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Pfälzer Bote für Stadt und Land (27) — 1892

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Nr. 201 - Nr. 210 (4. Septmber - 16. September)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44150#0843

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‘g“&mt täglich wit Ansnahme ber Somn- und. Feiertage
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%+ 1.20. ohne Erägerlohm ı. Poftanffchlag, ‘ Beftellungen
— — ı. bei der Erxpedition Zwingerfiraße 7,

für Stadt




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dadenburg, Weinheim, Schwetzingen, Philippoburg
Wiesloch/ Bruchſal, Bretten, Neckargemund, Mosbacs
Eberbach, Buchen Walldürn T. Biſchoͤfsh., Wertheirot























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— 1 Quling Jeder in Heidelberg. henelhet/ Freiti, den lo. — 1802 © m * — — %. Qflüi‘fl
} %g%’fgflig@ngen eben aus dem Kriege zurückgekehrt, hat ein ſo wenig erkannte dies an. Wir waren uns der Verantwortung
4 ehrenvolles Zeugniß für ihte Rittertichteit in ihre zu wohl bewußt, um auch nur das gexingſte zu thun

* en „Wiälzer Boteu werden fortwaͤhrend bei
etlichen oſtanſtalten, bei unſeren Traͤgerinnen,
in anſerer Expedition Heidelberg, Zroinger⸗
— entgegen ſenommen

Mede 3es Keigötagsnbgeordueten Dr. Licher
über das Zelnitengeleß,

‘g?iptvci)en in der 3 öffenilichen Generalverſammlung
des Mainzer Katholikentages)

— und Landtagsabgeordneter Dr. Lieber
— degrüßt) bemerkt einieitend, als Groeber
4 davon geſprochen habe, das Verhältniß der
u densleute jei in Preußen erträglih, Habe fich hie
D da ein leiſes Fragezeichen vernehmen laſſen.
— und Zuſtimimung) Dies „erträglich! iſt
8 auch nur im Verhältniß zu verſtehen und ge—
* Es fehlt noch mancherlei: die Provinz Poſen
* dem uͤbrigen Staate nicht gleichgehalten; die
den welche man die nachreformatorijhen üennt,
.i"ben zu neuen Niederlaſſungen nicht zugelaſſen —
* nachreformatoriſchen Orden, zu denen in Folge
4* beſonderen logiſchen Kunſt der Regierung der
n Pzinerorden gehört, weil er zufällig vier Fabre.
Luther ſeine Theſen angeſchlagen, eine Reform
er Statuten vornahm; ferner hängt auch alles noch
8 dem Belieben der Mineſter ab. Aber das ſind
leinigkeiten gegen die Eiuſchräukung, die Preußen
nallen übrigen Bundesſtaaten theilt, das Jeſuiten⸗
5* Ich will aber nicht über die Jeſuiten als
lche. in eine mühſelige und umſtändliche Vertheidig⸗
Weintreten, deun wir würden unſere Kirche belei⸗
'gen. (Qebhafter Beifall.) Zu der Einſchränkung
I-%ue ich die Ausführungsbeſtimmungen hinzu nament⸗
* die, worin der Bundesrath als den Jeſuiten per⸗
rꝛre Orden bezeichnet, die Redemtoriſten, Lazariſten,
üter vom hl. Geiſte und vom hlt Herzen Mariä
ND die Frauen vom göttlichen Herzen Jeju. Es waͤre
® Ermwägung mwerth, wie der Bundesrath zur Er-
g‘.‘“übung diefes geheimnißvollen Verwandtſchaftsver⸗
2—— getommen iſt. Geiterkeit) Wenn Orden
4 Jeſuiten verwandt ſein können, ſo ſind es entweder
Orden oder keine. ECebhafte Zuſtimmung) Viele




Geſetzgebung niedergelegt (Sehr gut! Es war auͤch
ein Mangel an Logit; denn wenn man glaubt, daß


lich Geiterkeit!) erzogen werden, ſo iſt es doch viel
gefährlicher, menn wir unſere Töchter zu den ausgewieſenen

