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Pfälzer Bote für Stadt und Land (27) — 1892

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Nr. 281 - Nr. 290 (10. Dezember - 21. Dezember)
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Man abonnirt

ſchon jetzt auf den Pfälzer Boten bei allen Poſt—
anſtalten, bei alien Briefträgern, ber un—
ſeren Agenturen und bei unſeren Trägerinnen.

Alle neuhinzutrerenden Abonnenten erhalten
— nach Einſendung des Poſtquittungsſcheines — vom
Tage der Beſtellung an, bis zum L. Jannar 1893
den Bfälzer Bot u grvatis zugejandt. Des—
gleichen diejenigen neen Leſer, welche den Pfälzer
Boten bei den Age ren oder bei den Trägerinnen
beſtellen.

Kurz nach Neuja
offentlichung eines neu
nenden Romanes

Ein ſchön ausgeſtatteter Wandkalender wird
mit Beginn des neuen Jahres je dem Abonnenten
des Pfälzer Boten gratis zugeſtellt.

Der Plreis des täglich erſcheiuenden Pfälzer
Boten bleibt derfelbe wie bisher ı ME 20 Pfg.
pro Quartal ohne Poſtbeſtellgebühr und Trägerlohn.

Im Intereffe einer ununterbrochenen Zußellung
des Pfalzer Boten bitten wir recht frübzeitig,
alſo ſchon jetzt zu beſtellen. Probenum—
mern werden in beliebiger Anzahl gratis und franco
verſendet.

Jeder Abonnent des Pfälzer Boten möge es
ſich angelegen ſein laſſen, mindeſtes einen neuen
Abonnenten für unſer Blatt zu gewinnen.

Die Erpedition

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*% Schönfärberei nud Wirklihkeil.

Beſteht die Regierung auf ihrer ganzen For⸗
derung oder will ſie auf den Boden der zweijährigen
Dienftzeit mit der jetzigen Praͤſenzſtärke treten?
Das iſt die große Fraͤge auf welche uns zur Zeit
noch jede Antwort fehll! Auch in der neueſten offi—
ziöjen Auslaffung der „Nordd. Allg. Zig.“ Über
die Militärdebatte findet ſich keine faßbare Andeutung.
Dieſes Blatt hat ſchon neulich die Welt überraſcht
durch die Entdeckung/ daß ſeit der Veröffentlichung
der Vorlage ſich die Ausſichten derſelben ſofort rieſig
gebeſſert haͤtten. Denſelben Quaſt der billigen Schön⸗
färberei ſchwingt es heute. Die Reichstagsverxhand—
lungen in denen bekanntlich bloß Frhr v.. Stumm
fur einen Theil der kleinen Reichspartei ſich zu

beginuen wir mit dex Ver—
höchſt intereſſanten und ſpan—




*


T

Seidelöerg, Dieniag, 3

2

Sunſten der gaͤnzen Vorlage ausgeſprochen hat, gelten
der „Norddeutſchen“ als Rechtfertigung ihres Ver—
fahrens, daß die große Mehrheit dem Gewicht der
zu Gunſten der Vorlage ſprechenden ſachlichen Gründe
ihr Ohr nicht verſchließen werde. Beſonders gefallen
dem offiziöſen Blatt die „patriotiſchen“ Deklamationen
des Herrn v. Bennigſen; es hofft, daß die „große
vom Ganzen ausgehenden Geſichtspunkte nicht wieder
ſo ſtark in den Hintergrund gedrängt werden, wie
es bei dem Preßprolog der Fall geweſen ſei.

Lauter leeres Phraſenſtroh! Herr v.
Bennigſen hat freilich wieder in dem bei ihm und
den „Liberalen üblichen Bruſtton „nationale“ Er—
klärungen abgegeben, die ebenſo ſchön wie ſebſt⸗
verſtandlich ſind. Solche Stilübungen, die
mehr zum Fenſter und über die Grenze hinaus ge⸗—
ſproͤchen ſind, ſtänden gelegentlich einem Führer der
Reichstagsmehrheit trefflich an; da Herr v Bennigſen
jetzt bloß der Führer einer ſehr zuſammengeſchmolzenen
Minderheit3Zpartet ift, ſo war er zu dieſer
Rolle des erbaulichen Feſtredners eigentlich nicht
berufen. Wir nehmen es ihm aber weiter nicht übel,
wenn er der ſüßen Gewohnheit des billigen Pathos
ſich nicht gleich entſchlagen kann. Von der „Nord—
deutſchen“ aber finden wir es ſonderbar, daß ſie
blos die impoſanten allgemeinen Redewendungen
Bennigſens beachtet und nicht ſeme proſaiſche Er—
Härung, daß fjogar fenne Partei, die Nationallibe—
ralen, für die ganzen Forderungen der Regierung
nicht zu haben ſeien.

