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Mannheimer Morgenblatt — 1843

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Mai (No. 102 - 126)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44564#0414

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Schlimme Geſchüchte.
Ich war mit raſcher Bullen Troß

Luf tühner Bären-Haße; —

' Da raffelt’s im Geſtrauͤch — i ſchoß —
Und fand des Nachbars

In finſtrer Nacht bei Sturmgebraus,
Ich grub nach goldnem Schatze, —
Ich grub, beſchwor, und grud heraus

Doch — eine todte Katze!

Verſucht hab’ ich mein Glück im Spiel
Beim Loiterieen⸗Satze, —
Ich wagte Gold und Silber viel,
ı Doch war's halt für die Katze!

Ein Mädchen ſchwur mir ew'ge Treu',
Bei füßem Liebsgeſchwatze,
Einen andern nahın ſie vhne Scheu, —
Die ſchöne, falſche Katze!

Wer hoͤhnt, wenn ich bei ſolcher Noth
Mich hinterm Ohre kratze,
Und raͤchevoll auf Mord und Tod
Verfolge jede Katzz



Ein harmloſes Ehepaar.
* (Pariſer Gerichtsſcene) *
— uf der Bank des Zuchtpolizeigerichts nimmt eine lebhafte allerliebſte


der Nachbarin auffallend kontraſtirt. Sein dicker flachshaariger Kopf
ſitzt zwiſchen den breiten Schultern, als ob Mutter Natur den Hals
gaͤnz vergeſſen haͤtte; ſeine rothen, ſchwieligen Haͤnde ſind ſo ſang, daß
fie dei den Ellbogen anzufangen ſcheinen.
gelique Coudurier; der plumpe Flachskopf Etienne Paquin: beide ſind
Lines unerlaubten Verhaͤltniſſes beſchuldigt worden und Herr Coudurier
erklaͤrt, daß er auf ſeiner Klage beſtehe.
bedraͤngten Ehemann auf, den Hergang der Sache zu erzaͤhlen.

Der Mann: Ich habe Madame vor zwei Jahren geheirathet; es
war vun meiner Seite eine reine Inklinationspartie und nicht blos von

meiner Seite allein ....


nicht mehr, was ich Dir ſchrieb? Lies doch meinen Brief!
Der Mann: Du haſt erſt geſchrieben, als Du mir durchgingeſt,
alſo vor drei Monaten; vorher aber haſt Du mich zaͤrtlich geliebt,
oder kannſt Du es laͤugnen, daß Du mich: „Mein Lieber!“ genannt
haſt? **
48 Frau: Es gibt Worte, bei denen man nichts weiter Ddenkt...
Dummheiten. ! ———

Der Praͤſident zum Ehemanne: Schwatzen Sie nicht mit der
Angeklagten, ſondern wenden Sie ſich an's Tribunal.

Der Mann: Ei freilich; ſie hat mir's ja eigenhaͤndig geſchrieben,
daß ſie mit Etienne zuſammen ziehe.

Der Praͤſident: Wann wurde der Brief geſchrieben? ;

Der Maun: Das Datum iſt vom 8. Dezember des vorigen Jahres.

Der Praͤſident: Und Ihre Klage dadirt erſt vom 16. Februar ...
*4 ſchwiegen Sie ſo lange ſtill, wenn Sie wußten, wo ihre Frau
war?

Der Mann: Weil ich meinte, es waͤre nichts alg eine Weiber-
laune, die voruͤhergehen wuͤrde; weil ich hoffte, ſie wuͤrde ſich beſinnen
und dann zurücdfehren, - Aber endlich waͤhrte mir der Spaß zu lange,


Ehepaar friedlich bei einander faßen.

Der Praͤſident: Setzen Sie ſich!
ben zu, was Ihnen zur Laſt gelegt wird?
Die Frau: Ja, aber da ich meinen Mann davon in Kenntniß
febte ... nein, ich handelte wahrhaftig nicht als Verraͤtherin; lefen
Sie meinen Brief.
_ Der Advokat des Königs liegt die Eheſtandsepiſtel vor, welchẽ mit
Ansnahme der orthographiſchen Fehler, die ſich naͤtuͤrlich nicht überfes
ben laſſen,/ wortgetreu verdeutſcht, alſo lautet: .

Zur Angektagtei Sie ge-

— — — a — — ———






'

„Paris, den 8. Dezember 1842.

