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Mannheimer Morgenblatt — 1843

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November (No. 256 - 282)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44564#1031

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we, welche in den ſogenaunten beſten Jahren ſtand und fuͤr ihr Alter
ſüglich noch ſchoͤn genannt werden durfte, hatte ihre Tochter und einen
Reffen bei ſich. *

Daß die Spanierin dem Vaterlande auf geraume Zeit, wo nicht
für immer Lebewohl geſagt hatte, bewies der Ankauf des Hauſes in
Paris und des herrlichen Gutes im Departement des Loiret. Sie ſetzte
hierauf ihre ſpaniſchen Quadrupeln und Dukaten in Staatsrenten und
Aktien um und richtete nun, nach Regulirung ihrer Einnaͤhme, die
Ausgaben auf den Fuß einer Frau ein, die ſich um Cortes und Nevo:


einen Sohn ihres neuen Vaterlandes vor Augen haͤt.
Sfabella war kaum ſiebenzehn Jahre alt, aber dennoch bereits eine

Schoͤnheit erſten Ranges. War ihr Teint nach

der Aeſthetik auch etwas zu dunkel, ſo bildete er doch mit den großen




Sevilla Ehre eingelegt haben. Rechnet man dazu einen heiteren Sinn,
ein fuͤr alles Edſe und Gute empfaͤngliches Gemuͤth und den Umſtand,
daß ſie Donna Juanas einzige Tochter uͤnd Erbin war, ſo wird es be-
greillich exſcheinen, daß ſich ein junger Mann ſterblich in ſie verlieben,
und ein Vater, dem ſeines Sohnes Gluͤck am Herzen lag, wuͤnſchen
Fonnte, fie zur Schwiegertochter zu erhalten. . . *

Dem Hoͤtel der reichen Spauierin gegenuͤber wohnte ein Banquier,

Der ſich jedoch laͤngſt mit einem beſcheidenen Vermoͤgen aus dem Ge-
ſchaͤftoͤleben zuruͤckgezogen hatte. Herr Matherel gehoͤrte naͤmlich zu den
vorſichtigen Leuten, welche mehr aus Furcht vor moͤglichen Veriuſten,
als aus Mangel an Ehrgeiz und Liebe zum Gelde mitten‘ in der Rennz
bahn des Gluͤckes Halt machen und den Stuͤrmen der Boͤrſenſpecula-
tionen den ſichern Hafen eines anſtaͤndigen Auskommens vorziehen.
War ſeine Hauptſorge aber, wie er
hatte er darum ſeinen Sohn doch nicht minder lieb, nur dachte er im-
mer zuerſt an ſich und dann an Alfred. *

„Er kann teben “ pftegte er zu ſagen; „wie viele Menſchen ſind
nicht ſo gluͤcklich! Will er größere Gluͤcksguͤter, als ich ihm hinterlaſſen
verde nun fo mag er ſich ruͤhren und auf dem guten SGrunde, den
ich dazu legte auf eigene Gefahr hin weiter bauen.“ *
Ueorigens hatte der Vater weder Sorgfalt noch Geld geſcheut, um
dem Sohne eine in jeder Beziehung gute Erziehung zu geben, wobei
er den Grundſatz befolgte, ein tuͤchtiger junger Mann duͤrfe bei eini-
gem Gluͤck und unter dem Schutze vaͤterlicher Umſicht hoffen, fruͤher
oder ſpaͤter auch eine gute Partie zu machen.

Dieſe Hoͤffnung des alten Spekulanten ſchien eher, als er dachte,
in Erfuͤllung gehen zu ſollen! Die ſchoͤne Welt wird in Frankreich
nicht, wie in Spanien, hinter Fenſtergittern und Vorhaͤngen verftedt,
ſondern erfreut ſich in den Schranken des Anſtandes und der Sitte der
groͤßten Freiheit. — b ;

So gefhah es denn, daß Herr Matherel Soͤhn der reizenden Iſa-
bella in den Tuilerien, den Champs-Elyſees u. ſ. w. haͤufig begegnete,
und deſto oͤfter, je lebhafter er von ihrer Erſcheinung angezogen
wurde. Der Zufall, dieſer Oberanfuͤhrer verliebter Herzen, that ein


gueras einfuͤhren zu laſſen. Alles ging, wie es unter ſolchen Verhaͤlt-
niſſen zu gehen pflegt, und als ſich Alfred der Gegenliebe Sfabella’s
verſichert halten zu duͤrfen glaubte, faßte er den Entſchluß, den Vater
ins Vertrauen zu ziehen. ;

Nach einem heitern Abend im Hauſe der reichen Spanierin und ei-
ner in Plaͤnen und Entwuͤrfen durchwaͤchten Nacht erſchien Alfred mit
dem Vorhaben beim Fruͤhſtuͤcke, ein eruͤftes Wort mit dem Vater zu
reden. Dieſer wußte zwar laͤngſt, wie es an der Zeit ſei, that aber,
als habe er nicht die leiſeſte Ahnung von der Sache.

