Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mannheimer Morgenblatt — 1843

DOI Kapitel:
Oktober (No. 230 - 255)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44564#0921

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext




Ao. 230, Sonntag den

1843.

1. Oktober.











Tagsberictzt.

Mannheim, 29. Sept. Die Wahl der Wahlmaͤnner im 2.
ſtrikt gab heute folgendes Reſultat: !
D Hecker, Friedrich- Obergerichts-Advokat.
D Joͤrg, Conrad, Bierbrauer.
5) Kalb, Conrad, Gaſtwirth.
4) Mathy, Carl, Literat.
9) Wiedemann, Georg, Schneidermeiſter.

Lend, Franz, Schuhmacherineiſt *

Dis

6} ſter.

7) Moͤrdes, Bernbard, Obergerichts⸗Advokat.

H Haffner, Franz, Metzger.
Carlsruhe, 29. Sebt. Seine koͤnigliche Hoheit der Großherzog
ſind beute Mittag um halb 12 Unr nach Schloͤß Staufenburg aͤbge


um dem daſelbſt ſtatifindenden landwirtbſchaftlichen Centralfeſt anzuz
wohnen.

Aſchaffenburg, 26. Sept. Eine koͤnigl. Entſchließung d d.
Aſchaffenburg 3. Seßt!, die Bewilligung von Tanzmufiken und Frei-
naͤchten betreffend, ſagt im Eingang: „Wir haben aus vielfaͤchen Be-


und broteſtantiſchen Kirchenbehoͤrden Unſeres Reiches, ſo wie auch aus
den in den Verſammlungen der Staͤnde des Reiches und der Landraͤthe
laut gewordenen Klagen entnommen, wie die Vervielfaͤltigung der Tauz-
unterhaltungen und Freinaͤchte durch Befoͤrderung der Unſtttlichkeii,
durch Naͤherung des Hanges zu Ausſchweifungen, durch Anreiz zut
DBer hwWendung, und durch die Veranlaffung der ſerafbarſten Exeeffe
namentlich der blutigſten Raufhaͤndel, den verderblichſten Einftuß
auf das Gemeinde- und Familienwohl ausuͤbe, und die Orunds
lagen der oͤffentlichen Ordnung allmaͤhlich zu untergraben drohe!
So wenig Wir gemeint ſind, Unfern Unterthanen den Genuß erlaubter
Verguuͤgungen und unſtraͤflicher Beluſtigungen in irgend einer Beziehung
verkuͤmmeru zu laſſen, ſo iſt es uns doch eine heilige Regentenpflicht!
dem durch die Zuͤgelloſigkeit und Mißbrauch bei den Tanzmuſiken und
Freinaͤchten bereits erzeugten und immer mehr ſich verbreitenden ſchwe-
ren Uebet Einhalt zu thun.“
fen und Tagen Tanzunterhaltungen uͤberhaupt, und insbeſondere bei
den Katholiken, dann den Proteſtanten gar nicht, ferner in welcher
Weiſe ſte außer den geſchloſſenen Zeiten ſtattfinden duͤrfen, in der Re-
gel nur bis zur Polizeiſtunde — in den Staͤdten erſter Klaſſe 11 Uhr,
- yweiter Klaſſe im Sommer 11 im Winter 10 Uhr, uͤbrigen Staͤdten
und Maͤrkten 10 und 9 Uhr aus nahmsweiſe 2 Stunden laͤnger. Alle
mit polizeilicher Bewilligung beſtehenden Vereine fuͤr geſelliges Vergnuͤ—
gen ſind an die geſchloſſenen Zeiten gebunden! Unter den Orten und Wirz


Kirchweihtage eine beſtimmte Reihenfoͤlge der Tanzbewilligungen einzu-
halten. Uebertretung wird mit Geldbuße und zeitlicher oder gaͤnzlicher
Entziehung der Erlaubniß zum Muſikhalten beſtraft.
.. Mürnberg, 26 Sept. Unſer Mechaniker Leinberger hat ſein
Projekt der Luftdampfſchiffahrt, wovon ſeit ſeinen derungluͤckten
Suͤbſcriptionverſuchen nicht mehr die Rede war, keineswegs aufgegeben.
Seit neun Monaten hatte er in Wien ein ganz aus Metall gefertig-
tes Modell von 10 Kubikfuß Inhalt, 6 Fuß Laͤnge und 2 Fuß Durch-
meſſer aufgeſtellt, welches dort zahlreich beſucht wurde und bei Sach-
kennern vielen Beifall gefunden haben ſoll. Von Letzteren aufgemun-
tert baut der Erfinder jetzt ein groͤßeres Luftdampfſchiff von 83 Ku-
bikfuß Inhalt, 12 Fuß Laͤnge und 4 Fuͤß Duͤrchmeſfer, mit welchem er,
nach ſeiner Verſicherung, voͤllig uͤberzeugende Experimente wird anſtel-
len koͤnnen.
Obergeorgenthal, 23. Sept. Heute Nacht hat die Flamme
von den 200 Haufern unſeres ohnedies armen Ortes 160 Haͤuſer mit
allen Nebengebaͤuden und Scheunen in Aſche gelegt. An wenigen Or-

