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Pfälzer Bote für Stadt und Land (27) — 1892

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Nr. 211 - Nr. 220 (17. September - 28. September)
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gtich wi Musnahme der Sonnue mıb Zerertage
— — 1 —
** ghue Tragerlohn u Vofiexfclag Bejielungen
Rxꝛrlor ı. Sei ber Expedition Zwingerfiraße 7.

| erantwortlidher Rebakteur ;

— Zulius Zecer in Heidelbers.



— —

> er ktift der .liberalen“ Lihtemrefe.

er 9 fo mancye Vorgänge und Erſcheinungen in
8 „Üiberalen“ Lehrerwelt, die haßerfüllten Ausfälle
i} Kirche und geoffenbartes Chriſtenthum in ge—
—4 Lehrerverſaimiungen u. ſ. w. recht begreifen
rernehen will, muß ſich das Studium der „libe>
* Lehrerpreſſe zur Aufgabe machen, aus welcher
er Taufende und Taufendẽ unſerer Lehrer, namentlich
an pl91&\taniiic£;en — leider aber auch manche „liberal“
j katholiſche — ihre geiſtige Nahrung
* Man kann kaum eine Nummer dieſer ſog.
in welchen übrigens auch nebenher
Politik — meiſtens „freifinnige“ — getrieben
Quf ı die Hand nehmen, ohne die giftigſten Ausfälle
fei mthgion‚ Kirche und „Pfaffen“ zu lejen, wobei
8 merſchied zwiſchen kathoͤliſchen Prieſtern oder
—— — orthodoxen Predigern gemacht wird,
8 gleich naturgemäß erſtere in beſonders „liebens
Ber“ Weiſe bedacht werden.

Qg den Blaͤttern, welche ſich in dieſer Feindſchaft
ieden geoffenbarten Glauben am meiſten hervor⸗
zählt die „Pädagogiſche Reform! in
On DUrg Welchen Geiſt dieſes Blatt den Lehrern
Ölimpfen fucht, mögen folgende Proben zeigen:

Lti einiger Zeit erſchien in dem Blatte ein Aufſatz,
8* Eruſte Gedanken über den Keligionzunterricht“.
“Tm wir, waͤs das für ernſte Gedanken ſind. Im

ANge Heißt es:

Séebe«@m herber Mißton durchzieht das paͤdagogiſche
dag der Gegenwart Auf der einen Seite verlangen
ale — —— der Zeit und die Ergebniſſe
4 Forſchung ihr Recht in der Schule; aͤuf der
in jucht eine tleine, aber ſtarke Partei die Schule
zu Feſfeln konfeſſioneller Rechtgläubigkeit gefangen
S u““m. Im Mittelpunkte dieſes Kampfes ſteht der
Nar meifter er fühlt das Licht der Wiſſenſchaft
jene ſeinen Augen, darf dieſe nicht öffnen weil,
reu eine Partei Interreſſe daran hat, daß er un—
444* bleibe, damit er nicht Andere erleuchte. In
—— durchlebt er den Kampf zwiſchen
8 uͤnd Wiſſen um ſo heftiger, als er die Ver—
n für alle ihm anvertraute Kinder fühlt,
— dieſen Streit gerathen. Daun erhebt








für Stadt

< {Agr

Werden deine Zöglinge gut
genug ſein, dich von deinem Amte zu unterſcheiden;
werden ſie nicht an dem Vorbilde zu zweifeln anfangen,
das du ihnen vorzuleben dich bemühſt, werden ſie dich
nicht einen Heuchler ſchelten? Und, wenn ſie es
thun, haben ſie nicht am Ende Recht?! Heuchelſt
du nicht vor den Kindern, vor den Behoͤrden vor dir
ſelbſt?“

Zur Entſchuldigung der heuchelnden Lehrer wird
hierauf ausgeführt, daß ſich allerdings faſt die ganze
Geſellſchaft an der religiöſen Heuchelei den
Kindern gegenüber betheilige. Man glaube ſelbſt
nicht mehr an die Dogmen, welche den Kindern vor—
getragen werden, aber man läßt die Religion in der
Schule ruhig paſſiren, weil man ſie für ein vorzügliches
Mittel hält, artige Kinderchen zu machen. „Du,
Lischen, noſch nicht, der liebe Gott ſieht dich doch!“

