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Mannheimer Morgenblatt — 1843

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Juni (No. 127 - 151)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44564#0531

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zu waſchen. Nach vielem Gelaͤchter und Geplauder erhob er ſich ploͤtz-
Iich und ſprach: Meine Herren, ich bin nur uͤberraſcht und, ich ge-
ſtehe es, von ploͤtzlichem Schrecken bemeiſtert worden; da Sie saber
über mich gelacht haben, ſo muͤſſen Sie mir meine Rache geſtatten.
Ich gegehre nur eine geringe Benugthubung. Dreißig Louisdoͤrs genuͤ⸗
gen, die mir zugefuͤgte Schmach hinweg zu nehmen! Wer will num
mit mir wetten, daß ich jedwede mir auferlegte Proͤbe in Bezug auf
Geſpenſter beſtehe? — „Ich will es,“ ſprach der Vorſitzende, der auf-
richtig wuͤnſchte, feine anſcheinende Alnart, weil er naͤmlich an dem
Eelaͤchter Theil genommen, wieder gut zu machen, obgleich er den
Verluſt ſeines Geldes voraus ſehen moͤchte.

Nachdem man die Wette eingegangen, fragte Thorn, was er zu
thun habe Der Vorſitzende antwoͤrteke: „Es iſt beinahe zwoͤlf Uhr.
Sie ſollen nach dem nahen Kirchhof St. Joͤhann gehen und dort einen
Schädel, den ich bei dem Grabe des alten Hallingek liegen fah, mit
einem Hammer und einem Nagel, den Sie mit ſich nehmen Fönnen,
an das über dem Grabe des armen Martin errichtete Hölzerne Monus
ment annageln, dann zuruͤckkehren und hier den Reſt des' Abends mit
uns zubringen. Ich glaube es ihm leicht genug gemacht zu haben,“
feßte er, einem Nachbarn zufluͤſternd, hinzu. — „Ichy bitte nur um
Eins ,“ ſprach Thorn, „mir naͤmlich keinen Streich zu ſpielen; Sie
müffen mir verſprechen, daß Keiner von Ihnen auffteht, ehe ich wieder
kehre; dagegen verfpreche ich bei meiner Chre,
bringen oder die Wette zu zahlen. Ich muß jedoch zwei Stunden da-
zu haben, um abwarten zu koͤnnen, bis die Runde vorbet iſt“ Alles
dies wurde angenommen und zugefagt, und Thorn verließ das Haus,
um ſich zu ſeinem Probeſtuͤcke voͤrzubereiten. Er ſandte einen Spion
ab, damit er ſehe vb nichts im Wege ſtehe, huͤllte ſich in einen weiten
Soldatenrock und eilte mit Hammer und Nagel zum Kirchhof,

Es war eine herrliche Nacht. Der Himmel zeigte das ſchoͤnſte
dunkelſte, mit unzaͤhligen Sternen beſaͤete Blau. War auch der Mond
nicht zu ſehen, ſo verbreiteten doch die kleineren Geſtirne Licht genug,
um die naͤchſtliegenden Gegenſtaͤnde ziemlich deutlich unterſcheiden zu
koͤnnen. Ein ſanfter Hauch faͤchelte die Erde und umſpielte die zier-
lichen Gebaͤude der Stadt. An ſeiner Beſtimmung angelangt, ohne
einem lebenden Weſen begegnet zu ſein, betrat Thorn den Kirchhof
muthig und mit dem feſten Entſchluß, ſein Vorhaben auszufuͤhren.
Es iſt wahr er verſpuͤrte einige Beaͤngſtigung in der Bruft, über die
er ſich keine Rechenſchaft zu geben wußte. Es koſtete ihm keine Muͤhe,
den Schädel zu finden, allein als er ihn aufnahm, glaubte er deutlich
ſeinen Namen nennen zu hoͤren.
einen Schatten an ſich vorbeiſtreichen zu ſehen. Taͤuſchten ihn ſeine
Sinne, oder ſtiegen die Todten empor, ihm Vorwuͤrfe zu machen?


