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Mannheimer Morgenblatt — 1843

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April (No. 77 - 101)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44564#0313

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Notariate.

Verſchiedene Regierungen haben fuͤr noͤthig erachtet, uͤber eingeſchlichene
Mißbraͤuche in dem Notariats⸗Inſtitut Diszivlinar⸗Verfuͤgungen zu erlaffen.

Einſender dieſes kann nicht umhin die desfalls voͤn der koͤn. fran-
zoͤſiſchen und großh. badiſchen Regierung erlaſſene Ordonnanz im Aus-
zuge mitzutheilen, woraus erſehen werden kann, wie beide bemuͤht ſind,
das dem Notaxigto⸗Inſtitut gebuͤhrende oͤffentliche Vertrauen auftecht zu
erhalten und ſelbſt durch dieſe Disziplinar-Maßregel in der oͤffentlichen
Meinung zu heben.

1, In der auf den Bericht des Siegelbewahrers, Juſtizminiſter er-
laſſenen Ordonnanz des Koͤnigs von Frankreich über daͤs Noͤtartat
Weroͤffentlicht im / Moniteur“ vom 12. Jan. 1843) heißt es:

„Das Notariat iſt zu jeder Zeit mit einer großen Achtung
umgeben geweſen. Der Geſetzgeber des Jahrs XI indem er den
Notarien den Titel von oͤffentlichen Beamten gibt, hat daduͤrch

die Wichtigkeit ihren Fuͤnktionen proklamirt. Die Nothwendig-

keit, ſte beſondern Bedingungen und einem ſpeziellen Regime zu
unterwerfen, iſt niemals mißkanut worden, und felbſt zur Zeit,
wo uͤbertriebene Ideen von Eoncurrenzen und von Gleichheit in
der Geſetzgebung herrſchten, gluͤckte es ihr, der Unterdruͤckung zu
entgehen, welche die verſchiedenen um die Magiſtratur gruppirten
Corporationen traf. Es iſt die große Ausdehnung von Zutrauen,
das das Notariat einfloͤßen ſoll! welches daſſelbe auf einen ſo
hohen Grad erhebt; dieſes Zutrauen iſt nicht auf einzelne That-
ſachen anwendbar; die Akten, fuͤr welche ſeine Daʒwiſchenkunft
in Anfpruch genommen wird, greifen in alle Lebensbegebenheiten
der Familien und in alle Traͤnsaktionen ein, weldhe der Ge-
ſchaͤftegang und die freiwilligen Entaͤußerungen des Eigenthuͤms
mit fich bringen. Auf diefe Weiſe ſind die Notarten berufen,
die allerheiligſten Willensmeinungen zu beſtaͤtigen und den koſt-
barſten Rechten Kraft zu verleihen; fie uͤben daͤher eine Art voͤn

Magiſtratsgewalt aus, welche zur Ruhe der Familien und zur
Handhabung der oͤffentlichen Moralitaͤt maͤchtig beitraͤgt.

Aber je mehr dieſe Inſtitution Wichtigkeit und Nuͤtzliches an
ſich hat deſto mehr iſt es nothwendig, alle Mißbraͤuche,
welche einſchleichen koͤnnten, zu unterdruͤcken.“

Der Art. 12 der Ordonnanz verbietet demnach den Notarien: 1) mit
irgend einer Boͤrſenſpekulatibn vder mit Geſchaͤften des Handels und
der Maͤklerei ſich abzugeben. 2) Sich in die Verwaltung irgend einer

Handels: vder Induſtriegefellſchaͤft einzumiſchen. 3) Aukaͤufe zum Wie-
derverkauf von Guͤtern, auf die Uebertragung von Schuldforderungen,
auf Erbrecht zu machen. 4) Sich an einem Geſchaͤfte zu betheiligen,
wozu ſie ihren Amtsdienſt hergegeben 2C. 2C., und ſchließt damit:
Die meiſten dieſer Geſchaͤfte ſind an ſich nicht tadelswerth,


gefaͤhrden, weßhalb fie ſich lediglich auf die ſorgfaͤttige Ausuͤbuuͤg
ihres Amtes beſchraͤnken follen.“ ;

. Die in dem Verord.-Blatt fuͤr den Unterrheinkreis v. 24. Fe-
bruar 1843 verfündete Bekanntmachung der aroßh. bad. Regierung

die Betreibung luͤcrativer Nebengefhäfte durh die Notare be-
treifend, enthält die Verfuͤgung des Juſtizminiſteriums, daß den
Loͤtaren die Betreibung luckatiber Nebeuͤgeſchaͤfte, namentlich der
Ankauf von Guͤtern, Forderungen und dergleichen Spekulationen
ſttengſtens zu unterſagen ſei, weil daͤdurch Gelegenheit zu Unre-
gelmaͤßigkeit gegeben wird, welche das oͤffentliche Vertkauen zu
dem Notariat in hohem Grade gefahrden koͤnnen.

Wonach ſich die Notare zu achten haben.

Mögen uun immerhin die badiſchen Notare darnach ſtreben, durch
ihr Wirken und ihre Haltung ſich ebenfalls jene allgemeine oͤffentliche Achtung
zu gewinnen, welche den fraͤnzoͤſiſchen Notaren ſchon laͤngſt zu Theil gewor-
den zu fein, von der franzoͤſiſchen Regierung ſo ehrenvoll anoͤrkannt wird.