-





ten mar die Noth im boͤhmiſchen Erzgebirge ſo hoch geftiegen wie hier,
und dieſes entſetzliche Ungluͤck gibt uͤber 600 Menſchen dem graͤßlichſten
Mangel preis.
St. Moritz, 19. Sept. Geſtern Abend, genau acht Tage nach

dem Brande, der hier ſtattgefunden hat, brach in dem benachbaͤrten
Maſſongez Feuer auß, welches bei einer ſtarken Biſe und Mangel an
Waſſer in kurzer Zeit 15 Haͤuſer in Aſche legte. Ein Kind ifl in den
Man ſchreibt das Ungluͤck, wie jenes in St..
Moritz, politiſchem Haſſe zu; uͤberall herrſcht Schrecken. — Der Leich-
nam des Caſtellans Saillen, deſſen Ermoͤrdung poͤlitiſcher Feindſchaft zu-
geſchrieben wird, iſt in der Rhone bei Vouvry gefunden worden, mit naͤhe
an 20 Meſſer⸗ und Dolchſtichen bedeckt. Die zwei Verhafteten laͤug-
nen die That.

Naris, 27. Sept. Die Rentenotirung erführ heute wieder merk-
liche Schwankungen und iſt im Ganzen um 30 bis 40 Centimes ge-
wichen. Es circulirten ſchlimme Geruͤchte; die Regierung ſoll nachthei-
lige Meldungen aus Spanien erhalten haben; es hieß, Cadix und meh-
rere andere Staͤdte ſeien aufs Neue in Aufſtand; auch ward verſtchert,
Hr. Olozaga verlange foͤrmlich, Namens der proviſoriſchen Regierung
zu Madrid, den Beiſtand des Tuileriencabinets..

— Die Debats geben nach dem „Griechiſchen Beobachter“
vom 15. Sept. ausfuͤhrlichen Bericht uͤber die zu Athen eingetretene
Revolution, nebſt mehreren auf das Ereigniß bezuͤglichen Actenſtu-
cken. Das Volk verſammelte ſich in der Nacht auf den 15. Sept. um
2 Uhr vor dem Palaſt unter den Fenſtern des Koͤnigs und rief nach
einer Conſtitution. Das Miniſterium war ſchon nicht mehr anerfannt ;

eine Deputation des Staatsraths rieth dem Koͤnig, den Willen des
Volks zu erfuͤllen; nach zwei Stunden war als enkſchieden; eine vom
Koͤnig unterzeichnete Ordonnanz vom 3. (15. Sept) beruft eine Na-
tionalverſammlunng, die ſich in Monatsfriſt vereinigen ſoll um
in Uebereinſtimmung mit dem Koͤnig eine Conftitutton zu entwerfen
Der 15. Sept. ſoll fortan als Nationalfeſt gefeiert werden

— Die Regierung hat keine Nachrichten aus Spanieß befannt. ge-
macht. — Zu Madrid war am 21. Sept. das Geruͤche in Umlauf,
die Hauptſtadt ſolle in Belagerungsſtand geſetzt werden und die Koͤni-
gin ſich nach Aranjuez begeben. — Zu Valencia herrſcht große Be-
wegung uͤberhaupt gaͤhrt es wieder auf vielen Punkten.

Von der italieniſchen Gränze, 21, Sept. Alles, was bis-

her von Beendigung der Inſurrection und Vernichtung der Banden in
der Romagna, im Modeneſiſchen, Florentiniſchen und Sardiniſchen ge-
meldet wurde, hat ſich als grundlos ermiefen. Es herıfht im Gegen-
theil kein Zweifel, daß die Rebellen in der letzten Zeit neue Verftaͤr⸗
kung an ſich gezogen, mit der ſte ihre Streifzuͤge beſonders nach dem
Norden, nach Piemont, ausgedehnt haben. Die Banden, unter ſich
wohl organiſirt, ſcheinen nach einem gemeinſamen Plane zu haͤndeln.
Da ſich in ihrer Mitte Leute befinden, welche das gebirgige Terrain
und alle Schluͤpfwinkel genau kennen ſo wird es der bewaffneten Macht
aͤußerſt ſchwer, ihnen beizukommen. An Geldmitteln ſcheint es ihnen
‚ gleichfalls nicht zu mangeln, und ihre Helfershelfer verſehen fie mit
allem Noͤthigen. Ihre Plane gehen offenbar dahtn, ſich ſo lange zu
halten, bis ihnen die Propaganda zu einem Handſtreiche vorgearbeitet
hat. Dieſe iſt denn auch in unausgeſetzter Thaͤtigkeit, den Geiſt der
Unzufriedenheit anzufachen und zu naͤhern. In den Staͤdten und auf
dem Lande, uͤberall werfen ſie ihre Angeln aus. Schmaͤhſchriften ge-
gen die Regierungen und revolutionaͤre Broſchuͤren aller Art find in
Umlauf geſetzt; ja, einige davon haben ihren Weg fogar bis hierher
‚gefunden, An mehreren Orten im Kirchenſtaate und Modeneſiſchen i®
Geld unter das Volk ausgetheilt worden, ein Beweis, dab es in Ytas
lien noch Thoren genug gibt, welche für eine verlorene Sache immer
wieder Opfer zu bringen bereit ſind.


 
Annotationen