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Pfälzer Bote für Stadt und Land (27) — 1892

DOI Kapitel:
Nr. 101 - Nr. 110 (5. Mai - 15. Mai)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44150#0435

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geſucht.

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Erjheint täglich mit Auenehme der Sonn= und Feiertage
Samftags mit Unterhaltungsbeilage. Preis vierteljährlich
IL, 1,20 ohne Trägerlohn u. Poftauffchlag. Beftelungen
* den Poſtanſtalteri u bei der Expedition Zwingerſtraße 7.



für Stadt



uu zeige⸗Blatt für die Amtsbezirke Heidelberg
Ladenburg, Weinheun, Schwetzingen Philippoburg,
Wiesloch, Bruchſal, Bretten, Neckargemünd, Mosbach
Eberbach, Buchen Walldürn, T-Biſchöfsh. Wertheim ꝛc





Verantwortlicher Redalteur:
Julius Jecker in Heidelberg.

Ar 10


a 1692



— — —— —
Beſtellungen
auf den „Bfalzer Boten/ werden fortwährend bei
ſammtlichen Poflanſtalten, bei unſeren Trägerinnen.
ſowie in anſerer Expedition Heidelberg, Zwinger⸗
traße enigegen zenommen.
— — — Vote,“

— — —
die englilde Stantskirdhe.
(the establisched church of England).

Aus der D. Reichszta.
Einen ſehr traurigen Anblick gewährt augenblick⸗








die Kirche Chriſti als eine allgemeine ſich ſicher nicht


Staale Jegründet iſt. Wohrr hat ſie ihren Urſprung.
um der Paar ſchönen Augen von Anna Boleyn grin
deie ſie der König Heinrich VIII. Ein abſcheuliches
Tria8 : der Gmal beweibte König Heinrih VIIL., ſein
Miniſter Cromwell, der Höllenhund, der 1000 den
Tod bereitend ſelbſt auf dem Blutgerüſte ſterben


fabeth/ das Weib in Tigers Hülle,
und entwickelten die engliſche Staatskirche.
eine Schöpfung alſo von Menſchen und pom Staate,
Gewalt haͤi ſie vollendet, wie auch eingeleitet. Gehen
wir zuͤnaͤchſt auf die Lehre dieſer Kirdhe, 10 iſt die⸗
ſelbe enthalten in den berüchtigten 39 Artikeln, von
der Koͤnigin Eliſabeth als Giaubensnorm feſtgeſetzt,
ein Semijcd) von Katholizismus, Lutherthum und
Kaͤlvinismus, daher nach allen Seiten voll Wider—
ſprüche. Aus deim Kaͤtholicismus ſtammt die Lehre
von Gott und der Trinität und der ſichtbaren Kirche,
wie auch die Anuahme einer Hierarchie, beſtehend aus
Diakonen, Prieſtern und Biſchöfen, welche alle be—
ſlimmte Weihen haben, lutheriſch iſt die Lehre von
der hi Schrift als alleinige Queile der geaffenbarten
Vaͤhtheit die Lehre von der Erbſünde uͤnd von der
Rechtfertigung durch den Glauben, kalviniſch die Lehre


Leibes Chriſti.
Was die Gottesdienſtordnurg oder das Comnnon

Die Zdaiſe.
Originalroman nach dem Engliſchen
30) von Klara Rheinau.

Ich ſagte Dir, Marianne, verſicherte ſie eines Mor—
gen8, als die beiden Schweitern in dem hübfhen harten
promenixten.Paul Ladwell iſt in dieſem Augenblick bereit,
Herz und Bermögen mir zu Füßen zu legen.“ .

„ aber bezweifle e8,” verjegte Marianne Lopfihüt-
angenommen, dem wäre fo, würdeſt Duͤ ihn
erhören ?

„Selbitverftändlich. Warum hätte ich mir ſonſt die
viele Nühe machen ſolen?

