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Mannheimer Morgenblatt — 1843

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September (No. 204 - 229)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44564#0918

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Vollſtaͤndige

Darſtellung der Streitſache
zwiſchen Fehr Julius Goͤler von Ravensburg und Herrn Moriz von
Haber, ſowie des daraus entſtandenen Duells des erſtern mit Herrn
von Werefkin, wie ſie vor Gericht niedergelegt wuͤrde
o

von
Georg von Sarachaga
(Fortſetzung.)

Herr von Malgahn trat zu uns, und Herr v. Goͤler ſagte zu ihm:
„Ich beſtaͤtige Alles, was Herr v. Sarachaga gefagt hat, uͤnd Dir
ſelbſt und mehreren meiner Freunde habe ich es damais erzaͤhlt.“ Jetzt
erklaͤrte auch Herr v. Maltzahn, er erinnere ſich der Saͤche nun be-
ſtimmt. — Man bemerkte jetzt dem Herrn v. Goͤler, daß der Prinz zu
Salm und der Major von Klock angelangt ſeien. — „Gut,“ erwiederte
er, „ich werde ihnen das Naͤmliche fagen.“ Zwiſchen halb 8 Uhr und
8& Uhr gingen wir nach Hauſe, wo ich Herrn. v. Goͤler fragte, ob der
Prinz zu Salm ihn in Carlsruhe im Namen des Herrn Mi. v. Haber
zum Zweikampf gefordert habe. „Nein,“ erwiederte er, „ich begreife
wirklich nicht, warum man es nicht gethan hat.“ Wir beſchaͤftigten
ung mit der Toilette fuͤr den Ball, alg man an die Thuͤr anklopfte-
„Das ſind ſie,“ ſagte mir Julius.

Der Prinz zu Salm und der Major v. Klock traten in das Schlaf-
zimmer des Herrn von Goͤler, und dieſer fuͤhrte ſie durch mein Schlaf-
zimmer in den an dasſelbe ſtoßenden Salon. Beim Eintritte durch Hrn.
v. Goͤler's Zimmer in das meinige ſahen mich dieſe Herren, und wir
hbegrüßten uns gegenſeitig. Der Salon ſtoͤßt, wie geſagt, an mein
Schlafzimmer, und die Scheidewand zwiſchen beiden iſt ſehr duͤnn. Von
dieſem Zimmer aus hoͤrt man Alles, was im Salon geſprochen wird,
und Hr. v. Goͤler ließ noch abſichtlich die Thuͤre halb oͤffen ſtehen, da-
mit ich Alles verſtehen koͤnne. Ehe die Herren in den Salon traten,
ſahen ſie, wie ich mit Ankleiden beſchaͤftigk war; auch muß ich bemer-
ken, daß Herr v. Goͤler mir ſagte: „Ich werde laut ſprechen, damit
Du Alles hoͤrſt.“ — —

Herr von Haber wird jetzt verſtehen, daß das, was er in ſeinem
<Expos6» Seite 6 ſagt *), unrichtig iſt, und das ich Alles recht gut
hoͤren konnte, was gefprochen wurde; denn e& liegt doch wahrſcheinlich
nichts Auſſerordentliches darin, daß ich mir nicht die Ohren zuͤhielt,


Goͤler lebhaften Antheil nahm. Was den Einwurf des Herrn v. Haber
betrifft, daß ich nicht vollkommen Deutſch rede, ſo mag dies allerdings
der Fall ſein, — aber doch verſtehe ich genug von der deutſchen Sprache,
um mich in Ehrenfachen nicht zu taͤuſchen. —

Waͤhrend meiner Toilette konnte ich daher um ſo leichter Alles hoͤ—
ren, als ſehr laut geſprochen wurde. In dem Briefe des Herrn von
Haber, worin er dieſes Geſpraͤch erwaͤhnt ſagte Herr v. Klock, was
ich nach deſſen eigenen Worten, aus ſeiner in vielen Abſchriften ver-
breiteten Erklarung vom 21. Auguft wiederhole: „Zudem, wenn Sie
irgend haͤtten glauͤben koͤnnen, Hert Moriz v. Haber haͤtte Ihnen aus-
weichen wollen, ſo hat er Ihnen ja damals ſchriftlich jede Genugthuung


zu Ihrem Herrn Schwager, ich halte ihn fuͤr Cbendas, wie Herr


in gewartet haͤtte, um ihn zu ſchlaͤgen, daher es an ihm ſei, Genug-


ben, er fet bereit mir Genugthuung zu geben. Das Wort, weiches


braucht habe‘, iſt das ſtaͤrkfte, das man auf einen Mann. anwenden.


