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Mannheimer Morgenblatt — 1843

DOI Kapitel:
August (No. 178 - 203)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44564#0782

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Der Traum im Gaſtbette-
_ ; (Gortſehung.)
Der junge Hetr Baron Marchberg hat eine Schweſter, Tereſa ge-
nannt, die ein gar geſcheidtes und braxes Frauensbild ſein foll, nebſt-
beiauch ihre ſechszigtauſend Gulden Conv. Muͤnze wiegt; foͤllten Dero
Gnaden aber nicht gerade den erfoderlichen Guſto an ihr finden, ſo


tenhorn, die das ſchoͤnſte Weibsbild iſt, die mir noch je aufgeſto-
ßen! — „Geh' Er mir mit ſeinem Baron Marchberg, alter Ehrmann!“
erwiderte ich, „weißEr ja doch, daß ſchon unſere Vaͤter nicht die beſten
Freunde waren; der alte Marchberg war ein ſchnoͤder Geizhals, ein


den alten Marchberg gar nicht gekannt und kennen den jungen vielleicht


den in Gott ruhender Herr Vater auf den alten Baron Marchberg nicht


chriſtlich noch recht, da der Herr Baron ſeligen damals unrecht hatten


ner Lebhaftigkeit und Feſtigkeit, „der gnaͤdige Herr Gutsnachbar waͤre


ben Schweſtex und Schwaͤgerin betreffe, ſo daͤchte iſt, waͤre hier ein
freundliches Verhaͤltniß ſchneller angeknuͤpft, als in einem rauſchenden


in Carlsbad erſt waͤhlen und ſuchen wollten!“ — „Das ſind meine


gen; wenn Marchberg meine Bekanntſchaft wuͤnſcht, weiß er mich zu
finden, wenn er aber in ſolcher Abſicht ſich an Ihn wendet, ſo moͤge


profuration bin!“ — „Wenn ich Euer Gnaden Vater waͤre,“ gab mir
Ehrmann noch unter der Thuͤre zur Antwort, „ſo wuͤrde ich keine an-


oder die ehrſame Pauline von Giltenhorn, und ich wette darauf, daß


geſehen haben, was ich ſah.“
Im Grunde konnte ich Ehrmann nicht unrecht geben; es war nicht


Heils die alte Spannung von meinem Vater her, theils das mißliebige
Urtheil eines andern Guͤtsbeſitzers uͤber Marchberg haͤtten mich ſeither


ſtens ein Ebrenmann, und die Vertheidigung des Nachabrs, die er
trotz ſeines Reſpekts hatte beharrlich geltend machen wollen, ſprach mir


As einen jaͤhzornigen eigennuͤtzigen Mann, der ein vermeintliches Un-
recht nie vergaß, ein ſelbſt veruͤbtes aber auch nicht eingeſtand, kannte
jedoch een Aulaß zu Streit und Zauk nicht einmal. Auͤdererſeits war


Aufenthalte in Carlsbad ſtuͤtzten ſich auf ein Verhaͤltniß aus fruͤhern


ſuchen, und mir lag Alles daran, die einſtigen Freundſchaftsbezeugun-


ſchrauben, — darum blieben mir Therefe, Pauline und wie ſie Alle


ſtens hoffen, in Graͤfin Emma eine meiuen Wuͤnſchen und Beduͤrfniffen
entſprechende Gattin zu finden. 8


Garlebad. Kaum angekommen eilie ich zum General, der in einem
praͤchtigen Hauſe ein ganzes Stockwerk gemiethet! deſfen Einrichtung


mich durch Eleganz und Reichtung vollkommen blendete — Ei, dachte
ich, der General iſt wohl ein Anderer geworden, als der Oberſt wat, -
und die Entdeckung ſiimmte mich nicht fehr froͤhlich. Gegen mich indeß
war er nicht anders geworden, empfing mich mit der alten gutimürchts
gen vaͤkerlichen Freundlichkeit, erkundigte ſich angelegentlich über meine
jetzigen Umſtaͤnde, und ſprach, neben manchen harten Tadel über meine
Vergangenheit ſeine Freude und Zufriedenheit uͤber die vernuͤnftige unDd
energiſche Weiſe aus, in welcher ich meine fruͤhere Thorheiten und Ere
travaganzen zu verbeſſern ſuchte. Allmaͤhlig wurden wir warmer, und
ich geſtand ihm ohne Ruͤckhalt, daß ich in der Abſicht hieher gekommen,
mir eine Lebensgefaͤhrtin zu ſucheu. Den Entſchluß ſelbſt billigte er,


