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Pfälzer Bote für Stadt und Land (27) — 1892

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Nr. 271 - Nr. 280 (27. November - 8. Dezember)
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erſcheint täglich un Ausnahme der Sonue und Kesertage
Samftags$ mit Unterhaltungsbeilage. Preit wertehuͤhrlich
— — — u. Boftanffhlag. Beſtellungen
dei den Poſtanftalten u bei der Expedition Zwingerſtraße?

Wr 20

— — — —0—

— — — —



Heſtellungen

uf ben „Btälzer Gnten? werden fortwaͤhrend bei
ammtlichen Poſtanſtalten, bei unſexen Zrägeriunen,
owie in anferer Expedition Heibelberg, Zwinger⸗
— — — ——

* Der Lonterdative Brogramm EntwurT.

Endlich iſt das Werk gelungen! Der Vorſtand
des konſervativen Wahl-⸗Vereins hat den neuen Pro—
gramm⸗Eutwurf der Deffentlichkeit übergeben. Die
überale Preſſe überhäuft ihn mit Hohn was nicht
unbedingi ein Zeichen ſeiner Werthloſigkeit iſt Der
Entwurf bedeuiẽ ein Fiasko, verſichert die NatZtge,
und die Voſſ. Zig, findet, daß darin zum Theil un—






einander ſtehen. Allerdings iſt es eine Merkwuͤrdigkeit,
daß die koͤnfervative Partei fortan zwei Pro—
gramme haben ſoll, nämlich das von 1876, welches
deſteben bleibt, und das neue, welches an jenes ſich
anlehnt. Man hat alſo, wenn man konſerativ ſein
will die Auswahl zwiſchen beiden, und wie es ſcheint,
gibt es in der Pariei ja auch zwei Richtungen, von
denen die eine, welche vorwiegend im Reichstage
vertreten iſt, ſich mit dem alten begnügen will, die
andere mit dem neuen beſſer zu fahren glaubt. Das
findet auch der konſervatide Reichsbote, der ſich eben
ſo wenig wie die Kreuzztz. heute ſchon zu dem In—
halte des Entwurf* äuüßert, bedenklich, weil es u
Streitigkeiten führen könne. Man hätte jedenfolls
das alte Programm nicht beibehalten, wenn nicht
von einem Theil der Partei das Bedürfniß nach einem
neuen entſchieden geleugnet würde, und ſo wird denn
eine Einigung über den Entwurf wohl kaum zu er⸗
zielen ſein. In ſo fera mag man von einem „Fiaske“
ſprechen

Anderſeits haben diejenigen
weiſen, die eine entſchiedenere Stellung zur Juden—
frage forderten. Hierin liegt das weſentliche
Neuè des Eutwurfes, das übrige ift nur eine detaillirte
Aufzaͤhlung von wirthſchaftlichen Forderungen der
Pariei Gegen die Säße über die Fudenfrage richtet
ſich auch der ganze liberale Zern. „Wir verwerfen
die Ausſchreituͤngen des Antf Semitismus“ und „wir
bekämpfen den vielfach ſich vordrängenden und zer—
ſetzenden jüdiſchen Geiſt“ ſind allerdings, recht viel⸗
deutige Sätze; deſto unzweideutiger iſt aber der Satz
Wir verlaugen fur das chriſtliche Volk eine chriſtliche
Sorigkeit und chriſtliche Lehrer für chriſtliche Schulen.“
Das bedeutet alſo: Entfernuag der Juden aus oder