derholen, Sie werden mich aber hoffentlich verſtehen, Herr Major.“
— da,“ enfgeanete‘ der Letztere, „es iſt fehr traurig, aber ich erinnere
mich der Sache nicht mehr.“ — Worauf Goͤler erwiederte : „Nun, das
i unbegreifli®, Herr Major, denn ich kann darauf (Hhwodren, daͤß es



*) Statt aller Antwort haue ich den Verdruß, zu erfahren, daß Herr v. Sa
rachaga ſich in einem geſchloſſenen Zimmer — — — hatte, wo


ſene Thüre bindurch das Geſpräch noch beffer, als meine zwei Zeugen zu hören
dit im Zimmer mit Herrn v. Göler waren! Zu bemerken ift — ꝛ 2,; 2*


ſpricht.


Was die Herausforderung betrifft, die Herr Major v. Klod gegen
Herrn v. Goͤler ausgeſyiechen zu haͤben behanptet*), ſe muß ich dem
geradezu widerſprechen; der Herr Major hat ſie vielleicht vorbringen
wollen, ausgeſbrochen hHat er ſie aber nicht, Und er iſ Dabei
ohne Zweifel in einem Irrthuin befangen. Der Prinz zu Salr ſelbſt
ſagt, er habe ſte nicht gehoͤtt. Herr d. Goͤler verlangte von mir eine
Beſtaͤtigung in dieſem Betreff, und ich hielt es fuͤr meine Pflicht! ſte
ihm zu geben; ſie muß ſich unter den dem Artillerie-Offizierkorps zuge:
ſtellten Papieren finden; ein neuer Beweis iſt dieſes uͤbrigens von der
Unrichtigkeit der Angabe des Herrn v. Haber: denn wie haͤtte v. Goͤler
mir eine Erklaͤrung abfordern koͤnnen, wenn er mich auſſer Stand ge-
wußt haͤtte, das Geſpraͤch mit anzuhoͤren? Herr v. Goͤier druͤckte fich
über diefen wichtigen Punkt ſehr deutlich vor den Offizieren aus; die
er am 20. Auguſt d. J. verſammelte. Es hoͤrte alſo weder Herr von
Goͤler, noch ich, noch ſelbſt der Abgeſandte des Herrn v. Haber, der
Prinz zu Salm (wie aus ſeinem Zuſatz zu Herrn d. Klock's Erklaͤrung
zu ſehen iſt), etwas von dieſer behaupteten Ausforderung. Somit if






*) Die ſchon erwäbnte Erklärung des Zerrn v. Klock mit dem Zuſatz des Prin-
zen zu Salm iautet folgendermaßen!

Durch in Umlauf geſetzte faiſche Darſtellungen ſehe ich Unterjeichnetex migh ver-
anlaßt; in der Streiſache zwiſchen Herrn Moriz v. Haber und Herrn Oberlieute-
hant Julius v, Göler Folgendes alg den mir bekauͤnten wahren Sachverhalt be-
kannt zu machen 2

Naͤchdem Herr Moriz v Haber am 7, Auguſt b. Z. nach Baden gelommen
war, erfuhr er von einem Dritten, es Gerbreite ſich dürch Serrn Oberlieutenant
Julius von Goler ein Gexücht, daß er, Herr Moriz v. Haber, vom Jahr 1838 bis
daber eine Beſchimpfung habe auf ſich ruhen laſſen, ohne Notiz davon genommen
au baben. vierauf gab Herr Noriz v. Haber unverzüglich mir, alg von der Streite
ſabe, welche er zu jenet Zeil gehaͤbt hatte, unterrichtet, den Auftrag, von Herrn
Oberlieutenant J v, Göler über diefes ihin zugeſchriebene Gerücht Aufklärung zu
perlangen Ich verfügte mich alſo am 9. Aug., in Begleitung des Herrn Prinzen
Carl zu Salm, in Baden zu Herrn Oberkientenant Zukius v; Göler, und e& hatte
zwiſchen uns im Weſentlichen folgende Unterredung fratt. 24

