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Mannheimer Morgenblatt — 1843

DOI Kapitel:
August (No. 178 - 203)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44564#0783

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- natürlichen Ruhe auf einen dernichtenden Ausbruch ſchließen, man er-
— Wartete allgemein am andern Morgen die alte Geſchichte eines tragi-
ſchen Selbſtmords. Nichts von Allem. Der Baron v. X. erſchien am
‚andern Morgen mit der unbefangenſien Heiterkeit auf der Promenade,
peiſte zu Mittag wie gewoͤhnlich an der Fremdentafel, und erſchien am
ſelbigen Abend wie gewoͤhnlich in ſeinem NReich am gruͤnen Tiſche, um,
keilich mit einer etwas geringern Summe, das üngetreue Gluͤck von
Neuem vor die Schranken zu tufen.


nimmt, die reiſenden Ladies und Sentlemen fuͤr 20 Guineen oder
500 Fr&, von London nach Paris zu ſpediren, ſie dort einen Moͤnaͤt
„ 3u erhalten, wie zu unterhalten, und ſie nach abgelaufener Friſt wieder
nach London zuruͤckzubringen. Dieſe 20 Ouineen begreifen in ſich: die


‘14 Theaterabende auf den erſten Plaͤßen (?), ferner Eiſenbahnausfluͤge
nach Verſailles, St. Germain u. f. w? Der Morning-Advertiſer berich-


— + Man bat ſich in Deuͤtſchibnd uͤber den franzoͤſtſchen Aberglauben
Luſtig gemacht; doch auch in Deutſchland fand die Wahrſagerin Mlte.
Lenormand Ankflang,-wie aus folgender Nachricht eines paͤrifer Blat-


fien vou Briefe und Billets hinterlaſſen, die von den hochgeſtellteſten
Verſonen der letzten fuͤnfzig Jahre herruͤhren, denen ſie prophezeite.
Eine dieſer Perſonen, welche in Deutſchland einen hohen Rang beklei-
; Ddet, hat einen Bevollmaͤchtigten nach Paris geſchickt, der ein Billet zu-
uͤckuehmen ſoll, das der Mile. Lenormand vor einigen Jahren geſchrie-
‚ben wurde, und das jene Perſon aus mehreren Gruͤnden nicht in die
unrechten Haͤnde kommen laſſen will. Aber der Bevollmaͤchtigte kam
zu ſpaͤt und jetzt verlangt man einen enormen Preis fuͤr das kleine
Billet, das in guten Haͤnden iſt. Der Nachlaß der Sybille bietet mehr
— alg einen exeellenten Fall dieſer Art dar!““

Als der bekannte engliſche Schriftſteller Hook einſtens auf ſeinen
Keiſen von einem aufſteigenden Gewitter ſich bedroht ſah und kein an:
_.Deres Obdach in der Nähe fah;, als ein kleines, dicht neben der Straße
— befindliches Haus;, ſo ndherte er ſich demflelben und frug einen vor der
Thuͤr ſitzenden Mann, ob er der Herr des Hauſes ſei? — „Ia wohl,“
‚ war die Aatwort, „mein Weib iſt vor drei Woͤchen geſtorben.“



Mannheimer Drama.

Mittwoch den 16. Auguſt:
nach dem Franzöſiſchen des Mozeres, von Preuß.

Dieſe Vorſtellung fand bei dem Publikum keinen beſondern Anklang; der Grund
Hierzu mag ix dem geringen Gehalt des Stücks, wohl aber auch in der Aufführung
eloſt liegen, welche im Allgemeinen fehr.matt ging.

k DHerr GBörger aus Wien gab die Titelrolle. Wir hatten das Vergnügen die-
ſen Künſtler als Tell und Fiescö zu ſehen und waͤren deßhalb voll Erwartuͤng, ob
‚derfelbe auch im Luſtſpiel tüchtig ſei. Er ſtellte den Charakter des Chevalier Sscar
_ fedr gut dar, und gab dieſem fungen Ehemann, welcher von den Meißten zu grell
‚aufgetragen wird, ein edleres Air, Sein Spiei war leichi und abgerundet.

