Heidelberger Wochenblätter (33) — 1839
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- Einband
-
3-44
No. 1 - No 10
-
45-84
No. 11- No 20
-
85-124
No. 21- No 30
-
125-164
No. 31- No 40
-
165-204
No. 41- No 50
-
205-244
No. 51- No 60
-
245-284
No. 61- No 70
-
285-324
No. 71- No 80
-
325-364
No. 81- No 90
-
365-406
No. 91- No 100
-
407-446
No. 101- No 110
-
447-486
No. 111- No 120
-
487-526
No. 121- No 130
-
527-566
No. 131- No 140
-
567-606
No. 141- No 150
-
607-646
No. 151- No 160
-
647-686
No. 161- No 170
-
687-726
No. 171- No 180
-
717-766
No. 181- No 190
-
767-806
No. 191- No 200
-
807-850
No. 201- No 210
-
851-890
No. 211- No 220
-
891-930
No. 221- No 230
-
931-970
No. 231- No 240
-
971-1010
No. 241- No 250
-
1011-1038
No. 251- No 257
- Einband
- Farbkeil/Maßstab
Heidelberger Wvchenblättcr.
Ko. 74. Dinstag, den 16. April 1839.
Ereignisse.
KarlSruh e, ii.April. ^te öffentliche Sitzung
der 2. Kammer. (Schluß.)
Rachdem bie Kammer dem AlrerSprüstdeuten für
seine seitherrge Dienstführung ihren Dank susge-
sprochen hatte, nimmt der Abg. Mittcrmajt'r dsn
Prästdentenstuh! rin> und hält eine Antrittörede,
welche folgende schöne Skcücn enthält:
v Der a!te Geist, m. H., der seir acht Jahren
die badische Kammer beseelte, delrbt ste auch noch
jetzt; derGerstdrS desonnenen, intelligLNten Stre°
bens, für bürgerlrche Freiheit, für Wohl und
Recht und für die Aortschrikte der Humanität zu
wirken, der Geist der Liebe zum Vaterlande, der
begeisterten Liebe zur Derfassung und der treueßen
Ergebenheit und Anhänglichkeit an den geliebten
Regenten. Zwanzig Jahre sind eS nun, daß in
unserem Vaterlande durch Verfassnng eine Gtände-
versammlung bcfteht. Jm Iahre 1819 noch eine
zarte Pflanze, ist diese Verfassong durch manuig-
faltige Verhältnisse und Tntwickelungen zu einem
schützenden Baume geworben> dessen Früchte uns
erfreuen. Etn innigeS Band des Vertrauens zwi-
schen Fürsten und Volk, GesetzeSherrschaft, freu-
diger Gehorsam, nut dem daS Vslk die Gesetze
beobachtet, zu deren Entstehung die Dolksvertreter
mitwirken, ein Geist der Theilnahme an den yffent-
lichen Angelcgenheiten, eine Aufheüung aüer Ver-
hältnisss deS StaatSlebenS stnd die Früchte diefeS
konstitutioneüen Lebeus. Meine Herren! daö Zn-
und Ausland gibt der bad. Kammer etn Zeugniß, daß
durch ihre Berathungen iu wert kürzerer Zeit, a!S
tn manchen andereu Ständeversammlungen, große
Gesetze zu Stande gekommen stnd. Jn- und AuSland
grben das Zeugntß von der iu der Regel fruchtbaren
Kürze unsrrer Beratbungen, ohne daß die Gründ-
ltchkeit leider.« Der Schluß der Rede lautet: »Sie
haben mich, meine Herren, für wüedig geachter,
auf diesem Landtag wieder Zhr Prästdent zu seyn.
Zch danke Zhnen sür diesen BeweiS Zbres Vrrtrau-
enS; ich danke Zhnen dafür, meine Herren, durch
dte That, durch rreue Pflichterfüllung. Gie werden
mtch übcrall bereit finden und nachgiebig, die
Wünsche der Adgeordneten zu erfüllen, wo meine
Pflicht es mir erlaubt. Gie werden mich aber un-
beugsam stnden und vieüeicht mehr alö je, wo rS
gilt, an der GeschäftSordnung festzuhalten. DaS
zu thun, waS ich für Pflichr halte, meine Herren,
die GeschäftSordnung aufrecht zu halten; dafür zu
sorgen, daß die Nedefreiheit der Abgeordneten nicht
gestört werde; zu wirken, daß dte wectzselseirige
Achtung, welche den Volksvertretern, wte allen
Rednern dieses HauseS, gebührt , nie verletzt werde,
— dreS sey mcine Aufzabe. Wir stehen, meine
Herren, auf geheiligtrm Boden; ernst ist die Auf-
gabe die wix zu lösen haben. Der Ständesaal ist
kein GesellschaftSsaal, in welchem man einander
Zärtlichkeiten sagt, und die wahre Gestnnung ver-
birgt; ader rS ist ein Tempel der Wahrheir, in
welchem die Leidenschaften schweigen müssen. Sie
rverden mir zusttmmen, wenn tch verlange, daß
daS Treiben der Leidenschast fern bleibe diescm
Eaale; daß Verbächtigung der Gestnnungen, hä-
milche Angriffe und Persönlichkeiten beseitigt wer-
den. ES ist diese Ständeversammlung eine Ver-
sammlung gebildeter Männer, die durch das Gesey
des AnstandeS regiert werden, und eben, weil ste
vvm Gefühle der Wahrheit beseelt stnd, nur Wahr-
heit im Auge baben, und deßwegen alle Nebenab-
sichten und unwürdige Triebfedern unterdrücken.