Etwas weiter heißt es: „Von Neuem läßt ſich
die Geſellſchaft ein Vergehen gegen die Kinder zu
Schulden kommen, indem ſie Sittlichkeit und Religion
als untrennbar ihnen darſtellt. Keiner bedenkt,
in welche Gefahren der künftige Menſch geraͤth, ſobald
der Gottesbegriff der Kindheit in ihm zu wanken
beginnt, was in unſerer von den verſchiedenſten
Meinungsſtrömungen aufgeregten Zeit wohl bei jedem
eintritt Zu dieſer Stunde rächt ſich zugleich der
Mißbrauch, der Religion in der Kinderſtube Die
Eltern brauchen die religiöſen Vorſtellungen um uns
einzuſchüchtern, ebenſo wollen die herrſchenden Klaſſen
das Volk religiös erhalten, damit es recht artig bleibe
und kuſche. Die Analogie iſt zu verlockend, um üicht als
Argument ins Treffen geführt zu werden. Schwindet
aber mit der Religion der Goͤttesbegriff, ſo geht mit
dieſem in Folge ſeiner durch den Religionzunterricht
hervorgerufenen Verbindung mit der Sittlichkeit der
moraliſche Mittelpunkt verloren.“

Bald darauf leſen wir:„Die ſchlimmſte Seite der
Sache iſt aber die, daß durch den Religionsunterricht
unſer paͤdagogiſches Gewiſſen ſchwer belaſtet wird.
Wären wir nicht ſtaatlichveauftragtReligions—
unterricht zu ertheilen, ſo müßten wir ihn aus
pädagogiſchen Gründen ablehnen, denn der Religions⸗
unterricht läßt keins der beſtehenden Grundgeſeße der
Pädagogik unangetaſtet. „Aller Unterricht wirke er—
zichlich. Abgeſehen davon, daß der Religionsun—
terricht der Volksſchule der Kirche dienen ſoll, alſo
auf utilitariſcher Baſis ſteht, verleugnet er das ge—
ſammte Prinzip noch in anderer Weije. Er ſtellt das
Ideal der Sittlichkeit an ſeine Spitze dener Chriſtus,
der am Kreuze leidend erlag der nicht vgalt, da er





AnzeigesBlatt für die Amtsbezirle Heidelberg,
Labenburg, WeinhHein:, Schwetziugen, Philippoburs
Wiesloch, Bruchſal, Bretten, Neckargemünd, Mosbach
— — — — — —

30. Zadı.



in Heidelherg, Zwingerſtratze 7.

— —⏑

litt, nicht wiederſchlug, da er geſchlagen wurde, der
aber, ſo hoch man auch die leidende Seite der Sittlichkeit
ſtellen mag (die ja in ihm ihren erhabenſten Ausdruck
findet), doch ſcharfkontraſtirt mit dem Vorbild
dem deufſche Männer des neuerſtandenen Reiches
das von den Waffen ganz Europas umklirrt wird,
nachzuſtreben haben Die Sittlichkeit wird dazu in
falſcher Weiſe als etwas ewig Unverändertiches, durch
die zehn Geboie Geregeltes hinſtellt, ihre Begründung
findet man nicht im Bedürfniß der Menſchen, ſondern
im Willen und Befehl Gottes. Und die Mittel,
durch welche das Kind zu dieſer Sittlichkeit empor—


bibliſche Geſchichte. Wie wenig der erſtere zu einem
ſolchen Zweck geeignet iſt, wird man mir auch ohne
Beweis glauben. Dagegen hat man beſonders in
letzter Zeit den Werth der bibliſchen Geſchichte in
moraliſcher Hinſicht ſo allgemein betont, daß ich an
ihm zu zweifeln aufange! Der bibliſche Geſchichts—
unterricht gibt in den Geſchichten des alten Teſtaments
Proben aus der religiöſen Entwickelung eines Volkes,
das mit ſeinem einzigen Szammesgott im innigen
Verkehe ſteht. Die Feinde des Volkes ſind die
Feinde ſeines Gottes, ein Sieg des Volkes iſt ein
Sieg des übermächtigen Nationalgottes über die
minder gewaltigen Nachbargoͤtter. Dieſem Gott
werden alle Eigenſchaften des Menſchen, natürlich in
erhabenem Maße beigelegt. Ex luſtwandelt im Para—
dieſe; er rächt ſich an ſeinen Feinden; es gereut ihn
ſein Thun, er zürnt mit den Feinden ſeines Volkes,
er vernichtet die Widerſacher ſeiner Gottesmänner. Und
einen ſolchen Gottesbegriff müſſen wir durch dieſe
Geſchichte den Kindern übermitteln. Ich ſcheue mich
davor, auch nur den Namen Gott es in der Klaſſe
aus zuſprechen, weil ich weiß, ein unwürdiges


