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Pfälzer Bote für Stadt und Land (27) — 1892

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Nr. 221 - Nr. 230 (29. September - 9. Oktober)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44150#0911

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Beilage UnterHaltungsblatt) für das 4 Quartal
; 892 zu dem bekannten Abonnementspreiſe wolle man
dei der nächſten Poſt Anſtalt, bei unſern Boten oder
nder Expedition bald gefl. machen.
Der Pfaͤlzer Bote erſcheint täglich und iſt in ea.
0Poſtorten, worunter Otte bis zu 95 Exemplaren
derbreitet.

Inferate finden durch den Pfälzer Boten die
wirkſamſte Verbreiiung und werden pro Zeile mit nur
10 ®ig. Gerechnet.

“— —

Liehkulcht in Freibug.

(Schluß.)

. Mbg‘ Wacker fährt fort: In Gegenfaß zum. [on-
S}‘%EH Verhalten der ſozialdemokratiſchen Preſſe habe
Pr. Liebknecht ſich für das Projekt einer Weltaus⸗
lellung in Berlin erwärmt und gemeint: Hätte die
Reichshehörde hierfuͤr Gelder bewilligt, ſo ſeien dieſe
Gelder produktiv ‚angelegt; das ſei nicht geſchehen,
man werfe das Geld für Veilitärzwecke zum Fenſter
Yinans“, Der Vorrednex ſei aber den Beweis dafür
ſchuldig geblieben, daß eine große Induſtrie Ausſtell⸗
Ung einen Nugen bringe, der dem Aufwand entſpreche
Luch duͤrfte wohl Niemand glauben, daß wir 20
Jahie lang Frieden gehabt hätten wenn wir ner für
Kultur· uud Induſtriezwecke die Staats⸗ und Reichs⸗
gelder verwendet hätten.

Inm zweiten Theile des Vortrags habe Liebknecht
ſich dem vorgeſteckten Thema genähert, aber auch hiet
ſich die Aufgabe leicht gemacht. Es ſei doch gar zu
einfach fich die Geſellſchaft vorzuſtelleu. als beſtehknd
aus Arbeitenden, die aus gebeutet werden, und aus
Nüßiggangern. welche die Arbeitenden ansheuten
Das ıft eine. Eintheilung, die nur einer verhezenden
Abſicht euifpringt S3 giebt mehr als genug Müßig⸗
gänger, aber nicht nur oben, jondern auch: unten ;
Nicht nur bei den Ausbeutern, ſondern mindeſtens
ebenfoviele . bei den Ausgebeuteten. Auch die ſos
Ausbeuler entſtehen nicht durch Zufall und nicht gon
elbſt Manche, die geſtern noch Arbeiter waren, ſind




giebt nicht nur eine Ärbeit der Hände,
wärtig, noch in Zukunft; auch im ſozialdemokraliſchen








Zukunftsſtaat wird die Arbeit des Geiſtes noch einen


Liebknecht habe ſich den Gedanken angeeignet.
„Von ſeiner eigenen Arbeit wird heutzutage niemand
Die
Schlußfolgerungen, welche der Vorredner daran
knüpfte, hatten ebenfalls weſentlich nur einen ver—
hetzenden Charakter. Mag es bei einigen Wenigen
vorkommen, daß ſie ſich durch die Arbeit Anderer


ſpruch in ſeiner allgemeinen Faſſung ebenſo unwaͤhr,
wie ungerecht.

