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Pfälzer Bote für Stadt und Land (27) — 1892

DOI Kapitel:
Nr. 291 - Nr. 298 (22. Dezember - 31. Dezember)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44150#1225

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Loos-Versand in Deutschland auch unter Nachnahme,

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— — Breiß vierteljährlich
' Mr 1.20 obne Krägerlohn 1. Boftanffchlag. Beſtellungen

dei den Poftaͤnſtalien ı, Dei der Expedition Bwingerftraße 7

Berantwortlicher Redaktem
Yulins Yoeder in Heidelbeıa




für Stadt s





Anzeige-Blatt für die Amtsbezirke Heidelberg,
— — PHilippsburg,
— Bruchſal, Bretten, Ne lorgemimd, —
— — — — —

2

— — — —

in Heidelberg, Zmwingerüraße 7,





Man abonnirt
ſchon jetzt auf den Pfälzer Boten bei allen % o {t-
anftalten, bei allen Briefträgern, dei un—
ſeren Agenturſen und bei unſeren Trägerinnen.

Alle neuhin zutretenden Abonnenten erhalten
— nach Einſendung des Poſtquittungsſcheines — von
Tage der Beſtellung an, bis zum 1. Januar 1893
den Pfälzer Boten grati? zugefandt. Des-
gleichen diejenigen neuen Leſex, welche dex ‘ßfu[öer
BHoten bei den Mgenturen oder bei den Trägerinnen
beſtellen. *

Kurz nach Neujahr beginnen wir mit der Ver⸗
offentlichung eines neuen höchſt intereſſanten und ſpan⸗
nenden Romanes.

Ein ſchön ausgeſtatteter Wandkalender wird
mit Beginn des neuen JahHres jedem Adonnenten
des Pfal zer Boten gratis zugeßellt.

Ber Preis des tä glich erſcheinenden Pfälzer
Boren dleibt derſelbe wie bisher 1 Mk. 20 Pfg ·
pıo Quartal ohHne Poftbejtellgebiühr und Trägerlohn.

Im Interefje einer ununterbrochenen Zuitelung
des Pfälzer Boten bitten wir recht frühzeitig,
aiſo ſchon jetzt zu beſtellen. Probenum-
mern werden in beliebiger Anzahl gratis und franco
verſendet.

Zeder Abonnent des Pfälzer Boten möge es
ſich augelegen ſein laſſen, windeſtes einen Aeuen
Abonnenten für unjer Blatt zu gewinnen.

Die Erpedition.

5 Sozialdemokratiſche

Heuchelei.

Einige hochſt bezeichnede Anträge für den ſoriat
demokfratijdhen Parteitag in Berlin,
allerdings als nicht genehm und taͤktiſch verfehlt unter
den Tiſch geſchoben wur den und einige Reden außer
der üblichen Tonart, die weniger gewürfelte Delegirte
verbrochen haben, verdienen mehr Beachtung, als ſie
bisher gefunden haben.

Eine Anzahl „SGenofjen“ hatte den Antrag geftellt,
daß Dder Sag im Programm „Religion iſt Privat⸗
ſache geſtrichen werde. Dieſe Leute fühlen, daß es
e&rlicher wäre, dieſe heuchleriſche Maste abzuwerfen.
Mit RücfihHt auf die Agitaͤtion auf dem Lande balten
aber die Fuͤhrer der deutſchen Sozialdemokratie dieſe


der Antrag der Genoſſen fand keine Annahme. Zu
diejfem Antrage ſprach Dder „Senofje“ 3
Foͤffniann von Zeitz folgende Worte („BorwärtzZ“ Nr.



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273): Es ſei noͤthig die dunklen () Gegenden zu
erhellen, dort, wo das Dogma noſch herrſche,
dies zu bekämpfen. Wer noch feſt im Banne des
Dogma's ſtehe, wer glaube, daß ohne Gottes
Wille kein Spaß vom DachHe fällt, der
ſei auch nicht für wirthſchaftliche Fragen zu inter⸗
eſſiren. Er habe vielleicht die groͤßte Erfahrung in
der Landagitation, und es ſei ihm zur Ueberzeugung
geworden, daß es nicht nur nicht ſchade, Fon dern
uutze, wenn man gegen die Religion
anfämpfe.
ner nicht mehr mit der Behauptung
kommen, wir trieben Heuchelei.“
letzte Satz war gerade kein Kompliment

