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Pfälzer Bote für Stadt und Land (27) — 1892

DOI Kapitel:
Nr. 211 - Nr. 220 (17. September - 28. September)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44150#0867

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— tägu« mit Autnahme der Sona- und Feiertoge
— — vierteljährlich
5n . .20 ohne Trägerlohn u Voftauffolag Beſeliungen
— n. bei ber Expedition Zwingerfiraße 7.



4 6 * — — —
— Julius Jecker in Heidelberg.



für Hlatlt




Anzeige:Blatt für die Amtsbezirle Heidelders,
Sadenburg, Weinheim, Schwegingen, Philippsburg
Ziesloch, Bruchfal, Bretten, Nedargemünd, Mo8dag
Eberbach/ Buchen — —⏑

à.

Druct/ Bexlag u. Exxedition von Gebr. quber
in Beidelberg, Zwingerſtraße 7.







Beſtellungen

den „Biäizer Boteu werden fortwährend bei

rrichen Boftanitalten, bei unjeren Trägerinnen,

8 in anſerer Expedition Heidelberg, Ztuger⸗
— — —

di



Iiofielling des heiligen Llies det der
Straffammer in Trier.

die Wie ſchon mitgetheilt, hat am Montag in Trier
R.; Serhandlung gegen den proteſt. Theologen
{ \9ard wegen Beleidigung des Biſchofs von Tüer
e tgefunden. Der Staatzanmwalt beantragte gegen
g ward eine Gefängnißſtrafe von zwei Monaten uͤnd
Sgen den Verleger Sonnenburg eine ſolche von drei
dı den, fowie Beichlagnahme der Flugjehrift. Als
gn Slugijchrijt „Die Trierer Nockfahrt unter der Aera
— einige Wochen nach Schluß der Ausſtellungs—
uͤchtriten von der Trierer Verlagsfirma Sonnen—
8 ansgegeben wurde, hielt man vielfach den einen
* den andern höherſtehenden Beamten fuͤr den Ver⸗
* irregeleitet durch die Ankündigung des Verlegers
er der (anonyme) Verfafjer Fraft der SteNlung, die
un Zr einnehme, ganz bejonder& zu einer Beurtheil-
dies, berufen fei. Im Laufe des Procefjes hHat fich
* räthſelhafte Hindeutung freilich als eine ge—
— Geſchäftsrecläme erwieſen, indem fich
* lugendlicher Student der evangeliſchen Theologie
eers Reichard als Verfaſſer entpußpte. In weitern
ien iſt jedoch die geringe Bedeutſamkeit des auo⸗
Uen Verfaſſers' kaum bekannt geworden, und wuͤrde

Yus,Daher auf gegneriſcher Seite die tendentiöfen
brunge der Flugſchrift, wenn ſie ohne Wider—
u

Ü © von berufener Seite geblieben wären, al8 die
n‘mberlegbaren Bekundungen eines „hochſtehenden
— — unfehlbar noch ſpäter verwerthet haben.
2 je Beleidigung des Biſchofs iſt von der Staats—
Mauſchaft in 8 Puntkten gefunden worden Reichard
— u a, der Biſchof habe mit der Ausſtellung
»ſchmachvolles Schaufpiel“

* veranſtaltet, durch
44* ſei die „Brandfackel des confeſſioneilen Un?
dens in die Welt gefchleudert morden, obwohl e8

* Biſchofs heiligfte Pflicht geweſen ſei die Erhaltung
S innern riedens zu fürdern.“ „Der Bijhof hHabe,
f leinen Zweck zu erreichen, die AuSftelung veran-
ültet, obwohL er fich bewußt gewefen fei, ein trauriges
© d aus der Rumpellammer des Mittelalter8 an’3
zu ziehen.' Die Ausſtellung ſei nur eine tenden—
Beronſtration der römiſchen Kirche gegen die
iſche Stgatsverwaltuns Mit gut gefpielter
eleqelfterung habe der Biſchof in bewußter Weiſe
* religibſe Feier zu politiſchen Zwecken mißbraucht.
da ſeiner Anfprache bei Sröffnung der Ausſtelluug
* der Biſchof mit wilder Bewegung, mit faͤnatiſch
2— Fauſt und mit dem gellenden Klang der

