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Pfälzer Bote für Stadt und Land (27) — 1892

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Nr. 1 - Nr. 10 (1. Januar - 14. Januar)
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— — — Gegend immer größeren Umſichgreifen der Sozial— drückt — fertig werden fönnte! Da ſcheint man, um
— — — —— ® noch eine Einzelheit anzuführen, in Bayern, und zwar



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Beſtellungen
uf den „Plalzer Boten“ werden fortwaͤhrend bei
ſainmtlichen Boftanftalten, bei unjeren Trägerinnen.
jowie in anfjerer Sypedition Geidelberg, Zwinger-
ſtraße T entgegen zenommen.

Berlag des„VPfälzer Bote.“

— — — ———— ⏑

Des Feſtes der hi. Dreikönige wegen erſcheint
morgen kein Pfälzer Bote. Die näthſte Nummer
wird am Donnerſtag Mittas expedirt.

A- ur Fozialdemokratifchen Candagitation.

Von verſchiedenen Seiten kommen Meldungen, daß
die Herren Sozialdemokraten auf dem platten Lande,
jowohl in katholiſchen wie proteſtantiſchen Gegenden
ihre Agitation mehr und mehr zu entfalten beginnen.
Im ſüdlichen Münſterlande ſind dieſe Sendlinge mehr⸗
fach aufgetaucht und haben in der gewohnten Manier
ihre Weisheit in den Wirthſchaften privatlın zUM
Beſten gegeben, ohne daß man anſcheinend dafür em⸗
xfaͤnglich geweſen iſt; auch die ſozialdemokratiſche
Siteratur — abgeftandene Brofchüren und bereits ge⸗
leſene Zeitungen hat bei den Bauern alles eher
als Geſchmack gefunden, an Verſammlungen denkt
man nur in Oriſchaften, welche unmittelbar 4n das
Induſtrierevier grenzen und auch dort müſſen ſich die
„Sintreiber“ - um einen deutſchen Ausdruck zu ge⸗
brauchen — meiſt ſagen, daß man nicht mehr als
nichis von ihnen wiffen will. Im Minden-Ravens-
bergiſchen iſt die Agitation eine ſehr rührige, aber die
Erfolge ſcheinen wenig den Erwartungen zu entjprechen,
weuigftens hört man eine gewiſſe elegiſche Stimmung
aus der oͤrtlichen Parteipreſſe heraus. In der
Provinz Sachſen ſcheint der Erfolg verſchiedenartig
zu fein, vielleicht je nachdem die in Angriff genom⸗



menen Orte größeren Induſtrieſtädten mehr oder we-
niger nahe liegen. Aus einem ländlichen Kreiſe der
Provinz Sachfen ſchrieb man der „Kreuzztg. vor
einiger Zeit:

„Hier tagte eine Konferenz der Elementarlehrer


Schule betreffenden Zeitfragen ouch die Frage er⸗
oͤrtert, wie von Seiten der Schule dem in hieſiger

Die hl. drri Könige.
Zu Bethlehem geboren
Ein Kindlein, Jeſuskind,
Das Gott hatt' auserkoren,
Erlöſen uns von Sünd.

Die Hirten auf dem Felde,
Sie hielten treulich Wacht
Bei ihrer Schaafes Heerde
In jener heil'gen Nacht.

In jener Gott verklärten,
In jener heil'gen Nacht,
Da jenkte ſich auf Erden
Des Friedens hehre Macht.

Nun war die Zeit erfüllet,
Nun war der Heiland da,
Das Sehnen ward geſtillet,
Die Gnade offenbar.

Ein Stern am Himmel zeigte
Im Morgenlande ſich;

Der Stern“, von dem geſchrieben
In alter, heil ger Schrift.

Des Morgenlandes Weiſen,
Gleich machten ſie ſich auf,
Der Stern am Himmelskreiſe,
Er zeigte ihren Lauf.

Als ſie das Kindlein fanden,
Wie war erfreut ihr Herz;

Sie wollen Jeſus danken

Mit Weihrauch, Myrrhen, Erz.





deniokratie unter der Landbevölkerung wirkſam ent—
gegengetreten werden könne. Einer der bei der
Konferenz zugegen geweſenen Landpfarrer nun,
welche eben ein Zleichmäßiges Vorgehen anzuſtreben
ſuchten, erzählte mir, daß don der Lehrerſchaft all—
gemein erklärt worden ſei, es ſei ganz unmöglich,
vor den Kindern in der Schule das verderbliche
Treiben der Sozialdemokratie zu erörtern, da man
bei der kleinſten tadelnden Bemerkung, ja bei Nen—
nung des Wortes „Sozialdemokratie“ in abfälligem
Tone, ohne die gerinſte Spitze gegen dieſen oder
jenen etwa in der Gemeinde wohnenden Hausvater,
ſpäter, wie es dem Lehrer exgangen ſei, von dieſen
erzüruten Vätern zur Rechenſchaft gezogen und
gründlich „verhauen“ zu werden riskire.“

