarſter Schaß Du biſt,
daß ich es bin, der Dich vor jedem Unfall ſchuͤtzt. Vergiß nicht, daß
mein Gluͤck oder mein ewiges Ungluͤck von Deinem Muth uͤnd Deiner
Ausdauer abhaͤngt.
liebte!“ ; /

Godfrey verließ den Waͤſcheboden; es gelang ihm, den Doctor Plymp-
ton, welcher eben die Treppe hinaufſtieß, wieder mit ſich in die un-
tere Etage zu nehmen, wo ſich die Bibliothek befand. Dort verſtand


dem er ihn wegen ſeiner mathematiſchen und ſprachlichen Studien um


cher den Koffer mitnehmen ſollte.
Unterdeſſen, fanden auf dem Trockenboden wichtige Begebenheiten
ſtatt. Iſabel hatte auf das Lebewohl Godfrey's nicht geantwortet, und


eingeſchloſſen, allen Gefahren der Reiſe ausgeſetzt zu ſein, das Sprechen
vor Angſt unmoͤglich machte Als ſie hörte, daͤß ihr Liebhaber ſich ent-
ferne und die Thuͤr hinter ihm ſich ſchließe, trat ein foͤrmlicher Schrecken
‚ an die Stelle dieſer erſten Angſt. Die junge Unbeſonnene war nicht
im Stande, die wirklichen Gefahren ihrer Lage, ſo wie das Unziemliche
ihres Benehmens richtig zu beurtheilen, aber ihr fuͤr eingebildete Schre-
ken leicht empfaͤnglicher Geiſt malte ihr die Zuknuft mir den ſchwaͤrze-

ſten Farben aus. Sie verglich ſich unwillkuͤrlich mit Julie, welche in


Ungluͤck habe, einzuſchlafen, ſie obne Zweifel bei'm Erwachen den Ver-
ſtand verlieren würde, in dem Wahn befangen, daß ſie lebendig be-
graben ſei. Dieſer ſchreckliche Gedaͤnke raubte ihr all’ ihren Herois-


zu ſeufzen.

Nun wollte es der Zufall, daß Georges Wharton, welcher gerade
nicht viel zu thun hatte auf den Boden flieg, um ſeinem Freund beim
Einpacken zu helfen. Er waͤr nicht wenig erſtaunt, als er ein klaͤgli-
ches Geſtoͤhn aus dem großen Koffer hervordringen hoͤrte. Nach einem
Zaudern von einigen Minuten, denn er glaubte ſeinen Ohren nicht
frauen zu koͤnnen, klopfte er leiſe an das Schloß und fragte in ſeiner
Beſtuͤrzung: ;

— IMS erlaubt, einzutreten?“ ;

Die Antwort war, wie man ſich denken kann, eine bejahende.

— Wos iſt das — rief Georges — „wer iſt darin?“

— „Ich bin es, iieber Wbharton,” auwoͤrtete Iſabel — „um's
Himmelswillen, helfen Sie mir heraus.“


— „Um’s Hinmelswillen, thun Sie das ja nicht, Georges! Ich
wuͤrde todt ſein/ bevor Jemand da mdre;

‚erbrechen Sie den Koffer, verlieren Sie Feinen Augenblie,“

Mit Hilfe eines Taſchenmeſſers hatte Georges bald ſeine Geliebte
befreit. Bleich und noch ſchluchzend warf fie ſich in ſeine Arme und
ſchwur ihrem Befreier ewige Dankbarkeit Er ſei, ſagte ſie zu ihm,
— ſie am meiſien auf Erden HKebe, . ,

— Ater,“ antwortele Georges natv — „wenn das der Fall i
warum fand ich Sie in Godfreys Koffer?“ men
‚. — m30 habe es Ihnen geſagt,“ — rief Iſabel ein wenig aͤrger-
lich — „der Schein iſt gegen mich; was verlangen Sie noch weiter?⸗










— „Sewiß nichts liebe Ifabel, aber ich muß uͤher dieſen Punkt
4 Fairfax ſprechen, bevor er das Haͤus verlaͤßt; ich bin feſt entfehloſ-
en“ 4
— Ohne Zweifel, gerade immer das zu thun, was mir am we:
nigſten lieb iſt, nicht wahr?e — ;

