Heidklberger Wvchenblätter.
!»v. 9S. Mittwoch. den 15. Mai 1839.
Ereignisse.
KarlSruhe, 11. Mai. 11. öffentliche Sitzung
-er2.Kammer. (Schluß.) Der Abg.v. Rsttcck halt
einen längern Vortrag über ein Thema, von welchem
er erklärl, daß er es zwar zu Anfang des LandtagS
hätte anregen können, das indeffen auch jetzt noch
rechtzeitig käme, denn eS handle von einem hoch«
wichtigen Grundsatz dieser Kammer. Der Redner
verlaS hierauf daS EinbsrufungSedikt der Stände«
versammlung für dieseS Zahr; in demselben hebt rr
beschwerend folgende zwet Punkte bervor: erßenS sey
darin den Abgeordneten, welche GtaatSdiener seyen,
aufgeqrben worden, um Nrlaub zum Eintritt in
dte Ständekammer bci ihren Oberstellen anzusuchen;
sodann sey zwettenS der Kammer cine Zeitfrist von
3 Monaten zu ihren Verbandlungen anberaumt
worden; jrde dieser beiden Maßregeln sey in rhren
ostenstblen Morivsn unpraktisch und zwecklsS; in
ihrem Prinzipe schädlich, gegcn den Geist und Jn-
halt der Vcrfaffung und dieser zu nahe tretend.
Zn diesen beiden Rückstchten führte der Redner srine
Behauptungen näher auS, und schlicßt mit der Be-
merkung: eS thue noth, daß die Kammer in einer
Zeit, wo von Jahr zu Zahr eine Säule dcr Verfas«
sung unterwühlt würde, jeden Posten, welchcn sie
noch inne habe, mit allen Kräfren vcrtheidige; er
wolle zwar keine Motion vortragen, um die Sache
in die Abtheilungeu zu bringen, denn dtcß scy schon
geschen, fsndern die Kammer möge mit Rückdezug
auf ihre früheren Erklärungcn tu den Zahren 1833
vnd 1833 ihre Meinung wiederholt auösprechen.
Der Prästdenr macht auf §. -li der GeschäflSordnung
aufmerksam, nach wrlchem diese Gache nur im
Wege der Motion erledigt werden könnte. v. Rotteck:
er hade keine Motion gewolll, blos eine Znterpel-
lation, auf welche die Kammer entweder durch Zu-
ruf oder Beschlüffe in daS Prvtololl thre Metnung
auSsprecherr könne. Der Prästdent wünscht, daß
bet der Gcschäftsordnung gebiicben würde. Mini-
Aerialprastdent NebeniuS: Die Regirrung habe in
den früheren Verhandlungen jhre Gcünde auSführ-
lich für die beiden Maßregeln geltend gemacht; die
Regierung bleibe auf ihrem Rechte und werde nte
darauf verzichten. Der Abg. Gerbel glaubt, daß
durch die strikte Anwendung der GefchästSordnung
dte Sache in die Länge gezogeu würde; die That-
sachen seyen nun einmal vorhanden, und die Kam»
mer müsse etwaS thun; dte Regierung bestehe auf
ihrcn vermeintlichen Rechten, dre Kammer verwer-
gere dieselben; waS die cinzelnen angesprochenen
Rechte selber anbelange, so sey dte Urlaudfrage an
stch gleichgültig, so lange noch kein Mtßbrauch von
Seiten derRegteruRg geschehe, d. h. so lange die Regie-
rung im einzelnen Fall keinen Gebrauch von ihrem an-
gesprochencn Rechte mache; in ihrem Prinzip scy diese
Frage indcssen höchst gefährlich; — dcn zwettenPunkt,
daß nämlich der Kammer ein Termin gesetzt worden,
anlangend, so beurkunde derselbe ein SubjektionS-
verhältniß von Seiten der Kammer unter die Re-
gierung, waS in keinem Fall starrfinde; die Äam°
mer sey der Regierung nichl untergcordnet, ste sey
jhr koordinirt. Staatsrath NebeniuS: AllerdingS
fey die Kammer der Regierung in gewissem Sinne
untergeordnet, da dieselbe belicbig die Kammer auf-
lösen und vertagen könne, was denn doch auf keine
koordinirte Steüung hindeute; übrigenS müsse er,
der Sprccher der Regierung, wünschen, daß künf-
tig vorher angezeigt würde, wenn besonderc, nicht
auf der TageSordnung befindliche Gegegenstände an«
geregt werden sollren. Der Abg. Trefurl wünschr
eine baldige Erledigung diefer unfruchtbaren Prtn°
ziptenfrage und lrägr deßhalb aus die TageSordnung
an. Die Abg. Sander, Rindeschwender und v. Ztz-
stetn fprechen ebenfalls im Sinne v- Roktrck aus.