Nach den Praͤliminarien, welche ſolchen Beſchluͤſſen vorher zu gehen
pflegen, ſagte Alfred:

Lieber Vater, Sie haben mir oft geſagt, das Gluͤck werde in die-
ſer Welt durch ein geſetztes Benehmen und einen guten Lebenswandel
bedingt.
frieden geweſen?“

„Eonderbare Frage! Habe ich Dir je einen Vorwurf gemacht?““

Das nicht; aber vielleicht geſchieht es jetzt.
bin berliebt.“

„„Verliebt?!?“ * * *

Ereifern Sie ſich nicht, Vater; es handelt ſich um eine Neigung,
die vor dem Foram der ſirengſten Moral beſtehen kann, um eine Liebe,





deren Ziel die Ehe iſt. Ich hoffe, gegen ein ſolches Verhaͤltniß iſt
nichts einzuwenden.“

(dortſ. folgt.)



Bunt e s.

+ In dem alten Schloſſe zu Berghauſen in Oberbaiern wurde bei ei-
ner Baurexaratur ein merkwuͤrdiger Fund gemacht.. Man entdedte,
wie aus Muͤnchen gemeldet wird, eine voͤllig verſchollenene Kammer
und in dieſer befand ſich ein Getraidehaufen, der dort, laut auf dem-


war, um perborgen zu werden. Biod aus Getraide gebacken, welches
noch im vierzehnten Jahrhundert gewachſen iſt, duͤrfte ein in ſeiner Art
Linziges Gebaͤck ſein! Es ſind von den Lokaibehoͤrden nicht nur eine


desgleichen auch das Brod, dieſes aber, ſowohl wie jenes haben keinen
widerlichen Geſchmack. ; } '

+ Die Anzahl der auf Erden zerfireut lebenden Juden betraͤgt zwi-
ſchen 3 und 4 Millionen In Cuͤropa finden ſich nur zwei Ortſchaf-
ten, welche blos von Juden bewohnt werden, die eine in Taurien, die
andere in Dalmatien. Im Weſten von Habeſch in Afrika ſoll es aber
noch ein eigenes Judenreich, das der Falaſcha, geben, welches zwar


dith, hat und eiwa 100, 000 wehrhafte Maͤnner ſtellen kann. —

+ Der Verein fuͤr Schillers Denkmal hat nun oͤffentliche Rechnung
abgelegt. An Beitraͤgen ſind 42,681 fl. eingekommen und mit den Zin-
ſen 2c. hat die ganze Einnahme 55,788 fl. betragen. Das Denkmal
hat mit Allem 53,755 fl. gekoſtet. *

+ Die „Dorfzeitung“ beſblicht die Befeſtigungen vou Paris und


den Mund uur etwas weiter als gewoͤhnlich aufthut, ohne anzuſtoßen,


circa 400,000 fi. betragen.

. + Die Baͤckerzunft in Heidelberg macht unterm 29. Okt. bekannt,
daß ſie, um den Mißbrauch der Dreinwede zu beſeitigen, beſchloſſen
hat, vom 1, November d. J. an, dieſelben für jedermann gaͤnzlich ab-
zuſchaffen. 44 * —

Der Verluſt des untergegangen Rheindampfbootes „Lebpbld“ olt

Dreiſylbige Charade.
Die Erſte weiß ſich zu geſtalten
Kach Jedem den ſie triffi,

Doch in des Herzens tiefen Falten
Bürgt ſie ein trügend Gift.

Sie rühmet ſich mit ihrer Treue,
Vie ſie dem Freund geneigt!

Doch in des Blickes grauer Scheue
Der innere Feind ſich zeigt.

Und mit des Hauptes Schmeichelmunde
Sie heut für Jenen bürgt, AA
Den ſie ſchon in der nächſten Stunde
Mit ſüßen Worten würgt.

Setzt Ihr die Dtitte mit der Zweiten,
So wird Euch wohl bekannt,

Ein Dämagog zu ſchweren Zeiten

Im deutſchen Vaͤterland.

Fabrikarbeiten bringt das Ganze

In den betrog'nen Staat,

Die Waar' jedoch verliert am Glanze/
Der Meiſter ſtirbt am Rad.

Dr. &. Huhn.

Lichtenau.
cuftöfurg des Logogrypha in Nr. 255: Schatten, Ehat ten.




 
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