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Pfälzer Bote für Stadt und Land (27) — 1892

DOI Kapitel:
Nr. 101 - Nr. 110 (5. Mai - 15. Mai)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44150#0407

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Erſcheint taglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage
Samftags mit Unterhaltungsbeilage. Preis vierteljaͤhrlich
‘-’R_l. 1. ohne Trägerlohn u. Pöſtauffchlag Beſtellungen
— den Poſtaͤnſtalten u. bei der Expedition Zwingerſtraße.



für



Verantwortlicher Redalteur:
Julius Jecker in Heidelberg.








Der Prozeß übex die Wiederftellung der
— in der Heiliggeiſtkirche zu Heidelberg.
(Fortſetzung.)


{

|


die Kathokijche Stiftungskomiffion Heidelberg befürchten,
daß die Rechte der katholiſchen Gemeinde auf die Chor⸗
Äirche gefaͤhrdet ſeien. Das Ordinariat ſtellte daher an
da Minifterium das Erfuchen, die Zujage auf Wieder-
E)el?ftellung der Scheidemaner zu erfüllen. In feiner

ntwort vom 3. Mai 1887 erklärte das Minifterium,
zwiſchen Altkat holikenund Proteſtanten ſei
abgellacht woͤrden, bis auf Weiteres eine Simultan—


lirche äutrelen zu laſſen. Es habe
unterſtellt, daß geaen die Belaſſung dieſes thatſächlichen
BZuftandes — durh weiche die Berpflichtung
er Staatzregierung auf VBerlangen der
(!) BethHeiligten, die Scheidemauer wieder
berzuftellen, nichtalterir t(geändert) w ir d” —
auch von der Kirchenbehörde ſo lange keine Einwendung
werde erhoben werden, als der römiſch⸗katholiſche Theil
der Heidelberger Bevölkerung von ſeinem Benützungs⸗
recht? an dem Chox der Heiliggeiſtkirche thatſächlich
nicht Gebrauch mache.
Inzwiſchen vermerkte das unter der Aegide des
deidelderget Stadtrathes herausgegebene Apreßhuch
Ddiefer Stadt für 1887 unter den „wichtigen Begeben-
heiten“ Dderfelben unter'm 30. September 1885 „Ddie
Niederlegung der Scheidemauer in der Heiliggeift-
firche;“ im Chor diefjer Kirhe wurde eine
Gedenktafel eingemauert, welche dieſes
Ereiguiß 'den kommenden Geſchlechtern
verkuͤnden ſollte. Die Simultaniſirung der
ganzen Kirche wurde in der weitgehendſten Weiſe
durchgeführt; am 9. IJuni (Fronleidhnamstag) 1887
wurde in Schiff und Chor der Heiliggeiſtkirche das
vierie badiſchẽ eproteſtantiſche) Landeskirchengeſangfeſt
begangen; am 12. Juni führte Nachmittags der Heide
bzrger „Bachverein“ in Derfelben ein Concert auf.
Alls deutete darauf hin, daß man die katholiſchen
Eigenthumsrechte ſchlechterdings zu ignoriren beah.
fichtigte. Dazu kam, daß der Ausdruck es auf
Weiteres“ in dem Miniſterialerlaß vom 3. Mai ſehr
dehnbar erſchien und daß entgegen ſeinem früheren
uubedingten Anerbieten nach dem Feſte
die Maͤuerwieder herſtellen zu laſſen, das Mini—
ſterilm feiner übernommenen Verpflichtung nur auf
Verlangen d er Betheiligten nachkommen wollte. Die
Stifiungskommiſſion Heidelberg hegie daber den
v— — NF

Die Zdaiſe.
Originalroman nach dem Engliſchen
23) voͤn Klara Rheinau. Nachdruck verb.

Martha wunderte ſich im geheimen, daß ein ſo ehr⸗
geiziger und talentvolNer junger Mann an der eitlen, ober-
Hachlichen Sujanne Gefallen finden Fonnte, aber fie über-
zeuzte fih bald, daß er den Boden verehrte, über den ihr
Suß gelhritten. Sujanne ihrerfeits verhielt d den Auf-
merfjamfeiten ihres Anbeter2 gegenüber ziemlich Lühl; fie
ermuthigte nicht dazu, wieS fie aber auch nie zurüd.“ In
ihrem.Herzen verachtete fie die befcheidene Stellung des
Maler3, objhon jeine Talente ihr Bewunderung abnöthig-
ten. Mit fuger Berechnung gedachte fie den Berwerber
noch eine Weile hinzuhalten, um ihn dann fhließlih mit
ihrer Hand zu beglücen, falls keine xeiche und glänzende
Faͤrtie fih ihr biete, DohH daß Ddieler lebtere Fall nicht
eintrete, ihien dem eitlen, thörichten Mädchen geradezu
undenklich.