SOebknecht hat geſagt, daß man die
Sozialdemokratie verleumde, wenn man ihr vorwerfe,
ſie ſtöre den ſozialen Frieden, hat den Beweis aber
nur dadurch zu erbringen verſucht, daß die Sozial—
demokratie die Streiks nicht provozire, ihnen vielmehr
entgegentrete. Mit ſolch nebenſächlichen Bemerkungen
wideriegt man ſo ſchwere Vorwürfe nicht! Die
Hauptgefahr liegt darin, daß die Sozialdemohratie
die Geſellſchaftsordnung umgeſtalten will im Wege
des gewaltſamen Umſturzes Auch darüber verliert
der Herr Vorredner kein Wort, trotzdem er in Mar—
ſeille die revolutionäre Internationale hat hoch leben
laſſen. Man möge aus dem ſozialdemokraͤtiſchen Pra—
gramm nur irgend einen Punkt herausgreifen. 3 B.
die Aufhebung des Privateigenthums, um die Undurch—
führbarkeit einzuſehen. Mit der Umgeſtaltung des
Privateigenthums müßten auch die Menſchen umge—
ſtaltet werden, wenn ſich die Träumereien verwirk—
lichen ſollen, welche an jene Abſchaffung geknüpft
werden; vor Allem muß die Selbſtſucht, der Eigennutz,
die Gewinnſucht u. dral aus den Herzen der Menſchen
geriſſen werden, dena ſonſt werden immer wieder
Vergehen gegen daz Eigenthum vorkommen! Eine
ſolche ideale Umgeſtaltung der Menſchen wird aber
niemals erreicht werden können,
durch die Moral der Sozialdemokratie, wo der Glaube
an eine Vergeltung im Jenſeits, der Glaube an einen
richtenden und ſtrafenden Gott fehlt, ja, wo man
dieſen Glauben ſogar feindſelig bekämpft und ver—
ſpottet.

Der Vorredner habe ſich auch zur Militär—
Vorlage geäußert. Was bisher darüber in die
Offentlichkeit gedrungen. müſſe allerdings jeden

denkenden und patrioliſch fühlenden Mann mit den
ſchwerſten Befürchtungen erfüllen. Herr Wacker
äußert dann perſönlich: „Ich glaube, daß ich für
meine Perſon ſchwerlich für die Militär-Vorlage
ſtimmen würde, wenn ich mit abzuſtimmen hätte.


Aber ſelbſt wenn die Militär-Vorlage in ihrem jetzi—
gen Umfange eingebracht und vom Reichoͤtage abge⸗
ſehnt werden würde, dann würde doch nicht eintreten,
waͤs Herr Liebknecht angedeutet hat, daß nämlich die
Sozialdemokratie aus einer Auflöſung des Reichstages
den ganzen Vortheil allein ziehen würde. Ich hoffe
ſogar gerade das Gegentheil: Das Volk wendet ſich
immer mehr von der Sozialdemokratie ab.

Gottlob, daß das Sozialiſten-Geſetz gefallen iſt;
gottlob, daß die Sozialdemokraten ſich ‚offen aus-
ſprechen koͤnnen, — wenigſtens können! damit
dem Volke die Augen aufgehen über das Weſen und
die letzten Ziele der Sozialdemokratie. Nicht immer
reden die Führer der Sozialdemokratie eine offene
Sprache; ihre Sprache iſt verſchieden, je nach den
Umſtänden, nach dem Publikum u. dgl.

Herr Liebknecht haͤbe geſagt, daß die Sozialdewo⸗
kraten auf das Land gehen wollen, um das Landvolk
„aufzuklären“. Sut! Dann ſollen die Sozialdemo—
kraten aber auch nicht nur offen reden, ſondern über
alle ihre Programmpunkte reden. Sie ſollen dem
Landvolke nicht nur von ſeiner Verſchuldung reden,
wie Herr Liebknecht es heute für gut gehalten hat,
ſondern ſie ſollen auch das Landvolt belehren 1über
die Rolle, welche die Religion und Kirche in dex neuen
Geſellſchaftsordnung ſpielen werden; 2. darüber, 0O
wir in der neuen ſozialdemokratiſchen Geſellſchafts—
ordnung unſere monarchiſche Einrichtung mit dem
Kaiſer und dem Großherzog an der Spitze beibebal—
ien weiden; 3. daruͤber wie ſich im Zukunftsſtaat
die Familienbeziehungen geſtalten werden; 4. darüber,
wie es im ſozialiſtiſchen Zukunftsſtaat mit denen ge⸗
halten wird, die aus Mangel an Fähigkeit oder gutem
Willen, oder in Folge von Schickfalsſchlägen nicht im
Stande ſind, das ihuen auferlegte Arbeitsquantum zu
liefern.

Wenn Herr Liebknecht auf dieſe Fragen dem
Landvolke oͤffen, ehrlich und wahrheitsgetreu Auskunft
gibt, und wenn er dann noch Erſolge erzielt, dann
foll er Recht behalten, wenn er auch nicht Recht hat.


