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Pfälzer Bote für Stadt und Land (27) — 1892

DOI Kapitel:
Nr. 231 - Nr. 240 (11. Oktober - 21. Oktober)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44150#0931

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Eſcheint täglich nit Autnohre der Sonn und —
Samfags mit Unterhaltungsbeilage. Preis vierteljährlich
M, 120 obue Zrägerlohn u. Boßauffhlag. Befelungen


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iaft für die Amtsbezirie Heidelb erg,
jeim, Schwetzingen, Phulippesb urß
Bretten, Neclargemund, Mos bach
Buchen alldürn, T.Biſchofdh., Werthei moc



106

















5 8 Berantwortlicher Rebalteur:
Äl, 40 Julius Zecer in Heidelbers

— — —

— — —— — ⏑
Alle Freunde und Gönner des Pfälzer Boten
verden gebeten für deſſen weitere Verbreitung auch
ſernerhin beſorgt zu ſein. Jeder Leſer mache es
ſich zur Pflicht dem Pfälzer Boten einen neuen
Abonnenten zu verſchaffen, damit die Beſtrebungen der
Centrumspartei in immer weitere Kreiſe dringen.
Beſtellungen auf den Pfälzer Boten (inel. der


Poſt. Anſtalt, bei unſern Boten oder in der Expedition
machen.

Der Pfälzer Bote erſcheint täglich und iſt in ca.
b00 Poſtorten, worunter Orte bis zu 95 Exemplaren
verbreitet.

Inſerate finden durch den Pfälzer Boten die
wirkſamſte Verbreitung und werden pro Zeile mit nur
10 Pfg. berechnet.

— —



G- Sozinldemokratie und Mationalität.
Die Sozialdemokratie iſt international, wie jede
Veltanſchauung. Ihre Prinzipien machen
Unterſchied zwiſchen Deutſchen, Franzoſen, Engländern,


Ingen gemein; es gibt keine Schlagbäume für Gedan—
ken; nur iſt der Unterſchied daß die Wahrheit überall
dieſelbe iſt, während falſche Ideen, auf verſchiedenen
Boden verpflanzt, ſich in der verſchiedenſten Weiſe
entwickeln und auf ihren weiteren Entwickelungsſtufen
gerade gegeneinander ſich entwickeln können.

Dies Bild bietet uns die Sozialdemokratie. Wir
haben eine ſehr verſchiedenartige Entwickelung derſelben
In Deutfchland, in Frankreich, in England, in Rußland.
Am egoiſtiſchſten iſt ſie in England, am phantaſtiſchſten
u Frankreich, am roheſten in Rußland, und in
Deuiſchland. .. nun da hat ſie ihre „ideale“ Interna-
tionaliiät am „idealſten“ feſtgehalten. Nach dem
neueſten Ausſpruche Liebknechts in Marſeille gibt es
iberhaupt nur zwei Nationen: Kapitaliſten und
Lroletarier. Was die erſteren anlangt/ ſo gehen wir
wohl nicht fehl, daß dieſelben von den Letzteren aus—
gerottet werden ſollen, und daß es dann nur noch
Ine Nation auf Erden gibt, nämlich die Proletarier;
die decken fich dann mit der Sozialbemokratie










Für meine Perſon ſchöpfe ich daraus die tröſtliche
Hoffnung, daß ich auf keinen Fall ausgerottet werde;
pleibt die gegenwärtige Ordnung einſtweilen noch be—
ſtehen, ſo werd' ich bhnedies nicht ausgerottet, und
kommen die Sozialdemokraten obenauf, ſo kaͤnn ich
beide Hände zum Himmel heben und ſchwören, daß
ich nicht zur Nation der Kapitaliſten gehöre. Meiner



4— alle in dem mehr oder minder gleichen
all.

