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Mannheimer Morgenblatt — 1843

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Dezember (No. 283 - 307)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44564#1239

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— E





















x* Srfcheint die Einführung einer Capitalien⸗Steuer
; als zweckmäſtig?

Wir glauben dieſe Frage verneinen zu muͤſſen und zwar aus fol-

genden Gruͤn den:

1) Der redliche Mann wird gewiſſenhaft ſeine Capitalien angeben,
der unredlihe nicht. Eine ſichere Controle iſt ſogar mit inqui-
fitorifhen Maͤßregeln nicht moͤglich: Wer will z. B. beweiſen,
was Jemand in Staatspapieren befißt?

Uebrigens ſollen auch, nach dem gemachten Vorſchlage, inqui-
ſitoriſche Maßregeln gar nicht Statt finden, und das mit Recht,
weil dieß ein Eingriff in die Familienverhaͤltniſſe waͤre.

2) Wenn auch dieſe Steuer den reichen Capitaliften nicht gerade
beſchwert, ſo koͤnnen wir nicht bergen, daß dieſelbe in manchen
Faͤlten ganz beſonders druͤckend ſein wuͤrde. Denken wir uns
Wirtwen und Waiſen, welche ein Permoͤgen von 10 — 12,000
Gulden befißen, mit deſſen Ertrag ſie nur nothdürfttg leben
tönnen, follen diefe noch Steuer dabon bezahlen? Sind fie nicht
ſchon im Ungluͤcke genug, den Gatten oder die Eltern verloren zu


ken wir uns einen Mann, welcher mit Muͤhe und Schweiß ſich
10 E2o000 Gulden erworben hat, und ſich nun von den Ge-
fchäften zurüczieht um ſeine alten Tage in Ruhe hinzuhringen
— {foll diefer, der nur zur Noth zu leben hat, noch beſondere
Steuer geben? *

33-Gefchäftsteute, z. B. der Kaufmann ſchlaͤst uun ihr Capital drei
nd Dierinal ün Jahre um: es traͤgt ihnen daſſelbe oft mehr als
25 p@t. jaͤhrlich. Der Capitaliſt hat in der Regel 4 pCt. 41
pCt. 5 pEt., auf deren Einnahme er nicht einmal ſicher auf Tag
und Stunde rechuͤen kann. Iſt er nicht hier ſchon im Nachtheile?

4) Ohne des Wuchers ſich ſchuldig zu machen kann der Capitaliſt
von dem Schuldner, nach Einfuͤhkung der Steuer, ſich ' pCt.
mehr geben laſſen. Wer traͤgt dann die Steuer anders als der,
welchen man erleichtern will? Was daher der Abgeordnete He—⸗
der von einem Vorfalle bei dem Tribunal in Frankenthal an-
fuͤhrt, paßt durchaus nicht für den vorliegenden Fall.

‚5) Wird daun viel mehr Geld im Auslande nicht allein in Staats-
paͤpieren, ſondern auch hypoͤthekariſch angelegt werden, als dieß
ſchoͤn jetzt von einzelnen reichen Capitaſiſten, auch Mannheimern,
gefchieht, welche große Summen in Rheinpreußen M, f w. auf
Soͤligationen unterbringen. Der Nachtheil aber, welchen dies fuͤr
für unfer Land haben wuͤrde, leuchtet ein.

6) Das einzige Beiſpiel von Würtemberg iſt nicht bewei-
fend genug. Waͤre der Vortheil wirklich von ſo großem Belauge
alg es will geltend gemacht werden, ſo haͤtte man nicht nur bei
üns diefe fruͤher eingefuͤbrie Steuer beibehalten, ſondern ſie haͤtte

„ aug gewiß in andern Staaten Nachahmung gefunden.

Aus diefen Gruͤnden glauben wir, daß weder die hohen Kammern,
noch die hehe Staatsregierung auf den gemachten Vorſchlag, eine Ca-
pitalien:Stener in unſerm Lande einzufuͤhken, eingehen werde.

Aus dem badiſchen Unterrheinkreis.

\ Kein Capitaliſt.



Zagsbexicht. *

Offenburg, 27 Dez. Die fuͤnf in dem Kohlenbergwerke Hafen-
bach zurüdgebliebenen Arbeiter, die bei Entzuͤndung am 20. d. M. ver-
ungluͤckten ſind noch immer nicht aufgefunden ; doch laͤßt ſich jetzt nicht
mehr zweifiin, daß man nur noch Leichname ans Tageslicht bringen

wird. Eine amtliche Unterſuchung über den ganzen ungluͤcklichen Vorfall
iſt eingeleitet.








