Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Pfälzer Bote für Stadt und Land (27) — 1892

DOI Kapitel:
Nr. 261 - Nr. 270 (16. November - 26. November)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44150#1085

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
tew

*
an T“



O000

— — —
— Aa



*









fal

erſcheint täglig ınıt Augnahme ber — —

Samftags mit Unterhaltungsbeilage. . Preis vierteljährlich
„ M, 120 ohne Zrägerlohn n. Woflauffdlag. Beftellungen

Set den Boftanfialten ı.. bei ber Erpebition Zwingerfraße 7.
; 7 Berantwortliher Medakteur :
4. 2 Iulius Jecer in Heidelberg.

Veſtellungen
e den Bfalzer beten werden fortwahrend hei
amnrtlichen Poftanftalten, bei unjeten Zrägerinnen,
— — — — — —
Sraße 7 entgegengenommen.

Madn- und. Warneuf !

Seit der Einführung der unbeſchränkten Gewerbe—
freiheit hat die Zahl der Hauſirer und Detailreiſenden
wie in ganz Deutſchland ſo auch in Baden insbe⸗—
Endere in den letzten Jahren, in erſchreckender
Veiſe zugenommen und ſie ſind vielfach zu einer
förmlichen Landplaße geworden. Der Hauſierer führt
die Waaren mit ſich die er verkauft, der Datailreiſende
aber zeigt —
taͤndigen und bedienfleten, . Aufträge zu belominen.
Die Aufdringlichkeit det Hauſirers iſt groß, die des
Detailreiſenden in der Regel noch größer Maͤncher




fommen . nud ſeine Unaxt nicht fürchten zu müfjen
(090 !):. Der Detailveijende wirkt aber noch weit
ſchlimmer/ als der Hauſirer; letzterer will meiſteng
baar vezaͤhlt ſein. was doch manchen vom Kaͤufen
abhält; der Detailreiſende aber drängt den Leuten
ſormlich Kredit auf er erregt die Eitelteit und Putz⸗
Ucht und fördert den Leichtſinn Sehr häufig ent
ſtehen ſo in einem HauShalt nicht nur unnüge Aus-
gaben, ſondern bedenkliche Schulden, die nicht ſelten


wirthſchaftlichen Ruin nicht nur einer, ſondern zaͤhl⸗
reicher Familien bilden. Wie oft kommt es vor, daß
die Frau oder Tochter eines minderbemittelten Mannes
einen Luxus in der Kleidung entwickelt, hinter welchem
die gleich und beſſer geſtellten nicht zurückbleiben
wollen! Gerade auf dieſes böſe Beiſpiei baut man⸗
cher Detailreiſende ſeinen Plan, allmählig ganze Ge⸗
meinden, ja weite Gegenden zum Luxus zu verleiten,
der früher oder ſpäter an dem kreditnehmenden Pub⸗
litum bitter ſich rächt.

Der Hauſirer und der Detailreiſende wiſſen mit
mer Zungenfertigkeit ohnegleichen die Güte, Schoͤn⸗
heit und Billigleii ihrer Waaren anzupreiſen. Nur
in den ſeltenſten Fällen aber beſitzt das Publikum
Ine genügende Waarenkenntniß/ weshalb es häͤufig in
zohem Grade übertheuert und geprellt wird. Die
Hausfrau kauft gelegentlich „echte Leinwand!, welche
nach der erſten Wäſche ſich als geringes Baumwoll⸗
gewebe ſich erweiſt, Wollſtoffe, welche entweder aus


}



|

|




| *



2 >N

8

4 * * 8 ſ

Wa e
N A

x

für‘ Stadt' .. S5L n

Shoddy (aus alten Wollfetzen hergeſtellter ſogen.
Lunſtwolle) oder gar zu einem groͤßen Theil au
Raumwolle beſtehen einem Zeug, das im erſten Rel
gen zuſammenſchrumpft oder nach kurzem Traͤgen wie
Zunder auseinander bricht, kurz Waaren aller Art,
mit welchen man in der Regel. betrogen iſt. Untel
dem unwahren Vorgeben, daß die Waaͤre aus einer
Konkursmaſſe ſpottbiilig verkauft werden müſſe, hängen
zahlreiche Hauſirer und ebenſo auch Veranftalter don
Wandexlagern dem Publikum einen Schünd auf, deit
dex anſäßige Kaufmann nicht fuͤhren kann; dieſer
würde ja von dem Publikum nit Recht für Ueber-
xortheilung zur Nechenſchaft gezogen; aber wer
Namſchwaaren vexhauſirt, laßt fich in der gleichen
Gegend nicht wieder blicken.