Dieſer Gedanke wird dann noch weiter ausgeführt
und direkt die Behauptung vertreten, der Religions—
unterricht ſei durch den Wortunterricht nicht blos nutzlos
ſondern direkt ſchaͤdlich durch das doppelte Bewußtſein,
welches ſeine unſelige Verquickung mit der chriſtlichen


Jahren und den Sagen des jüdiſchen Volkes in den
Kindern hervorruft. Schließlich heißt es: „Will die
Kirche den Menſchen der Jetztzeit packen, ſo geſtalte ſie
ſich zeitgemäß um, ſo ttrete ſie nicht mehr dem
modernen Bewußtſein eutgegen, ſo gebe ſie das Formel⸗
weſen der Dogmatik auf und beläſtige die Schule
nicht länger damit. Die höchſte Idee der Kirche, die





8 . Sine Klaue Schleife.

Fiſtoriſche Novelle von Antonie Heidſieck.
Nachdruck verb.
In

4 7 Geſtändniß des jungen Mannes pexrieth eine
DArg Slaubliche Harmlofigkeit, die ganze Erzählung konnte
ib alph eine erdichtete Perſon ſein, um die Exiſtenz
* ſtaefertigten Schreibens zu rechtfertigen; wer will
* orfolk dieſen Zweifel einem gänzlich fremden
t l gegenüber verargen. Dennoch brachte ex es
Tg‘.lle Herz, den jungen Mann foxtzuſchicken, denn
— konnie ja auch wahr jein, und wenn ſie
84 eide durch einen Dritten betrogen waren, eine
* ſs4 deren Zwed dem Orafen freilih , nicht kar
Fallfop ‚Jollte der unglücliche, verlaffene Mann nicht da-
e&ef&n eiden, der jedenfalls hoffnungsvoll Norfolkhouſe
M »Br —
dezen Sie vorläufig in meinem Hauſe, junger
ſprach er, ich werde in Wales und Iriand Er⸗
einziehen, ob Ihre Ungaben auf Wahrheit
fi‘g Ü — ich die Beitätigung. derjelben, ſo werde
u ſorgen“
* ent leuchtete auf Henry Suffolks Antlitz
** 8 ſchien, daß er ſeiner Sache ſichex ſei,und
ndiaunoͤcn nicht zu fürchten brauche. Der Graf
* *82 e jeinen Diener über den neuen Gaſt des Haufes,
?“äufielhe‚ gleich einem Gefangenen zu halten ſei und
aycie, 70 teinerlei Berbindungen mit der Außenwelt haben
&5‘5 fei DE man ficher jei, ob er die Wahrheit geiprochen
8 * autriguant. jei. Am andern Tägè gingen ſeine
S Der © Wales und Irland ab.
eunden Öreis und der Füngling, fe verkürzten fich die
wa Dilig, der Einjamkeit in Norfulkhouje, die der Eine
{egth‚ * der aͤndere gezwungen ertrug, und Henry Suffolk
N "ht‘bft““ Grafen von Tag zu Tag lieber, ſo daß er
4* ünfchte,. . feine ausgefjandien Boten, möchten gute
Qey ndep“ Dringen. Sie jpraden ‚ viel und erzählten
e nur / ein Name ward nicht zwijchen ihnen
\bte 4 36t Der Gattindes Monigs von England: Norfolk
in Intereffe bei ſeinem Gaſt an der ſechſten Ge⸗


Henry erzählte wohl von Der {hönen Adoptivfchweiter,
die einen vornehmen Lord geheirathet, den Namen nanunte
er aber nicht, und Norfoͤlks Intexeſſe war auch nicht
groß, genug,. nach demſelben zu fragen. Der Jüngling
zlaubte ſie immer noch in Latimerhouſe als Hausfran
waltend, hatte er doch in Wales den Tod des Lord
nicht erfahren, in Irland nicht von der ſechſten Heirath
Heinrichs gehört.

Der von Beiden heiß erſehnte Tag kam, an dem die
Boten aus Wales und Irland zurückkehrten und die Be—
ſtätigung von Henrh's Erzählungen brachten, die Wittwe
des Lord in Wales und die Brüder im Capuzinerkloſter
hatten ſich ſehr lobend über ihn ausgeſprochen.

