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Pfälzer Bote für Stadt und Land (27) — 1892

DOI Kapitel:
Nr. 241 - Nr. 250 (22. Oktober - 3. November)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44150#0991

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K








Sriheint cäglıd mit Augnabme der Sonn- und —
Samfiags mit Unterbaltungsbeilage. Preis. viertetjäbrlich
M, 1,20 ohne Trägerlohn u. Pofauflhlag. Befelungen
bei den Poſtanftaltes n. bet ber Grpebition Bwingerüraße 7,

är 247

Berantwortlicher Redalteut:
Zulius Jecter in Heidelberg.

— ;—
für die zwei Monate

November u. —

auf den „Pfälzer Boten“ werden von allen Poſt-
anſtalten und Landbriefträgern, von den Trägerinnen
ſowie von der Expedition angenommen.



S-t. Das Borgwelen, eine Idhwere Schädi-
gung des Handwerkerandes.

. In den Handwerkerkreifen wird viel — und wahr-
b“!_fig n'cht mit Unrecht — über das Borgweſen, oder
befjer Unweſen geklagt und erklärt, daß der Ruin
mandheg Handwerkämeifier8 zum großen Theile dadurch
derbeigeführt werde, daß die Kundfebaft e& fich nicht
SNgewöhnen fönne, die von Handiverkern geliefetten
ÄArbeiten gleich oder doch nach einer kurzen Friſt zu
ahlen. Es iſt für denjenigen, welcher nicht in die
Techaͤriniſſe einen mehr als oberflächlichen Blick ge—
‘an hat, geradezu unglaublich, in welchem Umfange
das Kreditnehmen dem Handwerkerſtande gegenüber

rieben wiro, und zwar zum großen Theile von

Zten, die ſo ſituirt ſind, daß ſie wohl in der Lage
Axen ausgeführte Auftraͤge Jofort zu bezahlen. Uns
d Faͤlle befannt, in welchen Handwerkämeifter nicht

‘Onate, nein, Jahre lang große Poſten in ihren
Zchein ſtehen haiten, aber 'trötz aller Mahnungen
d Bitten keine Bezahlung von den betreffenden
— erhalten konnten, und doch waren dieſe ſtun—
A vermögende Leute. Die mertwürdige Anſicht, daß
$ ticht „uobel“ fei, Rechuungen jchnell zu begleichen,
DU die Schuld daran tragen, dafß manche Leute Ddie
ungen lange Beit in ihrem Schreibpulte lagern
üBen und e einen Handwerksmeifter fogar fehr übel

*omen, wenn er es dach längerer Friſt „wagt“, die
* daran zu erinnern daß et auch zur
ſeines Geſchäftes des Geldes bedarf. Nicht
DEl ijt e8jin Tegterem Falle ſchon vorgekommen,
SB der in BHöfliger Form um Zahlung bittende
f:;’““ werksmeiſter unwirſche Autworten erhielt und
ı bedeutet wurde, daß man, wenn er mit ſeiner
npigen! Forderung ſolches Weſen mache und der
x Agatelle“ wegen ſoläſtig“ werde, auf ſeine ferneren

Eufte verzichten müſſe. Daß ein derartiges Ver⸗

nicht zur Hebung des Handwerkerſtandes bei—




für Stadt


er zu den ſogenannten „kleinen Leuten“ gehört, und
eine größexe Anzahl ſolcher „noblen“ Kunden bat,


wir wohl nicht beſonders herborzuheben.
kundet es von Seiten der Beſitzenden
ringes Verſtändniß für die Lage
ftandes, wenn ſie deſſen Mitgliedern recht lange als
„Zierden! des Kontobuches dienen. Die
Handwerksmeiſter ſind heutzutage finanziell nichi ſo
deſtellt, daß ſie auf lange Zeit hinaus einer Reihe

