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Pfälzer Bote für Stadt und Land (27) — 1892

DOI Kapitel:
Nr. 101 - Nr. 110 (5. Mai - 15. Mai)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44150#0423

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Sſchent taͤglich wit Augnahme der Sonn- und Feiertage
Samftags mit Unterhaltungsbeilage. Preis vierteljährlich
M, 1,20 ‚ohrne Trägerlohn u. Poftanffchlag. Beftelungen
bei den Boftanfialten u bei der Expedition Zwingerſtraße?.

Verantwortlicher Redalteur:
Julius Jecker in Heidelberg.








für Btaclt

— —




ote

Anzeige-⸗Blatt für die Amtsbezirte Heidelberg
Ladenburg, Weinheim, Schwetzingen Philippsburg,
Wiesloch, Bruchfal, Bretten, Neckargemünd, Mosboch
Eberbach Buchen Walldürn, T.-Biſchöfsh. Wertheim ꝛc

Druc Verlag u. Expedition von Gebr. guber x Q
| in Heivelderg, Zwingerfrake 7. } ** 34 tl.





— — — — ——

8

CR&

Beſtellungen
ef den Bfälzer Boten werden fortwährend bei
aͤrnmtlichen Poſtanſtalten, bei unſeren Trägerinnen,

aus dem Stande der Niedrigkeit und Sclaverei nur
dadurch befreien, daß wir an Stelle der Worte die
Propaganda der That um des Beiſpiels ſetzen. Wir


Discuffionen
„Revo⸗

dauernde Periode der thevretiſchen
brechen Dieſe Gruppen führen den Titel:


— — jenommen.
Verlag des „Pfälzer Bote.“

a a a a aa W a *
— — — — —

Die infernationale revolutionäre Union,

Die „neue Internationale“, welche Jich in dieſem
Jahre gebildet hat, iſt ein Bund, eine Union der
Thaͤt, doppelt gefährlich in unſerer gährenden Zeit
Ausgangs des Zahrhunderts. Daß ein ſolcher Bund
zum Uinſturz aͤlles Beſtehenden mittelſt Dynamit,


Spanien bei der Verhaftung der Verbrecher, die das
Gebaͤude des Parlaments, das königliche Schloß in


ſprengen verſuchten, offen zugeſtanden worden.
auch ohne das Zugeſtändniß der in Spanien ver—
hafleten Anarchiflen würde das Beſtehen einer inter—
nationalen Verbindung durch die faſt in allen Län—
dern Europas in Jüngſter Zeit vorgekommenen
Dynamit⸗ und anderen Attentaͤte auf Eigenthum
und Leben nur zu klar erwieſen worden ſein. Wird
dieſe „Sprache“ der Dynamitarden in unſeren maß⸗


Folgerung daraus gezogen werden; die Rückkehr zu
den Lehren des „Edangeliums in Staat und Geſell—
ſchaft?!

Neuerdings iſt auch das Königreich Italien von
den Männern der That“, den Anarchiſten als


worden. Auch dort wurden Dhamitbomben geſchleu—


ten Perſönlichkeiien vorgenommen. Dort wurde auch,
um in den Arbeiterkreiſen die Revolution vorzube⸗
reiten, ein in Lauſanne gedrucktes Nanifeſt von
Lugano im Canton aus verbreitet. Das Manifeſt,
überſchrieben „Reolutionäre internationale Union“
hat folgenden Wortlaut:

„Eiuige Kameraden ſcheinen, obwohl ſie von der
Wahrheit des Satzes, daß, ehe man ans Bauen


niedergeriſſen werden muß, überzeugt ſind, deſſen
Anwendnug vergeſſen zu haben. Wir können uns
Die Waife.
Originalroman nach dem Engliſchen
27) von Klara RKheinau. Nachdrug verb.
Das Geſicht des Verunglückten war zur Seite gewen⸗
det, jo daß Martha nicht fofort ihren früheren Verfolger
erfannte. ; —
„Sind Sie ſchwex verlezt mein Herr?“ fragte fie
eifrig. Keine Autwort erfolgie, nur der Hund ſtieß ein
lauies Kiagegeheui aus und blickte klaalich, zu ibr auf.