Ob die betr. Lehrer mit ihrem Verfahren, den
Schulkindern direkt Vorträge gegen die Sozialdemo⸗
traiie zu halten, recht gehaͤndelt haben, wollen wir
nicht entſcheiden, wenigftens dürfte ein ſolches Ver—
fahren nicht das von der Schulbehörde beabſichtigte
ſein. — Anderwärts in der Provinz Sachſen machen
die Eintreiber wechſelnde Erfahrungen, wie aus fol—
gender Aeußerung der magdeburger ſozialdemokratiſchen
Volksſtimme“ hervorgehi, die der „Borwärts“ „be—
achtenswerth“ findet:

„Bei der Agitation wird auch ſehr häufig von
den Parteigenoſſen ſelbſt geſündigt. So eine Agi—
tationsreiſe in ein ernſtes Geſchaͤft. In drei auf—
einander folgenden Häuſern kaͤnn man hinter ein—
ander freuͤndlichem Entgegenkommen, mißtrauiſcher
Verſchloſſenheit und offen zur Schau getragener
Erbitierung gegen die Sozialdemokratie begegnen.
In dieſen wechſelnden Situationen nach den beſon⸗
deren Umſtänden ein beſonderes Benehmen zur
Schau tragen, iſt eine mißliche Sache und jedenfalls
für Leute, deren ganzes Thun und Laſſen von der
ueberzeugung dikürt wird, unwürdig. Da iſt es
denn das Gerathenſte, jeder Behandlung würdig,
feſt und ruhig gegenüber zu treten, eine Mahnung,
die beſonders mit Rückſicht auf unſere jüngeren
Genoſſen nicht genug wiederholt werden kann. Der
Landinann, wie die kändlichen Bewohner überhaupt,
pflegen nach dem Benehmen der Genoſſen ihre
Schiüſſe auf die Partei zu ziehen, weshalb es als
eine doͤppelte Pflicht erſcheint, das perſoͤnliche Be—
nehmen mit der hohen Aufgabe, welche unſerer
Partei obliegt, in Einklang zu bringen.“

Ja, wenn man nur mit den „rohen Patronen
unter den Bauern“ — wie der „Vorwärts“ ſich aus⸗

Was können wir Dir geben
O auter, heil'ger Chriſt?
Ein reines Oerz, ergeben,
Der Wille Jeſu iſt.
Thereſe Oeſterle.

— — —

Criminal⸗ Novelle von Carl Ed. Klopf er.

Weller hob verdutzt den Kopf, als hier der Umtmann
plöglich Ihwieg. Er jah Ramberg’2 Blig ernit und {harf
auf fich gerichtet. Da verftand er ploͤtzlich dieſen Blick u.
zucdte mıt einem Schrei zujammen, dann {prang er, bleich,
befinnungslos im plößlihen Schreden, nacdh der Eingangs-
thür, nur dem Injiinkt folgend, der ihın in Ddiejem YMugen-
blict zur fchleunigften Flucht rieth. Aber fhon in der
nächften Secunde erkannte er die verbängnißvoNe Unüber-
fegtheit diejes Schrittes, al er Ramberg’s Hand eneraiſc
auf den KAnopf der Tijchklingel FaNlen fah. Er Fnirichte vor
jih {elbit mit den Zähnen, als die Thür aufging und die
jtämmige Figur des Gerichtsdienexs auf der Schwelle, er
jchien, hinter weldem draußen auf dem Corrider die Uni-
jormen von drei oder vier anderen Handfelten Gericht2per-
jonen fichtbar wurden. Weller taumelte bei diejem Anblid
in einen Stuhl und ſtöhnte; ein kalter Schweiß ſtand ihm
auf der Stirne.

„Sind die beftellten Berfonen am angegebenen Orte ?”
fragte der Amtmann, jegt völlig im Tone feiner Berufs-

30)

funktion.

Der Gerichtsdiener winkte eir ſtummes Ja. und
— verftohlen auf die geheimnißvolle Tapeten⸗
üre.

Ramberg nickte . befriediat und entließ Dden Diener
mit einer ent{predjenden: Geberde, dann näherte er ſich
dem Stuhie Wellers, vor welchem er ſtehen

ieb.










in der Nähe von Roſenheim die Sache „volksthüm—
licher“ verfucht zu haben. Man vertheilte nämlich ein
Schriftchen mit dem Titel „Für Wahrheit, Freiheit
und Recht“ offenbar, damit der Bauer ſich durch die
Ceutrumsdeviſe angezogen fühle und ſo unbemerkt die
ſozialiſtiſche Lehre in ſich aufnähme. Zur beſſeren
Wirlung war das Heftchen auch noch in bayeriſchem
Dialekt geſchrieben, allerdings in einem ſchauderhaften
Altbayeriſch.“ Der Inhalt erhob ſich nicht über das
gewöhnliche Geſchwätz der Eintreibex, der „Bauer,“
welcher zu den Bauern redete, wußte zunächſt nur
als erſtes Gebot vorzubringen, man ſolle auf Niemand
hören, als nur auf die guien Sozialdemokraten, aber
bei Leibe nicht auf den Pfarrer oder Cooperator; daß
die Sozialdemokraten „theilen“ wollten, ſei gar nicht
wahr, dielmehr arbeiteten dieſe ganz nach dem Ge—
jeß,“ die Religion ſei ihnen „Herzensſache, man
könne Sozialdemokrat ſein und doch „zur Kirche. hal⸗
ten“; auch von Abſchaffung der Ehe ſei keine Rede,
vielmehr wurde betoni, daß „d' Sozialdemokraten im
Reichstag rechtſchaffen verheirathete Leut ſind und
Weiber und Kinder haben, gerad' wie „wir auch!
Eine Wirkung hatte der papierene Apoſtel natürlich
nicht, aber fuͤr die ‚Ehrlichkeit“ der Sozialdemokratie
bieiet er ein neues Beiſpiel.

