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Mannheimer Morgenblatt — 1843

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April (No. 77 - 101)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44564#0314

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in Betreff der Verminderung des Briefgeldes daͤhin gediehen, daß feſt-
zeſtellt werden duͤrfte, daß die hoͤchſte Tare für Briefe innerhalb des
preußifchen Staates 5 Sar. betragen foll. Mit der Taxiſchen Poſt
folleu indeß noch einige Schwierigkeiten obwalten.
Wién, 23. März. Vorgeftern ſind die (Kegalien) . Föniglichen
Schreiben, wodurch der ungarifche Lanbtag auf den 14. Mai D. I
nach Preßburg einberufen wird, von hier an die ungariſche Statthal-
terſchaft expedirt worden. Man hegt große Erwartungen DON den Er-
gebniſſen dieſes Landiags, und es werden daͤbei Fragen, welche auch
Deutſchland in hohem Grade intereſſiren, zur Berathung kommen.
Darunter rechne ich vor allem den Plan der Einfuͤhrung einer Grund-
fteuer in Ungarn, wodurch zu Aufhebung der Zollſchranken zwiſchen
diefein Koͤnigreiche und der uͤbrigen Monaͤrchie der erfte Grund gelegt
und eines der weſentlichen Hinderniſfe des dereinſtigen Anſchluſſes Oe-
ſterreichs an den deutſchen Zollverein beſeitigt wuͤrde. Außerdem wer-
den Religionsfachen, Eiſenbaͤhnangelegenheiten und die Vertretung der
Städte wichtige Gegenſtaͤnde der Berathung bilden.
Paris,/ 29 Maͤrz. Der „Moniteuxr pariſten“ erklaͤrt die von le-
gitimiſtiſchen Blaͤttern, zuerſt von der „Quͤbtidienne“, vor einigen Ta-
gen {n Umlauf gebrachte Nachricht für ungegruͤndet, daß der Herzog
von Nemours, alg auf einer Spazierfahrt feine Pferde durchgegangen.
fei. Die ganze Geſchichte iſt eine pure
Erdichtung.

— Die Verſteigerung der Aguadolſchen Gem aͤldeſammlung
iſt beendigt, Aguadd hatte ſeine Collection auf 3 Mill. Fr. geſchaͤSt;
e8 find aber nur 412,000 Fr. dafuͤr geloͤſt worden. Die Statue der
Magdalena von Canova wurd um 59,500 Fr. zugeſchlagen.
London, 27. Naͤrz Im Oberhaus ftellte- heute der Marquis

von Landedowne an deu Miniſter der auswaͤrtigen Angelegenheiten
eine Snterpellation in Betreff der Oecupation der Marquefas: und der
Gefeliſchaftsinſeln durch die Franzoſen. Lord Aberdeen erwiederfe: er
glaube nicht, daſt dieſe Niederlaſſungen, der Franzoͤſen der Art ſeien,
Sie commerciellen oder politiſchen Intereſſen Englands zu compromitti-
“ ren;z im Gegentheile, er glaube Gruͤnde dafuͤr zu haben, dieſelben mit
Befriedigung zu ſehen und vortheilhafte Reſultate Davban zu erwarten;
von Palis habe man die Zuſicherung erhalten, daß die englifchen Miſ-
ſtonaͤre auf den Geſellſchaftsinſeln allen Schutz erhalten wuͤrden.

Brüſfel, 28. Maͤrz. In der naͤchſten Woche gehen der Koͤnig
und die Koͤnigin nach Paris,
von Sachſen⸗-Coburg-Cohary mit der
betzuwohnen. Wahrſcheinlich werden unſere Kammern dann auch

lange mehr verſammelt bleiben. n
- "Bon der ruſſiſchen Gränze, 22. März. Man erfährt auf
außerordentlihem Wege aus St. Petersburg, daß ein raſſiſcher Courier
von dort mit wichtigen Depeſchen nach Konſtantinopel abgegangen war,
denen zufolge Hr. v. Butenieff augewieſen wird, das oft erwaͤhnte groß-
herrliche Antwortsfchreiben an Se. Maj. den Kaifer von Rußland auf
keinen Fall zu eypediren, ferner jede diplomatiſche Verbindung