me Begeiſterung zu entzünden verfucht. Bei
erſuchun; der Reliquien habe er die Zuziehung
i erteüſcher Archäologen vergeſſen; aber wem paſſire
¶ dei Vergeßlichteit ? Bijchof Korum habe die
miff}‘fät gehabt, vor der Welt den Anſchein einer
Y entfHaftlichen Unterfuchung zu erweden. Der
5““5‚% habe, um das Geſchäft auf beiden Seiten nicht
Lren, ſich mit den Argenteuilern geeignet, daß beide
* cht ſeien. Weiter wird der Biſchof als treff—
588 Werkzeug des Friedenspapſtes und ſcheinbarer
endapötel bezeichnet. Es ſei der Mann, der am
* »lſeiner Mutter eine franzöſiſche Grabrede ge—
Viiger in franzoͤfiſchet Eprace degrußi der
—— nicht das mindeſte Entgegenkoͤmmen be—

Rı 1 m
S meicbarb verſichert, mit der Harausgabe der
2* die Wahrnehmung evangeliſcher Fntereſſen
dunden zu haben Die evangeliſche Kirche ſehe
urch die Ausſtellung angegriffen und herausge—
8* Dieſelbe habe eine Heerſchau ſein ſollen.
tin ‚ vangelijdhe Kirche betrachte die Ausſtellung als
er toment in Ddem Streben des Ultramontanismus
üg e auf Ausrottung der evangeliſchen Kirche ge—
R f fei. „Wenn du beten willſt, ſo gehe in dein
eclein, und wenn du Gott anbeten willſt, ſo
S! dır ihn im Geifte und in der Wahrheit an-

Doas ift in Trier nicht der Fall gewefen,

*



Ind daher habe ich es als meine Pflicht erachtet, eine
Antwort zu geben.

Vorſ. Muͤller In welcher Eigenſchaft haben Sie
die evangeliſche Kirche vertrẽten?

Reichard. Nicht nur evangeliſche Profeſſoren,
Theylogen u. ſ. w. haben die Iniereſſen der evangel.
Lixche zu vertreten, ſondern jeder evaͤngeliſche Mann
Ich venme dieſes Recht um ſo mehr in Anſpruch, als
ich Studirender der evangelichen Theologie im achien
Semeſter bin.

Vorſ. Würden Sie einen katboliſchen Seminariſten
für berichtigt halten, einem General⸗Superintendenten
in ſeinen Amtshandlungen anzugreifen?

Reichard. Ich glaube nicht. Sonnenburg nimmt
chenfalls die Wahrnehmung berechtigter Intereſſen in
Anſpruch.

Biſchof Korum ſagt als Zeuge (nach dem
Bericht der Köln. Volksztg. folgendes aus: Ich habe
den Straf Antrag geſtellt weil ich in der Flugſchrift
ein gegen die Kirche, die ich hier zu vertreten habe,
gerichtetes Machwert und eine Verſpoͤttung der Reliquiè
erblickte. Ich ſelbſt werde als Lüguer und ver—
ſchnitzter Menſch hingeſtellt. Ich war es meinen
Gläubigen ſchuldig, den Strafaͤnirag zu ſtellen.

Borf.: In wie weit iſt die Reliquien-Verehrung
eine Einrichtung der katholiſchen Kirche?

Biſchof Korum: Der Reliquien-Cultus iſt ein
Dogma der katholiſchen Kirche.

Vorſ: Nun wird aber geſagt, daß man die Ver—
ehrung der hieſigen Reliquié nicht als Gebrauch der
katholiſchen Kirche betrachten könne.

Biſchof Korum: Daß die Verehrung des h. Rockes
gegen Beſchimpfungen geſchützt werde, erachte ich als
eine nothwendige Confequenz der Reliquien-⸗Verehe⸗
ung im Allgemeinen.