and
28

Seldelderg, Dienliag, den 6, Dezember 1882

wenigſtens nicht weitere Zulaſſung der Juden zu den
Verwaltungsämtern (wo ihrer wenig ſein dürften),
den Richterſtellen (wo ihrer bekanntlich viele ſindy,
den Gyinnaſien und Realſchulen und auch wahl Uni—
verſitäten (wo ſie äußerſt zahlreich ſind)! Es frogt
ſich nur, wie die Forderung durchgeführt werden ſoll.
Verfaſſung und Reichsgeſetz geben den Juden gleiche
Rechte zur Bekleidung öffentlicher Aemter und Eheen—
ſtellen, wie allen andern Konfeſſionen. Daß die Ver—
faſſung und das Geſetz geändert werden ſoll, ſagt
das Programm nicht. Soll die Forderung auf dem
Verwaltuͤngswege durchgeführt werden, ſo würden die
ausführenden Miniſter doch wohl nicht allein ſchweren
Angriffen der judenfreundlichen Parteien ausgeſetzt
ſein, ſondern auͤch in Gewiſſensbedcängniſſe gexathen.
Die Rat. Ztg hät alſo nicht Unrecht, wenn ſie von
bloßen „agitatorijhen Redengarten“ und einer „Ab—
ſurdität“ ſpricht, ſofern die Konſervatipen nicht die
Abſchaffung des Reichsgeſetzes vom 3. Juli 1869
beantragen würden. Sie werden es aber wohl nicht
Weniger berechtigt iſt die Behauptung der
Nat.Ztg., von der „Hrrrſchaft des Klexus in der
Volkoſchule und von der, Freiheit der Volksſchule“ ſei
in dem Programm keine Kede. Es genügt doch wohl
die unziveideutige Forderung der „koufeſſionellen
chrichſtlichen Volisſchule. Darin liegen alle die
Schrecken des Zedlitzſchen Entwurfes, welche die







thums in dem Programm macht überhaupt einen
guten Eindruck Als Katholiken konnen wir freilich
den Satz durchaus nicht unterſchreiben, daß dem
Staate das Recht zuſtehe, „kraft ſeiner Souverainetät
ſein Verhältniß zur Kirche zu ordnen“; die Bedenken
ſind auch keineswegs mit dem Zuſatze beſeitigt, daß


lichen Geſetzgebung auf das Gebiet des innern kirch⸗
lichen Lebens ſtattfinden dürfe. Die Abneigung gegen
das allgemeine Stimmrecht in Provinz, Kreis und
hätte gerade nicht ſo betout zu werden
brauchen, denn muͤ den „natürlichen Gruppen und
„organiſchen Gliederungen“ hat es wohl vorerſt noch
weiie Wege und man gexäth in den Verdacht, auch
im Reiche das allgemieine Wahlrecht beſeitigen zu
wollen. Ein,parlamentariſches Regiment“
gehört bei uns vorerſt zu demUnmöglichen; eine Verwahr⸗
ung dagegen war alſs nicht ſo dringend nöthig. Der
groͤßte Theil des Programins beſteht in der Auf⸗
zaͤhiung von Forderurgen zu Gunſten des Mittel—
ſtandes (Handwerker, Bauern uſw). Man kann da⸗












eim, Schweningen, Philip
[, Öretien, Ne rgemründ, {
chen — —

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— —

jebitioit Don Gebr, Muber| y 7 Anl
Zwingerſtraße 7. 2. 4








mit im Allgemeinen einverſtauden ſein, wenn ſich auch
über den Werth einzelner Forderungen ſtreiten läßt.
Luffallender Weiſe enthält der Entwurf keine einzige
Fordexung zu Hunſten der Arxbeiten Wir verſtehen
das nicht Glauben die Conſervativen, die Geſetz
gebung habe für die Arbeiter bereits alles gethau,
was zu thun iſt? Es ſcheint ſo, denn ſie forderu
bereits eine Rückwärtsrevidirung der Verſicherungs—

wenn ſich dieſe Forderung auch in der naͤch
Wereinfachung! dieſer Geſetze zu verſtecken ſucht.
Die Partei befindet ſich in einem verhaͤnguißvollen
Irrthum, wenn ſie glaubt, die Axbeitergeſebaebuug
werde ſich den Wünſchen der Großgrundbeſitzer des
Oſtens in der Weiſe anpaͤſſen müſſen, daß die länd—
ichen Arbeiter keinen Aureiz verſpuͤren, beſſere Lebens
Bedingungen aufzuſuchen, als die Beſitzer ihnen gegen—
wärtig bieten. So eine ſpezielle Forderung, wie
Vereinfachung dex Vexſicherungsgeſetze, guch wenn ſie
gemeint iſt, wie das Wort beſagt, gehört übexhaupt
in ein auf längere Dauer berechnetes Partei⸗
programm. Ebenſo dürfe es mit verſchiedenen Eiuzel⸗
forderungen für den Mittelſtand ſein. Das Programm
erhält dadurch den Charakter eines Wahlauftufs.
Selbſtverſtändlich fehlt die Forderung einer wirkſameru
ſtaatlichen Beaufſichtigung der Börſe und Einſchraͤn—
kung des Börſenſpieles nicht. Moöchte es der Partei
bald gelingen, die Forderung in die Prras zu über⸗
Die letzte Foͤrderung lautet: „Einer gewiſſen⸗
loſen Preſſe, welche durch igre Erzeugniſſe Staat,
Kirche und Geſellſchaft untergräbt, iſt nachdrück ich
enigegenzutreten. Wir ſtimmen durchaus zu. Nur
möchten wir den Konſervativen nicht ſo unbedingt die
Entſcheidung überlafjen, was „gewiffenl0o$” und „Un-
tergrabung von Kirche, Staat und Geſellſchaft“ iſt.
Unſer Bißchen Preßfreiheit möchte dann dahin ſein.