Ueber das Maß der Zugeſtäudniſſe, welche die Na—
tionalliberalen maͤchen woͤllen, hat ſich freilich Herr
v. Bennigſen nicht beſtimmt ausgeſprochen. Um ſo
deutlicher iſt das von Seiten des Zentrums ge
ſchehen. Es iſt kaun möglich, eine un zweideut—
igere Form für eine Erklärung zu finden, als
diejenige, welche Namens des ganzen Zentrums ab—
gegeben worden iſt. Trotzdem hat man ſie mit
wuͤnderbarer Keckheit ſo zu mißdeuten geſucht, als
ob das Zentrum doch noch für eine tüchtige Er—
höhung der Praͤſenzſtärke zu haben wäre. Als Graf
Preyſings entſchiedene Ausführungen dieſen Phanta—
ſieen gefährlich wurden, griff man zu der Ausrede er
vertrele nur den „mehr negativen bayeriſchen
Standpunkt, während die nor ddeutſchen Zen—⸗
trumsleute militaͤrfreundlicher“ ſeien. Am Mittwoch
hat nun Abg. Dt. Lieber, ein Norddeutſcher, noch—
mals ausdruͤcklich und mit der größten Schärfe die
Vißdeutungekünſte zurückgewieſen und den Stand—
punkt des Zentrums (zweijährige Dienſtzeit innerhalb


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22

viti *
Lexedition von Gebr. quber )7 4
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der jetzigen Friedenspräſenz unter voller Wahrüng
der Windthorſtſchen Reſolutionen) noch beſonders
deutlich abgegrenzt durch den Zuſatz, daß das Zentrum
nicht den Anfang einer Neuorgeniſation bewilligen
wird, deren Ziel die künftige Durchführung der all—
gemeinen Wehrpflicht wäre. Was ſür eine Aus—
rede werden die verunglückten Deutungskünſtler nun
vorbringen? Vielleicht das alte Gerede vom „Demio⸗
kraͤten? Lieber Aber erſtens iſt Dr. Lieber kein
„Demokrat“ und zweitens kann kein vernünftiger
Menſch darüber im Zweifel ſein, daß er die bezuͤg—
lichen Erklärungen im ausdrücklichen Einverſtäudniß mit
Freiherrn v. Huene abgegeben hat.

Alſo das Ergebniß der Debatten iſt, wie wir in der
letzten Wochenrundſchau ſchon geſagt, daß die Regierung
eine Mehrheitnur erlangen kann für das, was
ihr das Zentrum bietet, die ſachlich berechtigten
Kompenſationen für die geſetzlich geſicherte zwei
jährige Dienſtzeit und die jenige Erhöhung des
Rekrutenkontigents, die ſich durch die Berkür zung
der Dienſtzeit bei Aufrechterhaltung der gegen—
wärtigen Friedenepräſenz als nothwendig ergitt
Das iſt aber genau daſſelbe, was der „Preß—
prolog“ in Ausſicht geſtellt hatte Die Blaͤtter der
entſcheidenden Partei, die Centrumspreſſe, hat
ſich von Anfang an im gleichen Sinne ausgeſprochen,
wie die Redner ihrer Fraktion. Die „Nordd.“ irrt
ſich oder verſtellt ſich, wenn ſie die jetzige Lage als
günſtiger für die weitergehenden Forderungen der
Regierung hinſtellt.