todt ſei

Aber ſie war ein tapferes Mädchen und, anſtatt die


gus‘ dem Wege und lauſchie, ob noch Athem in dem
Körper jet. AIS ihr Blik auf das Geficht,des Todten fiel,
entfuhr ibr ein entjeglicher Auffchrei. Konnte eS möglich
jein? Sa, bier Iag ihr Werfolger — regungSloS vhne eine
Spur von Leben. Schaudernd ruhten ihre Augen eine
Veile auf ihm; ſie hatte vergeſſen, wie er ſie beleidiat.


Seele, die o ganz unvorbereitet vor ihren ewigen Richter
gerufen war. @

Blbtzlich ſprang ſis, auf; 13 1
Wangen gewichen, ihre Mugen traten weit Lervor in ihrer
herzbeflemmenden Yıngft. Mit änglilihen Yliden ſchaute
fie um fich, als ob fie erwarte den jungen Maler feige
und erſchreckt in einem nahen Verſteck zu entdeden.

„ESr kam dieſen Weg!” rief fie verzweiflungSvoll; „cS


o barmherziger Himmel — ein Mord — ein 4
Wieder warf fie fih auf die Anie nieder, erfaßte die Hand
der Leidhe und Juchte nach dem Puls. „Sr kannn nicht
todt fein ! rief fie aus. „S3s muß noch Leben in ihm
jein — o ent{eßlich, o entjeblid” — der Buls 8 nicht
mehr — mein Gott, mein Gott was ſoll ich thun?
Sie bedachte nicht, wie verdachtigend e3 für fie fet,
Hier bei dem Ermordeten gefunden zu werden; fie ftellte




Wenn das Volk der Tyrannei
Formen nicht mehr unterworfen ſein

in allen ihren
will, als der


der Kaſerne, der bürgerlichen Scloverei, wird es den
Weg der ſozialen Befreiung einſchlagen, wird es ſeine
freien Entſchließungen und den Ausdruck ſeines unab—
hängigen Willens wiederfinden.

„Jede Gruppe arbeitet für ſich ſelbſt und theilt

mit. Aber jede Gruppe beruft den des Vertrauens
und der Achtung aller würdigſten Genoſſen an ihre
Spitze, der mit den andexen Gruppen des Bundes in
Correſpondenz treten wird.

dürfen nicht erhoben werden.

„Das Losſchlagen (Attentate mittelſt Dynamit,
Dolch Revolver öder Sijft D. R.) kann _ entweder
von jedem Einzelnen oder in Geſellſchaft geſchehen. Es
iſt in beiden Fällen als verdienſtlich anzuſehen.
„Die Jungen werden lernen, ſich für die Sache
des Volkes zu ſchlagen und die Alten werden mit dem
auten Beiſpiel vorangehen.


drückten Es genügt zu wollen, um mit Beharrlich—
keit zum Siege zu gelangen.
Die neuen Waffen (Dynamit 20. ?) gereichen

und ſich verbergen können, als denjenigen, die gegen
die Aufſtändiſchen, geſandt werden.

pörer mit Energie und zielbewußt vorgehen.
fich das Volk erheben wird, werden ſeine Reihen ſich
! bald aus der Zahl der Armen, der Opfer des Milis
! tarismu8 und der Disziplin verftärken.

i „Die Genoſſen, welche den Muth beſitzen, die
Fahle der Revolution aufzupflanzen, werden von un—
ſerer Union tactiſche und ‚topographijche Weiſungen
wund Belehrungen empfangen, ebenſo thatkräftige au—
dere Hülfe. Denn ihre Sache iſt diejenige Aler

ſich. wer die Trauerbolſchaſt der Familie überbringen

alle. Sie blickle nach allen Seiten um Hilfe aus, allein

Niemand näherte ſich. * S

Sntichlofjen,. I0 rajh al mögliqH Beiftand herbeizu-
holen erhob fie fidh. Doch ehe ſie nur zwei Schritte von
der Leiche ſich enifernt haite, ſprang der Hund mit zorni⸗
aem Bellen hinter ihHr her und padte fie beim Kleide.