Was die Sozialdemokratie in der That dem Bauern⸗
ſtande zugedacht hat, geht aus einer Auslaſſung des
Parteimoniteurs, Vorwärts“ Nr. 286 vom 6. Dezember,
3. Beilage hervor. Dort bemerkt die Redaktion:

Wer dem Bauer weismachen kann, daß ſein wirth—
ſchaftliches Heil in der Zerſchlagung der großen
Güter in eine Menge kleiner Guͤter beſtehe, der
muß wenigſtens theoretiſch mit dem Güterſchlächter
auf einer Stufe ſtehen. Daß der mittlere und kleine
Baͤuer den Großgruͤndbeſitzer als ſeinen wirthſchaft⸗
lichen und politiſchen Gegner betrachtet, iſt ver—
nünftig; daß er demſelben aber den größeren Beſit
neidet/ weil er ihn nicht hat und nur ſelber haben
will, muß Jeden kalt laſſen. Ebenſowenig wie es
uns einfaͤllen könnte, den Proletar der Stäͤdte zun
Hausbeſitzer zu machen oder ſolchen Wünſchen Vor⸗
ſchub zu leiſten, ebenſowenig kann es uns in den
Sinu kommen, den Privateigenthums-Beſtrebungen
der Bauern auf Grund und Boden irdendwie förder⸗
lich zu ſein. Die Erde gehört nicht den Bauern,
ſouͤdern allen Menſchen; privates Eigenthun au
Grund und Boden iſt Niemandem zuzubilligen
Das Privateigenthum an Grund und Boden 8

Sie baben ietzt wohl ſelbſt die Erfahruns, gemacht.
r Braxis geläufig geworden iſt fagte er
ihm gelaffen auf die Schuiter kiopfend. die Exfahruna.
daß das Ihlechte Gewiſſen oft gerade dem raffinirtelten
Schurfen zum VBerräther wird. Die feinſten Berechnungen
werden mitunter durch plötzliche Tölpeleien zerftört, die
der Unkundige, der oberflächlihe Beobachter geradezu un«
begreiflih findet an einem ſo ſchlau ealculixenden Intri
guanten, wie Sie Siner ind Un Criminaliſten iſt es
allerdina3 eine länaſt bekannte Thatſache daß der, der
die feiniten verbrecheriſchen Netze zu ſtricken verſteht ſich
ſelbſt da darinnen verhäfelt oder Unjereinem auf ganz fimple
Manier inz Garn geht. Gratuliren Ste mir zu dieſem Cr
}‘o{[giet‚‘ Herr Weller — und bedanken Sie ſich bei ſich
e *

„Ich weiß, nicht was Sie wollen, xief Wellex. auf⸗
{pringend und fih raſch wieder in den Beſitz ſeinex fredhen
Sicherheit jegend. „IM verftehe nur, daß Sie fich unver-
jchämte Beleidigungen gegen mich erlauben, die Ihnen
theuer {tehen kommen dürften. Ich werde mich amı (geeig=-
neten Orte über Ihr ungualificirbaces Vorgehen be⸗
jchweren, welches ich unbegreiflih finde, wenn i
nicht annehmen will, daß Sie verrücdt oder betrunken —”

„Seben Sie fid Feine Mühe,“ unterbrah ihn der
Amtmann foharf und kalt, hintex den Gexichtstiſch tretend
und dreimal auf die Klingel fhlagend: „Ihre kecke Stirne
fann jebt den unverzeihliden faux pas von vorhin niht
mehr uͤngeſchehen machen!“

Auf das Klingelzeichen öffnete ſich die Tapetenthire
Mehrere Berjonen kraten ins Zimmer. HZuerjt Fräulein
Sendler, unmittelbar hHinter ihr ihr VBater, dann .— einige
Schritte von den Borangehenden getrennt — Leopold Hügel
und hinter diefem zwei Gerih.Sdiener und der Brotocoll-
jührer, der ſoaleich ſeinen Platz am Gerichtstiſche einnehm
Weller erbebte am ganzen Korver; mit ſchwerer Hand
ſtützte er ſich auf ſeine Stuhllehne.

Mari? war etwas blaß, aber aufihren, Geſichte lager-
te der AMuzdruck einer zielbewußten Feitigkeit, Herr Send.
fer blicte ſcheu auf feinen Compagnon und wollte offenbar
noͤch nicht echt an das glauben, was er erſt vor kurzer


 
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