Prinzeſſiu Clementin von Orleaus
nicht


turkiſche Hauptſtadt zu vertaffen, falls die Pforte auf ihrer
Weigerung, die Wahl eines neuen Fuͤrſten von Serbien anzuordnen,
beharre. Indeſſen ſoll der ruſſiſche Botſchaftex zugleich den Auftrag
erhalten haben, der Pforte in der ſerbiſchen Frage zwei Conceſſionen
zu maͤchen, welche geeignet ſein duͤrften, die Friedensliebe und die
_ Freundlichen Geſinnungen von welchen Se, Maj. der Kaiſer Nikolaus
beſeelt iſt zu bewaͤhren. *
Alexandrien, 6. Marz. Am 25. Febr. traf der Prinz Albrecht
von Preußen unter dem Namen eines Grafen v. Ravensberg hier
ein und. ſtieg im Hotel d SOrient ab, da der preußiſche Conſul noch
keine eigene Wohnung in der Stadt hat. Der Vicekoͤnig, der den
Prinzen hier erwartete, ſtellte ihm eine Wohnung in einem Gartenpa-
lais zur Berfügung, die der Prinz jedoch ablehnte. Gleich nach der
Ankunft des Prinzen ſandte der Vicekoͤnig ſeinen Sohn Said⸗Paſcha
vnd Bogbos⸗Bey zur Begruͤßung deſſelben ab, und als der Prinz ihn
ſelbſt beſuchte, lud er ihn zum Diner ein, ſtellte ihm ſeine eigene
Equipagè zur Verfuͤgung und gab einem Dampfſchiff Befehl, den Prin-
zen auf dem Nil nach Kahira und nach Oberaͤgypten zu führen, Mit
dieſem Dampfſchiffe trat der Prinz am 28. Febr. die Weiterreiſe an.
Der Vieekoͤnig kehrte am Tage vorher nach Oberaͤgypten zuruͤck. Alle
Conſuln machten dem Prinzen ihre Aufwartung, und dieſer wohnte
auch einem Balle bei den die hier lebenden Europaͤer gaben und auf
dem er durch ſeine Freundlichkeit allgemein gefiell.


Eine Geſchichte aus dem 19. Jahrhundert.
‚ (Sortfeßung.) ; ;

In dieſem letzten Lebensmoment dachte ſie nur an ihn. Vielleit ſah
er, krotz der Zerruͤttung feines Berftandes, ein, welches Ungluͤck ihm
droͤhe, denn er wiederhoͤlte mehrere Male mit beivegter Stimne: „Dia-
na, bletb’, Diana!“ *

Langſam hob ſie das Haupt empor und bemuͤhte ſich zu laͤcheln,
um ihn zu beruhigen.

— Beib, Diana,“ — fprach er wieder — „bleth”. Wenn Du
nicht wehr da biſt, werde ich Niemand haben, dem ich ſagen kann,
daß ich nicht der bin, auf welchen man mit Verachtung hinblickt.
Das Volk wird mich von Neuem verfolgen und mit Steinen nach mir
werfen. Die, welche mich erkennen, werden ſich von mir abwenden.
In die Themfe! In die Themſe!“

— „Mein Goͤtt! mein Goͤtt!“ — ſprach ſie — „Wirſt Du nicht
Mitleid mit mir haben? wirſt Du ihm nicht den Verſtand wiederge-
ben, bevor ich ſterbe?“ —
Waͤhrend deß fuchte der Arzt Jemand auf, welcher die von dem
jungen Maͤdchen geſchriebenen Zeilen uͤberſetzen Fomite, Er errieth
wohl einzelne Worte, aber der Sinn im Allgemeinen ward ihm nicht


Als er in die Gaſtſtube trat, konnte er eine freudige Bewegung
nicht unterdruͤcken. Am Kamin ſaßen zwei Reiſende, welche eben an-
gekommen waren. Ihre Ausſprache verrieh, daß ſie Enslaͤnder ſeien.
Der Arzt zeigte ihnen die Schrift Dianen's und bat fie, dieſelbe zu
uͤberfetzen. Einer der Fremden warf einen oberflaͤchlichen Blick auf das
Papiet; kaum aber haͤtte er die erſie Zeile geleſen, ſo gab er es dem
Arzt zuͤruͤck.