_ Ora von Beaufort Mad. Bufch, Man vermißte Jet dieſer gewandten Dar-
Lelerin beute ihr ſonſt ſo freies ungejwungenes Spiel, was allgemein auffiel. Wo-
rin mag der Grund liegen?

Dem. Bernier, der Rolle der Clara nicht gewachſen.

Berr Haugmann als Heneraſeinnehmer, Mad. Hausmann als Mad,
Delby und verr Wagner als Capitain Sürvibe — brav.

“ Sierauf: „Die beiden Britten,“ Luſtſpiel in 3 Abtheilungen nach dem
— Franzöſiſchen von Blum.
w : Or. Bör ger als Demby ſtellle den lebensmüden, pblegmatiſchen Lord vortref-
;Bih Dar und flihrte thn mit Ärenger Confequenz, fern von aller Yebertreibung-durch,
Sr Börger dat an diefem Abende die Gunk ves Puhlikums in hohem Gravde
ewonnen. Er bewies, nachdem er Tell und Fiesko geſpielt, durch ſein heutiges
— ;4— vielſeitige Leifungsfähigkeit, die ihn eine tüchtige Stelle an einem
Weater ausfüllen läßt. Wir haben fchon das Letztemal von der wohlthuenden
ahrhaft künſtleriſchen Ruhe ſeiner Darſtellung und von dem einnehmenden Adel
_ feines Spiels geſprochen. Er bewies diefen auch heute, ſelbſt in den aufregendſten
Geenen des Lunſpiels und erhielt vadurch den allgemeinſten Beifall und den ſelie-
nen Applaus auch des urtheilsfähigen Publikums aug den Logen.
v Sr, Werle von Magdeburg ftellte den John Pearce, das Gegenbild des Lord
Demoy mit Ausnabme des erſien Aktes, wo er wegen zu geſchwinden Sprechens
etwas undeutlich. wurde, recht gut dar ;
” Mad. Bufgh, Dle, Gröffer, Dle. Bernier und Hr. Venzel unterſtütz-
ten die ** nach Kräften, weßhalb dieſe Vorſtellung zu den gelungenen gerechnet
Werden lann.

X




’ Sophronos






Getreidehandel und Fruchtinagazine.

Der hohe Preis, welchen die Landfruͤchte ſeit einigen Monaten er-
reicht haben, hat veranlaßt, daß in faſt allen oͤffentlichen Blaͤttern An-
ſichten uͤber den Getreidehandel und Iüber Fruchtmagazine laut gewor-
den ſind. Wenn es gebraͤnnt hat, werden gewoͤhnlich die Spritzen aus-
gebeſſert und es iſt nicht unwahrſcheinlich, daß die Regierungen darauf
deuken werden, duͤrch welche Maßregeln einem Getreidemangel und hos
hen Fruchtpreifen vorgebauet werden koͤnne. Es kann daher nicht ohne
fentlichen Blaͤttern ausgetauſcht werden, und ich waͤhle dieſes vielgele-
ſene Blatt zur Mittheilung der meinigen, wobei ich nur bemerke, daß
ſich dieſeibe nicht auf der Studirſtuhe ausgebildet hat, ſondern ſich auf
Thatſachen des wirkiichen Lebens ſtuͤtzt.

Die Landwirthſchaft hat ſeit Aufang dieſes Jahrhunderts, wie die
meiſten audern Gewerbe, in Folge der Verſchmelzung der Wiſſenſchaft
mit dem practiſchen Leben eine durchaus veraͤnderte Geſtalt angenom-
men. Ein ſehr einflußreiches Ereigniß fuͤr dieſelbe war, daß die Kar-
toffeln mehr und mebr zur Gewinnung des Branntweins verwendet
wurde, und da die Getreideausfuhr nach andern Laͤndern, z. B. Eng-
land, wegen hoͤher Zoͤlle nicht mehr ſtattfinden konnte, ſo wurde den
mit Getreidebau ſich befaſſenden Landwirthen ein bedeutender Abſatzweg
verſtopft. Die natuͤrliche Folge war, daß die Getreidepreiſe einen durch-
ſchnittlich niedrigern Stand annahmen, was den kleinern Landwirth ver-
anlaßte, auf die Vermehrung und Verbeſſerung der Viehzucht ſein Au-
geymerk zu richten. Die Vergroͤßerung des Viehſtandes war aber Ur-
ſache, daß die Aecker durch den reichlich gewonnenen Duͤnger in groͤßere
Kraft geſetzt wurden und daß auf einem kleineren, dem Getreidebau
gewidmeten Flaͤchenraum eine eben ſo große, oder wohl noch groͤßere
Menge Koͤrnerfruͤchte, gewonnen wurde als ſonſt auf einem groͤßeren!
Ungeachtet der ſich bedeutend vergroͤßert habenden Bevoͤlkerung reicht
das gewonnene Getreide auch bei mittelmaͤßigen Ernten vollkommen
ans; es koͤnnte ſogar noch eine nicht geringere Menge dem Auslande
abgegeben werden, wenn nur Gelegenheit zur Ausfuhr ſich darboͤte.