unter der Obhut unſerer Polizei
Geiterkeit und Zuſtimmung) Ich ſtehe aͤber hier, um
über die Geſellſchaft Jeſu zu reden in Folge eines ganz
veſtimmten Ereigniſſes und in Folge eines ganz be—
ſtimmten Auftrages. Wer war nicht überraſcht in
dem Sitzungsberichte über den denkwürdigen Schul—
kampf im preußiſchen Abgeordnetenhauſe zu leſen, wie
der Miniſterpräſident von damals (Geiterkeit) erklärte,
die preußiſche Regierung werde einem Antrage auf
Zurückberufung der Jeſuiten ihre Zuſtimmung ver—
ſagen, was zur Beruhigung dienen ſolle? Der Herr
iſt mit ſeinen Beruhigungsverſuchen außerordenilich
weit gekommen, ſo weit, daß er den Miniſterpräſi—
dentenſitz verlor. Geiterkeit) Wer war nicht über—
aus dem Munde des Grafen Caprini jene
Worte zu hören, aus demſelben Munde, der Tags
zuvor mit dem Worte Chriſtenthum oder Atheismus“
die Lage der Welt ſo treffend gekennzeichnet? (Sehr
wahr!) Noch mehr aber hat dann der Beſchluß des
Centrums überraſcht, auf die Berathung des Jeſuiten⸗
antrags zu verrichten. Die Centrums fraktion erkennt
voll ihre Verpflichtung an, hierüber dem katholiſchen
Volke Deutſchlands Rechenſchaft abzulegen, aber nur
dem kath. Volke, niemanden ſonſt. Brabo! Die Ant—
wort iſt in der Erklärung des Grafen Balleſtrem ge—
geben, durch welche der Antrag zurückgezogen wurde.
Redner verlieſt die Ecklärung. Es war alſo die
durch das Volksſchulgeſetz geſchaffene Lage, welche alle
Mitglieder der Centrumsfraktion, die ſüddeutſchen, ſo
gut wie die preußiſchen, zu dem einſtimmigen Beſchluſſe
führte, den Antrag Windthorſt auf Abſchaffung des
Jeſuitengeſetzes zurückzuziehen, um jene Lage nicht zu
erſchweren. Wir glauben, daß es nur eines kurzen
Hinweiſes auf jene Lage bedarf, um die Billigung des




jene Orden mit den Jeſuiten verwandt ſein
en. Geiterkeit) Dieſer Schlag mußte auch einen
ernorden mittreffen, von deſſen Reichsgefährlichkeit
bisdahin niemand einen Begriff zu machen gewußt

12 ritterliche deutſche Nation, nachdem ſie ſo—

feſſionelle Volksſchule aufzurichten, ſie bald auch in
den kleineren deutſchen Staaten, in Oeſterreich-Ungarn,



die überall mit fieberhafter Unruhe auf die Entſchei—
dung harrten (Sehr richtig. Auch Graf Caprivi


um eine günſtige Entſcheidung zu gefährden. Und das
war mit dem Zeſuitenantrag nicht nur möglich, ſon⸗
dern wahrſcheinlich, ja nahezu gewiß. Nun iſt leider
nichts geeigneter — die Thatſache kann nicht beſtritten
werden, — das proteſt. Gefühl gegen die Katholiken
aufzuregen, als die Jeſuitenfrage! Gufe: Leider h

Selbſt gut geſinnte Konſervaͤtive hätten nicht mehr
wagen dürfen, mit uns ein Schulgeſetz zu machen,
wenn hinter ihnen das wegen der Jeſuitenfrage in
konfeſſionelle Erregung verſetzte proteſtantiſche Volk
geſtanden haͤtte. Nun aber iſt die erſte Frage der
Gegenwart und einer abſehbaren Zukunſt die Frage
der Bekenntnißſchule, weil ſie ein iutegrirender Beſtand⸗
theil der Frage des Jahrhunderts, der ſozialen Frage
iſt (ebhafter Beifall) Im Lichte der ſozialen Frage
hat die Schulfrage eine Bedeutung gewonnen, die ſie
vordem nicht beſeſſen hat. Wenn Europa vor dem
Vandalismus der zukunftsſtaatlichen Ideen bewahrt
werden ſoll, dann muß die heranwachſende Jugend
auf chriſtlicher, konfeſſioneller Grundlage erzogen
werden. ebhafter Beifall) Deßhalb handelte es
ſich in dem unſcheibaren Hauſe am Dönhoffsplatz um
die Entſcheidung über die Zukunft von Kirche, Staat
und Geſellſchaft. Da konnte unſere Wahl nicht
zweifelhaft ſein. Nun hätte man ja ſagen können,
wir hätten den Jeſuitenantrag nach Zurückziehung
des Schulgeſetzes wieder einbringen ſollen Aber ganz
abgeſehen von der geſchäftlichen Lage, mußten wir die
dringende Verpflichiung fühlen, den Verſuchen, das
Kartell oben wieder in Aufnahme zu bringen, durch
nichts Vorſchub zu leiſten. War die Lage vorher
ſchlimm, ſo war ſie nachher noch viel ſchlimmer.
(Sehr richtig) Der Liberalismus hat ſich inzwiſchen
unſere Köpfe darüber zerbrochen Geiterkeit), was wir
nun beginnen werden; man ſagte ſchon, wir würden
die Jeſuitenfrage fortan nur noch in unſeren Volks—
verſammlungen verhandeln. Dem gegenüber erklärte
ich ganz eniſchieden, im Auftrag des Vorſtandes der
Centrumsfraktion auf der 39 Generalverſammlung
der Katholiken Deutſchlands: Das Centrum wird den
Antrag Windthorſt als Antrag Graf Balleſtrem wieder
Grauſender, langanhaltender Beifalh.
Und es wird ihn dann keiner Vorlage, keiner poli—
tiſchen Lage zu Lieb wieder außer Verhandlung ſetzen.
(Stürmiſcher Beifall)

