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Mannheimer Morgenblatt — 1843

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September (No. 204 - 229)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44564#0845

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1843.







Zagsbericht.
*++ Offenburg, 5. Sepfbr. Das Attentat, welches im vorigen
Winter auf den Bierbrauer Richter von Achern — durch die Dieuͤſt-
leute des Fabtikanten Voͤlker — veruͤbt wurde, hat bei uns ſo wie


fort intereſſant zu erfahren, daß Jaͤger, Kutſcher und Gaͤrtner ihrer


. Gefängntß erſtanden haben. — Auffallend erſchien mir bei meinem juͤng-
ſten Beſuch in Lahr, daß dieſe drei Individuen noch im Dienſte ihres
alten Dienſtherrn ſtehen und beſonders aber dem Jaͤger nach ſolcher
Unterſuchung und Beſtrafung das Tragen ſeiner Waͤffen noch erlaubt,
und demſelben in ſeinen gerichtlichen Anzeigen noch Vertrauen geſchenkt
werden koͤnne. Man ſolite glauben, daß im Intereffe der oͤffentlichen

Sicherheit und des Forftdienſtes die Polizei und Forſtbehoͤrden das Tra-
gen der Waffen nur verſtcherten Perſonen erlaubt, um dadurch neuen
moͤglichen Verbrechen wirkſam entgegen zu treten,

Frankfurt, 7. Sept. Durch Senatsbeſchluß vom 5. Sept. iſt
verordnet, daß zum Behuf der Aufbringung der zur Anlage und Er-
bauung der Main-Neckar und Frankfurt-Offenbacher Eifen-
bakn, ſo wie zur Anſchaffung des erſten Betriebsinaterials erforderli-
chen Geldmittel, ſoweit ſolche den Antheil der freien Stadt Frankfuͤrt
betreffen ein Capital bis zum Belauf von Zwei Millionen Gul-


Mainz, 3. Sept. In der Nacht von vorgeſtern auf geſtern ſahen
wir von der hieſigen Rheinbruͤcke, in der Richtung nach Wiesbaden, das
ſchauerlich impoſante Schauſpiel eines heftigen Brandes. In einer an
der Eiſenbahn gelegenen Muͤhle war Feuer ausgebrochen und hatte ſchnell
um ſich gegriffen. Auch hier zeigte ſich, daß das Mehl faſt ſo ſchuell
wie Pulver wegbrennt. Trotz der thaͤtigſten Huͤlfe waren die ausge-
dehnten Gebaͤulichkeiten der Muͤhle nicht zu retten. Der Herzog von
Naffan war bis gegen Morgen zugegen und legte ſelbſt Hand an. Eine
ESchaar muͤßiger Zuſchauer! die oben auf der Hoͤhe uͤnthaͤtig ſtanden
und ſich fern hielten, ließ man durch ein von beiden Seiten ſchnell
heranruͤckendes Soldaten-Detaſchement umzingeln und zur Brandſtaͤtte
hintreiben.

Hamburg, 4. Sept. Vorgeſtern Abend iſt an unſerm „Neuen
Tbeater“ ein Theil der Vordelmauer eingeſtuͤrzt; allzugroße Haſt
‚ und Uebereilung des Baues ſind abermals ſchuld an dem Ungluͤck. Die
Vorſtellungen in dieſem Theater ſollten ſchon den 15. Oktober begin-
nen und der Bauunternehmer hatte ſich verpflichtet, fuͤr jeden Tag
über dieſen Termin hinans, dem Director Maurice 5 Rthlr. Vergktung
zu bezahlen. ;

Berlin, 30. Auguſt. Aus Dresden ſchreibt man, daß man
ernftlih an Verlegung der Univerſitaͤt von Leipzig nach der Re-
ſtdenz denke.

Paris, 5. Sebt. Es iſt nun entſchieden, daß die Koͤnigin von
England nicht nach Paris kommt, ſondern am 7. Sept. das Schloß
von En verlaͤßt, um ſich nach Brigton einzuſchiffen. Victoria hatte ge-
Len die Prinzen Joinville und Aumale geaͤußert, es wuͤrde ihr großes
Darauf ſtuͤtzte ſich die Hoffnung,
die Koͤnigin zu einem Ausflug nach der Hauptſtadt bereden zu koͤnnen.
Daß es dazu kommen werde, war an ſich unwaͤhrſcheinlich; jetzt erfaͤhrt
man, daß die verantwortlichen Miniſter der Koͤnigin abgerathen haben
von weiterer Ausdehnung ihrer Reiſe. Die Empfangsvoͤrkehrungen in
den Tuilerien und im Palaisroyal ſind eingeſtellt worden.