„Aber du liebſt ihn nicht?“

* iſt mir aleichauͤltig“ verſetzte Alice mit lautem



Das Du eaoiſtiſch biſt, wußte ich ſchen länglt,” _ be-
8 ihre Schwefter, „aber jür fo herzlos hHielt ih Dih


Werde nur nicht ſentimental, Marianpe, IH bin,
wie der Himmel mich erfhuf. Mebrigen3 gefällt mir der
junge err wirklih; feine Schönheit, jein Auftreten
und fein Reichthum laſſen mir die Bartie fo wünfchens-
werth eriheinen, das ich mich wirklich jehne, er möge
fidzbenb!td; erHären. Semanden muß ich ia doch hei—
rathen.

„Ich könnte Dir eher alles verzeihen, als Deihe er
heucheiiẽ Frommigleit Herr Ladwell {cheint tief religids
zu fein, aber bei Dir Alice, ift ales Verſtelluna.

Wieder lachte die Kokette frühlih auf. *

„D, e8 war 3zU gut, mich neulich als' wohlthätige Fve
zu jehen, Marianne, Die Verkleidung ftand mir vortreff-
lih und der jchwergefüllte Henfkelkorb anı Arm, defjen IN“
halt i meinen Wrmen bringen wolte, meinen Arnen.
Marianne! IH traf Herrn Ladwell im Parke, und wie ſitfia
und verfhämt war ich !” *

Sie 308 ihre Mundwinkel Herab und fchlug Ddie
gluqen nieder, mit jold einer unwiderftehlidhen Komik,
f :t?n tie!ßft ihte Schwefier ein Lachen nicht zurückdrängen

e.



Nachdruck verb.




Prayer⸗Book (Allgemeine Gebetbuch angeht, ſo beſteht
dasſelbe vielfach aus dem lateiniſchen Meßbuche, dem
Brevier und alten Ritualen von Salisbury, Here—
ford uſw. in England, es regelt den Gottesdienſt
durch das ganze Jahr und enihält alle Gebete dabei,
wie auch die Gebete bei allen liturgiſchen Handlungen
der Geiſtlichen. Die Gebete ſind oͤfters ſehr ſchön.

Als Staatskirche iſt ſie mit der Staatsgewalt

derſelben bekennen, der Staat ſorgt für ſie und ihre
Bedürfniſſe; die hoͤheren Stände, die Reichen und
Gebildeten gehören ihr faſt ganz an, ſie iſt eine Kirche
des Anſtandes und des gutei Tones. Beſonders iſt
ſie eine Berſorgungsanſtalt für die nachgeborenen
Sohne des Adels, denn das Patronat befindet ſich
meiſt in den Händen des Adels. Der Klerus. geht
aus den höheren Ständen hervor, aus den niedexen
Ständen ſind nur die Hilfsgeiſtlichen, welche den

Dienſt für die zahlteichen Klöſter der
! oder Pluraliften gegen meift ſehr geringe Beſoldung
verſehen. Von den 13,979 Pfründen in England u.

Wales hat die Krone zu vergeben über 1124. die

ſetzuug dieſer Stellen geſchieht durch die offenſte Si⸗



— u. Expedition von Gebr. guber * 4 t
in Beidelberg, Zwingerſtraße 7. | . 96

die low chureh (niedere Kirche), welche die Prädeſti—
nation annimmt und durchaus ealviniſch iſt, die high
church. welche die Rechtfertigungslehre verwirft und
beſonders anhängt der Staatsgewalt, und endlich der
Ritualismus, ſtark katholizirend, entſtanden vor 50



| Bijhöfe 1853, Privatperfonen über 7000. Die Bee
und verkauft, wie man täglich in den Zeitungen leſen
kann.

Das Traurigſte aber iſt, daß jeit 1833 der Privy-
Council oder Geheime Rath der Königin, der vom
Parlamente als oberſter Appellationschef in lirchlichen
Streitfragen ſei es der Lehre, ſei es der Disciplin
eingeſetzt/ entſcheidet, was der Anhänger der Staats⸗
kirche glauben und thun muß, um in den Himmel zu
kommen. Welch' eine Entwürdigung für die Kirche;
die Biſchöfe ſchwiegen dazu,
haben ſie einfach zu thun, was der Stagt veroxdnet.
Lurch den Publie Vorship-hegulatiors tit vom Jahre
I1874 wurde den Biſchöfen jede geiſtliche Jurisdietion
entzogen und dieſelbe einem vom Parlamente zu er—
nennenden Richter übertragen. Dieſer Laie, jetzt Lord
Penzance, iſt der Generalvikar der engl. Staatskirche,
der in jeder Diözeſe, in jeder Pfarxei die biſchöfliche
Jurisdittion ausübt; er hat zu eutſcheiden, was ge—
ſehrt werden darf, was zu den Sakramenten zuge—
laffen werden darf oder nicht. Die Biſchöfe ſchwiegen,
fie konnten ja nichts dagegen machen. Trautige
Zuſtände