Ich erkläre drittens: das Centrum wird ſeine Je—
ſuiten zu vertheidigen wiſſen gegenüber allen wenn
auch noͤch ſo ſchmachvollen Verleumdungen. (Gravoy







Eine blaue Schleife.
SGiſtoriſche Novelle von Antonie Heidſieck—
Nachdruck verb.

Mein Schwager war ein zügelloſer, ausſchweifender
e e“lsbl Zwei ungleichere Brüder hahen wohl ſelten unter
Berzen einer Wuͤtter geruht. Alz ich erwachte, ‚ Aaus
Hög CUiten, tiefen Schmerz, war ich Gefangene eines wohl-
Hupsen BVerwandten, der Ddie Erbichaft alS cin Mittel
ing ſeines wilden Leben3 . betrachtete, und , i
entblödete, mit entehrenden Anträgen der trauernden
2* zu naͤhen. Oftmals wollte ich fliehen, gleichpiel
Dn , immer wurde mir die Flucht vereitelt. Auf Hülfe
Außen konnte ich nicht rechnen, denn mein Vater par
Mack . UnNd wer hätte meiner Mutter gegen den reichen,
Ötigen Qord.geholfen!
fom,- Da hieß eS plößlich im Schloß: Konig Heinrich
er zur SJagd nadh Latimerhouje. König Heinrih! IH
Gesrad beim Klange Ddiefes Namens, . aber mein zweiter
jag e war: Suche Rettung bei ihm! Mit Herzklopfen
ufme.“_b dem verhängnißvollen Tage entgegen. Ein zwei⸗
föni ig Schwert durchzuckte meine Seele, als ich den
FJagdzug in daſſelbe Schloßthor einziehen ſah,
844 Slügel fih vor weligen Fahren einem. glüclichen
Her tPaare, vor wenigen Monaten der Leiche des Schloß-
&Ün? geöffnet hatten, und als ich die Kunde exhielt
Dn &. Deinrihh habe ſich mit dem Hausherrn in die für
!nutt)nnßemcf)teten SGemächer. zurücgezogen, va ging ich
28 und entichloffen den [Hweren, bittern Gang.
un SIn Vorzimmer ‚itand das ganze Königlidhe Jagdgefolge
Ung . Veugierig . blict zuNes auf die fremde Frauener]chein-
Wgrfe; O „ Tieß mich melden durch den Adjutanten und
den te peinvolle Minuten, bis derſelbe wieder erſchien,
4 wie Dolchſpitzen fühlte ich die Blicke der fremden
*44 auf mir ruhen Aber noch peinvoller war der
ed des Koͤnigs Ex wollie jeß nicht gejtört werden ;
*4 ich etwas woͤlle, ſoſlte icy mich nur. an den. Schloß-
as D
Ötayen er in SGegenwart 10 Bieler ! { {
Nitolz: bäumte-fich in mir auf, einen Blick, der leinen



Viderſpruch duldete warf ich auf den Adjutanten, ' dann
ſchritt ich entſchloſſen der Thür zu, die mich von des
Konigs Zimmer trennte Entſetzen übex dieſe ungeheure
Kühnheit lähmte die Umſtehenden, ſo daß Keiner mir den
Veg vertrat; ich klinkte die Thür guf und ſtand Englands
Koͤnig gegenüber, vor dem ich jüngſt ſo erſchrocken Er
ſaß nachläſſig in einem Seſſel, neben ihm ſtand mein
Schwager, Eduard Larimer.

