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Heidelberger Wochenblätter (33) — 1839

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https://doi.org/10.11588/diglit.29903#0661

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Hcidelbcrger Wochenblättcr.

Xo. 16Z. Dinstag, den20. Auguft 1839.

Ereignisse.

Karlöruhe, 29. Juli. Diökussion deö Kom-
missionöberichtö deö Abfleordneten Aschbach über
die Molion deö Abgeordneren v. Rottcck auf Wie-
derberstcllung einigen Nechtsjustandcö in Sachen
dcr Preffe; als Nachtrag zu unscrem Berichte übcr
die ä5. öffenkliche Sitzung der II. Kammcr. (Forts.)
Staatsminister v.Blitterödorff fäbrt fort: Ich habe
nicht gesagt, daß eine vernünftlge Prcßfreibeit zur
Dcöorganisation führen müffe, cine solche Preßfreiyeit
halte ich im Gegenrheil für wohlthätig, und ge-
wiß würde ich mich nichr dagegen aussprechcn,
wenn es möglich wäre, ein Gesetz zu Stande zu
bringen, welcheö die Znrcreffen deö Bundes und
seiner Gesetzgcbung mir dem, was Sie verlangen,
in Einklang brächre.

Sander: Ich habe den Herrn Minister der aus-
wärtigen Angclegenheiten nicht mißverftanden,son-
dern ich habe idn recht wohl verstanden, wenn er
gesagt hat, die Preßfreiheit führe zur Desorganisa-
tion von Deutschland. Wenn wir abcr die Preß-
freiheir verlangen, so verlangen wir sie ausgestattet
mit allen den Nepressivmaßregeln, wie sie in Eng-
land und Frankreich bestehen, obne dorten zur Deö-
organisation des Staats zu führen; und ich muß
darum wiederholen, daß wenn die Preßfreiheit zur
Desorganisation Dcutschlandö führcn sollte, dies
eine Anklage gegen den öffentlichen Zustand Deutsch-
landö wäre: dcnn es wärc zugleich die Behauptung,
daß die öffentlichen Zustände in Deutschland dergc-
stalr beschaffen sind, daß sie die Leuchte der öffent-
lichen Besprechung, daß sie die Preßfrcihcit nicht
ertragen und sich mit ihr nicht vertragen können.
Wenn ich aber nun zuin viertcn Male in diesem
Saale die Preßfreiheir verlange, so würde ich mich
einer Sclbsttäuschung schuldig machen, wenn ich
glaubcn wollce, daß dieses Lerlangen cinc alöbal-
dige günstige Folgc haben wcrdc, ncin! ich bin eö
mir bewußt, daß ich auch in diesem viertcn Vcr-
langen der Preßfrciheit abermalö dcn konstitutio-
nellen Stcin des Shsiphuö wälze. Wenn aber
auch unsere Beschwerde eine uns die Preßfreiheit
herbeiführende unmittelbare Folge nicht hat, so ist
cs doch gut, daß sie erhoben und daß abermalö in
diesem Saale die Preßfrciheit, daö Palladium des
Volksrechtö in dcr Verfaffung fort und fort verlangt
und gefordert wird. Dcnn es beweis't dieß, daß
wir wiffen, daß nur durch die Preßfreiheit die
Vcrfaffung zu einer Wahrheit rvird. Und wenn

wir dabei von dcn wahren bundeögesctzmäßigen
Pflichten der Rcgierung sprechen, so sprcchen
wir damit die Hoffnung und den Wunsch auö,
daß die Regierung zu den wahren Bundeö-
pflichten zurückkelwen wcrde, und daß sie bci dem
Bund die Erthcilung einer Prcßfreiheit nach dem
Art. 18 der Bundcsakte verlangen und dorten an-
fordern wird, daß die kcrrlsbader Beschlüsse vom
Z. 1819, wclche nur provisorisch gegeben wurden,
jetzt zurückgcnommcn, und cine Preßfreiheik in ganz
Deutschland eingeführt wird, wie sie der Art. 18
der Bundcsakle als Necht dcs Deutschen zugesagt
hat. Wenn wir aber zugleich im Kommissionöbe-
richt auch noch der Censur erwähnen und ihre Er-
lcichtcrung verlangen, so sind wir hierzu leider ge-
zwungen, denn in der Lage, in der wir uns bcstn-
den, ist sie noch am härtesten und ihre Erleichte-
rung ist immcrhin eine Erleichterung unsers Zu-
standes. Es ift zwar die Behauptung, daß die
Censur bei unö strenger, als in andern deutschen
Staaten sey, von dem Minister der auswärtigen
Angelcgenheiten widcrsprochen wordcn; aber er
möge unsere Blätter mir jcnen anderer deutscher
Staatcn vcrgleichen, und er wird stnden, daß in
andern Ländern viel milder censirt wird. Was
die Nachrichten auö Amerika und Ostindicn betriffr,
da muß ich bekennen, ist unserc Censur nicht streng,
aber gegen Ariikel selbst das Ausland betreffend, ift
sie so streng, daß unsere Blätter kaum etwas dar-
über enthalren. Der Grund davon ist auch einfach;
wir hatten eine Preßfreiheit, wir haben mitunter
den Mund am weitesten aufgethan, und er ist uns
deßhalb am festesten geschloffcn worden. Sieben
Jahre sind scit Zurücknahmc unserer Preßfreiheit
umlaufen, wahrlich 7 fctte Zahre an Censur und
7 magere Iahre an Frciheit, und wohl dürfen wir
jeht eine Erleichrerung unserer Prcsse hsffen und
erwarten. Der Herr Präsidcnr des Ministeriumö
des Znnern hat auch die Zusicherung ertheilt, die
Censur werde in Zukunft milder gehandhabt werden.
Man hat die Zusicherung angenommcn, ich nehme
sic auch an, ja ich erkläre mich damit zufrieden,
denn ich wenigstens verlange nicht, daß über die
Censur ein Gesetz, daß eine Censurordnung gegcbcn
werde, denn alle Verordnungen und Gesetze über
Handhabung der Censur führen meincs Erachtens
zu nichts; die Censur ist und bleibt eine Willkühr,
und die Willkühr läßt sich nicht m Gesetze bannen.
Gerade das, was der Abg. Bekk angeführt hat,
beweisl am stärksten, daß mit einer Censurordnung
 
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