Ladenhüter, die nicht mehr anzubringen find,


es giebt ſogar Fabriken, welche Schuͤndwaaren auoͤ⸗
ſchließlich für Hauſirer herſtellen, angefangen von


HaltungSgeräthen; wie Bürften i Dral.

Der Detailreijende zeigt nicht ſelten vortheilhaͤft
aufgemachte Mufter vor; fommt danı hach einiger
HZeit die Waare, fo fieht Dder' Befteller hHäufig, daß- er
dieſelbe Qualität in einem anfäfftgen . Gefhäft“ um
einen viel billigeren Preis haͤite betonimen Föhren.
Hat doch B die Firma Stempel uͤnd Co. in Leipzig
dieſes Fruhjahr durch ihren Detaiſteiſenden ın


Qualität, die nach den eingezogenen Urtheil von vier


bedeutende Relleauslagen und dieſe wollen hereinge⸗
kracht ſein Der anſäfſige Geſchaͤftsmann aber ‚hat
dieſe Keiſeſpeſen nicht und kaun deshalb auch billiget
verkaufen


reiſenden ind auch einzelner Hauſirer bezw. Haufiver-
innen
Thatjache erjehen werden, daß eine Hausfrau ohne
Viſſen ihres Mannes bei einer Haufirerin in eine
Schuld von 389 M. 73 Pfg. gekommen iſt, welche
nur dadurch bereiniat werden koͤnnte, daß die Mutter
der Frau ein ausgeliehenes Kapital kündigte und für
ihre Tochter die Schuld bezahlie.
Wir moͤchten daher jedermann dringend rathen;!
1. Kaufet nur beim ſeßhaften/ als ſolib ve⸗
kannten Geſchäftsmann. Die auf allen Gebieten





Das vexſaſſene Gaſthaus.

44) von AKGreen.

„Sie baben mich erſchreckt, waren die erſten Worte
die Madame Letellier lanaſani über die Libven hrachte
Hür gewöhnlich benützt man ſeinen Garten doch nicht
Z Besräbnißyſats Darf ich fragen, wer unter dieſem
Steine ruyt? Bielleicht ein; freuer Neger oder: ein Lieblings-
bferb 2 ; ;

Weder dey eine noch das andere erwiderte ich
tuhig und ſchritt dem Hauſe zu, inwendig frohlockend,
daß * um mehr zu erfahren nun ſelbſt Fragen ſtellen
mülje. Sie folgte mir, wie ich vorausgeſeben hatte, von
Zeit zu BHeit einen Seitenblig auf mich werfend, den
I9 mit außerlidhem Gleichmuth-ertrug, während in meiner
Bruft „ein‘. Sturm von . Zweifeln, „ Zorn „und: Abjcheu
tobte. . Aber, fie fyrach: nicht wieder von. dem. Grabe, „ Statt
efjen - begann . die eine ‚dußerit _ Tefjelnde Unterhaltung
und verfuchte mit ; allen ihr zu ®ebote {tehenden Künften
Mmein Vertrauen: zu gemwinnen uNd fih meines Wohlwolens
zu verſichern * q .

Zwar heuchelte ich ihr gegenüber . Feine. alzır. große
Wärme, doch bebhielt.:ich, meine ‚ wahren Gefiühle 10rg-
fältig für mich; ich.ließ jie weiler reden und ermuthigte
e nur von Beit zu Beit durch ein Wort oder ein
5”.€unbfid‘)e@ Lächeln. Ich mußte ſjuchen mich geaen die
Sit diejer Schlange zu jüßen, -das fühlte A wohl.

ar fie wirflidh Ddas Keib für das iich ſe hielt, ſo
durfte ich ihr wein Mißtrauen nicht zeigen Nur wenn
S mir gefang; e bei‘ dem Siauben zu erhalten daß fie
mi tauſchen Fönne, würde-ich-im ſtande fein, die Urjache
* geheimen Intereſſes für das getäfelte Zimmer zu

en.