‚ Meine Eingangorede war: DHerr v. Goͤler ich bedaure fehr, wieder Über eine
Sache mit Shnem ſprechen zu muͤffen, die ich alg längſt abgemacht anzuſehen ge-


ten, Derr Moriz v. Haber hätte von ihm einen Hundsfolt auf ſich ſitzen laſſen Ste
wiſſen ſelbſt, daß dieſer Hawkins von den Offizteren feines Regiments als ehrlos
audgefloßen worden iſt, alfo konnte ſich Herr. Moriz v. Haber mit einem folchen


DHerr Moriz v. Haber hätte ausweichen wolen, fo hat er Ihnen damals Ihom
ſchriftlich jede beliehige Genugthuung angeboten.

Herx Oberlieutenant Julis v. Göler erwiederte darauf, daß er ſich des letzte-
zen Umftanves nicht erinnere, jedoch in ſeinen Briefen nachfehen wolle. — „Aber,“
Ebte dert v. Oöler im weitern Verlauf des Geſpraͤchs hinzu, „idh dabe in Idrem
Beiſein, Herr Major, dem Herrn v. Haber die größten Sottifen gefagt, die er ganz
ruhig tkinnaym.“ Ganz erſtaunt bemerkte ich Herrn v. Göler hierauf: „Davon
weiß ich nichts, und hätte ich es gehört, ſo iann ich Sie verſichern, daß es nicht
— wäre, ſondern ich häite Sie im Namen dee Herrn v. Haber ſogleich
gefordert.
Auf dieſes erwiederte Herr v. Göler: „Herr Major, ich kann einen Eid dar-
auf ablegen, es iſt ſo.“ : 2* 2

orauf ich entgegnete: „In dieſem Falle, Herr v. Göler, und wenn es ſo iſt,
nehmen Sie ie pt.die Herausforderung von mir im Namen des Herın v. Has
er an.“

Zerr Oberlieutenant v. Goͤler erwiederte, daß in Bezug bierauf erſt noch anı
dere Dinge geordnet werden müßten, indem in Carlsruhe ganz ſchaͤndliche Gerüchte
über Herrn v. Haber herumgingen. 2

Ich drang darauf, zu erfahren, was für Gerüchte das ſeien und wer ſie auge-
fage. Zu gleicher Zeit bemerkte der Herr Prinz zu Salm: Herr v. Goter Sie-
werden uns die Perſonen bezeichnen können, die dergleichen ausfagen.“ — Hierauf
fragte Herr Oberlieutenant v, Göler den Herrn Prinzen zu Salm, ob er folgen
den Tags nach Carlruhe zurückehren werde, und auf die bejabende Antwort erwie-
derte Herr v. Göler: gut, ſo werde er ihm dort eine nähere Auetunft ertheilen.

Dies iſt dem Sinn und allem Weſentlichen nach der Inhalt der betreffenden

Unterredung, was ich hiermit verſichere.
Carloruhe, it. Auguß 1843, -
‘ (gez) 9. Kloct, Najot.

Als Vitanweſender und damaliger Mitbeaufiragter des Herrn Moriy
v. Haber ſchließe ich mich dieſer geſchichtlichen Erzählung des Sachverhaltes mit
dieſer Bemerkung an: daß weit entfernt, die auf die Herausforderung bezügkie
chen Worte des Herrn Major v. Llock in Abrede ſtellen zu wollen, diefetden mMit
entgangen ſein müſſen, weil ich gleichzeitig in demfelben Sinne die Worte
ausgeſprochen habe: „‚Unter dieſen Umſiaͤnden wird die Sache auf andere Weiſe aus-
gemacht werden müſſen.“ — ** 2

Auch füge ich bei, daß am 12. Auguſt, um 1 Upr Nadmittags, Herr Baren
Julius v. Goͤler in wündlicher Beantwortung eines Schreibens erklarte: Daß er
den Brief vom 8. Rovember 1838, worin Herr Moriz von Haber' im dall des Ders _
langens i hm ſtatt des Hertn Hawlins Genugthuung anbot, nunmehr aufgefunden

Carlsruhe, 21. Auguſt 1843, * . ; ;
; c(gez) Carl Prinz zu Salım -

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