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Pfälzer Bote für Stadt und Land (27) — 1892

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Nr. 81 - Nr. 90 (9. April - 22. April)
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ehrt hat und ihn beim Hochamt zum Niederknien ge-
zwungen habe.

5 Waͤnn und wo iſt der hl. Rack in Trier
als der echte erklärt worden? Wo werden die
übrigen 17 hl. Röcke aufhewahrt?

Die Beautwortung dieſer einfachen, leicht ver—
ſtändlichen Fragen wird Ihnen gewiß nicht ſchwer
fallen, zumal dieſelbe im Intereſſe
geſchehen ſoll und im Intereſſe vielex Ihrer deutſchen
Miibürger geſchehen muß. Es genügt wenn die Ant⸗


folgt. Wir werden ſcharf nachſehen und wenn nöthig,
nochmals erinnern
erſuchen wir, dieſe Nummer des „Magazins! dem
verehrten Herrn Dr. Pilz in Leipzig gefälligſt ein-
zuſenden.

So die Aufforderung in Nummeer 8 des Maga⸗
zins vom 8. Februar d. Is. Herr Dr. Pilz aber
hat ſich bis helite noch nicht gerührt. Da wird es
wohl Zeit, ihn einmal an ſeine Pflicht zu erinnern,
und das ſoll hiermit geſchehen.

* Solfsbewegung in Deutfehland.

Nach der ſchon kurz erwähnten Veröffentlihung
des Kaiſerlichen Statiſtiſchen Amts belief ſich die orts⸗




1. Dezember 1890 nach endguͤltiger Feſtſtellung des
Vollszahlung gergebniſſes auf 49,428,470 Einwohner,
von denen 24, 220, 832 männlichen, 25, 197, 638 weib—
lichen Geſchlechts waren.

Die Volkszählung vom 1. Dezember 1885 hatte
eine Bevoͤlterung von 46, 855, 704 ergeben, ſo daß die
Einwohnerzahl inzwiſchen um 2,572,766 geftiegen ift.
Zu einem, freilich ſehr kleinen Theile, rührt dieſe
Zunahme von der Erwerbung Helgolands her, das
am I. Dezember 1890 2086 Bewohner hatte. Sieht
man von dieſem neu erworbenen Gebietstheile ab, ſo
verbleibt eine Zunahme während der letzten Volks⸗
zählungsperiode von 2,570,680 Einwohnern. SGrößer
war in derſelben Zeit die natürliche
vermehrung, diejenige alſo, welche durch den Ueber⸗
ſchuß der Zahl der Geborenen über die der Geſtor⸗
benen veranlaßt iſt. Es betrug nämlich die Zahl der
in dem Zeitraum zwiſchen den beiden Volkszählungen
vorgekommenen

Beburten einſchl. der Todtgeburten 9,111,832
Sterbefälle einſchl. der Todtgeburten 6,209,956
und ſomit der Geburten⸗Ueberſchuß 2,901,876

Hiergegen die thatſächliche Zunahme v. 2,570,680

gehalten, ergibt fich eine Differenz von . . 331,196
welche den Verluſt darſtellt, den die Bevölkerung des
Reichs in dem fünfjaͤhrigen Zeitraum zwiſchen den
Bählungsterminen von 1885 und 1890 durch Wan—
derungen erlitten hat.

Werden die ſummariſchen Ergebniſſe aller ſeit der
Errichtung des Deutſchen Reichs veranſtalteten Volks⸗
zaͤhlungen zuſammengeſtellt, ſo ſind gezaͤhlt worden:

am 1. Dezember 1871 41,058,792 Einwohner,

— 1875 42,727,360 7
— —
>4 1885 46,855,704 .

1l.. %— 1890 49,428,470 5

In dem ganzen 19jährigen Zeitraume hat ſich
demnach die Bevoͤlkerung des Reichs um 8,369,678
(Eeim Ausſchluß Helgolands um 8,367,592) Köpfe
vermehrt.



Deutſches Reich.

Berlin, 20. April. Das Attentat in Koscielec
und die Sozialdemokratie. Das ſozialdemokratiſche
Centralorgan „Borwärts“ fällt über den „Reichs»
boten“ het, weil derſelbe „die polniſchen Raubmörder
mit Gewalt der Sozialdemokratie an den Rockſchoß
haͤngen will“, und fuͤgt hinzu:

„Das Pfaffenthum möchte gerne vergeſſen machen,

daß, geraͤde wo dasſelbe floͤrirt, die Rohheit und

Brutalität am üppigſten wuchern. Pfaffen waren

es, welche die Dolche eines Clement u. Ravaillae

ſegneten, Pfaffen, welche jedes Verbrechen, das
gegen einen ihnen Unliebſamen verübt wirde als
en Strafgericht des Himmels ausgeben, Pfaffen
ſind es, welche Gift uͤnd Galle ſpeien ob jeden

