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Pfälzer Bote für Stadt und Land (27) — 1892

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Nr. 191 - Nr. 200 (24. August - 3. September)
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dung ſteht, und woher

Bauer Sapperlot!
Mund zuſammen über alle die Herrlichkeiten!
mit Sauerkraut und Schweinefleiſch!

Reiter. In Zukunft beſtelle ich mir in meiner voͤr—


lang Miſt geladen oder die „Staatskinder“ geſchaukelt,
oder mediziniſche Bücher geſchrieben oder Stkümpfe ge⸗
ſtopft habe, ſo viel Reh- und Haſenbraten, Aßmaͤnns⸗
häuſer, Rollenkanaſter und ſonſtige feine Sachen, daß
die ganze Familie Rothſchikd Lumpen gegen mich ſind.

Nur moͤchte ich wiſſen: wie ſollen fuͤr die vielen
Genoſſen „vornehme Privatwohnungen“ geſchaffen wer⸗
den? woher ſollen in der Geſchwindigkeit alle die
vielen Haſenpaſteten, feinen Weine, Havannaheigarren
u. 4 m. beigeſchafft werden? Da wird's halt doch


noch ſett mache und den „Rambas“, den ich im Keller
habe, noch wicht ausſchütte, ſonſt könnt' ich am End'
ſo lange auf Eure Leckerbiſſen warten müſſen, bis ich
verhungert bin. Aber Das verſpreche ich Euch ſchon
heute: an mir ſoll's nicht im Dreinhauen fehlen —
wenn einmal all' die ſchönen Saͤchelchen da ſind,
einſchließlich der ſeidenen Kleider für meine Frau.
Denn daß die nur noch in ſeidenen Kleidern
hantirt, Das kann ich Euch ſchriftlich geben.
Bauer: Jetzt haͤtte ich aber vor lauter Küchen⸗,
Wein und Cigarrenduft beinahe zwei Hauptfragen
vergeſſen; nämlich:
1. Wie viel Lohn in Geld bekomme ich für
meine Arbeit und


den im Tag zu arbeiten?
Sociatdemokrat.

Geld nicht ausbezahlt.
Was die Arbeitsdaucr betrifft, ſo habe ich
Euch ja ſchon geſagt, daß unſer Bebel eine drei—


kurz hält.

Bauer. Wenn ich keinen Lohn in Geld bekomme,
daun pfeif' ich Euch auf all' Eure gute Bröckelchen.
Ich will Geld verdienen, das ich zurücklegen
oder verbrauchen kann wie mir's gefällt. Je
mehr ich verdiene, deſto fleißiger, beſſer und länger
arbeite ich, deſto mehr ſuche ich mich in meinen Leiſt⸗
ungen zu vervollkommnen; wenn ich aber für meine
Arbeit blos gefüttert werde, ſo werde ich mich
hüten mich mehr anzuſtrengen, wie der Faulpelz, der
gerade ſo gut gefüttert werden muß, wie ich. Mein
Caro bekommt nicht mehr zu freſſen, wenn er den
ſanzen Tag bellt, wie mein Tyrras, der den ganzen
lag ſchlafend oder Mücken fangend in der Hütt' liegt.
Belt', das Gleichniß gefällt Euch nicht? Und doch


durchs Bellen verdienen will. Der Menſch dage—
gen arbeitet, um dieFrüchte ſeiner Arbeit
zu ſehen, dah um Geld zu verdienen Der Ver—
dienſt iſt der Sporn zu feiner Arbeit und wenn



dieſer Sporn fehlt, wenn er blos für ſeine Arbeit ge—
füttert wird, ſo ſucht

Caro oder wie der Tyrras — am Liebſten freilich
wie der Tyrras.

Wertheſter Herr Ocdner! Wenn der Arbeiter in
Euerem Staat keinen Lohn in Geld erhält, ſo geht
Euer Staat ſchon am erſten Tag aus dem Leim.