Nach einer Pauſe von 5 Minuten ergriff Herr
Liebknecht das Wort zur Erwiderung: Er
habe in ſeiner Rede die oͤrei aktuellen Fragen: 1
Elfaß-Loihringen, 2 die Militärfrage und 3 die
ökonomiſche Entwickelung berührt. Das ſeien die
Grundfragen der Jetztzeit. Er habe die Courage ge⸗
habt, den Franzoſen in iyrem Lande zu ſagen: Ihr
dürft nicht hoffen, Elſaß-Lothringen zurückzubekommen.
Er habe durch ſeine Erklärung ‚in Frankreich und















Die Afche feiner Frau.

Es war ein recht fidel ausſehender Kaxz/ ziemlich
Wohlgenährt, mit einex Naſe, die durch ihre Kouleur eine
gewiſſe Vorliebe für ſtärkere Getränke als Waſſer verrieth
ind der Miene größter Selbſtzufriedenheit, der dor Kurzeni
das Redaktionslokal einer Zeitung in San Franzisko betrat,
dem ‚anwejenden Redakteur einen Guten Morgen wünſchte,
fine Cigarre . offerirte, Die, Da ſie ziemlich vertrauener⸗
Wecdend ausjah, natürlih angenommen wurde, und folgendes
Selpräg anfnüpfte:

Sagen Sie mal, werther Freund, was haͤlten Sie
Slgentlich von dem jetzt ſo eifris befürwoxteten Projekt, die
Leichenderbrennung bei uns einzuführen?

„Nun, waz foll man dazıu Jagen. Die Sache gehört
— das — modernen Fortjchritts,“ lautete die
Antwort des dilo modernen Zeitunasſchreber?

„So, meinen Sie!“ . erwiderte der Beſucher im Tone
der Üeberlegung. „Waz mich anbetrifit, jo habe ich mit
einer diejer Leichenröftungsanftalten wirklich merfwürdige
Sriahrungen gemacht. Die Sache wixd Sie wohl intexeſ⸗
licen, Sie tönnen vielleicht einen Artikfel darüber {Oreiben,
Unt die Leute hier bei ‚Zeiten aufsuklären.”
$ Schießen Sie 103!“ munterte der Mann der Feder
den Rothnafigen zum Erzählen auf⸗

Wiſſen Sie,“ fuhr dicſer fort. ich lebte früher in
teuorlean3 und Hatte das Malheur, meine theure Gattu
durH den Tod zu verlieren. AlS fie {tarb, war gerade
Diel die Rede von einer kurz vorher gegründeten Leichen⸗
Verbrennungsgefellichaft, und wmeine geliebte Frau, die dem
SOrtfhHritt Huldıgte, in defjen Vereich wie Se vorher ſehr
Ichtiß bemerkten, die Leichenverbrennung gehört, nahm mir
8 dem Sterbebette-das Verfprechen ab; ihr unfterbliches
Theit durch den Schornſtein in das Reich der — aufs
eigen u laffen ihren Leib abex zu verbrennen Wie
Melanchokifch-angenehm es ſein würde hauchte Ke nocdh,
** Mund auf immer verftimmte, „wenn ich die Aſche
Serjenigen, die mir auf Erden das Liebſte geweſen, immer
Mit mir trüge, wo immer ich auch hinzöge,“ — natürlich
IN einer Baie, wie Sie fidh denkfen fönnen.”

Und Sie haben das Verjprechen gehalten?“

Selbſtverſtaudlich! Es war ibr.letzter Wunſch, viſſen
Sie, und dann dachte ih auch, Ddak der Säuterungsprozeß
in dem Backofen — Leichenverbrennungsapparut wollte ich
ſagen ihr Nichts ſchade, doch laſſen wir das! Kurz und
gut, ich ſaͤndte die Leiche per Schubkarren, nach der Ver—
brennungsanſtalt, ervielt eine Quittung, ſah meine Marie
fo zu fagen in Rauch aufgehen, und erhielt zwei Zage
darauf ein zierliches kleines Porzellangefäß voll Aſche, die
irdijhen Neberreite Der Mutter meiner Kinder, nach Veilchen
duftend, und der Deckel mit einem rofa Bändchen gefdhmückt.”

„Nun, das war doch ſehr hübſch! unterbrach der
moderne Zeitungsſchreiber, dem vor Rührung die Thränen
faſt in den Augen ſtanden, den Erzähler.

