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Heidelberger Wochenblätter (33) — 1839

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https://doi.org/10.11588/diglit.29903#0929
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Heidclbcrgcr Wochcnblättcr.

No. 229. Mittwoch. den 20. November 1839.

Ereignisse.

' Berlin, 12. Noo. Als ein huldvollcs Anden-
kcn dcs Neformacionsjudiläums har dcr Magistrat
der Stadt einen schönen Pokal erdaltcn, dcn S.
M. als Gegengeschenk für die übersendetc von der
Stadt zu Ehrcn dieses Festeö geprägten Medaille
übergcben ließ. Derselbe ist von farbigcm Krystall
mit rcichen bczugvollen Silberverzierungcn und soll
nun sür alle Zciten im Sitzungssaale der Stadt-
vcrordnckcn aufgcstellt werden. - Man streitet
darüber, ob die Minister den Zug nicht begleiteten,
weil der Magistrat cin wcnig ungcschickt ihncn im
Programm einen Platz angewiesen, oder wcil man
dcn städtischen BehördvN allein dic Feier überlassen
wollte; man bedauert, daß S. M. durch ein
lcichtcs Unwohlseyn gehindert wurde, bci der Kir-
chenfeier zu erschcinen, freut sich, daß der Kdnig
am Tage darauf in Spandau dem Gottcödienst
beiwohnte, wundert sich, daß dic Universität zu
Ehren der Neformation vier pietistische Prediger
zu Doktoren der Theologie ernannte, und vergißt
Allcs wicder in den nächsien Tagen über den ersten
Gegcnstaud, der das Interessc dcö Tages zu crre-
gen vcrmag. — Einige Iournale haben von dcr
Äustcllung des Pros. Albrecht an Ganz Stelle an
der hicsigen Uuivcrsität gesprochen. So wünschenö-
wcrth dcr Wissenschaft dies wäre, so bestätigr sich
doch dicse Nachricht nicht. Profe^or Albrccht alS
gcborncr Preuße hatte wohl cine gewisse Berechti-
gung geltend zu machen, und sein Gesuch soll,
wie man behauptet, von Seiren dcs Ministeriums
nachdrücklich unterstützt worden seyn, so daß nur
gcwiffe Nücksichten eine Abweisung bewirkten. —
Aus dcn Nackweisungen des IustizministeriumS
ergibt sich, daß die Zahl dcr Prozesse und Unter-
suchungen auch im letztverflossencn Iahre^wicder be-
deutend größer war, als im vorangehenden. Zm
Ganzen wurdcn (ausschließlich Nheinland und Neu-
vorpommern) im Iahre 1836 695,5^8 Prozeffe
und 295,196 Untcrsuchungcn gcführt. Im Iahre
1637 6ü5,539 Prozesse und 252,bi3 Untersuchun-
gen. Es ergibt sich also sür 1836 ein Plus von
50,009 Prozcsse und ü2,583 Untersuchungen, wobei
allcin an Untersuchungen wegen Holzdiebstahl 33,ü7ü
mehr geführt wurden, als im Iahre 1837. Auch
in dcr Nbeinprovinz haben die Prozcsse, jedoch nicht
in dem Maße, zugenoinrnen. Bimerkcnswcrth ift
jcdoch, daß übcrall im Staate der gewöhnliche Ci°
vilprozeß abgenommen hat. Die einfacherc und

raschere Iustiz dcs Rheinlandes zeigt sich sbcsonders
im Verglcich dcr Zabl uncrledigter Rechtösachen,
denn während dort nur Prozesse, 91 Assisen-
vcrhandlungen, 310 Kriminaluntcrsuchungen und
von 10,ÜÜ9 Auchtpolizeisüchen 750 am Schlusse deö^
Iahres 1838 unbecndigt blicben, bchielten die Ge-
richtc der altcn Provinzen 133,9^2 schwebende
Prozcsse und 39,282 Unicrsuchungen. So viel
Einsluß haben d«e Friedcnß- und Polizeigerichte
und das mündliche Versabrcn, während bei unö
die unbedeulcndste Sache Aktcnstöße erfordcrt. —
In Köln und Danzig sind falschc Kassenanwctsun-
gen cntdcckt und die Bcrbrccher zur Hast gebrochr
worden. Die Hauptverwaltung dcr Staatsschul-
den t'ar für künstige Entdeckungcn dicscr Arr eine
Belo uung von 300 — 500 Thaler ausgesctzt,
welchc, wenn zugleich die Deschlagnahmc der For-
mcn, Plattcn rc. ersolgt, noch angcmcssen crhöht
wird.

Wicn, 8. Nov. Dic gcstrige Aussührung dcö
Oratorir.mö "Pauluö", vvn Mcndclssohn-Bar-
thol^y, m der kaiftrlichcn Wintcrrcitschule, ift
ungemein brillant ausgcsallen. An Zuhörern
mochtcn yber 5000 zugegcn gcwcsen scyn, und
doch erwartet mon übermorgen, wo diesclbe
wiedcrholr wird, cine noch größcre Zahl. Der
gesammte Hvf fand sich ein, der Kaiser und die
Kaiserin, die Kaiserin - Muttcr, der Erzherzog
Franz und desscn Gemahlin, dic Erzherzoge Kar!
und Ludwig. Die Kaiftrin-Niutter verweilte biö
zum Schli sse. Wcr die Kräfte der hicsigen musi-
kalischen Welt kennt, wird über die Birtuositär
keinen Zweise! hegen; die Großarligkeit können
Sie ermessen, wenn ich melde, daß die Zahl der
Mitwirkcndcn 1027 war, darunrcr — ausscr den
Direkloren und Solosangcrn — Chorsoprane 229,
Alt 160, Tenor 160, Baß ibo, Biolincn 118,
Biola ü8, Bioloncell üi, Konrrabässe 25, Flötcn
12, Dbocn 12, Hlarinettcn 12, Fagols 12, Hör-
ner 12, und so verhältnißmäßig die übrigcn In-
strumente. Die Dberleitung fürre Hr. Ioh. Schmiedl,
und unter den Soloparrhien, die im Ganzen wohl
eine vorzüglicherc Besetzung verdient hättcn, zeich-
nete sich die kaiserliche Hossängerin Elisa Brandes
aus. Die Einnahme mag über 5000 fl. K. M.
betragen haben, doch sind die Unkosten bei dicser
Produktion auch kaum geringer alö 3000 fl. K
M. anzuschlagcn. Der Eindruck des Ganzen
war großartig: nur vcrmißten wir in den Arien
Melodie.
 
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