Das arme Thier! es wußte, daß ſein Herr hilflos war

und fein FInkinkt Lehrte e3, Martha, Ddie 10 großes In—

%erfigfie an dem Todten zu nehmen jchien, nicht wegaehen zu
aſſen

Doch der unhedeutendſte Vorfall greift oft mächtig in
eines Menſchen Geſchick!

An Biaͤrtha fich hexabbeugte. um ihr Kleid aus den
Bähnen des Hundes loszumachen, näherten ſich zwei
Jeule dem Schaͤuplas des Mordes. Sie hatten auf einem

. nahen Felde gearbeitet und waren, durch den Schuß beun—

ruhiat, eilig{t zur Stelle herbeigelaufen; doch beide
; gielgm gleichzeitig-inne bei dem Anblick, der ſich ihnen
darbot.

Auf dem Boden ausdeſtreckt ein Todter; ein junges
Mädchen/ im Beariff zu fliehen und daran gehindert
durch einen Hund, der ſichtlich zu dem Opfer gebörte.
Die beiden Männer blicten einander an; eine Welt
von Fragen, Befchuldigungen und Bermuthungen lag in
' Diefen Blien. Bon einem Impuls getrieben, {türmten
; fie vorwärts ; der eine padte Martha rauh beim Arme,
} der andere wehrte den Hund ab. „Nicht 10 eilig, jungesS

‘ Frauenzimmer, nicht jo ‚eilig,“ jagte Dder eine Mann,
gemer fie bielt; denn „der Mord will ſtets an den
**

Maͤrtha ſtarrte ihn mit verwirrtem Ausdruck an, ohne
den Sinn ſeiner Worie zu verſtehen.
„Sch bin fo froh — jo fehr freh, daßı Sie gefommen
find,“ verfeßte fjie. „Man muß e& feiner Jamilie mit-
‚ tbheilen. DochH lafijen Sie mi 108,” fügte fie bei mit
! einem Berfuch, feine Hand zu entfernen. „Sie thun mir

weh
Der Mann, der ſich ſeitdem mit dem Hunde beſchäſtſet,
brach in ein lautes, ſpöttiſches Lachen aus.




„Die Mitglieder der Union, bereit jeder Gefahr
zu trotzen, um den Triumpf der Revolution, auf der
das Wohl der unterdrücktey Völker beruht, zu fördern
und zu befeſtigen, erklären ſich in der gemeinſamen
* als ſoſidariſch: „Alle für Einen, Einen für
Alle.“
So lautet wörtlich das in Italien verbreitete
anarchiſtiſch revolutionäre Manifeſt. Daß es ernſt
gemeint iſt, darüber belehren uns die in allen roma—
niſchen Staaten vorgefallenen Atientate und Dyuamit⸗
diebſtähle. Aber auch England und Deutſchland be—
fißen „Männer der That.“ Das Attentat auf den
hoͤchw.Decan von Poninski in Koscielee in Polen
trägt alle Werkmale einer anarchiſtiſchen Unthat. Mit
deni Gelde des Decans gedachten die vier erſchoſſenen
Anarchiſten die Parteikaſſe zu füllen, um weitere
„Heldenthaten“ auszuführen Daß die vier Verbre—
ſcher von ihrem verdienten Schickſale erreicht wurden,
verdankt nian der Tapferkeit und Anhänglichkeit der
Bewohner des kleinen polniſchen Dorfes an ihren
Seelenhirten. Werden die Revolverſchüſſe der vier

polniſchen Anarchiſten in unſern maßgebenden Kreiſen
jenes Echo erweckt haben, das man zu erwarten be⸗
rechtigt iſt?! Wir werden es ja bald ſehen.“

Qandwirth, der Sozialdemokrat Fommt!