Auch be⸗
ein ſehr ge—

können, aber ſelbſt, wenn ſie das könnten, würde dies
die Thatſache rechtfertigen, daß ſo Viele es ſchön
finden, einem Handwerksmeiſter gelieferte
recht lange ſchuldig zu bleiben? Es iſt ſicher,

wegen die von ihm benoͤthigten Rohmaͤterialien auf
Kredit nehmen und ſo theuerer bezaͤhlen muß,
wenn er ſie mit baarem Gelde einkaͤufen könnte, deun
der Kaufmann welcher die Rohmaterialien üiefert,
berechnet die Zinſen, die ihm die betreffende Kauf⸗
ſumme innerhalb der Zeit, bis zu welcher er Zahlung
von ſeinem Kunden erwartet, einbringen würde und
ſchlägt ſie auf den Preis der Rohmaterialien, der da—
durch natürlich höher wird Der Handwerksmeiſter
der in dieſer Weiſe ſeinen Bedarf deckt, verarbeitet
ſelbſiredend theureres Material als ſein Konkurrent,
der nur Baareinkäufe macht und die Folge iſt, daß
er wenn er etwas verdienen will, von ſeiner Lund⸗
ſchaft hoͤhere Preiſe für ſeine Arbeiten fordern muß,
als der andere. Hierdurch aber ſchon wird es ihin
erſchwert, mit dem Konkurrenten gleichen Schritt zu
balten. Und weiter! Wenn ein Handwerksmeiſtet,
der mit Kredit arbeitet, van ſeinen Kunden nicht be⸗
zahlt wird, ſo kann auch er den übernommenen Ver—
pflichtungen nicht nachkommen, und die Folge davon
iſt, daß die Lieferanten zu ihm das Vertrauen ver:
lieren, ihm keine Rohmaterialien mehr überlaſſen und
jo weiter. So geht denn der betreffende Haudwerks⸗
meiſter, trotzdem er ſich in ſeinem Hauͤshalte die
groͤßten Einſchränkungen auferlegt, trotzdem er ein
fleißiger, ſparſamer Mann iſt, immer mehr und mehr
in ſeinem Geſchäfte, in ſeinen Verhäitniſſen den
Krebsgang.

Wirzwollen nicht noch des Weiteren auf die
Schilderung der verderblichen Folgen des Borgweſens
für den Haͤndwerkerſtand eingehen; das, waͤs wir
kurz angeführt haben, dürftẽ genügen zum Beweiſe
dafür, daß, wenn eine Hebung des Handwerkerſtaudes
nicht nux frommer Wunſch ſein, fondern Thaiſache







{
1

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|
|

|

Auzeige- Blatt.für die Annsbezirte Heidbelberg,
Sadendurg, Weinbeint, Scwebingern, Philippshucg
Wiesloch, Bruchfal, Bretten, N- / rgemünd, Moßhech

— — — — — —

| . 3r Heidelderg, Ziwingerfraße 7.

—— u. Expedition von Geur. gubet 77 409

— *

werden ſoll, außer maͤnchen Auderem auch dem Borg⸗
unweſen ein Ende gemacht werden muß. Hierzu
kann jeder Freund des Handwerkertandes ein qules
Theil keitragen, wenn er es ſich nicht nur ſelbſt zum
feſten Prinzipe macht, bei einem Handwertsmeifier
entweder gar nicht zu borgen oder in kürzeſter Friſt
das zu bezahlen, was er von demſelben aufertigen
läßzt, ſondern auch in ſeineu Bekanntenkreiſen naͤch



aus Selbſtverſtändliches ift, wirkt... Wenn. in diefer
Weije von den Freunden des Haͤndwerkerſtandes ge⸗
arbeitet wird und die Haͤndwerkemeiſter ſelbſt auch
gegen das Borgweſen dadurch energiſch Front machen,


mende Friſt Kredit zu gewaͤhren, daun daͤrfie ein
Mittel gefunden ſein, welches zwar allein nicht den
Handwerkerſtand aus ſeiner ganzen heutigen Miſere
heraushringen kann, aber doch ichon Beträchtlithes
zur Beſſergeſtaltung ſeiner Lage wirkt



Deutſches Reich.

Berlin, 27. Ott. Die/Germania ſchreibt:
Herr Reinkens das Haupt der/Altkatholiken“, weilte
in den letzten Tagen hier; er war aus Bonn heruͤbet
gefommen, um am Sonntag einige angehendeAlt⸗
latholiken zu „firmen”. Wir würden von den
Herrn und ſeiner Gefolgſchaft, die man am beſten
der naturgemäß und unlufhaltſam ſich vollziehen dau
Zerſetzung überläßt, keinerlei Notiz uehmen, wenn er


die in der angedeuteten Richtung ſich v,Aziehäde
Entwickelung der „Alikatholiken“ höchft bemerkens⸗
werthe Anhaltepunkte geliefert hätte! denen wir zur
verdienten Publizität verheifen wollen. Nachden er
in jeiner am Sonntag in der Heiliggeiſtkirche ge⸗
haltenen Predigt, die bis auf einige wenige Stellen
ebenſo gut ein proteſtantiſcher Prediger haͤtte halten
können, das ihm geläͤufige Kapitel der Liebe befon-
ders eingehend vehandell und darin u A, auch die