Da reichte ihm Norfolk die Hand und ſagte: „Ich werde
immerdar füx Sie ſorgen!.

König Heinxich der Achte hielt Audienz in einem
großem Saale, der durch eine geſchloſſene Portiexe von
ſeinem Arbeitszimmer getrennt war. Er war ſichtlich
guter Laune, denn Graf Norfolt der immex ſein Günſtling
geweſen, war nach längerem Grollen wieder bei Hofe er⸗
ſchienen und alle Bittenden hatten dieſe gute Königliche
Laune bereits empfunden, da er noch keine Bitte heute ab⸗
geſchlagen hatte.

Staatskanzler Wriothesley hatte ſich abſichtlich im
Hintergrunde gehalten, und erjt als er fah, daß alle Ve—
tenten abgefertigt waren trat mit eine Mappe in der
Hand vor ſchritt anf den/ an einem mit Schreibmatexialien
bedeckten Tiſche ſitzenden König zu und ſprach mit einer
tiefen Verbeugung:

Maieſtät! Allen hat die Sonne Ihrer Löniglichen
Gnaden heut deleuchtet, ich muß leider den Schein der⸗
ſelben verloͤſchen denn ich bringe das Todesurtheil der
iriſchen Rebellen zur Unterzeichnung.“

Niemand zweifelte daran, daß in der nächſten Minute
der Name ven Englands Herrſcher auf dieſem Papier
ſtehen würde denn Keiner in dieſem Kreiſe hatte die Nacht
Ddie J9 verhängnißvolle Unterrhrift zu hHindern, den Muth
ſie hindern zu wollen das waͤste ſelbſt Graf Norfolk nicht.
Ein Schauer ging durch dit Herzen aller Anweſenden,

Niemand beachtete das Oeffnen einer Thüx im Neben
gemach, Niemand hörte das Rauſchen eines Frauenkleides
hinter der Portiere Geben Sie her, Herr Hanzlexr,
Wir ſind entſchloͤſſen keine Gnade walten zu laſſen!“
ſprach der König und nahm das verhängnißvolle Papier
in Empfang. 2

Da flog die Portiexe auseinandex, eine weiße Frauen⸗
hand hielt den einen Shawl in die Höhe, Katharina trat
in den Thürrahmen, und ohne zu überlegen was ſie that,
rief ſie bebend: „Gnade Majeſtät!“ Alle waren überraſcht
der Koͤnig zögerte zu ſchreiben, und Wirothesley, der mit
dem Rücken nach jener Thür geſtanden, wandte ſich und
erblickte voll heimlichen Zornes die Gegnexin. Aher ſo
allmächtig hielt er ſelbſt ſie nicht gegenüber Heinrichs
Tigernatur.

„Ich aber ſage, keine Gnade mit Rebellen, Mgjeſtät.“
ſprach er ruhig in der Erwartung, diesmal weniaſtens zu

triuniphiren. Die iriſchen Rebellen haben ſich Ihrer
Gnade unwerth gemacht. Halten Sie jetzt kein ſtrenges

Gericht, ſo wird Irland nie ruhig werden jeder Unthat
muß die Strafe auf dem Fuße folgen, daau ward das
Schwert der irdiſchen Gerechtigkeit in Ihre Koͤnigliche
Hände gelegt Braͤuchen Sie es zur rechten geit, wo es
Ungehorjam und Aufruhr gegen die geheiligte Majeſtät zu
ſtrafen gilt. ; .

Das war nach Heinrih VL Sinn gejprochen, wird
Kathaͤrina zurücktreten und die Unmöglichkeit einjehen, hier
zu fiegen? Aber nein, ſie trat kihn vor, ſchritt dicht an
den König heran und ſprach mit ihrer einſchmeichelnden,
wohllautenden Stimme, die ſtets eine ſolche Macht auf den
König ausgeübt : , ;

„Majeität, ich erflehe noch einmal Gnade im Namen
von Irlands unglüclihen Müttern, SGattinnen, Bräuten,
Schweftrn. — Nicht das Richtjhwert allein ſon der Herrſcher
ſchwingen! durch Gnade uͤnd Milde foll er jich verirrte
Herzen erwerben und an ſich feſſeln Die Thsänen von
Srlands unglüclihen Frauen, ſie werden als blutige Saat
auf Irlands Fluren fallen,“ und Englaud wird in ferner
Zeit daraus eine blutige Ernte ſchneiden.“

Gortſetzung folgt)


 
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