Fortſchritts der Wiſſenſchaft und der Humanität,

Pfaffen ſind es, die alle edlen Regungen in den

Koͤth getreten wiſſen möchten, weil in der Erniedri—

gung des Menſchen ihr Weizen blüht, kein welt—

lichet Despot hat ſich je zu Kiedrigkeiten verſtiegen,

* * er nicht im Pfaffen noch den Meiſter

and.“

Will der „Vorwärts“ mit ſolchen Ausfäͤllen gegen
die Geiſtlichen, mit ſolchen niederträchtigen Hetzereien
etwa den Beweis liefern, daß man daͤs Attentat in
Koscielec der Sozialdemokratie nicht an die Rock⸗
ſchöße haͤngen kann? Dieſer Beweis iſt nicht nur
—— ————— —— — — ——
Worte verſtarben in heftigem Schluchzen; nach einer Weile
— — — Geld — LFeine Freunde !
— und teine Hoffnung:‘ Anmädhtiger Gott, erbarme Dih

meiner !”
(Fortfegung folgt.)




mißlungen, ſondern es wird im Gegentheil durch
ſolche gemeine Schimpfereien gegen die „Pfaffen“
geradezu der Beweis geliefert, wie die Sozialdemo-
kratie ihre Anhänger gegen die Geiſtlichen aufhetzt
und die Herzen und Geniüther derſelben ſo ſehr ver⸗
roht, daß moͤn das Attentat von Koscielec unbedingt
mii der Sozialdemokratie und ihrer Verhetzung In
einen inneren Zuſammenhang bringen muß. Zu der
Achtuug welche die Sbziaidemoltatie dem Frivat⸗
eigenthum entgegenbringt, kommt beim Attentat, von
Kozcielec noch die „Achtung“ der Sozialdemokratie
vor der Geiſtlichkeii in Beiracht, — und da wundert
ſich der, Vorwärts?“ noch, daß man die aus der
ſozialdemokratiſchen Schule hervorgegangenen Raub⸗
moͤrder von Koͤscielec der Sozialdemokratie an die
Rockſchöße hängt! Uebrigens iſt der teufliſche Haß
und die Betze der Sozialdemokratie gegen die Geiſt
lichkeit nicht mehr neuͤeſten Datums. Herr Liebknecht
kennt gewiß den 20 Fahre alten Vers ſeines guten
Betanuten, — wir bitten unſere Leſer um Nachſicht,
daß wir dieſe Rohheit wiedergeben —, welche lautet:
„So lange bleibt, daß Gott erbarm! — Das arme
Volk betaͤumelt, — Bis an dem letzten Pfaffendarm
— die letzte Nonne baumelt. - So hat die Sgzial⸗
demokratie ſeit Jahren ſyſtematiſch gegen die. Geiſt⸗
lichkeit in einer niederträchtigen Art und Veiſe ge⸗
hetzt, die nahe an Aufforderuͤng zum Mord u. Todt—
ſchiag grenzt, wenn ſie nicht eine ſolche ſchon enthält.
* Efjen a. d. Rh., 20 April. Cultusminiſter


Lehrerverband auf deſſen Beßrüßuͤng verbindlichſten


Neuß, 19. April. Der rheiniſche Handwerker⸗
tag hat geſtern eine Reſolution angenommey, die die
Zuͤſtimmung zu den Beſchlüſſen des Allgemeinen
deutſchen Handwerker ⸗ und Innungstages in Berlin
ausſpricht und im Verein mit dem Allgemeinen deutſchen
Handwerkerbund die Intereſſen des Handwerks, zu
dertreten, namentlich an der Forderung des Befähig⸗
ungsnachweiſes und der obligatoriſchen Innungen
feſtzuhalten erklärte.



Ausland.

»Petersburg, 18. April. Als in der Oſter.
nacht die kaiferlichen Herrſchaften und der ganze Hof
ſich in der Capelle des Winterpalaſtes zu dem — in
der ruſſiſchen Kirche bekanntlich ſehr feierlichen und
prunkvollen — Auferſtehungsgoitesdienſte verſammelt
hatten, brach im Winterpalais plötztich
Feuer aus. Die Feuerwehr des Palaſtes war ſo⸗
fort zur Stelle, und von den verſchiedenſten Stadt⸗
iheilen eilten ſchleunigſt weitere Abtheilungen der
Feuerwehr zur Hilfeleiſinng herbei. Dieſelben konnten
ſedoch bald in ihre Quarüere zurückkehren, da der
Brand in kaum einer Viertelſtunde gelöſcht war. Das
Feuer war im Adjutantenzimmer ausgebrochen. Aller
Wahrſcheinlichkeit nach wird es an Stimmen nicht
fehlen, die das Vorkommniß auf irgend ein Ver⸗