Nächſtenliebe betont und hervorgehoben hatte, daß
man die Liebe gegen den Naͤchſten namentlich nicht

dadurch verletzen dürfe, daß maͤn freventlich über ihn


unlautere Motive unterſchiebe, hielt er am Montag
in den Arminſälen Unter den Linden einen Vortrag,
in welchem er natürlich abermals der Liebe das Wont





— — — —

Q0)
x von A. K. Green.

— des Mädchens Unruhe — deng ſie wollte nicht

— bannte fie mein {tarfer Wille an Ort und
Atefep - JE follte wijjen, Daß ein Mann in ihr Leben ge-
'»'S;‚:f“ jet, mit deſſen ſtolzem Herzen ſie kein leichtſinniges

<{ treiben dürfe. . S
geher *Ahdem ich Ddies erreicht bı ließ ich ſie
Irr Denn Miß Dudleigh. war leidend und Dbedurfte
Crfhei Die Zhür IOhloß fih Dhinter ihrer berücenden
&qq(‚emu“ß‚ das Geräuſch ihrer Tritte verklang in der
m $ aber i folgte in Gedanten der ſchlanken Geſtalt
— Kleide die breite Treppe hinauf. IhH jah
ineg _ von goldenem Tageslicht beleuchtet, DaS durch
(aud „r Senfter fiel, bald ſich van Ddem dichten Wein-
ſie —⏑ welches ein zweites Fenſter bekränzte, bis
Dohin ‚Jehen obexen Regionen des Hauſes —
Das 58'\ 9 meine kühne Einbildung nicht zu folgen wagte.
M qn d {Owebte mir {tet3 _ vor Augen, ich trug es
— : im Herzen fort, als ich mit glühendem Ver⸗
Oar :, ND feitem Entjchluß den Ort. verließ, Dden ich

— halben Stunde kühl und ſelbſtzufrieden

gnn r Dies

de
8
S

hatte,

e8 %. War der Anfang. Nach Verlauf einer Woche
yg * Tür mich weder in Himmel noh auf Erden
f he; Deres ala „diejes Weib. Yhr Name, - den i
%le"ßbton“.m“er zweiten Untexredung erfuhr, war Marah
* erit ” „° Vurde mein Loſungswort in einem Kampf.
Bla ‚Mit meinem Leben enden jollte: — So weit war
ng% Z Mit mir gefommen,--daß mir feine Wahl mehr
20° einem ara mußte mein eigen werden, ſie ſollte
— ‚Andern angehören; lieber wollte ich ſie todt
* * Süßen - fjehen. Troß‘. meiner niedrigen Ab⸗
4*4 Khct unſcheinbaren Perſbnlichkeit, meiner ge-
ü y ünüm' die taum hinreichten einẽ ſrau vor Noͤth
— * 3W {Oüßen,. irat ich kuhn mit der Fordergna
. Schön 3T Gattim zu haben. ' Sobald jich der. Ruf
YOhare r Deit verbreitete, umrtinaten die Bewunderer
Weife, aber das {jchredte mich nicht — i®

jeßte meine Vewerbung fort und fand endlih Gehoͤr
Zwar lautete das Verſprechen, welches ich erbhielt, mur
unbeſtimmt, doch war es weit mehr, al8 ſich irgend
einer ihrex anderen Freier rühmen Ddurfte, von ihr er-
langt zu haben Nach und nach zogen ſich alle von dem
Weltbewerb zurück und ließen mich. allein. mit.. meiner
Huldigung