Während Suſanne ſo mit dem edlen, wahrbaften verzen
dez jungen Mannes förmlich ihr Spiel trieb, bildete ihre
RBerjon Fortwährend den Mittelpunkt von deſſen ehroetzigen
FTraumen. Sein fehnlichjter Wunidi war eS, ein großer

ünftler wie Raphael, Kubenz oder Titian zu werden, um

dem geliebten MädchHen an jeiner Seite den pxmmg[ auf

Erden bereiten zu Fönnen. Wie er diefes [höne Ziel er-

ä@é{t[ioum war ihm freilich vorläufig jelbſt noch ein
äthſel.

7. Kapitel.

Wieder einmal befand ſich Paul Ladıwell auf dem
Wege nach den Stätten Hajfılhen Ruhmes, blühender Ro-
mantit — Frankreich, Italien, Griechenland. Ddie burgge-
frönten Ufer des Rheine3 bildeten feinen Reifeplan ! Wieder
ftand er ehrerbietig und. unbededten HaupteS vor den
Königagräbern in St. Denis ; ergriffen von den er]hüttern-
den Erinnerungen des Orte3; hatten doch bier ver mehr
denn 1800 Sahren unter dem Iubel Taufender von Zu-
jchauern die qHriftlidhen Martyrer ihr Leben geendet. Er



Wunſch, daß zum Schutze der katholiſchen
Rechte ſofort die Scheidemauer in der
Heitiggeiſtkirche wieder aufgeführt
werde' Dieſem Verlangen gab das Ordinaxiat
unterm 23. Juni 1887 dem Miniſterium gegenüber
wieder Ausdruck, ohne indeß ein und ein halbes Jahr

Am 13. Septemper 1888 wiederholte die
Kirchenbehörde ihre Vorſtellung, worauf dann unter'm
18. Januar 1889 endlich eine Antwort erfolgte.

Das Miniſterium bemerkte, es habe geglaubt, die
Beantwortung der Vorſtellung vom 23. Juni 1887
ausſetzen zu ſollen, da inzwiſchen von proteſtantiſcher
Seite ein Kaufsangebot auf den Heiliggeiſtkirchenchor
gemacht worden war Es brtonte, am 3. Mai 1887
ausdrücklich die Verſicherung abgegeben zu haben,

daß die Verpflichtung der großh. Staatsregierung

bezualich einer Wiederherſtellung der Scheidemguer durch
den aegenwaͤrtigen Zuſtand hinſichtlich der Benützung
der Kirche nicht alterirt werde.“

Das Eigenthumsrecht der Katholiken an ihr könne
ohne Zuſtimmung der zuſtändigen kirchlichen Organe
nicht beſeitigt oder abgeandert werden. Dadurch, daß
dieſe Zuſicherung vom Miniſterium und nicht, wie das
Ordilariat gewünſcht hatte, von Evangeliſcher Seite
erfolgte, werde an ihrer rechtlichen Bedeutung nichts
geändert,

da die Wiederherſtellung der Scheidemauer im g e
gebenen Jall ai8 eine Verpftichtuna der
Staatsrvegiterung: jJich darſtellt, gegen
deren Erfüllung von Seiten der evange:
Liichben Gemeinde eine Beanftandung nichi
erfolgen Fann, das ausfchließliche Recht der Katho-
lifen aber auf den fraglichen Kirchentheil ein durch das
Gefjeß garantirte8 ift, an weldhem ſomit die Stellung
der ebaͤngeliſchen Gemeinde zur Sache ebenfalls nichts
zu ändern vermag.“ *)

Im oben citirten Erlaſſe bittet das Miniſterium
ſodann, „Ddie weitere InbetracdhHtnahme“ (!)
des Antrages auf Wiederherſtellung der Mauer zunächſt
noch einige Zeit ausſetzen zu duͤrfen, da es einerſeits
die Verhaͤndluͤngen über den Verkauf des Chores noch
nicht als ausſichtslos betrachten könne, „anderſeits