für jene
„Genoſſen“, welche dieſe Phrafe : -

„Religion iſt


uͤnd ſo und ſo oft zitirt haben. Poffmann hat jeden⸗
falls ſo geſprochen, wie alle Sozialiſtenführer denken,
aber es nicht ſagen, um ſich nicht bei dem noch
läubigen Volke unmöglich zu machen.
— waren ſichtlich unangenehm berührt, daß der
obige Antrag die nothwendige Unterſtützung fand, um
zur Diskuſſidn zu gelangen. Die „brave“ Majorität
haͤtte ihn par ordrè de Mufti unter den Tiſch ge⸗
ſchoben, aber unexwartet fand er die erforderlichen




den.
keiten beendigen können, ſo war man auf einen Aus⸗
weg gekommen, die weitere Beſprechung dieſes höchſt
unbequemen Antrages zu verhindern Vollmar,

meiſten agitatoriſch ausnutzt, ſtellte den Antrag, über





jetzt ſchon wieder eine Programmänderung vorſchlagen!

Das ganze Mandver war höchft durchſichtig und
gewaltjam. Dieſer Autrag Volimar's, der natuͤrlich
von der „braven“ Majoritat ſofort angenommen
wurde, iſt cigentlich für eine Pariei, welche ſo oft

ſich ruͤhmt, daß ſie mit der Zeit geht, eine Unge—
heuͤerlichkeit. Eine Reform und eine Verbefferung
waͤre auf die Weiſe ulmöglich gemacht. Vollmars

Verlegenheits · Autrag erfüllte jedoͤch ſeinen Zweck und
nach Hoffmaun durfte Niemand ieſ
Punkte ſprechen. Der Antrag, den Satz Keligen
iſt Privatſache“ zu ſtreichen, war ſomit erledigt. Man
{pielt aljo die Heuchlerrolle weiter und erſpaxt ſich
wie Genoſfe Hoffmaun ſagte, den Vorwurf der

ehrliche Kampfesweiſe, wenn eine Partei ihre Grund⸗
ſätze und Endziele nicht offen zu bekennen wagt.

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Ein anderer Genoſſe, Krahl-Kottbus, zeigte ſich
für die heuchleriſche Stellungnahme zur Religion
empfänglicher. Er beſprach die Landagitation und
ſagte, man nüſſe bei der Wahl der Landagitatoren
äußerſt vorſichtig ſein. Höchſt ſchonend müſſe mit
den Glaubensgrundſätzen der Landleute umgegangen
werden. (¶ Es ſei auch verfrüht, von der Berge—
ßellſchaftung des Grund und Bodens zu
fprechen. ¶ — Alſo ja nicht Alles ſagen, hübſch
viel verſchweigen, ſchön heucheln das muß ein
ſozialdemokratiſcher Lardagitator ſich zum Grundſatze
machen.

Mehrere Redner, Nıg und Metzner, regten
an, die ſozialiſtiſche Fraktion möge die Abſchaffung


meinte, wenn man mit ſolchen wohlberechtigten An⸗
trägen ſich abgeben wollte, dann dürfte noch mancher
Geſetzesparagraph zu ſtreichen ſein. Eine Partei,
die keinen Gott anerkennt, kann natürlich die religiöſe
Form des Eides nicht anerkennen. Ihr iſt ſie ein
Dorn im Auge, aber nichtsdeſtoweniger wird den
guten Bauern vorgeſchwindelt: Wir haben nichts
gegen die Religion! Eine widerliche Heuchelei wird
von den ſozialdemokratiſchen Agitatoren auf dem
Lande getrieben. Dem Schreiber dieſes iſt es be⸗
gegnet, daß ſozialiſtiſche Agitatoren proteſtantiſcher
Koͤnfeſſion in einem Orte Bayerns in den katholi⸗
ſchen Frühgottesdienſt gingen und ſich bei der Dis⸗
„fromme Chriſten aufſpielten.
Glücklicherweiſe konnte dieſer ihnen mit Beweiſen
ihres „Chriſtenthums aufwarten.