„„Sie wagen es, unſeren Befehlen Trotz zu bieten,
Mylady, wenn wir Sie nicht ſehen wollen? donnerte
mich der Koͤnis wüthend an So war mein Empfang,
aber ich ließ mich nicht zurückſchrecken und nachdem ich
meine Lage ihm geſchildert, ihm gejagt, daß ich mein
Schickſal verkrauensvoll in die Hand des Herrſchers lege,
zu dem ein ganzez Volk voll Liebe und Vertraͤnen auf⸗



Sie aus unjerer Hand das Eigenthum
zurück, Mylady! Wo Sie einſt Herxin waren, ſollen Sie
ts wieder fjein!. ... Lord Latimer“”, wandte er ſich an
diejen, / „„Sie verlaffen . auf der Stelle dies Schloß, Ddas
Ihnen nicht wmehr gehört und beläſtigen Ihre Frau Schwä-
gerin feine Sefunde länger . .. Sie aber, geehrte Frau
Virthin,“ ſprach er weiter zu mir, nachdem Eduard das
Zimnier verlaſſen hatte, rüben wohl Gaſtfreundſchaft

Ihres Gaͤtten


fruͤh feſtgeſetzt hatte.““

„Wie ein Traum dünkte nir das Erlebte. Mit einem
Machtſpruch beraubte Englands König einen ſeinen Unter—
Hanen ſeines rechtmäßigen Eigenthums zu Gunſten einex
Frau, die ihre perſönliche Bekanntſchaft mit ihm
nen Ungehorſam erzwungen hatte Ach!
ſchleier deckte freilich dem Frauenblick, der ſonſt ſcharf iſt,
wones gilt, Männergefühle zu errathen, die Motive
jeines Handelns. Mit welchen Entſchlüſſen er am andern
Morgen Latimerhouſe verließ und wie bald er zurücklehren
würde ich ahnte es damals noch ücht; ich lebte abgeſchieden
von der Welt in meinem ſtillen Schlöß nur dem Andenken
an meinen verſtorbenen Gatten.

Doch kaum war das Trauerjahr voriber, kaum hatte
meines William Todestag im Jahreswechſel ſich erneut,


da kamen König Heinrichs Boten und trugen mir ſeine
Hand und Englands Königsthron an. Schon wollte ich
ein kurzes, entſchiedenes „„Nein!““ ſprechen, denn noch
blutete friſch die Wunde um den Tod des geliebten Gatten
und ich vermeinte nicht die Kraft zu haben, mit einem
Andern zum Altar zu treten. Doch wieder ſah ich den
Blick, den Heinrich mir zugeſchleudert hatte, als ich gegen
ſeinen Willen ſein Zimmer betrat, und ich zitterte, Dies
Nein! auszuſprechen, denn der König, dex mich zur
Herrin von Latimerhouſe gemacht hatte, beſaß die Macht,
mich ſeine Nache fühlen zu laſſen, ſchlug ich die Ehre aus,
die er mir bot. Zum Tode betrübt, ging ich zu Williams
Grab, und da Tam es über mich wie eine heilige Offen—
barung von oben; ich bedachte, daß Alles im Leben Fügung
einer höheren Hand iſt, daß ja auch Ddieſer königliche
Antrag Gottes Fügung war, daͤß ſein Wille mich auf
Englands Königsthron rief, auf dem ich Gutes wirken könne
an der Seite eines Heinrich Ich bezwang mich ſelbſt und
meinen heißen Schmerz um mein im Grabe ruhendes
Lebenzglück, opferfreudig wollte ich für Englands Volk
dieſe Ehe eingehen und ſandte dem Könige mein Jawort
Es ward mir namenlos ſchwer, denn ich ſah Anna Boleyns
und Catharing Howards blutige Schatten, als unverſöhnte
Geiſter vor mir ſtehen.

Ein grollendes Schweigen ampfing mich in den
als ich als Heinrichs junge Gattin
hier anzog denn man heſchuldigte mich ehrgetziger hoch—
müthiger Äbſichten, als ich, ungewarnt durch das Schickſal
von dier Vorgängerinnen, die ſechſte Gemahlin eines
Königs ward an deſſen Hand Gattinnenblut klebt.

Aber ich beklage mich nicht, ich habe nicht vergebens
meinem Vaterlande das Opfer einer zweiten Heirath
gebracht, ich bin glücklich. Mich ſchrecken nicht mehr
Auna Boleyns und Catharina Howards blutige Schatten,
ich ſtehe in König Heinrichs Liebe, denn uns vereint
der heilige feſte Buͤnd Goties, der die Grundlage jedes
Eheglückes iſt.“

Foͤrtſetzung folgt)

































































 
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