Man beachte die Berklauſulirungen, welche in
immer veritärftem Maße deu vegierungsfeitigen UAnerkennt-
niffen der übernommenen BVerpflihtungen beigefügt
werden. Buert murde undedinat W.ederher;ftellung des
früheren Zuſtandes nach dem Feſt verſprocben dann wird
gejaat „auf Verlangen“, fpäter „auf Verlangen der Be⸗




ganz undejftimmt „ im gegebenen ZJall“ und jeßt gar noch


vorlicegend erachten müffen‘ u. 1, f

waͤnderte zwiſchen den Ruinen von Memphis, wo Abraham
ein{t Bharao gegenübergeftanden, er fchritt unter, den
ägyptijdhen Byramiden daher, vielleicht auf der nämlichen
SZreue welche die Kinder Iſraels bei ihrem Auszug gus
Negyhten pafſirt hatten Er lebte thatfächlih in der Welt
der Bergangenheit, für die Leiden der Gegenwart Troſt
uͤnd Erleichlerung doxt fuchend.

RBaul betrachtete Martha al8 für immer verloren, aber
die Ungewißheit über ihr Gejchik ließ ihn feinen Schmerz
tieferiempfinden, als wenn er einen Verſtexhenen betrauert
Hätte. Dazu peinigte ihn unabläflig der Gedante, daß das
junge Mädchen ihn für treulos haͤlten müſſe ohne daß es
hn wonlich war Maͤrtha über den wirklichen Sachverhalt
aufzuklären.

„O iGr feligen Geifter !“ rief er eine8 Abend3 aus,
al8 ec über der Bucht von Neapel die Sterne aufgehen
jahb, „die Zhr über un ſchwache Stexbliche bier unten
wachet, o.fjeid meine Boten und faget ihr, daß i meine
Treue nie aebrodhen!” Einige Minuten verharrte er IN
gänzlicher Reaungsloſiakeit · dann überkam ihn plötzlich eine
unbejdhreiblidhe Ruhe. Das Wehegefühl war von ihm ge-
wichen, und füße Freude erfüllte fein Herz. Er alaubte.
aus deffen tieffter Tiefe eine Stimme zu vernehmen, Ddie
ibm verficherte, da Martha am Leben fei und ihın froß
allem ibre Liebe heiwahre. Haben nicht andere ähnliche
Erfahrungen gemacht?“

So verbraͤchte aul Ladıwell die Sommermonate auf
flajfiichen Boden, aber im Herbite fehrie ec nad) England
zurüd. Er hatte im Frühjahr da3 VBerfprechen gegeben,
einen Theil des Spätfommerz in Marftonhall bei jeinen
Kreunden zuzubringen, aber als er England erreichte,
hatte Lord Maritons Familie bereit3 die Stadt verlaffen.
Baul folate iHın unverzüglih na dem prächtigen Sandlig
und fand dort einen ungemöhnlih brillanten Cirkel ver-
jammelt. — berühmte Staatzmänner, hohe Militärz, her-
vorragende Gelehrte, Ulle waren bereitwillig der Einlad-
ung des gaftfreien Edelmannes gefolgt. Doch Paul war
?%cg’a\fxß nicht der Unbedeutendfie in diejer glänzenden Ges
ellſchaft.

Die Creigniſſe des veraangenen Jahres hatten den






Anzeige-Blatt für die Amt3bezirke Heidelberd
Ladenburg, Weinheim, Schwetzingen Philipp3burg,
Wiesloch/ Bruchſal, Bretten, Neckargemund Mosbach
Eberbach Buchen Walldürn, T-Biſchofsh Wertheim ꝛc
| Druck, Berlag u, Expedition — —

in Geidelberg, Zwingerftraße 7. i. ihte.

auch zur Zeit genügende Nittelnichtzur
Verfügung“ habe, ſum der Verpflichtung
der Gr'oßh! Staatsregierung — ſofern wir
(Min.) den Fall zur Erfüllung derſelben als vor—
liegend erachten müßten (h — nachkommen zu können.
Es wäre „uͤnter Umſtänden gezwungen, wegen Be—
ſchaffung der nöthigen Mittel auf die vorliegende
Frage bei Aufſtellung des nächſten
Staatsbudgets wieder zurückzukommen.

Neue Bitte der Kirchenbehoͤrde um Herſtellung der
Mauer vom 14 Februar 1889, da die evangcliſche
Kirchengemeinde weder eine das ausſchließliche katho—
liſche Eigenthum am Chore ſichernde Erklaͤrung abgab,
noch die Erlaubniß des katholiſchen Religionstheils
zur vorübergehenden Mitbenützung des Chores und
zu einzelnen baulichen Veränderungen in
demſelben eingeholt hatte, da auch die Kaufver—
handlungen ausſichtslos waren und nach SS 9, 10
des I. Konſtitutions Edikts die Begründung eines
ſolchen Simultaneums geſetzlich unzuläſſig iſt.