ES gibt Augenblicke im Lebrn, meine Herren, wo
daS Zünglein in der Waage deS menftdlichen Ge«
mülheS schwankt, wo man auf dem Scheitewege
steht, uud, wenn eS zur Abstrmmung kommt,
nicht weiß, rvohin man sich wenden foll. Aber eS
gidt einen Meilenzeiger, der den rechten Weg zeigt,
dieser ist die Sttmme deS GewiffenS und der Pflicht;
eS gibt in Zweiftlsfällen nur eine Rücksicht, die
drn AuSschlag gebrn muß, die Rückstcht, dte Gtel-
lung, zu der man berufen ist, im Auge zu behalteu
und der Pflicht treu zu bleiben, die diese Stellung
auflegt. Nse werden wir vergessen dürfen, daß wir
vom Volke gewählt stnd, daß wir sein Znteresse
dewahren müssen. Gind Ste mit dem Vorsatze,
den ich hftr Zhnen offen auSsvreche, zufrieden,
meine Herren, so darf ich hoffen, daß Sie mir
auch am Gchlusse des LandtagS ein guteS Zeugniß
grben; daS größts Zeugniß für mich ist aber daS
meineS GewissenS. Jch appeüire an Zbre Nachsicht
und an Zhr Woblwsllen, an Zhre Kraft und Zhren
richtrgen Takt, damtt Gie mir beistehen, wsnn es
Noth thut. Milöe und Kraft müffcn stch Vereini-
gen, und beide haben vollauf zu thun. Oft, meine
Herren, hat stch in diesem Saale auf erhebende Weise
ein schöner Getst der Eintracht auSgesprochen. Mö-
gen auch hier und da die Anstchten über Formen und
Mittel getheilt seyn, dieS stürt die Eintracht nicht;
auS drm Kampfe der Anstchten geht dte Wahrhett
hervor. Abrr eS bedarf einer Tintracht der Grund-
Ko. 74. Dinstag, den 16. April 1839.
Ereignisse.
KarlSruh e, ii.April. ^te öffentliche Sitzung
der 2. Kammer. (Schluß.)
Rachdem bie Kammer dem AlrerSprüstdeuten für
seine seitherrge Dienstführung ihren Dank susge-
sprochen hatte, nimmt der Abg. Mittcrmajt'r dsn
Prästdentenstuh! rin> und hält eine Antrittörede,
welche folgende schöne Skcücn enthält:
v Der a!te Geist, m. H., der seir acht Jahren
die badische Kammer beseelte, delrbt ste auch noch
jetzt; derGerstdrS desonnenen, intelligLNten Stre°
bens, für bürgerlrche Freiheit, für Wohl und
Recht und für die Aortschrikte der Humanität zu
wirken, der Geist der Liebe zum Vaterlande, der
begeisterten Liebe zur Derfassung und der treueßen
Ergebenheit und Anhänglichkeit an den geliebten
Regenten. Zwanzig Jahre sind eS nun, daß in
unserem Vaterlande durch Verfassnng eine Gtände-
versammlung bcfteht. Jm Iahre 1819 noch eine
zarte Pflanze, ist diese Verfassong durch manuig-
faltige Verhältnisse und Tntwickelungen zu einem
schützenden Baume geworben> dessen Früchte uns
erfreuen. Etn innigeS Band des Vertrauens zwi-
schen Fürsten und Volk, GesetzeSherrschaft, freu-
diger Gehorsam, nut dem daS Vslk die Gesetze
beobachtet, zu deren Entstehung die Dolksvertreter
mitwirken, ein Geist der Theilnahme an den yffent-
lichen Angelcgenheiten, eine Aufheüung aüer Ver-
hältnisss deS StaatSlebenS stnd die Früchte diefeS
konstitutioneüen Lebeus. Meine Herren! daö Zn-
und Ausland gibt der bad. Kammer etn Zeugniß, daß
durch ihre Berathungen iu wert kürzerer Zeit, a!S
tn manchen andereu Ständeversammlungen, große
Gesetze zu Stande gekommen stnd. Jn- und AuSland
grben das Zeugntß von der iu der Regel fruchtbaren
Kürze unsrrer Beratbungen, ohne daß die Gründ-
ltchkeit leider.« Der Schluß der Rede lautet: »Sie
haben mich, meine Herren, für wüedig geachter,
auf diesem Landtag wieder Zhr Prästdent zu seyn.