Die Zochter warkete, auf un Ik DEr Hausthür ,
— — * den Garten Iraten: “ Beim Anblick ibres
‘‚“‘_Mulbévvflen Sefichts, der treuen Augen der ſchönen


Öüge, erarit mich eiir Jöfcher Widerwillen ' bor DEn 'glet-
f?“"?;n eibe an meiner Seite, Ddaß ‘ i * am >
fichiten ie Arne ſchühend ausgebreitet Hätte; ' Um das


defien beburftee8 nicht. Sobald die ziwei einander. an
jichtig wurden, verklärte ein frohes Lächeln die Züge der
Zochter und aus dem Antlig _ der Mutter fprach die Liebe,
die Jelbit im Blik einer Tigerin nicht zu verkennen
g}ezmefen wärxe Von da ab zweifelte ich nie mehr daß
ademoiſelle wirklich ihre Tochter fei, ihr eigenes Fleiſch
und Alut. *

„O Mama, rief die ſanfte Stimme rich haͤbe mich fo
einſam gefühlt!

„Liebes Herz erwiderte die Mutter nit ſüßem
Schmeichelton. „ich will Dich nie wieder allein lajjen,
ſelbſt nicht um den kleinſten Spoziergans zu maͤchen
bis Du wieder oanz wohl biſt Sie ſchlaͤna den Arni
ug, die Tochter ud geleitete; fie die Halle, hinunter.
Ich kann fie nicht nach Albann nehmen. bis fie fich
wieder gefund fühlt,“ jagte fie, K nach mir aumwendend :
„denfen Sie nach, Frvau:Zruax,: 2a8 i thun (äBt,
um fie wiedex zu Kräften zu dringen. ”: Seufzend blickte
ſie nach der Treppe, deren Stufen die Tochier hinaͤnf
ſteigen mußte.

Den 15. Ottober 1791.

Der Stein im Garten ſcheint eine magnetiſche An-
ziehungokraft auf Madame Letellier augszutüben. Foͤrt⸗
während weilt ſie dort in der Nähe. Wenn-ich morgens
früh hinauzgehe um Trauben - qür: den / Mittagstifch zu
ſchneiden, iſt ſie ſchon vor mir da, wandelt in den
Gartenwegen auf und ab, die zu dem Pleb führen und
blict unverwahndt, nach dem Stein, ! al3 - Könne” fie durch
ihre bloße Willensfraft- daS Geyeimniß „ergründen, Ddas
er verbirgt. Wenn ich Blumen für die Vajent beauche
oder mitten im Tageveinen Sprung- in den-Garten thue,
treffe ich Nadame bei dem Aſterbeei oder bei den Spalier
äpfeln. Auch bei ſinkender Nacht iſt ſie noch dort. In
meinem Argwohn bleibe ich oft vor dem Fenfter Dder
aberen weſtlichen Balle ſtehen. m z
Sarten überjehen‘ fannı-- , mmer wieder in ſie darin
Da ihre Tochter krant iſt und ich niſt eigenen Shren


fühle ich mich manchmal verfücht ſie daran





ote

Auzetge-Blaitjür die Amtsbezirte —
Zadeuburg, Weinheim, Schwegingen, Philippsbuig
— — — ——
— — — 22—— —


S,

v

— — — —
in Heibelberg, Zwingerfrake 7, 2 . dehri





herrſchende große Konkurrenz forgt dafür, daß feine

erkaufspreiſe nicht zu hoch fiuð . Bei ihm haͤbt

ihr ‚eine Auswahl, ihn fönnt - XIr auch zur Ber⸗

mtwortung ziehen, wenn Ihr nicht zu Cuͤrer Zu⸗
friedenheit bedieut worden feid.

2 Weiſet jeden Hauſirer und Detailreiſenden ab
mit der kurzen Ecklaͤrung, daß Ihr nichts brauchet,
vermeidet jede weitere Erörterung und wiederhdiet
nur immer wieder: „Ich branche nichts uud habe
keine Zeit für Sie.“

3. Kaufet unter keinen Unſtänden beim Hauſtrer
oder Detailreiſenden Waaren :Aauf Kredit, anı aUer-
wenigſten aber Waaren, wofür Ihr keinen Bedarf
habt, mag es ſein, was es will; eg hat zur Folge⸗
daß man in Schulden hinein, aber aus ihnen nicht
mehr herauskommt

i Deutſches Reich.
* Berlin, 24 Nov Ueber die geſttige Rede
Caprivis äußern ſich die freiſinnigen Blälter durchweg
' dahin, daß „Ddiejelbe. neue Momente,. . die zu einer
Aendexung der bisherigen Haltung gegen die Vorlage
veranlaſſen könnten nicht, entbielt. .. Die — —