Der Vorſitzende verliest die bereits mitgeiheilten
Stellen, welche gegen den Biſchof perſönlich gerichtet
ſind. Biſchof Korum: Freilich iſt das eine Beſchinipf—
ung meiner Perſon, denn ich habe die Ausſtellung
als Biſchof veranlaßt. Wuuder ſind nach meinem
Dalürhalten wie 1844 ſo auch bei dieſer Ausſtellung
geſchehen Ich habe mit der Veröffentlichung gezögeri,
ein Jahr lang, damit man dieſe Vorgängẽ nicht auf
eine augenblicliche Erregung zurückführen köune.
Waͤhrend des ganzen Feſtes iſt kein Wort gefallen,
welches ein anderes Bekenntniß beleidigt hHätte. „Sin
taurig? Stück Cultux aus der Rumpelkammer des
Mittelalterz an das Tageslicht zu ziehen,“ daran
habe ich nicht gedacht. Zu dem Vorivurf, ich habe
eine tendentiöſe Demonſtration gegen die preußiſche
Staats-Verwaltung veranſtaltet bemerke ich: Ich
habe mit dem Oberpräſidenten über Ddie Sache ge-
ſprochen. Ich bin in keiner Weiſe vom Staate be—
hindert, im Gegentheil iſt mir völlig freie Hand ge—
laſſen worden. Der Staat hat in der Ausſtellung
nichts Staatsgefährliches erblict. Auch das Dom?
Capitel hat mein Vorgehen vollkommen gebilligt.

Vorſ: Es wird eine Beleidigung aͤn der Stelle
gefunden, daß Sie mit wildex Bewegung, geballter
Fauſt und mit dem gellenden Klang der Sümme Be—
geiſterung zu entzünden geſucht hätten.

Biſchof Korum: Ich kann das leider nicht beur—
Hheilen, aber ich glaube gewiß, daß der Vorwurf eine
Beleidigung iſt.

Vorſ.: Auch wird eine Beleidigung darin gefunden,
daß Biſchof Koppes die Anregung der Ausftellung
bei der Katholiken-Verſammlung vorher quaſi mit
Ihuen abgekartet hätte.

Biſchof Korum: Das iſt falſch. Es hat gar keine
Beſprechung ſtattgefunden. Was Biſchof Koppes
ſagte, habe ich gar nicht geahnt. Nur aͤls wir von
Hauſe weggingen, fragie er mich: Soll ich etwas vom
h. Rack ſagen? Ich etwiderte: Das mögen Sie thun
wie Sie wollen. Nur behalte ich mir die Antwort
vor Gewiß iſt in dem Vorwurf eine Beleidigung
enthalten, da der Vorgang wie eine abgeſprochenẽ
Komödie geſchildert iſt. Auch die Bemerkung daß er
aus (abſichtlicher) Vergeßlichkit die Zuziehung un
parteüſcher Archaͤologen unterlaſſen, und die Uuter—
ſuchung der Religuie nur angeſtellt habe, um den
Anſchein einer wiſſenſchaftlichen Unterſuchung zuͤ er—
wecken, betrachtet Biſchof Korum als eine Beleidigung.
Der Vorwurf, er habe, um das beiderſeitige Geſchäft
nicht zu ſtören, ſich mit Argenteuil dahin geeinigt,



daß beide Röcke echt ſein ſollten, ſei eine Beleidigung
ſchwerer Art. Wir ſind über gar nichts übekein!
gekommen. Wir haben nur feſtgeſtellt, daß der Roͤck
von Argenteuil von ganz anderm Stoff fei als das
h. Kleid hierſelbſt Biſchof Korum ſchildert ſodann
die im Verein mit drei Herren aus Argeuteuil ange—
ſtellte Unterſuchung eingehend.

Bezüglich der Inſinuation, es ſei ihm nur um
die Opfergelder zu ihun geweſen, verweist Biſchof
Korum auf das Zeugniß der Domherren, denn das
ſei deren Sache. Bei dem Einkoinmen um einen
Ablaß habe ich den h. Vater gar nicht gebeten, für
die Gewinnung desſeiben die Bedingung von Bpfer⸗
geldern zu ſteuen. Ich habe in nieinem Geſuch gar
nicht von Geld geſprochen. Einzige Bedingung war
Empfang der Saͤkrament.

Vorſ.: Dann werden Sie als ſcheinbarer Friedens⸗
apoſtel bezeichnet, den die Diplomatenſchule franzöſiſch
geſinnter Jeſuiten zu ſeiner ach ſo ſchweren aͤber
dankbaren Aufgabe erzogen habe. Weiter heißt es:
Es iſt der Mann, der am Grabe ſeiner Muͤtter eine
franzöſiſche Rede gehalten, Pilger in franzöſiſcher An-
ſprache begrüßt, der Regierung nicht daͤs mindeſte
Entgegenkommen bewiſen hat ufw.