— .& glaube wahrhaftig,“ begann Alice wieber, und
ihre Augen funkfelten vor MuthHmwillen, „er Hält mich für
eine kleine Heilige, deun —”

Sie voNendete ihren Sag nicht, denn in diejem Moment
ſchrie Marianne auf und ſich raſch umdrehend. erklicte
Alice den Gegenftand ihrer gemeinen Spekulation ſich ge—
rage geaenüber. —

Baul war im Begriff, eire Laube zu verlaſſen in
welcher er die ganze Zeit über geſeſſen, und ſichtlich die
Unterhaltung der Schweitern, wenn nicht ganz, doch zum
größten‘ Theil mitangehört hatte. E: war jehr bleich, ob
von unterdrücktem Zorre oder enttäuſchter Liebe, vermochte
Jady Aliee nicht zu enträthſeln.

Von Scham überwältigt, barg ſie ihr Geſicht in den

der Schall feiner eiligen Schritte in der Ferne verhalten.
Dann ftürmte fie in die Laube, warf fich auf die Bank
und rief mit erjhreckter Miene : „Ich hHabe mein Spiel
verloren, Marianne meinft Du nicht?“

Entgegnung.
Qadiy Alice verhielt, ſich eine Weile ſchpeigend.

Röthe und Bläfie wechjelten ſich auf ihren Wangen.

oid fragte ſie: „Wie fah er uns — ſchien er ſehr

Er lüftete feinen Hut im Voxübergehen, ſprach aber
nicht? Er jah eher ſtreng als böſe aus.“

Ich fürchte, er wird mir nie verachen, Marianne.
O! und denken zu müſſen, daß ich am Vorabend meines
Triumphes, nach. alſen meinen fein ausgedachten Plänen
mich jelbjt verrieth! Warum müffen wir Frauen auch
ımmer plaudern ?” Sie iprang plöglih auf und ftampfte
energijch mit dem Fuße u. fügte Leidenihaftlich bei, zu
jchlimm Marianne, ih kann, idh will e& nicht ertragen !”
Damit brach fie thatfädlich in lautes Weinen aus, Endlich
trodnete fie ihre Thränen - und fagte wie fragend: „Ich
möchte wiffen, ob er alle8 gehört hat.” .

„Sanz entichieden,“ verjeßte die Schweiter, „Wir
gingen ja fajßt immer um die Laͤube herum, welche in der








kirche hat in England und Wales 2 Erzbiſchöfe von
Canterbury und ork und 32 Biſchöfe. Unter dem
Erzbiſchofe von Conterbury ſtehen 23 Biſchöfe, unter
dem von York 9, 24 von dieſen Biſchofsſitzen ſtammen
noch aus der katholiſchen Zeit, 9 ſind in den letzten
50 Jahren errichtet. Den Biſchöfen ſtehen zur Seite
88 Archidiacone, unter welchen 810 Landdecane ſind.
An jeder Kathedrale iſt ein Dekan und 3 bis 4 Dom⸗

herren, Die Zahl der Benefiziaten beträgt 13,979.

In Irland wo die Staatskirche aufgehoben 1871,
* * 2 Erzbiſchöfe und 11 Biſchöfe; in Schott—
and 7.

Die Zahl der Mitglieder der engliſchen Kirche iſt
in England und Wales 15, 000, 000 (!/2), in Irland
600,000 (!/s), in Schottland 80,000, in den Colonien
unter 130 Erzbiſchöfen und Biſchöfen 3, 00, 000, iu
den Verein. Staaten von Nordamerika unter 74 Bi—
ſchöfen 2 —3 Mill.