Der Abg. Welcker redet auSführlicher zucrst gegen
Trefurt'S Antrag auf TageSordnung, da durch
einen solchen Beschluß die Kammer ihren Rechten
etwaS vergeden könnle; dagegen beantrage er im
Znteresse der Zeitersparniß, die Kammer wolle,
deharrend auf ibren fnrhecen Erklärungen in den
Jahren 1833 und 1833/ zur TageSordnung über°
gehen (diesen Gegenstand verlasscn). Der Abg.
Schaaff warnte vor einem Beschiuß auf TageSord-
nung, alS zu präjudiztrlich, hrelt zudem die Sache
nrcht für hrnreichend erörtcrt, um alsbald darüber
zu brschlteßcn, zuma! da ein Theil der Mitglieöec
den früheren Derhandlungen über denselben Gegen-
stand, nicht angewohnt hätte; rr stelle daher den
Antrag, die Derhandlung zu vertagen. Der
vielseittg unterstützte Antrag Welcker'S wurde mit
großer Majoritüt in der Lbstimmung angenommen.
Der Abg. Rinbeschwender erklärt hieraus, baß er
nicht mugestimmt, weil ihm die früheren Verhand-
lungcn nicht mehr klar vsrschweben, und er nur
nach wohl crwogenen Gründen sür und wider, auS
Ueberzeugung seine Stimme gebe; Aehnltcheü sagte
auch Gchaaff. — Die TageSorduung führte auf
DiSkusston deS BerichtS deS Abg. Obkircher, dje
Aufhebung der LoosungS- und EinstandS-Rechte betr.
(Markloosung, Dachloosung, Sammtkoosung.) Die
Dcballe zog stch sehr in die Länge; eS entwickclre
ßch eine namentlich auS Nichtjurtsten und praktt»
!»v. 9S. Mittwoch. den 15. Mai 1839.
Ereignisse.
KarlSruhe, 11. Mai. 11. öffentliche Sitzung
-er2.Kammer. (Schluß.) Der Abg.v. Rsttcck halt
einen längern Vortrag über ein Thema, von welchem
er erklärl, daß er es zwar zu Anfang des LandtagS
hätte anregen können, das indeffen auch jetzt noch
rechtzeitig käme, denn eS handle von einem hoch«
wichtigen Grundsatz dieser Kammer. Der Redner
verlaS hierauf daS EinbsrufungSedikt der Stände«
versammlung für dieseS Zahr; in demselben hebt rr
beschwerend folgende zwet Punkte bervor: erßenS sey
darin den Abgeordneten, welche GtaatSdiener seyen,
aufgeqrben worden, um Nrlaub zum Eintritt in
dte Ständekammer bci ihren Oberstellen anzusuchen;
sodann sey zwettenS der Kammer cine Zeitfrist von
3 Monaten zu ihren Verbandlungen anberaumt
worden; jrde dieser beiden Maßregeln sey in rhren
ostenstblen Morivsn unpraktisch und zwecklsS; in
ihrem Prinzipe schädlich, gegcn den Geist und Jn-
halt der Vcrfaffung und dieser zu nahe tretend.
Zn diesen beiden Rückstchten führte der Redner srine
Behauptungen näher auS, und schlicßt mit der Be-
merkung: eS thue noth, daß die Kammer in einer
Zeit, wo von Jahr zu Zahr eine Säule dcr Verfas«
sung unterwühlt würde, jeden Posten, welchcn sie
noch inne habe, mit allen Kräfren vcrtheidige; er
wolle zwar keine Motion vortragen, um die Sache
in die Abtheilungeu zu bringen, denn dtcß scy schon
geschen, fsndern die Kammer möge mit Rückdezug
auf ihre früheren Erklärungcn tu den Zahren 1833
vnd 1833 ihre Meinung wiederholt auösprechen.