Daß die Regierung nicht gleich ihre Zuſage zu
dem Vermittlungsvorſchlage ausſpricht, iſt ja freilich
nicht zum Verwundern; ſie wird in der Kommiſſion
verſuchen, möglichſt viel an „Kompenfation“ und für
die Artillerie nad Kavallerie herauszuſchlagen. Aber
wir nehmen an, daß die Regierung trotz der offizioſen
Schönfärberei klar geworden iſt über die unvermeidliche
Alternative, entweder die angebolene Rekrutenvermehr⸗
ung innerhalb der jetzigen Präſenz anzunehmen oder
vorläufig mit leeren Händen abzuziehen und Alles
auf die unſichere Karte der Auflöſung zu ſetzen.
Sollte „Herkules am Scheidewege“ noch zweifelhaft
ſein, ſo einpfehlen wir das Studium eines Abſchnittes
der Bennigſenſchen Rede, den wir für den beſten Theil
des Ganzen halten. Der Führer derjenigen Partei,
die bei den Angſtwahlen von 1887 am meiſten proft⸗
tirt hat und gewiß gern noch einmal ſo in die Höhe
kommen möchte, wenn es nur ginge — er warnt
vor der Auflöſung und den Neuwahlen, weller noch
eine ungünſtigere Zuſammenſetzung des Reichstags















„Seßerknddeln.“

1) Humoresfe von Th. Müller-Plattenfteier.
Gachbruck verb)

Die in N. detachirte Eskadron war auf dem ſoge⸗
nannten Schloßhofe zum Ausruͤcken aufgeftellt ; *—
var der Estaͤdrouschef gekommen und der alteſte Offizier.
MKremierlienutenant Mander, machte gerade Meldung.

Kecht huͤbſch? meinte der Rittmeiſter, nachdem ex den
Bremterlienutenant angehört hette „nun ’ wird mir diefer
Sonnubian. Lungelmann den dritten Morgen wegen Mal-
yropretät gemeldet ; fiken Sie doch gefälligit ab, Sie un-
glückſeliges —— und kommen Sie vor die Front,
ich möchte mich hHeute einmal felb{t überzeugen !“

Qungelmanı, deſſen Pferd die NMebenleute mit Gewalt
au3 dem Gliede vuffen mußten, denn „Sannibal ſchämte
fig offenbar dieſer Blosſtelluns, biier beim Abſitzen erſt
mit dem- rechten Sporn, dann .mit dem Schwungriemen
am aufgefhnallten Mantel hängen, ebe er zur Erde kam,
ſolperie waͤhrend des 24— über den falſch ein⸗
gehaften Säbel und ftand endlich vor Jemgm Richter

Lungelmann war nichts weniger als ein wmordertlicher
Menfch, aber auch nichi3 weniger . als Soldat Er war
einer. von den Mutterföhnchen, wie etlidhe aljährlich ein-
zücen: verzärtelt von zu Haufe, gewohnt, deß er bedient
jyerde; er durfte den ganzen Zag und die hHalbe Nacht an
fich, ſeiner Uniform und den Ausrü tungsſtücken hexum⸗
puben, ohne ein nennenSwerthes Rejultat zu ergielen.
Davon ointe i in diejem Yugenblide die ganze E$-
fadron {o xecht deutlich uberzeugen, denn 4 hatte er
fich faſt ſelbſt uͤbertroffen er bot ein äußerit befremd-
Kiches Bild für an militärijdhen Glanz gewöhnte Augen.
Die Kravatte war ihm, infolge der beim
Foͤfihen doͤch über den Kragen der uniform hinaxsge—
—— die lebtere ſelbſt war vexſchoben und zeiate, durch
das ungefchicct angeſtrichene *— hervorgenutfen,
überall “ weiße Fleden, die Saͤbelſchließe ſaß {chief, Ba-
ionentafche und Helm ebenfalls und als ihn der Jarkaftijch
(ächelude Rittmeilter „Fehrt“ machen ließ, mußte er fich

auf die Unterlippe beißen, um nicht gerade heraus zu
wettern. Sungelmann hatte ihm nämlich die arößte Ueber⸗
xaſchung bis zuletzt aufgeſpart; es waren ihm vorhin beim
4 die rückwäxtigen Knbpfe an der Reithoſe geriſſen
und daher zeiate dieſelbe einen nichts$ weniger als %h:ammen
Sig. In Summa ein Unblid, der einen Eskadronschef
ſchön zum Schaudern hringen konnte, er that es auch:
„Schauderhaft, Höchit [Mauderhaft!” war alles, was er im
Augenblicke hervorbrachte. Beredter war der Hlich mit
den er den Wachtmeifter, welcher den Malpropretaͤts Delin
quenten zu Pferde vor die Front — hatte, anſah
und der ungefähr fragte: Ja, ich bitt Sie aber doch um
Himmelswilien, Wachtmeiſter, was fangen wir denn mit
dieſem Kerl da an?