7

Noch immer iſt keine beſtimmte Peroͤffent-
Eiſenbahn erfolgt. Allerlei Geruͤchte, die
finden, laſſen eine abermalige Vertagung
Die bedeutenden Koſten, welche die Haupt-
bafn, die Oft-Weftbahn, verurſachen würde, follen ziemlich wichtige
Bedenken felbft bei den waͤrmſten Freunden des fuͤr unſer Land doppelt
wuͤnſchenswerthen ſchnelleren Rerkehremittelg erregt haben. Es taucht
jetzt die Anſicht auf, daß gerade fuͤr unſer Land ein Zuwarten nur von
Lortheil fein koͤnne, inden durch Vervollkommnung Dder NEUETEN Ent-
deckuͤngen und Verbeſſerungen im Eiſenbahnbau gewiß bald die Mittel
gefunden würden, das nach den jetzigen Stand der Wiſſenſchaft erfor-
Derliche Anlage-Kapital von 50 Millionen Gulden in wenigen Jahren
pielleicht auf die Haͤlfte zu vermindern. In dieſem Falle kaͤme es auf
einige Jahre freilich nicht an.
München, 26. Dez. Die neueſten Briefe aus Athen ſind ziem-
lich beruhigend. Die Wahlen fallen meift auf ziemlich beſonnene Maͤn—
ner und fo laͤßt ſich bei der bekannten Anhaͤnglichkeit der Haͤubter der

Stuttgart, 27. Dez.
lichung in Betreff unferer
hoffentlich keine Beſtaͤtigung


fat der Kammerverhandlungen erwarten. Die taͤglich noch hier eintrefs
fenden Bayern, die aus Griechenland zuruͤckkehren, ſchidern freilich die


bei der einmal herrſcheuden Stimmung gegen die Deutſchen nicht Vun-
der nebmen. Die hier ſich aufhaltenden Griechen kehren allmaͤhlig in
bald werden nur noch ſehr wenige hier ſein.

Waris, 27. Dez Eröffuung der Kammern, Der Köntg


durch nachſtehende Rede eroͤffnet:

„Meine Herren Pairs! Meine Herren Deputirten! Die gluͤckliche
Nebereinftimmung der Staatsgewalten und die loyale Mitwirkung,
welche Sie meiner Regierung gewaͤhrten, haben ihre Fruͤchte getragen.
m Schoße der Ordnung, die ohne Anſtrengung erhalten wird, und


fruͤchtbare Thaͤtigkeit. Die Lage aller Claſſen von Buͤrgern verbeſſert
und hebt ſich. Die Wirkungen dieſes gedeihlichen Zuſtandes werden
uns erlauben, in den Finanzaefeßen, die Ihnen ohne Verzug vorgelegt
werden follen, ein mit Recht gewuͤnſchtes Gleichgewicht herzuſtellen zwi-
ſchen den Ausgaben und Einnabmen des Staats. Wir koͤnnen uns
mit Zuͤverſicht dieſer Guͤter des Friedens erfreuen, denn nie war der-
ſelbe mehr geſichert. (Nous pouvons jouir aves s6curite de ces biens
Meine Beziehungen
zu allen Maͤchten ſind friedlich und kreundſchaͤftlich. Ernſte und wich-
lige Ereigniſſe (des &venemens graves) haben ſich in Spanien und
Griechenlaud zugetragen. Die Koͤnigin Iſſabella H,, ſo jung berufen
die Lait der Staatggewalt zu fragen, iſt in dieſem Augenblick der Ge-
genſtaud all meiner Sorge und meiner liebevollſten Theilnahme (de
mon interät le plus affeetueux). Ich hoffe, der Ausgang dieſer Ereig-
niffe wird fuͤr zwei Frankreich befreundete Nationen günftig werden / ſo
daß in Griecheuland wie in Spanien die Monarchie an Feſtigkeit ge-
winnen mag durch gegenſeitige Achtung der Rechte des Thrones und
der oͤffentlichen Freiheiten. !
Die aufrichtige Freundfhaft, welche mich mit der Koͤnigin von
Großbritanien verbindet, und das herzliche Einverſtehen (la cordiale en-
tente,) das zwiſchen meiner Regierung ünd der ihren beſteht, beſtaͤrken
mich in diefem Vertrauen. Ich habe mit dem Koͤnig von Sardinien
und den Republiken Equator und Venezuela Handelsverträge abge-
ſchlofſen und verfolge mit andern Staaten in den verſchiedenen Erdthei-
ien Negociationen, die, unter Aufrechterhaltung der Sicherheit fuͤr die
nationale Arbeit, welcher ihr gebührt, ihrer verſtaͤndigen Thaͤtigkeit ncu?
Laufbahnen oͤffnen werden. Ich habe die Zufriedenſtellung gehabt, den
Cirkel meiner Familie vergroͤßert zu ſehen, durch die Vermaͤhlung mei-
nes Sohnes, des Prinzen von Joinville, mit der Prinzeſſin Franeiska,


 
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