Ordner. Das wäre ja, weiß Goit, eine neue
Schwierigkeit!
Bauer. Eine dreiſtündige Arbeitszeit, ſagt Ihr,

iſt ſchon eher zu lang als zu kurz. Das ſcheint mir
auch ſchon wieder ſeinen bedeutenden Haken zu haben.
Nehmen wir einmal an, wir befänden uns in der Heu—
ernte. Ich gehe um vier Uhr an's Mähen und mähe
bis ſieben Uhr. Jetzt bin ich fertig. Da in der
Frühe am beſten zu mähen iſt, ſo häben's alle Ge—
noſſen gerade ſo geracht, wie ich Der Klee, der
geſtern verregnet wurde, ſollte heuͤte Nachmittag ge—
wendet werden. Der „Ordner“ befiehlt zu wenden
Kein Genoſſe rührt ſich, denn er hat ſeine drei
Stunden gemaͤht und jetzt will er ſeine Ruhe haben.
Die Genoffin Kuhmagd hat Morgens zwei Stunden
ausgemiſtet, gefüttert und gemolken, nachher eine halbe
Stunde Butter geleiert und um elf Uhr eine halbe
Stunde gefüttert und gemolken. Ihte drei Stunden
Arbeitszeit hat ſie hinter ſich Wer ſteckt nun am
Abend der Kuh auf und melkt ſie? Je nun, da mag
ſie halt brüllen bis zum andern Morgen; vielleicht ift
die Magd auch ſo gut, am andern Tage gerade ſo
früh zu kommen, wie heute — vielleicht auch nicht.
Denn Das wäre noch ſchöner, wenn ſich der Staat
auch noch dar um kümmern wollte, wann ich meine
drei Stunden arbeite!

Der Fruchtwagen iſt beladen und ſoll in die Staats⸗
ſcheuer gefahren werden. Von 2—5 Uhr Nachmit—
tags haben die Schnitter geſchafft; ein Gewitter zieht
Gewitters in die Scheuer in Sicherheit gebracht
Der Ordner befiehlt's, aber die Schnitter
rufen: „drei Stunden Arbeitszeit iſt eher zu viel, als
zu wenig, wir haben genug geſchafft“, und laſſen den
Wagen ſtehen, ſo daß die Frucht gründlich verreguet
wird. Der Staat muß ja doch für Speiſe und Trank
ſorgen.

Nicht wahr, mit der dreiſtündigen Arbeitszeit iſt's

Wer nicht für ſich ſchafft, oder für einen Herru,
der ihn nach ſeinen Leiſtungen auslohnt! der
ſchafft wie ein Sklave; kein Bischen beſſer und kein
Bischen länger, als er muß. Wenn Ihr alſo den
Genoſſen eine Arbeitszeit vorſchreibt, ſo wird
keiner auch nur eine Minute länger ſchaffen.
Wozu Das führt, habe ich Euch gezeigt und deshalb
iſt die allgemeine Beſtimmung einer täglichen Arbeits—
zeit — und nun gar einer ſoͤlchen von drei Stunden!
— ein Unſinn, den Ihr nicht durchführen könnt.

Geſſ. Bauer.)

Deutſches Reich.
Berlin, 22. Aug. Ueber den Wucher



ſagt
u. A.: „Auf den gewerbsmäßigen Wucher







hat das Geſetz voͤm 24 Mai 1880 nur inſofern
einen Einfluß ausgeübt, als er verſteckter betrieben
und durch Kaufgeſchäfte verſchleiert wird. Am häu—

er — 2
figſten werden Offiztere bewuchert, die aber aus *
liegenden Gründen nur äußerſt ſelten eine —

zeige erſtatten. Geſchickten Wuͤchern, welche 2
Wechſelgeſchäfte ſo zu verwickeln und zu verwſ
wiſſen, daß der Richter den Knoten nicht . zu 116°
| vermag, ijt mit dem Strafgefeß nicht Delö”
!fommen; nur Stümper verfallen DE
jelben. !