Das iſt ſehr angenehm, denn einer der erſten
franzöſiſchen Sozialiften, Dr. Lofargue, Maͤrxens
Schwiegerſohn, will am Tage der ſozialdemokratiſchen
Erhebung die Kapitaliſten als Geiſel einſperreu und
ſo lange bewahren, bis der Triumph der Sozialdemo⸗

kratie endgültig entſchieden iſt. Das könnte nicht nur
lange dauern, ſondern die Sache könnte auch ſchief
gehen, und wir wiſſen aus der Geſchichte der pariſet
Tommune, wie die Sozialdemoktaten in einem folchen
Falle mit ihren Geiſeln zu verfahren pflegen.
Inzwiſchen hat dieſe Internationatität der Sozial—
demokratie auf dem Kongreſſe in Marſeille ein nicht unbe⸗
deutendes Loch bekommen, inden ploͤtzlich Elſaß Lothringen
aufgetaucht iſt, zwei Provinzen, deren Beſitz jenſeits


Druc, Verlag ıs, Erpedition von Gebr. Yuber|
j 4r Beidelberg,

\ 20 E

Zwingerſtraßze 7.





Zukunftsſtaat den Franzoſen, welche bei aller Phan—
taſterei eines praktiſchen Blickes nicht entbehren, etwas
weit ausſehend. Sie faßten ſich deshalb präciſer und
fragten, wie ſich die drutſchen Sozialdemoͤkraten ver—
halten würden, wenn Frankreich wegen Elſaß-Lothrin⸗
gen den Krieg erklärte, d. h. wenn es zwiſchen dem
Dreibunde und dem Zweibunde zum Schlagen komme.

Daß Herrn Liebkuͤecht in dieſem Augenblicke ſeine
hallenſer Erklärung nicht eingefallen iſt, das wundert
uns. Da hätte ſich die Antwort gepaßt, daß nur
ein Narr ſo etwas fragen koͤnne. Aber er iſt ſeinen
Proletarier Laudsleuten gegenüber höflicher geweſen,
als ſeinen deutſchen Laudsleuten, welche ihn nach der
Natur des Zukunftsſtaates fragten. Er hat ihnen
nicht einmal geſagt: wir werden uns in diefem Falle
das Verhalten der franzöſiſchen Sozialdemokraten zum
Muſter nehmen Das hätte er ganz gut antworten
können ohne der Waͤhrheit zu nahe zu treten Statt
wenn Frankreich uns angreift,



ſeits der Vogeſen
vollwichtig beantwortet erachtet wird!

Liebknecht, der eine große Rolle auf dem Kongreſſe
ſpielte, wollte ſich um dieſe Frage herumdrücken und
vertröſtete ſeine Proletarier Laudsleute franzöſiſcher
Zunge, daß dieſe Frage gelöſt würde, wenn der
ſozialiſtiſche Zukunftsſiaat aufgerichtet ſei Wir ma⸗
chen ob der Trefflichkeit
knecht unſer Kompliment.
haupt ein Mann trefflicher Antworten. Er

ſtaate nur fragt, weil gar Niemand wiſſen koͤnne, wie
derſelbe 24— und dann erſucht er die Marſeiller,


wehren. Das verſteht ſich für uns ſo ganz von
ſelbſt, wie ſich uns die Konturen des erträumten
Zukunftsſtaates vorſtellen, obſchon wir nicht danach
fragen dürfen. Und doch:

Ueber dieſe Antwort des Kandidaten Jobſes

Entſtand ein allgemeines Schütteln des Kopfes.

Die Franzoſen faßten nämlich die Interüatioua⸗
lität der Sozialdemokratie ſo auf, daß in einem Kriege
Frankreichs gegen Deutſchlaud wegen Elſaß⸗Lothringens
die franzöſiſchen Sozialdemokraten gegen Deutſchland
zu Felde zögen, und die deutſchen Sozialdemokraten,





4


Lei welcher Gelegenheit ſich die elſaß lothringiſche
Frage beſtens löſen werde. Wir glauben das aͤuch;
wenn wir einmal im Baue des Zukunftſtaates be—
driffen ſind wird ein ſolches Chaos eintreten,
kein Menſch mehr weiß, wie es ſich eigentlich mit
Elſaß-Lothringen verhätlt.

fingen, um den Widerſtand Deutſchlands gegen
Frankreich zu lähmen.