Keiner nachgekommen ſein, und zudem hatte der von ihm vorausge-
jandie Spion den Ort zu gut durchfucht, als daß ſich Jemand noͤch
Dort haͤtte verbergen koͤnnen. Woher kaͤm nuͤn der Schall, der zu ſei-
nen Obhren drang? Schon fing er an einzuſehen, daß er durch ſeine
Segenwart den Gottesacker entweihte, und einen Augenblick war er
unfhlüffig, ob er nicht umkehren und die Wette aufgeben ſolle. Das
Geld war ihm das Wenigſte, allein er Fonnte das Geſpoͤtte nicht er-
fragen, Ddem er ſich ausfeßen wuͤrde, und er woͤlite dabher ſeine Auf-
gabe auf jeden Fall vollenden. Er ſchritt jetzt uͤber den Kirchhof, als
er ploͤtzlich einen Ruck verſpuͤrte. Zuruͤckſchreckend ſtieß er einen leifen
Schrei aus, ſah ſich um und fand! daß es nur ſein Mantel war, der
an der Ecke eines Grabſteines hangen geblieben. Er riß ihn los und
ging weiter, empfand aber gleich darauͤf einen Schlag an ſeinem Bein,
der ihn Anfangs ſtutzen machte, Gr lachte jedoch uͤber ſich ſelber, als
er wahrnahm, daß es eine Eiſenſtange war, an die er ſich geſtoßen
hatte. Wie er an Martin's Ruheſtaͤtte kam, trat er auf friſche Erde
und ſank bis an die Knoͤchel hinein. Es waͤr das Grab eines Freun-
des eines Waffenbruders, der dieſen Morgen begraben worden war.

Ihm graute; dennoch ließ er ſich an der Ausfuͤhrung ſeines Vor-
haben vicht irre machen und legte die Hand an die hoͤlzerne Tafel,

die einſtweilen noch die Grabſtaͤlte des armen Martin bezeichnete.
(Schluß folgt.)

Buntes.

+ Giner Sage zufolge, welche Dr. Binder mittheilt, iſt der Ur-
ſprung des Haufes Metternich uralt. Es ſchrieb ſich fruͤher Metter-
nicht, und zwar in Folge eines Ereigniſſes, das ihm zuerſt ſeinen
Namen gab. Ein Hauptmann Metter in der Leibwache des letzten







ſaͤchſiſchen Kaiſers, Heinrichs des Heiligen, ſtand bei dieſem durch
Treue und Ergebenheit in hohem Anfehen, Einige Große aber, vom
Neid und Eiferfucht gereizt, ſuchten ihn zu verdeiden und ſchrieben, ſeine

Handſchrift nachahmend, einen hochverraͤtherifchen Brief, den fie dem
Kaiſer in die Haͤnde ſpielten. Dieſer aber wankte nicht im Slauben
an die Treue feines Dieners, ſondern braͤch nur in die Worte aus:
„Solche ſchwarze Unthat hat Metter nicht begangen.“ Und Metter
wußte keinen beſſeren Lohn fuͤr ſich und feine Nachkommen, als daß er
dieſen Zuſatz ſeinem Namen beifuͤgte.

T Ein ſehr fein angelegter Betrug wird in der jetzigen Rekruti-
rungszeit in einigen franzoͤſiſchen Departements getrieben. Einige
Glüickoͤritter, welchẽ ſich zuvor eine genaue Kenntniß aller jungen Leute,
welche durch das Loos zum Militaͤrdienſte berufen wurden verſchafft
haben durchziehen das Laͤnd, ſuchen Bekanntſchaft mit den Familien-
vaͤtern, und machen denfelben folgenden Vorſchlag: „Ihre Soͤhne muͤſ—
ſen in Kurzem eintreten; der Revifionsrath iſt da, wir ſind ſehr genau
mit ihm bekannt, und koͤnnen die Freilaſſung Ihrer Soͤhne bewirken,
wenn Sie ein kleines Opfer zu bringen geneigt find, Mittelſt 400
Franken wollen wir es ſchon dahin bringen, daß weder von Seiten des
Praͤfecten, noch der Rekrutirungs-⸗Officiere und der Aerzte ein Hinder-
niß in den Weg gelegt werde. Zahlen Sie 400 Franken, und Ihr
Sohn wird frei Fuͤr den Fall, daͤß Letzteres nicht geſchehen ſollte,
verpflichten wir uns, Ihnen die Summe zuruͤck zu zahlen.“ Der Voͤr—
ſchlag findet faſt allgemeinen Beifall. Bon zehn Rekruten werden z. B,
fünf angenommen, und fuͤnf zurücdgewiefen. Das für die letzteren er-
haltene Geld ſtecken die Betruͤger ein, empfehlen aber den Eltern die
ſtrengſte Verſchwiegenheit, weil ihre Söhne bei Der geringſten Verlaut-
barung der Sache ſofort Rekrutẽn wuͤrden; das Geld welches fuͤr die
von der Commiſſion nachher zum Militaͤrdienſt beftimmten Soͤhne be-
zahlt wurde, wird gewiffenhaft wieder zuruͤckgegeben.