„Mein lieber Mann! ' . ‘ O

„Ich liebe Dich xicht mehr mit Liebe; was Fann ich dafür? Ich
weiß nicht, warum ich den Etienne Paquiu liebe. Wenn man Jeman:
den lieb hat, ſo iſts langpeilig, von ihm getrennt zu Jeben. Deshalb
ergreife ich, mein lieber Mann, die Feder um Dir zu fagen, daß ich
zu Paquin ziehe. Er hat zu meiner Aufnahme ein freundliches Zim:
mer gemiethet und mir verſprochen, daß er mich recht gluͤcklich machen
will. Da ich nun weiß, daß Du ein guter Mann bift und uur mein


verſpreche Dir, daß ich oft an Dich denken und Dir immer als Freund
gut ſein will; aber Dich lieben, das kann ich nicht.

„Schließlich verbleibe ich bis ins Grab

Dein getreues Weib

; Angelique Coudurier.“

Daß dieſer Brief allgemeine Heiterkeit im Saale hervorruft, ver-
ſteht ſich von ſelbſt. „Da ſehen Sie,“ meint die naibe kleine Frau, -
kann ſchwoͤren, daß ich mit Etienne
nichts zu thun hatte, bevor ich zu ihm zog.“

Und Paquin? Er geſteht Alles ein, feßt jedoch hinzu, er habe
geglaubt, die Sache ſei zwiſchen den beiden Eheleuten abgemacht ge:
weſen, als Angelique zu ihm zog. Der Praͤſident wendet ein, er muͤſſe
doch wiſſen, daß er mit keiner verheiratheten Frau zuſammen mohnen


Ihr Mann habe nichts dagegen!“ ; *

Die Frau: Ei, Etienne, ich mag dich nicht Luͤgen ſtrafen; aber
das iſt nicht wahr.

Der Mann zum Praͤſidenten; Wenn meine Frau wieder zu mir -
kommen will, ſo ſoll Alles vergeben und vergeſſen ſein.

Die Frau: Nun gut, wenn Du mir verſpbrichſt, den Vorfall nie
mit einem Worte zu erwaͤhnen. *4—

Der Mann: Lie, auf meine Ehre! Alſo abgemacht. Es foll

Aber Du gehſt
doch nicht wieder zu Paquin? *

Die Frau: Wie dumm Du ſchwatzeſt!

Da Coudurier ſeine Frau wieder nehmen will, ſo ſpricht das Tri-
4 keine Strafe aus, verurtheilt den Ehemann aͤber in die Prozeß-
oſten.

Coudurier: Ich ſoll die Koſten bezahlen? Auch nicht übel!...
Alſo heute Abend, Frau! * x

Die Frau: Dieſen Abend, mein Lieber! —

Leicht und ſchwer.

Es iſt leicht, ein langweiliges Buch zu verfaſſen; aber es iſt ſchwer,
ein langweiliges Buch zu lefen. ' *
Ets iſt leicht, den Leuten Tugend vorpredigen; aber es iſt ſchwer,

ſelbſt tugendhaft zu ſein. *
Es iſt leicht, ein weiblich Herz zu gewinnen, aber es iſt ſchwer,


Es iſt leicht, Buͤcher zu ſtudiren; aber es iſt ſchwer, Menſchen zu .
ſtudiren. C )

Es iſt leicht, die Freiheit zu wuͤnſchen; aber es iſt ſchwer, Die
Freiheit zu erbalten. — ——

Es iſt leicht, den Stolz zu bewegen; aber es iſt ſchwer, die Eitel-
keit zu bewegen. 4 4
Es iſt leicht, Thraͤnen zu vergießen; aber es iſt ſehr ſchwer, Thraͤ—
nen trocknen zu koͤnnen. / 44

Es iſt leicht, eine wilde Hyaͤne zu zaͤhmen; aber es iſt ſehr ſchwer
das Herz eines Wucherers zu ruͤhren. * *

Es iſt leicht, ſittlich-ſtreng zu ſchreiben; aber es iſt ſchwer, fittlich:
ſtreng zu leben. —

Bunt e 8 *

+ In dem braunſchweigiſchen Anzeigeblatte wird die Einberufung
der Waͤhler und Wahlbaͤren zur ſtaͤndiſchen Verſammlung veroͤffent!
licht. Wer ſich da wundern ſollte, daß im Braunſchweigiſchen Rathe
die Vaͤren Sitz und Stimme haben, der beliebe zu bemerken, daß die-

ſes Erratum eine unpoetiſche Licenz des Setzers iſt, der ſich die Freis
heit genommen, durch ein unrichtig angebrachtes d& in dem Worte
 
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