Am 31. März 1885 anwortete das Miniſterium,
daß es „die Frage, inwieweit, die Großh. Re—
gier ung den Fall der Wiederaufrichtung
der Scheidemauer in derHeiligkeiſtkirche
zu Heidelberg nach den von ihr gemachten
Zuficherungen als gegeben zu Detrachten
Fabe (!) bei ufſtellung des nächſten Budgets, durch
welches die Mittel zum Vollzuge gewährt werden
müßien, in weitere Erwägung ziehen
werde! —

Am 21. November 1889 bat das Ordinariat um
Mittheilung, ob dieſe Mittel in das Budget 1890 ein—
geſtellt ſeien. Das Miniſterium erwiderte (30. Nov.):

daß es fich nach Lage der Vexhättniſſeun
thunkich erwieſen hat. eine Pofjition 3zur
Ermoͤgtichungetnes weiteren Eingehens
auf die dortigen Anträge in da3Z Budget
für 1890/9LeinzuReLFeN. —

Unterm 4. Juni 1890 wurde im Einver änduiſſe
mit dem Heidelberger Stiftungsrathe Seitens des Erz—
biſchöfl. Brdinariats das Miniſterium nochmals an
feine übernommene Rechtspflicht mit dem Anfügen
erinnert, daß dieſe Letztere eventuell auf gerichtlichem
Wege geltend gemacht werden müßte. Mit Miniſterial—
erlaß vom 15. Juni 1890 wurde hierauf erwiedert:

„daß wir (Min) außer Stande [ind,: dem
Wülttage auf Wiederherfellung det
zwiſch?n Chor und Schiff der Hertiageiſt—
tirchetn Heidelvers früher vorhandenen
Scheidemauer zu entſprechen.“
Gründe wurden nicht angegeben.
(Schluß folgt.)

lebensfrohen Jüngling zum energiſchen Denker umgewan⸗
delt und wenn auch ſeine Geſchmacksrichtung ſtets eine
ideale blieb ſo wax er doch vollkommen kompetent, die ver⸗
wickelſien Frazen der Politik und Wiſſenſchaft zu behan—
deln. Die Alten liebten ihn ſeines klgren, ſchaifen Ver⸗
jtandes wegen; die Jugend fühlte ſich bezaubert durch
ſeinen ideaͤlen Sinn, für alänzende Beredfſamkeit. Es war
eine aefährliche Sache für einen jungen Mann, in dieſem
briflanten Rreife fidh bald als der aNlgemeine Siebling zu
jeben. Bieher hatle Paul das Bild ſeiner Martha treu
in jeinem Herzen bewahrt, aber würde er dem Zauber
all der Anmuth und FugendfhHönheit, die ihn hier umgab,
lanze wideeſtehen können?

Der Velſucher iſt immer zur Hand und verbirat ſich
gar häufiz unter einer entzückenden Lichtgeſtalt. Lady
Alice war die jünaſte Tochter Lord Marſtons und exreate
zuerſt Bauls Aufmerklamkeit durch ihre ſchöne, Stimme.
AUm Tage vor feiner Ankunft hatte er die iunge Dame vor
einer Orgel Hoerrafcht, auf welcher fie fich mit großer Meifter-
ſchaͤft zu einer Händel'fchen Arie bealeitete: Es war die
gäniliche, welche er Mariha in der kleinen Dorftkirche hatte
ſingen geꝛört.

Vaul ſtand wie vexzaubert Die ſchöne Sängerin
ſchien ihn nicht zu bemerken; erſt al fie geendet, fhrad
He zufammen, erröthete und erhob fih in fichtliher VBer-
wirrung. Baul Fonnte nicht umbhin, ſich intereſſirt zu
fühlen. Der Enthufiasmus ſeiner Gefährtin erinnerte ihn
an Martha. Lady AWlice machte fih in Wirklichkeit nur
wenig aus Mufik, allein fie ſprach mit einer Schwärmerei
darüber, die ihn voljtändig irreleitete. Die junge Dame
war eben eine geborene Kokette und fo gewöhnt eine Rolle
ſpielen, daß ſe auch mißtrauiſchere Menſchen als Paul
mit teichter Mühe hätte hintergehen könren.

„SIch jagte Dir, ih würde diejen Ihönen jungen Herrn
zu meinen Füßen bringen,“ erzählte fie {päter ihrex ältern
Schweiter, „und Du hätteſt nuͤr ſehen ſollen, welch' auten
Anfang ich hatte.

Gortſetzung folgt)


 
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