Die engl. Staatskirche iſt die reichſte Kirche der
Welt. Nach einem dem Parlamente erſtatteten Be—
richt von 1890 beträgt ihr Geſammt-Vermögen ohne
Woͤhnungen 115. 00 000 Mark. Der Erzbiſchof von
Cauterbury erhält 315,000, der von York 200,000,
die Biſchöfe von London 200,000, von Durham
160,000, Wincheſter 125,000, die meiſten andern von
100 000 bis 60, 000 Mark. Die Dekane und die
Domhecren an den Kathedralen beziehen ein jeder
von 40, 000 bis 15, 000, die 13,979 Pfründebeſitzer
haben 84, 00, 000, ſo daß im Durchſchnitt ein jeder
über 6000 Mark erhält, es gibt aber manche Pfarrer,
die von 15, 000 bis 10, 00 beziehen, die armen Hülfs⸗
pfarrer (Curates) müſſen darben bei 2000 bis
3000 Mk.

Die Armen wollen von dieſer Kirche nichts wiſſen
ſie haben kein Vertrauen zu ihr, ſie wenden ſich meiſt
den Sekten zu, ja, Viele leben und ſterben ohne alles
kirchliche und religiöſe Leben dahin, es ſind Heiden.

Die Auflöſung der Staatskirche iſt nur eine Frage
der Zeit. Sie iſi völlig in der Gewalt des Unter⸗
hauſes, das ſchon ſehr viele Feinde der Staatskirche
hat; die 263 einregiſtrirten Selten zerſtückeln und
bröckeln ſie immer mehr ab. Die Wogen der Zeit
rauſchen dahin und ſpülen hinweg alles, was Men—

Mitte des Weges lieat.“
Ecs war chrlos den ihn den Lauſcher zu pielen
rief Alice mit funkelnden Augen und ſtampfte abermals
heftis mit dem Fuße.

Er konnte nicht anders,“ erwiederte Marianne;
bedenke doch nur, er hätte unbedingt an uns
dorübertommen müffen, da der gewundene Weg, deſſen
Mittelpunkt die Laube bildet, als einzigen Ausgang die
Kaſtanienallee hat, durch welche wir uns näherten. Wahr⸗
ſcheinlich war er gleich Anfangs nicht zu einer Unter—
haltung aufgelegt und gedachte unbemerkt davonzu⸗
kommen.“

Lady Alice war zum Schweigen gebracht. Einige

warf ſie trobis die ſchonen Lippen auf, dann
verſuchte ſie unter einem Lächeln ihren Aerxger zu ver⸗
bergen. „Hm!“ meinte ſie, »ſchlieblich kann ich mir noch
Statt eines Gatten ohne
noch einen Grafen den meinen



Titel kann ich vielleicht

Komm, Marianne, laß uns in das Haus zurück⸗
kehren.
Es war. wie Lady Alice befüxchtete, Paul Ladwell



hatte jedes, Wort der verfänglichen Unterhaltung mitange
gehört Anfangs, als ex die Stimmen der beiden Schweſtern
üniexſchied und die Enideckung machte daß ſeine eiaene
Verſon ihren Geſprächsgegenſtand bildete, erhob er fih
augenblicklich in der Wbjicht die Laube zu verlaffen. Da
erinnerte er ſich der eiaenthümlichen Geſtaltung dieſer
Gaxtenweoe und ſetzte fich wieder nieder, unentfhloffen,
was hier zu thun jet. _Sr häfte durch ein leichtes Hußen
oder ein fonitiges Geräuſch, die Aufmerkjamkeit der
Schweitern erregen fönnen, Wwäre er in der nächiten ‚Se-
funde nicht buchftäblich wie gelähmt geweijen, al8 die Ge-
jtändniffe Alicenz an fein Ohr jhlugen. . , 4
Nie hätte er für mögli ) gehalten daß ein weibliches
Weſen einer ſoich kalt berechnenden Schlauheit, einer ſolch
gemeinen Doppelzüngigkeit fähig ſei. *

*

Fortſetzung folat.)


 
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