+ Die Zahl der Heirathen betrug im Jahre 1842 in ganz Frank-
deich 247,737. Wenig genug auf eine Bevoͤlkerung von 34 Millionen.
Das Verhaͤltniß der unehelichen Kinder zu den ehelichen verhaͤlt ſich
aber auch wie 2 zu 3,



Opern⸗Bericht.
(Von nd.) .
Montag, den 5. Juni: „Don Juan.“ Große romantiſche Oper in 2 Abtheilun-
gen. Muſik von Mozart. Herr Hoffmann alg Saft,

Unter all den großen, ſchönen und herrlichen Werken, durch welche ſich Mo-
zart in der muſitaliſchen Welt verewigt hat, ſpricht uns die Muſik zu Figaros
Hochzeit und zu Don Zuan ganz befonders an. ;

In dem wahrhaft muſikaͤliſchen Geſpräch der Erſtern bewundert man den flie-
ßenden Styl und den ſprudelnden Witz. In Letzterer fühlt ſich daͤs Gemüth tief
ergriffen ja oft erſchüttert. Dies alles aber in Tönen auszudrücken und zwar ſo-


ſter gelingen. Viele Jahre ſind bereits perfloſſen, ſeitdem Mozart die Muſik zu
Don Juan geſchriehen. Vielleicht gegen hundert Mal ſchon wurde genannte Oper
auf dex hieſigen Aühne zur Auffüdrung gebracht und doch bleibt die Muſik immer
neu, Schon längſt iſt der große Componift heimgegangen, aber ſein Don Juan
ſteht immer noch da in kräftiger Jugendfülle und entzückt mit ſeinen herrlichen und
mannichfaltigen Gedanken und Schoͤnheiten, wie einft in frühern Zeiten ſo auch
1eßt noch, Alt und Jung, Kenner und Laien. — Welch hoher Genuß müßte es
ſein, die heutige Oper, fo wie auch Kigaros Hochzeit nicht mit Dialog ſondern
mit den von Mozart daͤzu componirten Recitativen hören zu können. Wuͤrde Herr
Lapellmeiſter Lachner einmal verſuchen dies zu bewerkſtelligen, er könnte ſich da-
durch nur den Dank der Muſikfreunde in hobein Graͤde verdienen.
DODBerr Zoffmann, der heute die Titel-Rolle gab, iſt ein braver und tüchtig
gebildeter Sänger, aber alg Don Juan beſitzt er nicht die Gabe weder im Spiele
noch im Geſange gehörig zu imponixen. Er Iieß das Publikum falt. Die wun-
derſchöne aber eden ſo ſchwierige Parthie der Donna Anna hefand ſich in den Hän-
den der Madame Lehmann, weiche ſich alle möglihe Mühe gab, ihre Aufgabe
zu löſen. Das Publikum lohnte ihr mit Beifall, Madante Lehmann ſcheint auch
eine große Vexehrerin vom Ritardiren zu fein, gleichviel od ſelbiges angezeigt iſt
der nicht. Dies zeigte ſich heute wieder ganz befonders zu Anfang der zweiten
Arie — im Largettö nämlich. Wir finden dies durchaus nicht an ſeinem Piatze.

Fr. Eder ſang die Elpira. Obgleich derfelben naͤch der erſten wunderſchonen
Arie, welche ſie vortrug, ein rauſchender Applaus zu Theil wurde, finden wir doch,
daß die Partbie der Elbira nicht im Bereich der Kräfte diefer Sängerin liegt.

ör. Neufäufler als Zerline befriedigte theilweife, Es fam manches Gute
aber auch manches Kuriofe zum Borfchein, Die Manter genamıter Sängerin fann
ſich mit Nozartſcher Muſik nicht recht vertragen, ;

Die Leilungen der Herren Kreuzer und Lefer als Ottavio und Leporello
wurden beifällig aufgenommen.

Or. Ditt alg Gouverneur recht brav.
Zukunft doch etwas weniger zu ertemponiren. — —

Manches Schöne ging heate verloren durch bedeutende Gedächtnißſchwäche.

Unſerm Maſſetto empfehlen wir in


 
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