Jede Geſinnung, die ehrlich und offen bekannt
wird, kaunn man noch achten Bei ſolcher Heuchelei
aber muß man wie der oͤſterreichiſche Reichstagsab⸗
geordnete Schleſinger austufen: Pfui Deizel !“

Ueber einen anderen Antrag (Rebs⸗Weißenfels)
iſt der Varteitag nachdem er ihn nach dem Berichte
„m it Heitertkeit“ aufgenommen, zur Tagesord⸗
nung übergegaugen. Derſelbe verlangte, daß jeder
Parteigenoſſe, welcher als Vertreter in ein Parlament
gewählt werden ſoll, vorher nachweiſen müſſe, das
er aus der Kirche ausgeſchieden iſt.
Ueber dieſen Antrag lachte man er ſtieß offene

Thüren ein und war naid. Widerſprochen oder
verwahrt hat ſich kein Menſch dagegen. Er war
auch vom Standpunkte der ſozialdemokratiſchen Par⸗



Für ſie gibt es eben manche Dinge, die man
denkt un? zum Maßſtabe des Handelns macht,
aber niſcht ſagt.





Die Schriftſtellerin.

Endlich iſt dex Augenblick gekommen, den ſie den
ganzen Morgen erſehnt hat Vor ihr liegt ein Bogen
Bapter und mit klopfendem Herzen nimmt ſie die Feder
daͤnd Sie will einen Roman fhreiben. AUm vorigen
MHbend erzählte die Tante von einer Schriftjtellerin, die,
von der Sorge um Ddas täglihe Brod getrieben, ihren
erften Roman fhrieb und ſpaͤter reich und alücklich wurde.
Das war ein Fingerzeig ir fie, eine — „ auf ihr
vieles Grübeln, wie fie Geld verdienen Könne, Sie wollte
ScHristitellerin werden, und gewiß eS mwürde ihr gelingen,
hatte {ie doch in der Schule die beiten Aufjäbe ‚gemacht.
63 wurde ihr ganz feierlich zu Muthe, als fie fich ſagte,
daß ſie an einent endepunkt ihres Lebens angelommen
jei. Bald jollte die Mutter nicht mehr bleich und forgen-
voll ausfjehen; was für Augen fie machen würde, wenn fie
mit denm Gelde zu Dder Badereije überrafht mürde, Ddie
Dr. Berg 1o dringend empfahl! Und zu Weihnachten
jollte Guͤſtay das erjehnte Schaufelpferd haben! — Gern
hätte fie gleich ihre neue Saufbahn begonnen, aber gerade
geitern verabjchiedete fich die Zante ſo jpät wie nie. Sange
fonute fie vor Aufregung nicht einjchlajen, und dann hatte
jie verworrene Träume. Eine große Zeder ſchxieb mit be-
Angitigender Gejchwindigkeit; als Ddie Ießte Seite eines
Sien BucheS beendigt war, verwandelte Dies fich plößlidh
in ein Reijebillet, auf dem mit großen Buchftaben „Norder-
ney“ ftand; die Mutter hielt glüclich lächelnd das Billet
in der Hand und Guftanv ritt mir großem Iubel ein
Schautfelpferd. „Hü hop, HU hop,“ hörte ſie ſeine helle
Stimme den ganzen Morgen, der kein Ende nehmen zu
wotlen fchien. Eudlich {jeßte man jich zu Tijh: endlich
30g jich , die Mutter zu dem gewohnten Ruͤheſtündchen
8 und e fonnte auf ihr Zimmer eilen.. Auf das
fcbmoflenbe Geſichichen Guſtavs der verwundert fragte.
warum ſie mi (
wolle, *— jie - Durch einige Worte ein ſtxahlendes


zu ren.