Deutſches Reich.

Berlin, L. Dez. Der „Rordd. Allg. Ztg.“
zufolge iſt beichloſſen worden, eine Summe in den
Etat einzuſtellen, um Vertreter der preußiſchen Unter⸗
richtsverwaltung zur Weltausſtellung nach Ch eago
zu entſenden, welche dort während der Verhandlungen
internationaler Kongreſſe die preußiſchen Unterrichis—
verhältniſſe mündlich darſtellen ſollen

»Berlin, 4. Dez. Fürſt Bismarck traf, It. Fr.
Ztg., begleitet von ſeiner Gaͤttin geſtern Nachmgttag
von Varzin kommend, kurz vor 6 Uhr auf dem Stet—
tiner Bahnhof ein. Dort erwarteten ihn uuter de.
kannter Führung etwa 2 — 300 meiſt jüngere Leute u.











Das — — —
52) von A. K. Green.

„Mama, Mama, Du biſt krank.“

Nein, ich fühle mich nur ſchwach. Die Erinnerung
an Deine Geburt und die erften Tage, die derjelben folgten,
ermannt mich ſtets. 5 war ſo froh. etwas zu haben,
was ich wicklich lieben konnte, froh. daß mein Herz warm
empfand für ein fjo jüßes, liebliches unſchuldiges Weſen
Dein Lächeln war mein Troſt in meinen Schnierzen und
dunkeln Stunden, wie es ſpäter Deine Liebe war Kind,
alles Gute, was ich im Leben gekannt habe, iſt mir durch
Dich zu theil geporden. Darum alaube nie wieder, daß
ich Dir abfichtlihH wehe thun konnte während ich doch nur
für Dich lebe und athie Dir Schwerz zu erjparen, würde
i ales mwagen, Jelbit das, waͤs alle menſchliche Kraft zu
überſteigen ſcheint.“

Ihre Leidenſchaft überwältigte die junge Gonora,

— „ Mama, Mama,“ ftöhnte fie, „verzeih, ich wußte es
nicht wie ſollte ich auch? Schlüchz nicht ſo, geliebte
Maͤmg, lehne Dich an mich nimm meine Haͤnd und habe
mich Lieb. Ich will ganz il liegen und kFeine Frage mehr
thun, danın wirjt Du zur Ruhe kommen . und Gott wird
uns helfen, der wahre Liebe und Treue nicht verläßt.“

. Aber Ddie Mutter erfüllte ihre Nehende Bitte nicht.
Sie füßte die Tochter nut und verſicherte ihr mit einigen
beſänftiaenden Worten, ihr Kummer ſei jetzt wenigex heftis,
ſie habe Linderung gefunden. Dann begann ſie wieder in
Bimmer hin- herzugehen, nur von Zeit zu BZeit {tillitehend,
wenn ein leijer Musruf vom. Bett her ihr die Gewißheit
gab, daß ihre Tochter noch wach jei. Sie blieb oft 10
dicht an der Waͤnd ſehen vinter welcher ich auf meinem
Poſten war, daß ich ihre tiefen Athemzüge bören konnte,
aber ich rührte. mi nicht von der Stelle, Solange rih
— — {ih noch Hören ließ, ſollte midh nicht3
von ba vertreiben, weder Furcht noch Grauen, Mitternacht
war Tängft vorüber und noch immer ging fie auf und ab,
noch immer klangen von Zeit au Beit einzelne Worte an
— Die Mutter — daß die Tochter ein⸗


niedexlegen werde. 44

So fam zulegt der Zag heran: die furchtbare Wache
ging zu Ende und mit ihr Ddie erfte Nacht, die ich in der
derdorgenen Kammer verkebt hatte.

Zweiundzwanzigſtes Kapitel.
Eine Leberrafchune für Honora.
Den 22. Oktober 1791.