Auch der Fruchthandel iſt ein anderer geworden, ſeitdem die Brod-
fruͤchte faſt nur. in Bachverk verwandelt werden. Das Ueberfuͤlltſein
aller Gewerbſtaͤnde und das Eingreifen jeder Gelegenheit! welche Ge-
winn in Ausſicht ſtellt, iſt nicht uur Urſache, daß mehr Handel mit


mann gereicht dieſe Geſtaltung der Verhältniffe fehr oͤft zum Vortheil;
ſie verfchafft ihm dadurch, daß zum Ankauf von Fruͤchten bedeutende
Capitalien verwendet werden, Gelegenbeit zum Abfatz, wenn die Ge-
legenheit, unmittelbar an Berbrauchende zu verkaufen, mangelt. Seit-
dem der Fruchthandel ſeine jetzige Ausdehnung erhalten hat, traͤgt er
im Allgemeinen zu einer gleichmäßigeren Geſtaltung der Preiſe bei,
weil auf dem Wege des Handels das fn einer Gegend uͤberfluͤſſige Ge-
treide dahin gefuͤhrt wird, wo Nachfrage nach denifelben entſtanden iſt.
Die erleichterte Verbindung insbeſondere durch die ſich immer mehr aus-
breitenden Eiſenbahnen machen es fuͤr die Zukunft unmoͤglich, daß Hun-
gersnoth, wie ſie in fruͤheren Jahrhunderten oft einzelne Gegenden
Deutſchlands heimſuchtẽ, waͤhrend in andern Ueberfluß herrſchte! vor-
kommen kann. Hohe fuͤr den Unbemittelten unerſchwingbare Preiſe
koͤnnen wohl eintreten, aber kein Mangel. Bei einer ſolchen außerge-
woͤhnlichen Theuerung muß der Staat ius Mittel treten, aber nicht
ſondern damit dieſelbe von

der Geſammtheit getragen wird.
Bekauntlich treten auch Zeiten ein, wo der Landmann ſein gewon-
nenes Getreide zu Preiſen losſchlagen muß, welche ihn fuͤr die Erzeu-
nicht entſchaͤdigen. Noch iſt es Niemand eins
gefallen, uͤber Mittel nachzudenken, wie die Fruchtpreiſe gewaltſam in
die Hoͤhe geſchroben werden koͤnnten, wenn der Landwirth offenbar vom


fann, einen, höhern Preis für die Broͤfruͤchte zu bezahlen, als ihn
die Verhaͤltniſſe mit ſich bringen, ſo wenig kann man auf der aͤndern
Seite von den Erzeugenden verlangen, von dem Steigen der Getreide-
preiſe keinen Gebrauch zu machen. * 2

Der Werth eines Gegenftandes, der ein wirkliches oͤder eingebilde-
tes Beduͤrfniß der Menſchen iſt, haͤngt davon ab, ob er in groͤßerer
oder geringerer Menge vorbanden ift. Es gibt Dinge; welche immer
ſelten ſind, daher ſteis einen hoͤhel Tauſchwerth behaupten; dagegen
andere, welche immer in großer Menge vorhaͤnden ſind und deßhalb
niedrig ti Preiſe ſtehen Eortſ. folgt.)


 
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