Zch danke Zhnen sür diesen BeweiS Zbres Vrrtrau-
enS; ich danke Zhnen dafür, meine Herren, durch
dte That, durch rreue Pflichterfüllung. Gie werden
mtch übcrall bereit finden und nachgiebig, die
Wünsche der Adgeordneten zu erfüllen, wo meine
Pflicht es mir erlaubt. Gie werden mich aber un-
beugsam stnden und vieüeicht mehr alö je, wo rS
gilt, an der GeschäftSordnung festzuhalten. DaS
zu thun, waS ich für Pflichr halte, meine Herren,
die GeschäftSordnung aufrecht zu halten; dafür zu
sorgen, daß die Nedefreiheit der Abgeordneten nicht
gestört werde; zu wirken, daß dte wectzselseirige
Achtung, welche den Volksvertretern, wte allen
Rednern dieses HauseS, gebührt , nie verletzt werde,
— dreS sey mcine Aufzabe. Wir stehen, meine
Herren, auf geheiligtrm Boden; ernst ist die Auf-
gabe die wix zu lösen haben. Der Ständesaal ist
kein GesellschaftSsaal, in welchem man einander
Zärtlichkeiten sagt, und die wahre Gestnnung ver-
birgt; ader rS ist ein Tempel der Wahrheir, in
welchem die Leidenschaften schweigen müssen. Sie
rverden mir zusttmmen, wenn tch verlange, daß
daS Treiben der Leidenschast fern bleibe diescm
Eaale; daß Verbächtigung der Gestnnungen, hä-
milche Angriffe und Persönlichkeiten beseitigt wer-
den. ES ist diese Ständeversammlung eine Ver-
sammlung gebildeter Männer, die durch das Gesey
des AnstandeS regiert werden, und eben, weil ste
vvm Gefühle der Wahrheit beseelt stnd, nur Wahr-
heit im Auge baben, und deßwegen alle Nebenab-
sichten und unwürdige Triebfedern unterdrücken.
ES gibt Augenblicke im Lebrn, meine Herren, wo
daS Zünglein in der Waage deS menftdlichen Ge«
mülheS schwankt, wo man auf dem Scheitewege
steht, uud, wenn eS zur Abstrmmung kommt,
nicht weiß, rvohin man sich wenden foll. Aber eS
gidt einen Meilenzeiger, der den rechten Weg zeigt,
dieser ist die Sttmme deS GewiffenS und der Pflicht;
eS gibt in Zweiftlsfällen nur eine Rücksicht, die
drn AuSschlag gebrn muß, die Rückstcht, dte Gtel-
lung, zu der man berufen ist, im Auge zu behalteu
und der Pflicht treu zu bleiben, die diese Stellung
auflegt. Nse werden wir vergessen dürfen, daß wir
vom Volke gewählt stnd, daß wir sein Znteresse
dewahren müssen. Gind Ste mit dem Vorsatze,
den ich hftr Zhnen offen auSsvreche, zufrieden,
meine Herren, so darf ich hoffen, daß Sie mir
auch am Gchlusse des LandtagS ein guteS Zeugniß
grben; daS größts Zeugniß für mich ist aber daS
meineS GewissenS. Jch appeüire an Zbre Nachsicht
und an Zhr Woblwsllen, an Zhre Kraft und Zhren
richtrgen Takt, damtt Gie mir beistehen, wsnn es
Noth thut. Milöe und Kraft müffcn stch Vereini-
gen, und beide haben vollauf zu thun. Oft, meine
Herren, hat stch in diesem Saale auf erhebende Weise
ein schöner Getst der Eintracht auSgesprochen. Mö-
gen auch hier und da die Anstchten über Formen und
Mittel getheilt seyn, dieS stürt die Eintracht nicht;
auS drm Kampfe der Anstchten geht dte Wahrhett
hervor. Abrr eS bedarf einer Tintracht der Grund-