Die neuen Ereignifje häufen ſich! Heute früh brachte
mir Mararet, die ihH allein in wein Vertrauen gezogen
habe, einen . jeltjamen Bericht. Es war ein neuer Gaſt
angefummen, ein vornehmer junger Herr, offenbar ein
Auslander; jeinen Namen Hatte er noch nicht genannt,
doͤch mußte er, nach Jeiner ganzen Srjcheinung zu urtheilen,
eine Berfon von hohem Rang ſein. Er kam zu Bferde,
von einem Diener begleitet und ſobald ſein Thier in den
Stall gebracht war, verlangte er die Wirthin zu ſprechen.
Man jagte ihm, ich jei frank, worauf er den Hausmeiſter
hHerbeirufen ließ und eben im Begriff war_ mit ihm zu
verbandeln, als von der Thür her eine Stimme laut
wurde. Dort ſtand Madame, ſtarr vor Staunen und
Ueberraſchung.

Der Frennde eilte auf ſie zu, bevor er aber noCch ein
Wort über die Lippen gebracht hatte. legte ſie ihm die
Hand auf den Arn und jagte auf Franzaſiſch — mein HausS-
meijter verſteht die Sprache „Nennen Sie unſern
Namen nicht; wir haben es aus verſchiedenen Gründen
vorgezogen, hier unbekannt zu bleihen. Als Mann von
(bhre werden Sie unſern Wunſch achten und uns nur mit
Madanıe und Madenoijelle Letellier anreden.“

Er verneigte {ich tier erröthend. „Ih hHoffe, Made-
moifene befindet ſich wohl?“

„®anz wohl.”

„Und au Sie, Madame? ; }

„Auch idh. Was aber führt Sie in dieſe Gegend,
während wir Sie in weiter Ferne alaubten?“

Bedarf es noch der Frage.“

Sie waren jetzt abſeits getreten und ſprachen gnge:
legentfich mit einander, doch fo leije, daß man die Worte
nidht-mehr verftand. Da aber ihHre ganze Art und Weiſe

beſonders das Benehmen von Madame höchſt auffallend
waͤr meinte dex Hausmeiſtex, ich miiſſe erfahren, Daß fie
unter falſchem Namen hier ſei, weßhalb er Mararet die
Begebenheit erzählte.

Aufs höchſte betroffen über dieſe neue Entwicklung des
Dramas das ſich vor meinen Augen abſpielte, entließ ich
das Maädchen mit einigen Verhaltungsmaßregeln, begab
mich wieder in die geheime Kammer und horchte an der
Band Ich mußte erfahren, was die Mutter bei ihrer
Rückkehr der Tochter mittheilen würde.

Es dauerte eine geraume Zeit, bis ich endlich Stunmen
vernaͤhm und Mademoiſelle ruͤfen hörte;

O Mama, was iſt geſchehen?“

Die Mutter zögerte mit der Antwort, endlich ſagte ſie:
Wie komniſt Du darauf, daß etwas geſchehen ſein
ſoll? Stehen mir deun meine Gedanken im Geſicht ge⸗
ſchrieben, oder glanbſt Du ſie errathen zu können?

„Du kannſf mich nicht täuſchen, Muma, Du zitterſt an
allen Gliedern und hälitſt Dich nur mühſam aufrecht.
Hit wie ſeltfamen Blicken Du mich anſchguſt doch weiß

ich nicht, ob ſie mir Gutes oder Böſes künden. Hat er
vieleidt — . ;
Er und immer wieder ex,“ unterbrach die Mutter fie

leidenſchaftlich Deine Nutter liebſt Du nicht mehr; Du
denkſt nur noch an den Mann, den Du erſt ſo kurze Zeit
kennſt. Meine Leiden, meine Anaſt ſind Dir aleichailtig
Ich kounte ſterben

O Mama, jo haſt Du noch nie geſprochen Ich/
Dich nicht lieben? Nie hat ein Kind ſeine Mutter mehr
geliebt. Aber Deix Herz iſt mir ficher, während mir
ſeines entriſſen werden 8* Du willſt nicht, daß ich von
ihm jpreche, aber der Gedanke an ihn verläßt mich nicht
Es waͤre Verrath an weinen heiligſten Sefühlen, koͤnnte
ich. ihn vergeifen. Vielleicht werde ich nie die Seine —
Du jagit mir, e& kann nicht ſein aber denken muß ich
an ihn und far ihn beten beten bis zu meinem letzen
Athemzug. Was bringſt Du mir denn für Nachricht,
Mama? Hat apa geſchxieben?

Die Poſt iſt noch nicht angekommen.“
Gortſetzung folgt)


 
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