; fonftatirt, daß die geſtrige Rede oͤtz irer n
Lanae und der angewandten draftijihen Mittel. die
bighexigen Bedeuken nicht. befeitigen.. konnte.. Die
„Kreuztg.“.. Yt. ‚Defriedigt,, . Daß Ddie einjährige Be⸗
williguugsfriſt für die Bundestregierungen nicht ar-
dehnbar ſt _ und daß. von der gefeßlichen Einführung



der zweijährigen Dienſtzeit feine Rede. fein. kanın:
ber die vom Reichskanzler bezuͤgtich . der Emfer-
Deheſche geaͤchenen Yufllärungen find alle bi3 jetzt
vorliegenden Blatter ſehr befridigt
* Berlin, 24 Nov Die Norddeuiſche Aus
Btg fuͤht aus, die Aufſchluſſe Coprivis über die
Emſer Depeſche würden hoffentlich die unerquicklichſten
daruber beendigen Der Reichslarzler
politiſche Situation beruhigt und dar
Lelegt, daß keinerlei Wolken einen unmittelbaren
Ausbruch des Unwetters beſürchten laſſen Das
Schwert in der Scheide, aber die Hand am Gelftt
ſei die unſerer Nation durch die Geſchichte auferlegte
Haltung.

habe über die



Keichstag.
Berlin, 24 November

“ Dr. Betri degründet - die - vn ihm geffellte Inter-
yelWation betreffend‘ ‘ den Gebrauch der Schußrwafien vorn
Seiten: der ! Militärwachtpojten.. Der Redner - bedauerte

— — — ——



e t. Mber i weih ſie wird fagen,
nicht wohl ijt, _ daß die Lurft, die vom Sluß herweht; ihr
gut thut; daß: fie Dden Mufenthalt im Freien Vebt und nach
einem müächtlichen Spaziergang beſſer ſchiafen kann. - S&
bringe Jie nicht Leicht in Verlegenheit, wenigitens .nicht zuf
latge, au fann' i mig an, Bungenfertigfeit und Unter-
haltungsgabe‘ nicht mit ihr mefjen, {o muß ih denn auf
meiner Dut jein und warlen .
Den 17. Oktober 1791

Madame ijt FKühner geworden, oder jie verliert die
Seduld. Bisher Hat Ke 1i darau) befiräftt Hm Garten
umherzuwandern und immer wieder den Bla zurüc-
aufehren, welcdher‘ ein ” o ungetböhnlithes” Stitetelje hat
für ſie und mich “ Aber ” Heute Wbend, al8' fie ſich un⸗
bemerkt glauhte ſie ſah mein ſcharfes Auge nicht,
das durch die Vorhaͤnge des bberelt Fenſters nach ihr
ſpähte kniete ſie aul dentr Rajen . des Grabes nieder
und ibob das Gras auzeinander, das den Stein über-
wucdhert; wahrfcheinlih wollte fie nady einer KZnfhrift
forſchen. Der Stein trägt zwar keinen Namen aber
eS {ag mir daran, fie hiernber ın Ungewipheit zn erhalten:
1o öffnete i _denn mit qroßem Gerätch” das enmiter. hinter
— ich ſtand — fie erſchrack ' nd' "Hob O ral vom

oden.

Huten Abend, rief ich ihr von oben zu Sie be—

wundern wohl den Sonnenuntergang? S iſt ein herrlicher

Anblick. &.

‚ „®anz föjtlih,“ erwiderte fie . jOnell,. Bald Ddarauf
gng Ye Ins Haus Zurüg, aber ' WEiB, Ihte Gedanfen
verweilen noch bei dein GeheintniBODU&GL @®rtabe. ..

12 Uhr nadht3. )

Wieder ein mitternächkihes Abentener Wie ſpat es
auch iſt, ich muß es niederjhreiben, denn ſchlafen kann ich
doch niht,,unde Der,; nıgrgende, Tag ‚Dringt.vielleicht neue
Ereigniſſe. —

H


 
Annotationen