Mgrah Leighton mar eine Waije und
ihres Unterhalts ganz bon Miß Dudleigh
dieſe Unſicherheit ihrer Lage ſteigerte aber nur meilne
zärtlichen Gefühle. Ich war zwar axm ‚ aber fie noch
ärmer. So. durfte ich denn Hoffen, fie werde in meiner
beſcheidenen Häuslichkeit gern alg Herrin ſchalten und
daran eine Befriedigung finden. wie fie ihr keine Ver-
wandte gewähren konnte, auch Bonora Dudleigh nicht,
bei, all ihrer @roßmuth. Mein Glück
hlieb jedoch nicht lange ungetruͤbt AI3 ih Marah befjer
fennen erute verd mir Har, . daß fie alS Srau, eines
armen Mannes nie glücklich jein fonne: Wollte ich fie al8

in betreff
abhängig ;


mir ein größeres Vermögen zu erwerben, denn meine Liebe

abhängiges Lobs ſicherte

„Sie liebte Glanz und Ehre und allen Flittertand
des Lebens, nicht mit tindiſcher Luſt! mit jugendlicher
Schärmerei, ſondern mit des Weihes ſtarker leidenſchaͤft
lichex Begehrlichkeit Ich babe ſie wieder und wieder
durch die geraumigen Hallen ſchreiten ſehen, nur damit
ſie das Veraniigen empfand, ibre Hohe und Weite zu
meflen. Das Herz 30g ſich nir dabei in der Bonit zu-
jammen, aber bdoch bewunderte ich ihren majeftätlfchen
Schritt und Ddie {tolze-Haltung des Hauptes, als jer fie
die Konigin Dder reihen Befigung und ich ihr niedrigiter
Vaſall. Dazu lam noch die } erſchwendungzfucht! die fie
auch ohne Reichthum ” zu entfalten Dverjftand. Waren“e8
auch nur Blumen, die ihr zum Schmuck Ddienten,- fie
wühlte doch darin, als fämen jie aus dem Füllhormn einer
Söttin. Die jchönftn Kojtbariten, felteniten, “ pilückte He
unbefümmert ober zertrat ſie mit dem-zierlichenm Fuß.
Hätte ſie Zuwelen beſeſſen, fie wuͤrde fie mit demfelben




Gleichmuth getragen haben wie ihre Roſen, oder ſie Hätte
ſie wie dieſe von ſich geworfen, ſobald ſie ihr nicht mehr
gefielen und ſie andern Schmuck, begehrte. Jett war
meine Liebe für ſie ein ſolcher Edelſtein, den ſie trug, weil
es gerade ihrer Laune gefiel; aber würde nicht der Tag
kommen, an dem ſie, deſſen überdriiſſig, nach Veranderuns
verlangie und ihn und mich übex Bord warf?
„Ich fragte nicht danach. Sie duldete mich an ihrer
Seite, ich durfte ihr meine Huldigunsen darbringen,
ich war glücklich, wenn ſie mir geſtottete ihre Hand zu
drücken oder mit den Lippen zu berühren. Was ſollte ich
mich um die unſichere Zukunft grämen, ſolange ich dieſe
unſt genoß? 24 a !
* — — Sie die lange Schilderung —- ich
will mich kürzer faſſen und mehr von denm Thatſuchen
berichten: Honora Dudleigh,' die meine Hingebung ſah,
unterjtüßte meine Bewerbung, Das wunderte - mich
zuerſt, denn ſie kannte meine beſchränkte Lage und kannte
auch die Natur des Weibes, welches dieſelbe mit mir
theilen ſollte. Mit ‚Dder Zeit Lernte ich jedoch begreifen,
Ihr weibliches Geſfühl haͤtte ihr ver
rathen, was meiner Beohaͤchtung bisher entgangen war
— es lag Unheil in der Luft und Marah brauchte einen
Beſchützer.
4* Tag, an dem ich zu dieſer Erkenntniz kam,
bildet einen wichtigen Abſchnitt in meinem Leben Ich
hatte mich ſo in Sichexheit gewieat, mir war wohlie
zu Muth, ich zählte feſt auf ihr wachſendes BVertrauen
und die Srhillung meiner Hoffnung. .. Das' WohHlwoden
ihrer Freunde ſowie die Eiferſucht ihrer Verehrer ſchienen
niir daͤs Recht dazu zu geben Zwar erhielt ich voͤn ihe
fein unßeres Beichen. der HZuneigung, aher ſie vertrarte
ſich unbefangen meinem Schuße . an und ih ſchwelgte in
beſtändigen Henuß ihrer Hegenwart. in dem Wobllaut
ihter Stimmie! ihrem verführeriſchen Lächeln ihrennde—

rückenden Blick.
Gortſetzuns folgt)


 
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