*”Hamburg, 22. Aug. Die Hier — —
Fälle don cholekaähnlichen Erkraukungen erreichten !
den letzten Tagen einen bedeutenden Ümfang. 4
kamen 27 Fäue vor, einige mit ſchnellem tödtliche
Ausgange. Heute vormitiag wurden mehrere 4
Erkranknngen gemeldet. Die Sanitätskolonnen *
den Kranfenwagen v find verftärtt . morden, damit D
Erkrankten ſofort in das Krankenhaus verbracht verd?
können Ein Fall von aſiatiſcher Cholera iſt bishẽ

nicht vorgekomeren
— —

Bern, 22. Aug. Der Internationale —
kongreß, zu welchem 308 Theilnehmer angemel
find wurde heute durch den Bundesrath Ruͤchoune
eröffnet. ‚i

Rom, 22. Aug. Der Papſt empfing auläßli
ſeines heutigen Namensfeſtes die Glückwuͤnſche 2*
vatikaniſchen Würdentraͤzer. Der Papſt führte hiel
bei einen Cerele und ſprach über die Wirkſamkeit
Columbus im Intereſſe des Katholizismus.

Aus Baden
Heidelberg 23. Auguſt.

O Die Badiſche Landeszeitung ſchreibt gegel
Herrn Pfarrer Wader folgendes: Erft unter D°
Erzbiſchof Hetrn Dr Roos iſt die von Piart?
Wacker längſt angeſtrebte Knechtung der —
partei diefem gelungen, erſt ſeitdem der ſchlaue Obe
hirt⸗ von Limburg nach Freiburg befördert wurde,
die Sprache des Abgeordneten für Ettlingen jene *4
und Frechheit, die ſtets daran erinnert, daß der Spreche
in Bohlsbach ſeine urſprüngliche Bildung empfing.
VBelchen Grad von Bildung wiro man D°
Schreiber vorſtehender Flegelei und' der Redaktihl—
die die Spalten ihres Elattes mit ſolchen —
beſchmutzt wohl zugeſtehen dürfen? Das iſt denn dea
den perſönlichen Haß und den Parteifanatismus *
zu weit getrieben. Und in welch frivoler
wird hier der hochwürdigſte Herr Erzbiſchof —
Die Antwort werden im Lande Baden die Katholile
bei den Wahlen geben. Die Katholiken werd?
daͤnn bezeugen, daß fie glücklich find und Gott dankel
in Herru Pfarrer Wacker einen Führer zu deſi
der fie zum vollftärdigen Siege über eine Partei füht
deren Preſſe in ſo eckelerregender Weiſe ſich benini
Knechtung der Centrumspaͤrtei! Und das wagt 2
Blatt zu ſchreiben deſſen Partei Jahre lang *
Schaden des Landes unter der tyranniſchen —
eines Kiefer ſtebt! zu

— Die Proteſtationskirche in Speyer *
12. bi8 15. September findet !

mit der 6. Generalverfammlung

— —

Speyer gleichzeitig


legung zur Gedächtnißkirche der Proteſtation 2
1529 {tatt. Zu dieſer Feierlichkeit hat, wie 8
015 5 \ r i elt
Pfälzer Bote ſchon mitgetheilt hat, der „Evang





0. Diſteln und Dornen.
Muß ich Emima, ſüßes Weſen
Jetzt in Deinem Schreiben leſen,
Das ich dato erſt empfing,
Daß ein Brief verloren ging,
Der mit 100000 Küſſen
Und den dazu nöth'gen Grüßen
An mich adreſſiret war.
Das mißfällt mir ganz und gar!
Vorſicht iſt der Weisheit Mutter,
Was bekannt ſchon lang vor Luther.
Wit nem Brief von ſolchem Werth
Man ganz anders wohl verfährt!
Drum bei meinem treuen Lieben
Bitt' ich Dich und rathe Dir:
Küſſe ſchick ſtets:



Eingeschrieben !



Max Schmachtenbach

Dahier!



In Schöppenſtedt, in Schöppenſtedt
Da aibt es viele Fritzen,

Die ſieht man in der Woch ein Taa
Im Club beiſammenſitzen.

Doch kommt es in dem Club mal vor
— Wie’3 andern ⏑⏑ —
Daß bi3 zur frühen Morgenfiund’
Die Sitzung wird geführel.



— — — — — —

So fährt in die Gemüthlichkeit
Oft Doͤnnerſchlag ſammt Blitze,
Denn an der Thür ſteht eine Frau
Und die ruft mahnend: Fritze!

Verſchwunden die Geſelligkeit.
Verſchwunden Scherz und Witze!