Es ſcheint uns, als ob in dieſen Köpfen ſehr un—
klare Begriffe von den deutſchen Heereseinrichtungen
deutſchen Heerführung herrſchten. Wenn
Frankreich Deutſchland den Krieg erklärt, dann be⸗
kommen die Sozialdemokraten ihre Einberufungsordre
wie alle andern Wenn ſie dieſer Einberufung nicht
Folge leiſten, wenn ſie ſich gar zum Widerſtande er—



erſtickt werden, ſo lange noch ein Funke glimmt.




die Völkerwanderung alle natibnalen Fragen geloͤſt
hat. und es werden Fragen ganz neuer Art auf der
Bildfläche erſcheinen.

Jedenfalls aber ſchien die Vertröſtung auf den

Deutſchland.

Aber ſo rideal“ die deutſchen Sozialdemokraten
es mit der Verbrüdexung der Ptoletarier meinen ſo
wenig ſind ſie gewillt, den frauzöſiſchen Revauche—
gelüſten die Dienſte jenes Mohren zu leiſten, welcher
wieder gehen kann, nachdem er ſeine —











. Das verlaflene SGaftbaus.
5) von A. K. Green.

Es war mir eine Beruhigung, Burritt dort ⏑
laſſen obgleich mir ſchien, ſeine Dienſte würden ſchwerlich
noch gebraͤucht werden. *

Soͤ waͤr es auch Die Ruhe des Hauſes ward in jener
Lacht nicht mehr geftört und al3.ich beim erften Morgen-
Atauen hinunterging war Burritt ſchon wie gewöhnlich bei
— —

Das Fruͤhſtück ward den Urquharts auf ihr Zimmer
Beihickt. Ich hatte es ſelbſt hinuntexbringen wollen, kam
er nicht dazu und beauftragte Hetty, es ſtatt meiner zu
* Als ſie zurück kam fragte ich ſie, wie Frau Urquhart

ähe.

Sehr wohl und munter, erhielt ich zur Antwort,
„Mir {heint, fie iſt auch gar nicht jo unglücklich, wie wir
Beitern Abend glaubten, Jonft hätte fie mir nicht daz blanfke

oldftück geſchenkt.“ k
* In des Ptädchens offener Hand funkelte eine neuge—
Vügte Arone. .

„Dag hHat fie Dir gegeben ?” { ;
i e45S0, ganz von jelbit. . Sie. lachte dabei und, meinte,
— e3 haben, weil ich ihr ein {o gute3 Frühjtüc
*

an Sch mar gerade zu befhäftigt, ‚um ' viel an Hettys
W erte zu denken. Sobald ich jedoch Zeit hatte, ging ich,
® mich ſelbſt zu überzeugen. wie Frau Urauhart ausſah,
n fie lacht
qus Allein ich kan zu ſpät. Sie hatte jhon den Reifehut
nl-‘“ und den Schleier herabgezogen, 1{0 Daß ich ihr Geſicht
u fehen Konnte. Seines jah ich jedoch‘ und!der' heitere
* ruck den es trug, überraſchte mich. Er war wieder
e 1& der feine.Herr. , Hätte er nicht.fo,ncoße Sile.gehabt,
wardlrde mir noch einige Artigkeiten gejagt. haben. Aber,
hqubtenb er mit mir ſprach, hatte er nur Augenmerk darauf
* ſeine Kifie auf das Fuhrwerk geladen wurde. Wollte
hewttich ‚yielleicht verhindern, Jeine Frau anzureden? — Er
darauf, zum Wagen zu geleiten ehe noch alles
DE heraus gejchafft mar. Daß fie ihın bereitwillig folgte,




Ich beobachtete ſie mit Fleiß, weil ich axgswoͤhnte, ſie ſpiele
mur eine Kolle auf ſeinen Befehl! In ihHrem Lebhaften
Wefjen fpiegelte fich jogar die geheime Freude, daß ſie aus
dem Zimmer erlöſt war, gegen welches ſie ſolche Abneigung
gefaßt Hatte. !7