Jetzt, wo die wärmern Tage gekommen, iſt an die
„Genoſſen“ die Aufforderung ergangen, auf das Land
hinauszuziehen und durch Vettheilung von Flugblättern
uͤnd Zeitungen für die ſeeialdemokratiſche Sache zu
wirken. Durch die Erfahrungen des vorigen Jahres
klug gemacht, gibt man den Genoſſen, die allſonntäglich
die Dürfer zu beſuchen bereit ſind, beſondere Weiſungen
mit. Manches daraus iſt recht lehrreich und beweiſt
mit welcher ſchlauen Berechnung die Socialdemokraten
bei ihrer Aufwühlung des Landes vorzugehen gedenken.
Zunaͤchſt wird den „Genoſſen“ empfohlen, alles zu
dermeiden, woran der Landbewohner Anſtoß nehmen
könnte Ueber Geiſtliche, Beamte, überhaupt über
Leute in augeſehener Siellung ſeien wegwerfende Aeu—
ßerungen nicht zu führen, über Sitten, Gebräuche
der Laͤndbewohner auf keinen Fall zu ſpötteln. Mit
Gelehrſamkeit ſollen die Genoſſen nicht prahlen; man
möge ruhig abwarten, bis das Geſpräch ſich den poli—
tiſchen Dingen zuwende; für die Militärfrage, die

Steuerfrage zeige der Landbewohner das meiſt⸗ Jetereſſe.
cicht jeder Genoſſe ſei geeignet, dieſe Arbeit auf dem
Lande in vollem Umfange zu betreiben; Verwendung
aber könne jeder finden. Die Thätigkeit der jugend—
lichen Genoſfen ſolle ſich auf die Vertheilung der

„Sie ſind ein kluges, Madchen, fagte er; . „aber e&
—— nichts. Sie ſpielt ihre Rolle gut, nicht wahr,

in
Erſchreckt über diefe rauhen Worte, blickte Martha von
einem zum andern. Was meinen Sie damit? ſtammelte
ſie endlich

— „Ddre nur, Bil !” verfeßte der Mann und fügte iro-
niſch hei: o! ſie iſt ſo unſchuldig wie ein Lamm

Martha machte abermalz eine Anßrengung ſich/ von
dem Griff ihres Peinigers zu befreien; denn die Rohheit
der beiden Männer keunruhiaͤte ſie bis ietzt mehr als deren
Befchuldigung, —

vaffen Sie mich gehen!' rief ſie. „Schämen Sie ſich
denn nicht vor ſich ſelber?“

Naturlich ſchämen wix uns, war die ſpzttiſche Ant

wort, „und zwar canz gebörig Es iſt eine Schmad für
uns in ſolcher Geſellſchaft zu fein. Dabei hlickte er ſeinen
Gefährten an doch dieſer hatte noch einen Reſt von Gefühl
troß jeiner Derbheit.
2 Mache Dich über die iunge Mamſel, nicht Iuftig,
Sam,“” verwies er ’3 ijt eine ernite Sache für fie. Vers
muthlich bat der Menſch ſie angegriffen und e erfhoß
ihn aus Nothwehr Troszdem wirds für einen Mord an-
geſehen. Doch feben Sie nicht gax zu erſchrocken aus,
junges Frauenzimmex, fuate ex zu Martha gewandt bei,
welche endlich, ihre Laae beareifend, vor Entſetzen wie ge
* war, dielleicht werden die Geſchworenen nicht einig
ein.

Es dauerte einige Minten, ehe Martha eine Erwide⸗
rung fand. —

Sie wohen mich, doch nicht des Merdes anklagen?
keuchte ſe Ich kam hierher und fand ihn tedt; als Sie
herbeieiten; wollle i gerade um Hülfe gehen —,,

— „Sprechen Sie lieber nichts mehr, Mamjel, das ift
mein Rath,” unterbrach fie der Mitleidigere der beiden
Männer, „Denn Sie wiffen, unz wird man Zuerft in diefer
Sache verhören. und wir müffen-jedes Ihrer Worte. wieder-

holen. —*
Gortſetzung folat)





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