Zann ſie denn endlich ſchreiben! Zuerſt muß ſie




ſich wohl den Jyhalt ihres Romans überlegen, Ihr Vor-
bild die reiche Schriftſtellerin, hat aus ihren Erlebniſſen
erzählt. Aber was hat ſie nux erlebt, DdaS interefjant
geuug wäre für einen Roman? In den Tanzſtunden hat
ihr Karl Rotenburg manghe Roſe, geſchenkt, und als er
zur Univerſitat gegangen iſt, hat ſie bittere Thränen ge
weint und iſt ſich recht unglücklich vorgekommen, — aber
ein Roman muß ganz auders ſein, piel aufregender,
romantiſchex. Karl iſt überhaupt kein Romanheld. Wer
kann nur ihr Held ſein! Ihr Zdeal iſt ſtets ihr ver⸗
ſtorbener Vater geweſen und in allen Heſchichten, die ſie
Guſtav erzählt, iſt er in ſeiner prächtigen Uniform die
Hauptperfon; aber in einem Koman, der gedruckt
werden ſoll, kann ſie den geliebten Vater nicht bringen.
Der Refereudar paßt vielleicht zu ihrem Helden. Er ſpricht
manchmal gerade wie Ddie Menjchen in Büchern; noch
neulich meinte er, ſie ſei ein echtes Gretchen. aber er
iſt auch nicht interefjant, nicht romantifch genug. Wen
* tann fie nur nehmen? Dr. Berg! Bas er wehl
agen würde, wenn er fich hier fähe. Sie ſieht noch den
ſpoͤttiſchen Ausdruck ſeines Geſichtes, mit den er ihr nen⸗
lich von einem gelehrien alı x Fräulein erzählte, e hört
noch die Worte: „Ih kann mir faum etwas Unihöneres
vorſtellen, als die tintenbefleckten Jinger Dder Dame.” —
Ob dieſe Dame wohl Schriftſtellerin i{t? Vielleicht würde
er über fie ebenjo ſpetten, wenn er wüßte,, daß ſie einen
Roman ſchreiben wollte Aber das Reiſegeld muß doch
beſchafft werden und Dy Bers braucht ja nie Zintenflecken
an ihren Fingern zu ſehen. Und wenn er ſie win ſießt
wenn er ſpotiet, was kimmert ſie das nux? Sie will
nicht mehr an ihn denken; überhaupt wird, es hohe Heit.
ans Werk zu aehen. Einen Aufſatz zu ſcbreiben., war
doch leichter. „Friſch gewagt, iſt halb gewonnen,“ nur
einmal angefangen ! * *

„An einene HNaren Jıühlingstage,“ — aber 10 fangen
alle Geſchichten an. Sie kann doch nicht ihren erſten Ver—
Jucßh ganz ohne Erfolg aufgeben.
„®Sextrud, fomm doch herunter!|” ertönt da Guſtaxs
| Stimme. Mit einem Seujzer der Erleichterung wirkt ſie

bie Feder hin ſtreicht das blonde Haar zurück und eilt in

den Garten Aber in der Thür hält ſie ihren Schritt an.
— Oujtav ift nicht alein Dr. Berg zu dieſer Stunde?
Er weiß ia. daß die Mutter ſchlaͤft.

Wie eine Schuld liegt ihr oman ihr auf dem Berzen
und derwirrt erwidert ſie den Gruß des iungen Maunes,
der ihx lebbaft entgegenkommt. „Die Mutter ſchläft noch,
Herr Doktor.

Da wollen wir ſie um Alles nicht jtören, . Iränlein
Gertrud. Um offen zu ſein,. muß ich geſtehen, RaB ich
aͤar erwartete, ſie nicht aleich ſehen zu konnen. Doch ich

jürchte, Sie zu {tören, denn e muß ſchon etwas Wichtiges

jein, das Sie veranlaſſen konnte zu diejer Stunde wn
Zimmer zu bleiben und ihren kleinen Liebling treulos 3u
verlafien.”

alch geht ihm das junge Mädchen in die Laube
voran, indem ls errothend verſichert, daß ihre Beſchäftigung
von Feiner Bedeutung fei.

‚Und mir haſt Du gefagt, Du hHättejt jeQr Wichtiges
3u.+6un‚ und wenn ich Di gar nicht ſtorte, bekime IO
auch etwas Schönes zu Weihnachten,” meint da vorwurfs-
goltI Guſtav, der ſeinẽ Spielkameradin ſchmerzlich entbehrt

at

Um dem iungen Mädchen in ſeiner Berwirxung zu
Hülfe zu fommen, wendet Or. Bers ſich au den Kleiuen :
Da haͤt Deine Schweſter gewiß an das Curiſtkindchen
zeſchrieben. Ja waͤhrlich, der Tintenfleck da an ihrem
Finger zeugt noch davon.

Lachend ſieht er Gextrud an; doch, ſtatt in ſeinen
Scherz einzuſtimmen, wirft ſie einen erſchroͤckenen Blick auf
ihre Hand und dunkle Gluth färbt ihre Wangen.

Ich kaun nir nichts uuſchöneres vorſtellen, a«l3 die
tintenbefledten Finger der Dame,” tönt e& in iYren Ohren
und Haftig fragt fie : „Jit die Dame mit den Tintenflecken
an den Fingern SchHriftftelerin ?”

Zunuer verwunderter blickt Dr Bers des junge
Mädcdhen an. „Meine alte Freundin, über die Sie neuidH
mit mic-gelacht baben? Kann ſein daß ven ihren vielen
Thorheiten au eine Schriftitellerin heißt! ;

Thorheiten! UAljo Zhorheit ijt das, yaß ihr I9 viele
Unruhe madt, Thotheit das, woreuffie ſe ſhone vefuungen


 
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