brechen, vielleicht den Verſuch eines nihiliſtiſchen Atten-

tats oder dergleichen zurückzuführen ſuchen. Ehe man

in dieſer Beziehung eine beſtimmte Anſicht faßt, wird

man weitere Nachrichten abwarten müſſen. Nach der

erſten Meldung, die hier vorliegt, kann es ſich nur

um einen durch Unvorſichtigkeit herbeigeführten Zu⸗
fall ohne beunruhigenden Charalter handeln. Indeſſen
ſind ſoͤlche ruſſiſche Meldungen in ihrer erſten Form
niemals einwandfrei. Wenn man ſich vergegenwär⸗
tigt, welche ſtrenge Cenſur über die aus Rußland
abgehenden Telegramme geübt wird, ſo kann man ſich
leicht vorſtellen, daß in der telegraphiſchen Darſtellung
nur die Lesart der ruſſiſchen Behoͤrden in die Welt
hinausgeht. Man muß die brieflichen Ergänzungen
abwarten.





Aus Baden
Heidelberg, 21. April.

O Die Nede des Grafen Balleſtrem kommt
den Tat lib. Blättern ſehr ungelegen. Die Badiſche
Landesztg. eignet ſich den Wuthausbruch der Koͤln.
Ztg. au. Die Heidelhg. Ztg. bringt einen Auszug
au3 der RNede und knüßft aͤn denſelhen eine ſehr
charakteriſtiſche Bemerkung. Bekanntlich hatte ſich
Graf Baileſtrem über diejenigen Kreiſe, welche ühex
die Volksſchulgeſetzvorlage der preuß. Regierung ſich
in eine gewiſſẽ Erregung hineingeſchrieen hatten, wie
folgt geaͤußert:

„Wer waren es, die ſchrieen? Ungläubige Pro⸗
feſjoren, die den Materialismus und den Atheis⸗
muͤs voͤn den Kathedern lehren und ſo den Sozial⸗
demokraten vorarbeiten. Die Proteſtantenvereinler,
die die Gottheit Chriſti leugnen, die wollten keine
chriſtliche Schule. Die Herren vom Evangeliſchen
Bunde, die es ſich zum Geſchäft gemacht haben,
die chriſtlichen Confeſſionen aufeinander zu heten,
damii dann die Ungiäubigen im Trüben fiſchen
koͤnnen. Daran ſchloͤſſen ſich noch an einige Alt⸗
taiholiken, die läugſt mit der Autorität der Kirche
gebrochen haben und auch keine audere Autoritãt



auerkennen, und eine Anzahl Reformjuden, die vom
Glauben ihrer Väter längſt abgefallen waren.
Das waren die Leute, die erregt waͤren, ſonſt keine,
aber geſchrieen haben ſie gewaͤltig; denn ſie haben
ein mächtig großes Maul.?

Dazu bemerkt nun die Heidelbg 3tg.:

„Graf Balleſtrem vergißt u. A den evangeliſchen
Lirchenrath gufzuführen. Im Uebrigen hätte er
ſich die Klaſſification leichter gemacht, wenn er ge⸗
fragt hätte: wer waren die Freunde des Ent—
wurfs? Antwort: Sämmtliche Dunkelmänner und
einige bedauernswerthe Naive.“