— „Der Mann, der ſein Vaterland hat verlaſſen muͤſſen, iſt nicht
mehr mein Landsmann,“ — ſprach er hart.

— Aber, mein Herr, nichts Defto weniger koͤnnen Sie mir doch
dieſe Worte uͤberſetzen! Sie betreffen einen akmen hilfloſen Greis und
ein ſterbendes Maͤbchen. Mir den Sinn diefes kuzen Briefes nicht er-
klaͤren zu wollen, heißt, es mir unmoͤglich machen, ihuen beizuſtehen-


Die beiden Englaͤnder ſtanden, ohne zu antworten, auf, als haͤt⸗
ten ſie nichts gehoͤrt, und ſetzten ſich an einen Tiſch auf dem ihr
Mittagsmahl aͤufgetragen war. Zornig uͤber ſolches Benehmen, be-

trat der Arzt wieder das Zimmer der Krankfen. Dieſe errieth, daß


ſie vergießen follte, glaͤnzte unter ihren Augenwimpern! Sie zeigte dem
Arzt ihren Onkel und empfahl ihm denſelben mit einem feierlichen und
bittenden Geſtus. — *
Der Irre verſtand von Allem nichts! Das ſchwache Licht des Gei-
ſtes, welches ſich vor Kurzem bei ihm gezeigt hHatte, ſchien ganz wieder
erlofchen zu fein. Er fah den Arzt angftvoll an und ſprach leiſe feine
gewöhnlichen Phraſen: „Ich bin uͤnſchuldig! Berbergt mich! das Bolt
wird mit Steinen nach mir werfen. In die Themſe! In die Ihemfe!“
Ploͤtzlich erzitterte Diana. Freudig hob fie das Haapt empor, denn
ſie hatte ſo eben in dem anſtoßenden Saale einige engliſche Worte
bernommen. Sie zeigte auf das Blatt Papier und gab dem Arzte zu .
verſtehen, er ſolle fich die Worte uͤberſetzen laͤſſen; dieſer aber machte
ihr duͤrch Zeugen deutlich, daß er ſchon eine abſchlaͤgige Antwort evs
halten habe. —*
Muͤhſam erhob ſie ſich nun von ihrew Bette. Obgleich der Arzt
ſie abmahnte, fetzte ſie die Fuͤße auf den Boden und verfuchte, in das
benachbarte Ziminer zu gehen. Mehrmals verließ die Kraft fie, aber
ſie beſtand dennoch darauf. ! n
Als ſie in das Zimmer eintrat, haͤtte man ſie für eine Erſch einung
aus dem Grabe halten koͤnnen. Die Englaͤnder ſelbſt konnten, tros
ihres Phlegmars, ihre Bewegung nicht verbergen beim Anhlick des lei-
denden jungen Braͤbchens. Sie gab ihnen das Blatt Papier und bat
ſie durch einen Geſtus, es zu uͤberſetzen. Eben ſollte dies durch Einen
boͤn ihnen geſchehen, als er ſie wauͤken und umſinken ſah. Der Arzt
eilte hinzu, um ſie zu halten. Sie murmelte einige unverſtaͤndliche
Morte, dichtete ihre Blicke auf das Zimmer des Greiſes und ſtieß ei-
nen laͤngen Seufzer aus.
— „®ott hat ſich der Leiden der Armen erbarmt,“ — ſprach der
Arzt, — ihr den Puls fuͤhlend. — „Er hat ſie zu ſich gerufen.“
Man kann ſich leicht vorſtellen, welch eine Verwirrung dieſex un-
ter ſo traurigen Nebenumſtaͤuden erfolgte Todesfall in dem Hotel ver-
urſachte. Waͤhrend die Englaͤnder und das weibliche Perſonal des
 
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