Der Rock! Der Hut! Drauf's Bier bezahlt,
Dann gehen alle mit ſe!

Liest dies Gedicht der Fritzenklub,
Komm drob er nicht in Hitze!
Ich macht es blos aus purem Neid,
Denn ach, ich heiß nicht Fritze!



Kalenderliteratur.

Im Verlag der Fuldaer Actiendruckerei in Fulda

iſt ſoeben der 8 Jabxgang des *
Fuldaer Bonifatius⸗Kalender für 1893
in nord- und ſüddeutſcher Ausgabe, Preis 35 Pf.,
erſchienen und bemerkt man ſchon beim erſten Blick, daß er
ſeit dem Vorjahre weſentliche Fortſchritte in Bezug guf Aus
jtattung und Reichhaltigkeit gemacht hat, ſo daß er kühn mit
den beſten katholiſchen Volkskalendern wetteifern darf. Gleich
das erſte Blatt iſt ein Farbendruckbild, den hl. Joſef dar⸗
ſtellend, in künſtleriſcher Vollendung, wie unſeres Wiſſens
kein einziger Kalender dieſes billigen ** (35 Pfg.) ein
aͤhnliches bietet ſogar bei theureren Kalendern wird man
vielfach vergeblich nach Gleichem ſuchen Ferner verdienen
Erwähnung die hübſchen Randeinfaſſungen des Kalendariums
mit Tafeln geſchichtlicher Gedenktage, Wetterregeln und
Denkſbriichen nebſt Notiztabellen u. Jahrezabſchlublormular.
Den kertlichex Theil eröffnet ein berrliches Volbild der
Unbefleckten Empfänauiß in Photographieton, nach einem
Gemälde der Freiin v. Der (für die Marienkirdhe in Hannover),
das ſich wie das Prämienbild zum Einrahmen vorzüglich
eignet. Der tertliche Inhalt ii mit ſehr zahlreichen und



ſchoͤnen Aluſtrationen geſchmückt und bielet dem Leſer Unter⸗

— — — — E
haltung, Belehrung und Erheiterung. Für letztere 54
Ane Eczählung ans dem Soldatenleben mit ſehr gelune
Illuſtrationen venauer bezeichnet, iſt der Inhalt folgen der
Beiſpiel bricht Balken“,,Sein ſichtbarer Engel“, 34

“ *
Wahrheit erzählt von E, Arand; „Das väterlihe D,
mächtniß!; „Sm Arreft“,. Militäthumoresfe _ von ' u

Kujawa ; „Pflanzung u Pflege hochſtämmiger I‚‘b]tbalflg;en
Ein Geſchenk dex Himmelskznigin! Nach einer WA pl
Begebenheit erzähltvon E. Zaͤhresrundſchau
reichen Illuſtraͤtionen; Zum pojährigen 2 —
des hHl. Vater3 Leo’3 XIIL.“; 26,000 MijdHehen in DU,
„Die Heilkraft des Waſſers: Portotaxe, Zinstabelle
Märkteverzeichniß und Inſeratenanhang —
Wir Knnen den Kalender alZ einen der billigſten des
beſten dem katholiſchen Volke, beſonders den Verehrern
hl Joſef, nur wärmſtens empfehlen.



Humoriſtiſches

Gelungen. B
N: „Wohnt Ddenn die Bianijtin nicht mehr hier *
Hauſe?“
B.: „Nein, dieſe haben wir vertrieben!“
U.: „Wiefo denn ?” . laſfen,
B.: „Wir haben täglih ein paar Mal anfragen !
ob hier ein — — wohne.“

*
Geduld. en
Ein Obdachloſer wird auf einer Bank —
Linden“ Nachtẽ ſchlafend gefunden, arretirt UnDd g fra
VBagabundirens vor Gericht geftellt. — Der %ra\tb;fl/ 39
in: Waz thaten Sie ſo {pät auf jener Banf?
wartete auf die Eroffnung der Weltausſtelluna.

*—
Junge Mädchen ſollen ſich ſtets benehmen, al? 2

gefehen würden; nur wenn jfie wirklih G' qnd

werden, müfien ſie fich ſo verhaͤlten als ob Nie

ſie ſähe.




 
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