Biſchof Korum: Das Thatſächliche iſt alles falſch.
Ich bin nie in der Schule franzbſiſcher Jeſuiten ge-
weſen, ſondern in Innsbruck, und dori waren deutſche
Jeſuiten meine Lehrer. Ich habe bei dem Begräbuiß
meiner Mutter nicht geſprochen, weder zu Haus, noch
in der Kirche, nach am Grabe Was ich gefprochen,
waren nur die Worte: Requiem aeternam dona ei
Pomine Ein franzöſiſches Gebet iſt bei uns gar
nicht Sitte. Was die franzöſiſche Anſprache an die
Pilger betrifft, ſo waren ſie gar nicht aus dem Elſaß,
wie behauptet wurde, ſondern aus Metz. Ich be—
ſichtigte gerade mit dem Biſchof von Regensburg die
Liebfrauenkirche, als in den Chor ein Géiſtlicher aus
Metz kam und mir ſagte: Der Biſchof von Metz bitte
mich, einige Worte zu den Pilgeru zu ſprechen Wie
ſoll ich ſprechen: Deutſch oder Franzöſiſch? fragte
ich. Franzöſiſch, weil die Pilger des Deutſchen uicht
mächtig ſind. Die Anſprache war olſo vollftändig
improviſirt. Zu den Elfaſſer Pilgern habe ich Deutſch
geſprochen. Die hätten mich auch nicht verſtanden,
wenn ich franzöſich geſprochen hätte.

Vorß: Daͤnn wird Ihnen der Vorwurf der Reichs—
feindſchaft gemacht Der Vorſitzende verweiſt gleich—
zeitig auf den Artikel der Augsburger Allgemeinen
Beitung.

Biſchof Korum: Als ich nach Trier kam, wurden
in den BZeitungen viele Angriffe gegen mich gerichtet.
Ich habe ſie nie geleſen, wie ich überhaußt ſolche
Schreibereien nie berückſichtige. Nur mündlich wurde
nir einges geſagt. Von der Erzählung der Allgein.
Ztg. (Wir wollen keine Deutſchen uſw.) iſt kein Wort
wahr. Nie iſt von dem Domcapitel von Straßburg
ein ſolches Schriftſtück ergangen. Ich habe nie ein
ſolches unterzeichnet. Ich war ſo wenig deuͤtſchfeindlich,
daß ich häufig in den deutſchen Studenten⸗Verein
Frankonia ging; nach dem Kriege übernahm ich Monate
lang die Paſtoration der Soͤldaten und dergleichen,
ohne je eine Vergütung zu erhalten.

Staatsanwalt Malimann erſucht, den Biſchof zu
fragen, ob er nicht einmal zu elſaͤffiſchen Geiſilichen
geſagt, er erachte es als ein Unglück. wenn Elſaͤß—
Lothringen wieder franzöſiſch würde. Biſchof Koruͤnl:
Ich bedauere ſehr, weun das hekannt geworden iſt
Ich habe es im vertrauten Kreiſe einer Abordnung
von eljafjer Prieſtern geſagt, habe ſie gebeten, die
Verhältniſſe, wie ſie ſeien, zu nehmen, zu arbeiten für
das Heil der Seelen und das Andere bei Seite zu
laſſen. In einer Unterredung ſprach mir ein Mal
der hieſige Regierungspräſident dabon und ſagte, das
habe ihn ſehr erfreui. Amtlich war das nicht, ſondern
bei einem Beſuche.

Verſ: Noch wird eine Beleidigung gefunden in
dem Motto der Broſchüre Quousqué taſdem abuterè
Catilina patientia nostra. Biſchof Korum: Nach dem
ganzen Tenor der Schrift muß man das ſo auffaͤſſen:
Ich ſei Catilina, der Rom, das ift den Staat, be-
drohe.

Angekl. Reichard liest eine Reihe von Stellen
der Kirchenlehrer vor, worin von Adoration der Reli—
quien geſprochen werde; das heiße Anbetung.


 
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