— „Iſabel, Sie ſind ſehr ſtrenge.“

— „In-der That, dieß iſt doch ſonſt eben mein Fehler nicht, und
weyn ich nicht außerordentlich nachgiebig waͤre, wuͤrde ich nicht in die
Falle gerathen fein, welche mir Godfrey, dieſer ſchreckliche Godfrey ge-
ſtellt hatte.“ 2 —
Seine Auffuͤhrung iſt abſcheulich, ich werde ſie ſogleich dem
Doctor berichten.“ ,

— „Und was winde die Folge davon fein? Mein Vater wuͤrde
ihn ſcharf anfahren, daran zweifle ich nicht, denn ſein Betragen ver-
dient in der That die laͤngſten Strafpredigten; aber denken Sie mein


ſen,“ ich will denſelben von jeßt_an zu dem meinigen machen. Goͤd—
frey iſt ſeit Jahren unſet Gefaͤhrte, und, um einer Bagatelle willen
ſollten wir im Augeuͤblick der Trennung ſein Herz betruͤben? Ift es
nicht beſſer, als gute Freunde von einander zu ſcheiden? Bei alle dem,“
— fuͤgte Iſabel hinzu, zufrieden laͤchelnd, indem ſie ihre niedliche Fi-
gur n einem alten Spiegel betrachtete — „verdient der arme Iunge


haben Sie mir nicht hundertmal geſagt, daß Sie, um mich zu erobern,
allen entſeſſelten Elementen Trotz bieten wuͤrden? Sie find alfo .mit


Fortſetzung - folgt.)

44 Gaun erkeckheit.
In Baris gibt es wahrſcheinlich verhaͤltnißmaͤßig eben ſo viel ehr-
liche Leute, wie anderwaͤrts, allein bei einer Bevoͤlkerung von 1,000,000


Die
herrſchende Oeffentlichkett laͤßt die Zahl derfelben groͤßer erſcheinen,
als ſie wirklich iſt, und offenbart taͤglich neue Kniffe derſelben, wirkt
alſo in beiden Beziehungen warnend. Am 20. April, Abends 10 Ubhr,


der Polizeipraͤfectur! Auf der Rothen Bruͤcke bemerkte er an dein brel-
ternen Gelaͤnder zwei Maͤnner neben einer ſcheinbar niedergeſunkenen
Frau. Er fragte, was ſie da machten; der eine Unbekannte autwor-
tete: „Meiner Frau iſt es bei der Schwankung der Bruͤcke uͤbel gewor-
den.“ Der Poͤlizeidiener rieth, fie in das nahe Weinhaus zu tragen,
und ging ſeines Wegs. Kaum war er hundert Schritte weiter! ſo
Er ſah zuruͤck und bemerkte, daß
Er eilte zuruͤck, fand

Man vermuthet, daß die Frau, als
bereits ermordet war. — Weniger tragiſch
der einen Tag ſpaͤter ſtattfand. Ein Commis D,
wurde gegen Mitternacht beim Heimgang aus dem Schauſpiel in der
alten Tempelgaſſe niedergeworfen und ausgeplundert. Bei der An-
Einer der Hinzuge-
Beraubten ſeinen Arm an und fuͤhrte ihn naͤch
Auf ſeinem Zimmer angekommen, bat D, feinen freundichafts

der Polizeidiener ſie ſah,

kommenen bot dem

Als,er dies zu Stande gebracht, vermißte er .zu feinem

welche an einem Haͤcken gehangen hatten. —
Noch frecher iſt folgender Streich Zu einem Proͤfeſſor Foummt ein Maͤd⸗


fet, der Neherbriugerin, welche die Erbſchaft ihrer Tante (feiner 54
er
Am vierten Tag, um fuͤnf Ubhr

Der Profeſſor oͤffnet die Hansthür, ein Nann ſtuͤrʒt
herein und Überhduft {bn mit Vorwürfen, als den Verführer feiner


endlich, er gebe ſeiner Schwefter fuͤnf Minuten Zeit, ihre Sachen zu-
Zugleich bittet er, ihn einige Yus

legen. Der beſtuͤrzte Profeſſor zieht ſich zuruͤa, erwartend, daß nach.
 
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