machte mir bemerklich, daß ein Mann in meinen Verhaͤltniſfen erſt prüs
fen muͤſſe, ehe er waͤhle, und daß hiezu ein Badeort der untauglichſte
Platz ſeie; „doch ich hoffe,“ ſchloß er, „daß Sie bereits gewaͤhlt und
gepruͤft haben, und hier gleichſam nur zum Rendezvous kommen.“ —
Da ging mir vollends das Herz auf, und ich war eben im Begriff,
ihm den letzten Schleier zu luͤften, alg man dem Grafen die Ruͤckkelr
ſeiner Familie von einem Ausfluge in die herrliche Umgebung ankuͤndigte;
er fuͤhrte mich hinuͤber, um mich als alten werthen Freund vorzuſtellen.
Alles war erfreut — Emma am meiſten; ſie liebkoste ihren ehemali-
gen Geſanglehrer ſo frei und unbefangen, daß ich in der herrlichen
zwanzigjaͤhrigen Jungfrau noch das naive kindiſche Gemuͤth der Fuͤnf-
zehnjaͤhrigen vermuthete und mein Herz laut triumphiren ließ. Ich
mußte bei Tiſche bleiben, und die beiden Stunden bis zur Tiſchzeit
wurden mir in Emma's Geſchellſchaft zu einem Augenblicke paradieſiſchet
Wonne; wir ſcherzten uͤber die Vergangenheit, plauderten wie ehedem,
und alle meine Hoͤffnnugen ſchienen reuſſiren zu wollen. — „Arthur
Emanuel!“ rief ich mir zu, „Du biſt noch vor Abend der Gluͤcklichſte
der Sterblichen, denn Emma wird Dein!“ — Gehorſamer Diener!
alg man uns zu Tiſche rief, flog Emma einem aͤltlichen Manne in
ſchwarzem Habit mit reichen Ordensketten und Baͤndern entgegen und
zog ihn zu mir. „Sehen Sie, lieber Graf!“ rief ſte mit kindlichem
Froͤhſinn, „hier bringe ich Ihnen den Rittmeiſter v. Mayenſtern, von
welchem ich Ihnen ſchon ſo viel erzaͤhlt. — Mein Braͤutigam, Graf
Nicei, Herr Barou! in wenigen Tagen mein gluͤcklicher Gatte! Mich
ruͤhrte faſt der Schlag; mit welcher Sottiſe ich den kalthoͤflichen Gruß
des Diplomaten beantwortet, weiß ich nicht, aber von nun an blieb
ich ſtumm wie ein Fiſch, und dem Grafen mochte der Ruf von Ge:
ſpraͤchigkeit, Lebensart, Savoir faire ꝛc., welcher mir durch Emmals
Plaudereien vorangegangen wat, hoͤchſt ungereimt und unverdient er-
ſchienen ſeie; vielleicht ſah er auch noch tiefer.

(Fortſt folgt.)

Buntes.

+ Bon der großen Energie, mit welcher Spieler von Profeſſion den
Sturm der Leidenſchaft niederzuhalten vermoͤgen, von der vollkommen-
ſten Herrſchaft uͤber jeden Zug des Geſichts, jedes Zucken der verraͤ⸗
theriſchen Muskeln, gibt folgender Vorfall einen eclatanten Beweis.
Baron v. X. hatte die Bank eines bedeutenden Kurorts vor mehreren


loren, und ſo ununterbrochen, daß der Bankier in den Ruf eines fal-
ſchen Spielers kam. Unter den Badegaͤſten war ein junger Mann, der


fruͤhern Jahren ber ſeines unverwuͤſtlichen Gluͤckes wegen beruͤhmt mwar.
An dieſen wandten ſich jetzt einige reiche Soͤhne Albions mit der Bitte,


den abgeſchloſſen, und am Abend begibt ſich die Geſellſchaft der Ver-
ſchworenen in den Salon! Sie fangen an zu ſpielen, und alle, au


ein lautes, „va banque!“ toͤnt durch den Saal. Todtenſtile —- Als


ſten Ruͤhe ſeiner Kaſette oͤffnet. Er zaͤhlt 80,000 Rthlr. Gold , weiche


die Karten werden aufgenagelt — die Taille beginnt. Nach dem vier-


heuere Summe. Dann forderte er ein Glas Madera, zündete ſein
Cigarre an, und unterhaͤlt ſich uͤber Tagesfragen noch eine Stunde
laug, ehe er ſich entfernt — Man war allgemein erſtaunt über dieſe
furchtbare Feſtigkeit und Selbſibeherrſchung, man wollte aus dieſer uu-
 
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