Nun, dann haben ſich dieſe Dunkelmänner und
die bedauernswerthen Naiven in ſehr guter, ja
hoher Geſellſchaft befunden. Denn zu den
Freunden des Geſetzentwurfs gehörten doch wohl in erſter
Linie Diejenigen, die ihn einbrachten Das
waren Kaiſer Wilhelmll. und das geſammte
preußiſche Miniſterium!
O Centrumsverſammlung. In Stock ach
fand am Oftermontag eine größere Centrumsverfamm-
lung ſtatt. Die Zahl der Theilnehmer betrug über
306. Den Vorſiß führte der Bürgermeiſter aus
Engen, Herr Diſtet. Der Vorſitzende des bad.
Centrums/ Landgerichtsrath Freiherr don Bu ol hielt
die Hauptrede. Er ſprach über die politiſche Lage im
Allgemeinen über die Arbeiten des Reichstags, die
Geſetze über Arbeiterſchutz, Sonntagsruhe, Handels⸗
geſetze u. ſ. w. Bierauf ſprach Oberamtsrichter
Gießler von Engen, ſcharf gegen den National⸗
libexalismus. Stabpfarrer Mſar. Werber fprac
in bekauntem liebenswürdigen Hümor über die Orden.
Der Vorſitzende brachte zum Schluß das Hoch auf
Kaiſer und Großherzog. „Es war eine That“, ſo
ſchließt ein größerer Bericht im Beobachter — ein
Schwabenſtreich den die vom Centrum am Otter—
moutag ſich geieiſtet haben. Der Gedanke war kühn,
aber ſeine Ausführung überaus glücklich: Eine Cen-
trumsverſammlung miſten im Gebiet nationalliberaler
Erbpächter — in Stockach. Möge ſie das Zeichen
einer beſſeren Zukunft ſein! Die Bad. Landesztg.
iſt denn auch, wie wir aus ihrer jüngſten Nummer
erſehen ganz aus dem Häuschen vor Wuth; ſie
ſchimpft über die Centrumsmänner, welche es gewagt
haben, ſogar am hl. Oſtermontag eine politiſche Ver⸗
ſammlung abzuhalten in all den Tonarten wie wir
ſie in dem ſauberen Blatte zu leſen gewohnt ſind.
Sie mahnt die viberalen nicht ſo läſſig und ſo faul
zu ſein und ſich an der Rührigkeit der Ultramontanen
ein Beiſpiel zu nehinen u. ſ. w. — Ja! in einem
vollſtändig nat. lib. Gebiete eine gut gelungene Cen⸗
trumsverfammlung, deren Theilnehmer die begeiſterten
Worte der Redner mit hinausnehmen und verbreiten,
das iſt allerdings Grund genug erbost zu ſein. Man
ſollte es ſich aber nicht ſo ſehr merken laſſen.

® Bom „evang.“ Bund. VWie aus dem Rund⸗
ſchreiden des ſevang“ Bundes aus Mannheim, das
wir vor einigen Taͤgen veröffentlicht haben, her—
vorgeyt, richteie derſelbe ſcharfe Angriffe gegen das
preüß. Volksſchulgefetz. In dem Schreiben des evang.“
Bundes wurde ſohar betont, daß er ſeinen Ha upt⸗
zweck in der „berechtigten Abwehr“ (es Vollsſchul⸗
zeſetzes) fände u. ſ. w. Der proteſtant. Reichs—
boie bemerkt dazu: „Was ſagen die gläubigen Mit—
glieder des Evaͤngeliſchen Buͤndes, welche für das
Schulgeſetz waren, zu dieſem erneuten extrem liberalen
Angriff auf das Schulgeſetz? Iſt das die Vertretung
der evaͤngeliſchen Kirche — dann wehe ihr! Leute,
welche die Errungenſchaften der Reformation erhalten
wollen und die koͤnfeſſionelle Schule — die Schule
der Reformation () — verwerfen, wiſſen nicht,
was ſie thun — oder die ſchönen Worte ſind bei
ihnen unwahre Phraſen.“ — Der Reichsbote hätte
hinzufügen können: Der „evang.“ Bund gibt alleEr⸗
rungenſchaften der Reformatiou! preis, wenn er glaubt
dem Katholicismus ſchaden zu können. Er verſchreibt
ſich und das geſaminie Chriſtenthum der rothen In—
ternationale, wenn er nur gegen Ztom hetzen darf. Und
dieſem wahrhaft teufliſchen Fauatismus huldigen ſelbſt
Leuͤte, welche Anſpruch auf geſunden Menſchenverſtand
machen! Sie merken in ihrer Verbohrtheit nicht einmal,
daß ſie nichts anderes ſind als die Schleppträger der
Sozialdemokratie, der Loge und der ſog Reformjuden,
die, gerade wie ſie, mit dem Glauben ihrer Väter ge—
brochen haben. Traurig aber wahr!

— Für eine Reichstags⸗Aufloſung im Falle
der Ablehnung der Militar-Vorlage tritt in
den Hamburger Nachrichten der nationalliberale Abg.
Böttcher ein. „Wie ſonderbar“, meint demgegenüber
die Freiſ. Ztg, malt ſich doch in den Köpfen mancher
Poliiiker die Welt! Als ob der Sput von 1887
ſich zwei Mal, und noch dazu ohne den Fürſten Bis⸗
marck, ausführen ließe. Wenn die Regierung aber
bei der Militaͤr⸗Vorlage in einen unheilbaren Conflict
hineintreibt, ſo kann man ſchon jetzt die Schuld dafür
den Nationalliberalen beimeſſen; denn diefelben ſind
überall in der Preſſe derart thätig, die Regierung in
weiigehenden Militaͤrforderungen ju beſtaͤrlen. Dit
Nalioralliberalen kennen die Militär⸗Abſichten der



Regierung nicht, aber ſie billigen ſie ſchon.


30 Seitorben
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