Ruhig, wie der Fels im Meexe, ſtund die Mutter der
Eskadron dem verzweifelnden Bater derſelben gegenüber
und der reſpektvolle aber unfehlbare Ausdruck des Geſichts
des Waͤchtuieiflers ließ den Rittmeiſter ſofort erſehen. daß
er auch einen praͤktifchen Rath in Bezug auf dieſes zurüd-
gebliebene Rind der Eakadron in petto Habe, er nidte ihm
aljo zu, daß er fprechen möge.

Entſchuldigen, Herr Rittmeiſter, kanı eS darauf tud-
weife, gleichjam in Tempo’?, hinter dem dichten Schnurr—
bart des Wachtmeijter8 hHervor, „Der Lungelmann It ein
Menfch, wie er nir noch nie vorgekemmen iſt; ſein Beritt
unterxoffizier, der ſchon einige Male wegen ihm beſtraft
wurde, feinetwegen in Verzweiflung, und doch muß er
ſagen. daß der Qungelmann nicht faul, ſondern nur un⸗
geichict ijt., .“ hier machte er eine kleine Kunſtpauſe,
um dann mit erhobener Stimme fortzufahren „und Des-
halb moͤchte ich achorfanſt voxſchlagen, daß Herr Rittmeiſter
an Stelle des heute an Kulik. . ..“ „Solit”, Korrigirte
milde der Eskadronchef, „erkrankten Koches, den Lungel-
mann koͤchen ließen, imi der Küche wäxe er ſeiner Ehrlich—
feit Halber gut zu gebrauchen, er verjhwände nicht mehr,
wäre nicht jo erptorirt . ; .“ „erponirt, wollen Sie fagen,“
„und fönnte nicht am Ende bei der bevorſtebenden Inſpi⸗
zirung die Eskadren um ihre wohlberdiente Renommage
. ..“ Renommöse, Wachtmeifter,” „bringen !“ {
Das war ein AYuzweg! Wenn es auch nicht ſtreng

logiſch war, daß man den Schmutzian zum Reinlichke
heiſchenden Geſchäfte eines Koches heranzoq ſo ein viei⸗
geplagter, viel perantwortlicher Eskadronschef muß ſich
eben manchmal helfen wie es gebt.

„Gut entgegnete er deshalb nach kurzer Uebexlegung
„wir wollens nif ihm probieren, im Webrigen behalte i®
mir Jeine Beftrafung noch vor ... abireten !“ Lungẽl⸗
mann machte kehrt, wobei er ſich in den Sporen verwidelte,
jo daß er bald hHingefaWen wäre und dann‘ jebte er i
in Marjch, die ESkadron aber bra auf Kommando d
Rittmeiſters zu Dreien ab und ritt euf den — —
Lungelmann zog ſeinen Hannibal in den Stall, ſattelte
ihn aͤb und halfertete ihn an, um dann, nachem er wieder
einmal ein Stündchen an ſeinen Sachen „beputzt hatte,
in die Kaſerne zu ſchlürfen.

Kochen ſollte er, das hatte er wohl kapirt wie er
aber fochen ſollte, davon hatte ex nicht Ddie blafie Uhnung
und das ging ihm gewaltig im Kopfe herum. . Wäre nur
der Menage Unteroffizier zu Hauſe geweſen, ſo hätte er
dych um Rath fragen können aber auch der haͤtte aus⸗
rücken müſſen und von den Stallwachen, die zu Haufe
waͤren, haͤtte er nichts zu erhoffen, denn Die Hatten *
noch nicht gelocht. Mechaniſch zos er die Drillmontur as.
in welcher er den vorigen Koch immex geſehen batte und
begab fich an fein Golgatha — die Kuüche.

Da lag alles ſchon bereit. Unter einem grohen
Fliegengitier einige mächtige Stüde Rindfleifch und eine
große Leber, allerlei Grünzeug, in Würfel geſchnittenes
Brod, Gewürze, und Ddort hing auch die Menagetafel nurit
dem Menu : Donnerftag, 20. Fuli : Rindfleifch mit Leber-
fnddeln, 104 Kortionen. Lungelmann wurde es hHeißer
und heißer und der ungewohnte Küchengeruch — ihın
jchier übel, er {lüchtete in’s Freie, was er leicht, thin
fonnte, da die Kücdhe zu ebener Erde lag; draußen lehnte
Tſic an die Wand und wiſchte fich den hervorbrechenden
Anaftſchweiß von der Stirne —

Fortſetzung folgt)


 
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