Eu, 3. Sept. Dieſen Morgen um Uhr machten die Koͤnigin
Victoria und Prinz Albert eine Promenade im Park. Um 3% Khr
machten Ihre M, M, und die ganze koͤnigliche Familie eine Spazier-

fahrt in offenen Wagen. Die Koͤnigin Victoria ſaß neben dem Koͤnig.
Der Prinz Albert, der Herzog von Numale und der Herzog von Mont-
penſier folgten zu Pferd dem Wagen Sr. Majeſtaͤt. Um 5 Uhr kehrte
der koͤnigl. Cortege nach dem Schloſſe zuruͤck. Ueberall draͤngten fich
große Menſchenmaſſen herbei und begruͤßten Ihre M. M. mit den leb-
hafteſten Acclamationen. Um 7 Uhr war großes Diener im Schloß.
Alle Behoͤrden der Stadt, der Praͤfect des Departements, der Unter-
paͤrfect von Dieppe, die Chefs der in En zuſammengezogenen Truppen
u. ſ. w. hatten Einladungen zu dem Diner erhalten. Lord Liverpool
ſaß neben der Koͤnigin der Franzoſen. Um 9 Uhr zogen ſich Ihre M.
M. und Ihre FE H H. in den Familienſaal zuruͤck. Der Aufenthaͤlt


Dieſen Vormittag hatte die Koͤnigin Victoria in einem zu dieſem Be-
hufe im Schloſſe hergerichteken Betſaale einem Gottesdienſte naͤch ang-
licaniſchem Ritus beigewohnt.

— Eu, 4. Sept. — 9'% Uhr Morgens. Heute Abend wird die
Opera comique eine Vorſtellung im Schloſſe geben; morgen kommen die
Kuͤnſtler des Gymnaſe an die Reihe, am Mittwoch die der großen Oper.
Morgen fruͤh ſoll von der Flotille ein Scheinangriff gegen die von den
Truppen der Garniſon vertheidigte Kuͤſte unternommen und am Mitt-
woch eine Revue abgehalten werden. Am Donnerſtag werden die Koͤni-
gin Victoria und ihr Gefolge Abſchied von dem franzoͤſiſchen Hofe neh-
men und ihre Ruͤckreiſe nach England antreten. Der Prinz von Join-
ville wird an Bord des „Napoleon“ die koͤnigliche britiſche Flotte be-
gleiten. — Man verſichert, geſtern ſei Miniſterrath gehalten worden,
dem Lord Aberdeen und Lord Liverpool beigewohnt haͤtten; der Koͤnig,
der Prinz von Joinville und der Herzog von Aumale waͤren ebenfalls
zugegen geweſen; es waͤre in einer Conferenz beſchloſſen worden, daß
die Koͤnigin von England ihre Reiſe nicht, wie man gewuͤnſcht hatte,
nach Paris und Verſailles ausdehne. ; ,

— Telegraphiſche Depeſche. Bayonne, 4. Sept Herr
Aſton, bevollmaͤchtigter Miniſter England's, hat am 28. Auguſt dem
Miniſter der auswaͤrtigen Angelegenheiten in einer Andienz, welche er
bei demſelben nachſuchte, angezeigt, daß ſeine Regierung die pro-
viſoriſche Regieruug (zu Madrid) anerkenne und die Verhaͤlt-
niſſe freundſchaftlichen Einverſtaͤndniſſes, welche bis daher zwiſchen den
beiden Laͤndern geherrſcht haben, gleichmaͤſſig wie zuvor fortbeſtehen wer-
den. Dieſe Nachricht iſt am 31. Auguſt in die officielle Gaceta ein:
geruͤckt worden.

Madrid, 29. Auguſt. Unſere Stadt iſt neuerdings in Aufregung.
Geſtern bemerkte man zahlreiche Gruppen auf den Straßen, welche
das Volk gegen die proviſoriſche Regierung aufzuwiegeln fuchten. Nar-
vaez, dem durch eine geheime Anzeige mitgetheilt worden war, daß es
hauptſaͤchlich auf ihn abgeſehen ſei, und daß man ihn ermorden wolle,
verfuͤgte ſich mit ſeinem Stabe in das Quartier des Regiments del
Principe, um die zur Erhaltung der Ruhe noͤthigen Maßuahmen zu
treffen.! Alsbald wurden alle Plaͤtze, alle Straßen mit Truͤppen beſetzt.
Dieſe Maßnahme ſchuͤchterte die Untuheſtifter ein und die Ordnung
wurde im Aeußern wieder hergeſtellt. Es heißt, die Ayacuchos haͤtten
vor, morgen die Regentſchaft Eſparterols wieder zu proclamiren; ſie
ſollen auf ein Regiment zaͤhlen, deſſen Chefs ſie gewonnen haͤtten. In
dem Hauſe eines angeſehenen Mannes (den man noch nicht nennt)
ſind Waffen und Munitionen in Beſchlag genommen worden; er felbft
wurde in einer Poſtchaiſe und unter der Escorte von 20 Mann Ca-
vallerie aus Madrid entfernt. Die Alcaden haben den Befehl erhalten,
Hausſuchungen anzuſtellen und die im Beſitze von Privatperſonen be-
findlichen Waffen wegzunehmen. Der „Eſpectator“ und das „Ccv del
Comercio“ tadeln dieſe Maßnahmen als willkuͤrlich. Die vor einigen
Tagen eingetroffenen Commiſſarien von Barcelona und mehrere Gene-



 
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