Die erſte Hauptprobefahrt auf der gan-

— Vom 30. März. Das geſtrige Staats- und Regierungsblatt No. 8 enthalts
LEine höchſtlandesherrliche Verordnung, die neue Einſchätzung ſämintlicher
Gebäude zur Feuͤerverſicherung beteffd.
. Folgende Bekanntmachung:
1) Bes Miniſteriums des großh. Hauſes und der auevärtigen Angelegenhei
ten vom 24. df8., wornach unter Aufhebung der dieſſeitigen Vexordnung v. 34, Yuz-
guſt 1840 wegen Errichtung von Eifenbahnſtaͤtionen (Reg.-Bl. No. 29) vom 1.
künftigen Mis, an in Heidelberg und Carlsrubhe Eiſenbahnämter, fowie {n Manns
heim, Bruchſal und Durlach Eifenbahnerpeditionen und- in Friedrichsfeld, Wiesloch,
Langenbrücken und Weingarten Billetausgabebureaux errichtet, ferner den Eiſen-
bahnainte Heidelberg die Eiſenbahnexpedition Nannheim und die Billetsausgaͤbe-
bureaux Friedrichsfeld, Wiesloch und Langenbrücken, dem Eiſenbahnamte Carlsruhe
die Eiſenbahnexpeditionen Bruchſal und Duͤrlaͤch und das Billetausgabebureaur
Weingarten untergeordnet werden. (Schluß figt.)
Aus dem Badiſchen, 29. Maͤrz Wo Verfaſfungen wirkffam
beſtehen, da gilt die Freiheit der ſtaͤndiſchen Verhandlungen. Der Ahs
geordnefe unterliegt hinſichtlich ſeiner Neußerungen in der Kammer dem
Fffentlichen Urtheil unbedingt, dem Urtheil der Gerichte aber uur
Ddann, wenn die Kammer felbft erkannt hat, daß Grund dazu vorhanz
den iſt Ohne ſolche Garantie gegen willkuͤrliche Prozeffe waͤre! die
Selbſtaͤndigkeit der Landesrepräfentation hedenklich gefährdet, befonders
da, wo die Preſſe nicht frei, das Gerichtsberfahren nicht oͤffentlich iſt.
In Baden liegt gegenwaͤrtig ein Fall vor, welcher zum erftenmal, ſeit
dem Beſtehen der Verfaſſung, jenen eonſtitutionellen Grundſatz in Frage
ſtellt! Die Sache iſt foͤlgende! Der Abgebrduete Welket wWurde wWes
gen eines in der Kammer ausgeſproͤcheuͤen Urtheils uͤber die Staͤnde-
verfanımlungen von 1825 und 1828 von einem Mitgliede der leßteren,
welches ſich dadurch verletzt glaubte, mit einer Inſurienklage belangt
und zwar bei dem Stadtamte Freiburg. Die Klage ſelbſt iſt von feiz
ner Bedeutung, da eine Verurtheilung, nach der Sachlage, unter die
juriſtiſchen Unmoͤglichkeiten gehoͤren duͤrfte. Allein auf die Klage ſelbft
hat ſich auch der Abgeordnete Welcker noch nicht definitiv eingelaſſen;
er behauptet vorerſt die verfaſſungsmaͤßige Unzulaͤſſigkeit, diẽ Abge-
ordneten ohne weiteres beliebigen Prozeſſen preiszugeben, waͤhrend E
kein Angeſtellter ohne Genehmigung feiner vorgeſehten Behoͤrde wegen
Aeußerungen oder Handlungen im Dienſte vor Gericht gezoͤgen werden
kann; er lehnt ferner den ſtadtamtlichen Einzelrichter ab, unter Hin-
weiſung auf die badiſchen Geſetzte uͤber den beſonderen Gerichtsſtand
der Staatsdiener, denen er, als penſionirter Profeſſor angehört, und
welche, bei Strafz und Injurienſachen nicht den Aemtern, ſoͤndern den
Hofgerichten unterſtehen. Die Sache liegt gegenwaͤrtig dem hoͤchſten
Gerichtshofe, dem großh. Oberhofgerichte in Mannheim, zur Entſchei-
dung vor und man iſt allgemein auf das Erkenntniß gefpannt, zumal
Da der Abg. Welcker in einer beſonderen Druckſchrift den Fall vor das
Forum der oͤffentlichen Meinung gebracht hat! Die Schrift iſt unter
dem Titel: Ein ſtaatsrechtlicher Injurienbrozeß In aktenmaͤßi-
ger Mittheilung — bei Friedr Baſſermann f Mannheim erſchienen
und wird auch in weiteren Kreiſen der Theilnahme nicht ermangeln,
die ſie in Baden bereits gefunden hHat, Sie hezwedt die Vertheidigung
wichtiger Verfaſſungsrechte, ein Feld auf welchem ſich der Verfaffer
mit edler Hingebung ſchon ſo viele Verdienſte erworben hat.
Würzburg, 29. Maͤrz. Ihre koͤnigl. Hyheit der Großherzog von
Baden trafen heute unter dem Namen eines Grafen von Eberſtein mit
Bedienung hier ein und ſetzten ſogleich nach Umſpannung der Pferde
ihre Reiſe nach Bamberg fort. *
Augoburg, 25 Maͤrz. Die Allgemeine Zeitung“ denkt noch
alles Ernſtes an eine Auswanderung, wie ſie ja ehedem nur der In
Bahern damals milderen Cenſur wegen von Stuttgart hierher gewen-
Ddert. Mehrers deutſche Negierungen hahen bereits Derfelben, unter den
freundlichften Zuficherungen, die Thore ihres Landes
Berlin, 27. Maͤrz. Wie man erfaͤhrt, ſind die Verhandlungen


 
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