Als ich ſie leichten Fußes daherkommen ſah ſchalt ich
mich eine Thoörin wegen nieiner grundloſen Furcht und
mein Mitgefithl für ſie naym bedentend ab. Koch im
letzten Augenblich zeigte ſie ſich über Erwarten freundlich
gegen mich. Sie lehnte ſich aus den Wagen heraus.
drückte mir herzlich die Hand zum Ablchied und nickte und
winkte mir noch wiederhoͤlt aus dem Fenſter zu wäͤhrend
ſie auf der Straße dayonrollten. Aper alles das verniochte
Lein friiheres Intereſſe für ſie nicht wieder zu erwecken
SC hatte geglaubt, die Angft, Die ſie in Herzen lrüge, könne
nicht in einer Nacht verſchinden.! Mit Aufregungen ge⸗
wohnlicher Art und mit alltäglichen Natuxen waͤr ich aber
*— meiner langen Laufbahn als Wirthin zu haufig
in Berührung gekomnien, als daß ich nicht aus vielſeitiger
Ecfahrung gelernt haben ſollte,
unnöthge Sorge zu machen.

Sonderbarer Weiſe war aber der Wagen nehſt dem
vielen Gepäck, das hinterdrein fuhr kaum mieinen Blicken
voͤlig entſchwunden und Herr und Frau Urquhart ſo weit
aus meinem Bexeich, als wären ſie ſchen in New Bork
da bemächtigte ſich meiner eine große Unruhe. Dies war
mir unerkläxlich, denn es lag fein erfichtlicher‘ @rund dazu
vor. Offenbar waren ſie bei ihrer Abreiſe in weit befferer
Stimmung gewefjen, al3 - da ſie am Abend zuvor mein
Haus betraten Welche Veranlaſſung konnte ich alſe haͤben.
mich noch länger um ſie zu beunruhigen? Und doch laaen
ſie mir fortwaͤhrend im Sinn ia als ich wiedex das Haͤus
petrat und das Zinner das ſie ſoeben verlaſſen haͤtten,
beſchlich mich ein Gefübl ſo ungewbhnlicher Art, daß ich
mich über mich ſelbſt ärgerte und verwundete.

Da ich jedoch eine vielbeſchäftigte Frau bin, hätte ich
mix böchſt wahrſcheinlich über die nanze Aigelegenheit
nicht noch lange Gedanken geinacht, wäre üicht 2— ge⸗

mir um dergleichen keine

die Thür hinter ſich zu und ſtellte ſich mir gegenüber mit
einer Miene, die keinen Zweifel ließ, daß auch ihm die
Urquharts im Kopf herumgingen.

Ich haͤtte mich eben hingeſetzt, um zu überlegen. auf
welche Weiſe man dem Zimmer ein woͤhnliches Ausſehen
geben konne und was das wohl koſten würde Raſch erhob
ich mich wieder, trat auf Burritt zu und blickte ihn
ſcharf an.

„Vun, was giebts? fragte ich

Ich weiß nicht,“ antwortete er perdroſſen! „immer
muß ich an die Leute denken, und doch er bielt inne
und kraͤßte ſich verlegen hinter den‘ Ohren — „was ich
eigentlich‘ will, weiß ich nicht. - Sind Sig denn ganz ſicher,
daß ſie hier nichts zurückgelaſſen haben?“

Er ſprach die letzten Worte mit eigenthümlicher Be-
onung.

Burückgelaſſen? fragte ich Die Bezahlung natür⸗
lich, wenn Du das meinſt Was ſollten ſie ſonſt zurück—
gelaſſen haben?

Trotzdem blickte ich unwillkürlich im Zimmex umher,
halb und halb erwartend etwas von ihren vielen Hab—
ſeligkeiten in einer noch undurchſuchten Ecke zu erblicken.

Er folgte mir mit den Augen, dann ſahen wir uns
wieder einaͤnder an

„Hier iſt nichts, ſagte ich

Aber/ wo iſt es denn? forſchte er.

SO runzelte. Ärgerlich: Die, Stirn. *

Wo iſt was ? fragte ich Was ſind das für thörichte
Reden erklaxe Dich deutlicher! *

Er trat dicht an mich hergn und ſprach im Flüſter—
ton. Wie er dabei ausſah! brauche ich nicht zu be⸗
4 jeder kennt Burritt und kann es ſich leicht vor—
ſtellen

„Sie haben geſehen daß ich die große Kiſte trus,
nicht. wahr. P ..

„Sa, “ nicte. 1,

(Fortjeßung folat.)



 
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