Der Prästdenr macht auf §. -li der GeschäflSordnung
aufmerksam, nach wrlchem diese Gache nur im
Wege der Motion erledigt werden könnte. v. Rotteck:
er hade keine Motion gewolll, blos eine Znterpel-
lation, auf welche die Kammer entweder durch Zu-
ruf oder Beschlüffe in daS Prvtololl thre Metnung
auSsprecherr könne. Der Prästdent wünscht, daß
bet der Gcschäftsordnung gebiicben würde. Mini-
Aerialprastdent NebeniuS: Die Regirrung habe in
den früheren Verhandlungen jhre Gcünde auSführ-
lich für die beiden Maßregeln geltend gemacht; die
Regierung bleibe auf ihrem Rechte und werde nte
darauf verzichten. Der Abg. Gerbel glaubt, daß
durch die strikte Anwendung der GefchästSordnung
dte Sache in die Länge gezogeu würde; die That-
sachen seyen nun einmal vorhanden, und die Kam»
mer müsse etwaS thun; dte Regierung bestehe auf
ihrcn vermeintlichen Rechten, dre Kammer verwer-
gere dieselben; waS die cinzelnen angesprochenen
Rechte selber anbelange, so sey dte Urlaudfrage an
stch gleichgültig, so lange noch kein Mtßbrauch von
Seiten derRegteruRg geschehe, d. h. so lange die Regie-
rung im einzelnen Fall keinen Gebrauch von ihrem an-
gesprochencn Rechte mache; in ihrem Prinzip scy diese
Frage indcssen höchst gefährlich; — dcn zwettenPunkt,
daß nämlich der Kammer ein Termin gesetzt worden,
anlangend, so beurkunde derselbe ein SubjektionS-
verhältniß von Seiten der Kammer unter die Re-
gierung, waS in keinem Fall starrfinde; die Äam°
mer sey der Regierung nichl untergcordnet, ste sey
jhr koordinirt. Staatsrath NebeniuS: AllerdingS
fey die Kammer der Regierung in gewissem Sinne
untergeordnet, da dieselbe belicbig die Kammer auf-
lösen und vertagen könne, was denn doch auf keine
koordinirte Steüung hindeute; übrigenS müsse er,
der Sprccher der Regierung, wünschen, daß künf-
tig vorher angezeigt würde, wenn besonderc, nicht
auf der TageSordnung befindliche Gegegenstände an«
geregt werden sollren. Der Abg. Trefurl wünschr
eine baldige Erledigung diefer unfruchtbaren Prtn°
ziptenfrage und lrägr deßhalb aus die TageSordnung
an. Die Abg. Sander, Rindeschwender und v. Ztz-
stetn fprechen ebenfalls im Sinne v- Roktrck aus.
Der Abg. Welcker redet auSführlicher zucrst gegen
Trefurt'S Antrag auf TageSordnung, da durch
einen solchen Beschluß die Kammer ihren Rechten
etwaS vergeden könnle; dagegen beantrage er im
Znteresse der Zeitersparniß, die Kammer wolle,
deharrend auf ibren fnrhecen Erklärungen in den
Jahren 1833 und 1833/ zur TageSordnung über°
gehen (diesen Gegenstand verlasscn). Der Abg.
Schaaff warnte vor einem Beschiuß auf TageSord-
nung, alS zu präjudiztrlich, hrelt zudem die Sache
nrcht für hrnreichend erörtcrt, um alsbald darüber
zu brschlteßcn, zuma! da ein Theil der Mitglieöec
den früheren Derhandlungen über denselben Gegen-
stand, nicht angewohnt hätte; rr stelle daher den
Antrag, die Derhandlung zu vertagen. Der
vielseittg unterstützte Antrag Welcker'S wurde mit
großer Majoritüt in der Lbstimmung angenommen.
Der Abg. Rinbeschwender erklärt hieraus, baß er
nicht mugestimmt, weil ihm die früheren Verhand-
lungcn nicht mehr klar vsrschweben, und er nur
nach wohl crwogenen Gründen sür und wider, auS
Ueberzeugung seine Stimme gebe; Aehnltcheü sagte
auch Gchaaff. — Die TageSorduung führte auf
DiSkusston deS BerichtS deS Abg. Obkircher, dje
Aufhebung der LoosungS- und EinstandS-Rechte betr.
(Markloosung, Dachloosung, Sammtkoosung.) Die
Dcballe zog stch sehr in die Länge; eS entwickclre
ßch eine namentlich auS Nichtjurtsten und praktt»