„Ja“ Juhr dieſex fort zuerſt machte, mix die Sache
Jelbit viel Spaß, nach und nach zeigten ſich aber auch die
Schattenfeiten, wenn man es ſo neunen darf. Ich hette
das Gefäß niit der Aſche meiner Seligen anfänglich im
Parlor itehen, bis mich ſchließzlich die Nothwendigkeit
zwang, daſſelbe formlich zu verſtecken. Niemand konnte er⸗
rathen, welch' koſtbaren Inhalt das Gefäß barg. Zeder

rite meiner unpergeßlichen Maxie wegen des ſtarken
Beuchenduftes für Parfüm, der Andere ſogar ſogar für
Zahnnulver.“

„Daß muß allerdinas ziemlich unangenehm geweſen
fein, bemerkte der Zuhörer

„Unangenehm, — Das ſollt ich meinen! Aber das war
noch lange nicht daz Schlimmſte. Denken Sie ſich, als ich
eines Fages nach Hguſe fomme, — ich mwar mittlerweile
naͤch Nemwyork übergefiedelt — finde ich mein neues Dienit-

Gemaͤhlin die Meſſer zu putzen!“
Entſetzlich!“

SJa, Sie haben Kecht, entſetzlich! ſtoͤhnte der,
bedauernzwerthe Wittwer.. „Doch. was, idh. Jagen wollte,“
fuͤhr er fich ermannend, fort, „war Folnendes Etwa ein
Sahr, nachdem meine Frau ſö zu ſagen, in Aſche gelegt



worden befaͤnd ich mich wieder in Neuorleans. Zufällig



traf ich mit dem Betriebsdirekter des Hochofens volte
fagen Leichenverbrennungsanitalt — bei einem Bankett zu⸗
Jammen und der gute Mann betrank ſich bei der Gelegenheit
ſo heidennäßig, daß mir als alten Bekannten nichts weiter
übrig blieb, als ihn nach Hauſe zu bringen. Unterwegs
mußken wir noch zwei- oder drei mal einkehren, un uns
zu Itärfen, der Venſch konnte nicht mehr auf den
Beinen flehen, müffen Sie wiſſen, — und das Reſultat war,
daß er fehr geſprächig wurde und mir alle Geheimniſſe
der Geſellſchaft in deren Dienſt er ſtand. verrieth, — mit
einem Wort. den ganzen Schwindel aufdeckte!

„Aha, jeßt fommt’3!“ warf der moderne Zeitungs⸗
ſchreiber ſich veraungt die Hände reibend, dazwiſchen.

„SKSawohl!“ fuhr dex Erzähler fort. „Er geſtand ganz
offen ein, daß die der Gefellſchaft ühergebenen Todten gar
nicht berbrannt würden Die Leichen würden nur zum
Schein in den Ofen gelegt/ fielen durch ein Loch in unteren
Theile deſſelben wieder heraus und würden bei Nacht und
Nebel zu Studenten der Medizin geſchafft die theuer dafür
bezahlten.“ —

Du meine Güte! Und die Aſche?“

„Mauleſelaſche! — Nichts weiter als Mauleſelaſche!
Die Baͤnde halte immer einige krepirte Maulejel vorräthig ;
ſobald eine Leiche verbxannt werden ſollte, wurde ein Stück
abgehadt und in den Ofen geworfen, durch den Geruch
fonnte man waͤhrhaftig nichk unterſcheiden, ob ein Menſch
dder ein Mauteſel in dem Ofen briet. Für die Aſche eines
alten Maulefels bezahlten die Hinterbliebenen dann die
Keinigfeit von -Doll. 25. Nun was ſasen Sie jetzt von
i Leichenverbrennung?“ fügte der Wittwer triumphirend

inzu.

Der Redakteur ſaß ſprachlos da. „Alſo die Aſche


, War Maulefelafche, Nichts als das! Sie können ſich
meine Gefühle vorflellen, als der Betrunkene mir ſeine


daß ich ein Gefaͤß voll verbrannter Hnochenreſte von einem
foͤlchen Thiere in der ganzen Welt herumgeſchleppt hatte

Sie haben daſſelbe nätürlich wfort weggeworfen —,“
bemerkte der Journaliſt in einem Tone, als ob es ſich um


 
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