Hcidelbcrgcr Wochenblättcr.
Xo. 210 Freitag, den 25. October 1839.
Ereignisse.
Pariö, ly. Okt. Kaum war die Post geftcrn
geschloffen, als sich in der Stadt das Gerücht von
einem neuen Attentat verbreicete. Ilm halb 5 tthr
im Augenblick, wo der König und die Könrgin
aus den Tuilerien fuhrcn, um sich nach Sr. Cloud
zu begeben, naherte sich eine Frau dem Wagen
des Königs und warf einen Stein binein; eine
Wagenscheibe zerbrach und die Splitter vcrwunde-
ten die Königin leicht am Kopfe. Der König wurde
nicht berübrt. II. MM. setzten ihre Fahrt nach
Et. Cloud fort. Das Frauenzimmcr wurde au-
genblicklich festgenommen und vor den Polizeikom-
miffär geführl, wo sie der Polizeipräfekc selbst
verhörte;sie nennt sich Stepl^anie Girodct und ist
eine dienstlose Person. Uebrigens hat sie den
Dcrstand verloren, und dieser Gemüthözusiand ift
bereits von zwei Aerzten bestätigt. Abends bei
Torroni zeigten die Spekulanten schon grosic Furcht
cs möchre eine Verschwörung im Hintergrunde seyn,
uni so mel)r, als dic Festnehmung Blanqui's die
Gedanken auf dic Maiemeute zurückführte. Die
Effckten wurden schwach, und Lerkäufer zcigten
sich in Menge.
M adrid, 13. Okt. Dic königi. Truppen haben
Besedl, dein Cabrera keinen Pardon zu geben;
hingegen werden die Cabccillas Forcadell uiid Llan»
gostera so viel als möglich geschont werden. In
stckederaragonien predigen die Mönche forrwährend
einen Kreuzzug gcgen die Christinos. Weder Ca-
drera, noch Graf Espanna sind gesonnen, die
Waffen so leicht zu streckcn, wie hier gchofft wor-
den. Letzgenannrer hat einen großen Bortheil nber
die ihm gcgenüberstehcndcn christinischen Truppen,
indem diese mit nichts und die scinigen mit AUem
versehen sind.
Posen, io. Okt. In unserer Stadt herrschk
seit dcö Erzbischofs Abreise fortwahrend die voll-
kommcnste Nuhe und Stille. Letztere wird noch
vermehrt durch das gänzliche ttnterbleiben des Läu-
tens der Glocken und daö Schweigen der Orgeln
in dcn Kirchen innerhalb der Stadt; dies ist aber
auch das cinzige bemerkbare Zeichen, daß die Weg-
führung des Kirchcnfürftcn Trauer oder Groll e'r-
zeugt habe. Auf dem Dome wird nach wie vor
gelautet und Gottcsdienft ^it Musik gehaltcn;
dafür sollen jedoch leider, wenn liran dem Gerüchte
Glauben schenken darf, eincm dorr wohnenden
höhern Geistlichen die Fenstcr eingeworfcn wordcn
und ihm Schmähschriften zugegangen seyn. Hof-
fentlich wird nun bald zur Wahl eines Lerwcsers
der Erzdiöcesc geschritten werden.
Saragossa, 12. Okt. Am 6. in der Frühe
brachen sämmttiche unter den Defehlen deS Herzogs
von Bictoria ftehcnden Truppen auf, um sich mit
Cabrera zu meffen. Espartero steht an der Spitze
dcr erstcn Brigade der Dorhur, und die erste Dl-
vision untcr dem Grafen Velascoain ist über Alca-
niz vorwärtS gcgangen. Die zweite Division, von
General Puig-Samper befehligt, nimmt dic Nich-
tung auf die Comun von Hucja; die dritte und
vierte Heeresabtheilung habcn die Straßc von Da-
roca eingeschlagen. O'Donnel steht mit aller seiner
Streitmacht in der Um.iebung von Teruel. Vor
seinem Aufbruche hat Esparlero eine Proklamation
an die Einwohner von Aragonicn, Valencia und
Murcia gericktct. Cabrcra soll, als er vom Her-
anrücken der Christinos gchört, sich geäuffert haben:
„Diese Truppen kommen nicht weircr als biö Mu-
niesca."
Alexandrien, den 26. Sepi. Mchemet Ali
fährt soet, den Kopudan Pascha und die lürkischcn
Offiziere mit dcrselben Auszeichnung wie frühcr zu
hehandcln. Sie sehen cin, daß in Konstaruinopel
nichts zu ibren Gunstcn sich wenden kann, und
daß sie gezwungen sind, jctzt mit Mehemet Ali Wohl
und Wehe zu theilen. Die früheren unangenchmen
Auslrittc zwischcn türkischen Matrosen und den
Einwohnern Alexandricns haben aufgchört, cs ist
einc beffere Polizei eingesührt, und nur sehr wenige
dieser Malrosen dürsen die Schiffc verlaffcn und
an das Land steigen. — Die Küste Alexandriens
vom Marabut bis Abukir ist in Verlhcidigungsstand
gesetzr. Zwor sind die vom Marschall Marmont
angegebenen Festungswerke auf der Westseite noch
nichc vollender, man har aber Maßregeln gelroffen
eine möglichc Landung auf dicser Seite sehr zu
erschweren. Auf der Landzunge, auf welchcr der
Palast dcs Paschas steht, sind neue Batlericn gcgcn
das vffene Meer zu angelcgt und Oefcn zu»n Glühen
von Kugeln crbaut. Ein Bonibardemcnl Alexan-
dricns würde sehr schwer zu bewerkstelligen scyri,
da man nicht in den Hasen einlauscn kann; sodann
würde es keine andcre Folge haben , als die wahr-
schcinliche Niedermetzclung aller Europäer in Ac-
gypten. Einc Ausschiffung von Truppcn aber wäre
ein gcfährliches llnternchmen, das leicht schcitern
i'önnte. Es befinden sich jetzt gcgen ü5,000Man»r
in Alexandrien, und wcnn dicse nur drci Tage
Widcrstand leisten, gehr die feindliche Armee in
dcr wafferlosen Wüste zu Grunde. — Heute ift das
Dampsschiff des Paschas, der Nil, mit Sami Bcy
und eine»n Sohne Ibrahims nach Syrien abgegan-
gen. Sie habcu geheiule Aufträgc.
Xo. 210 Freitag, den 25. October 1839.
Ereignisse.
Pariö, ly. Okt. Kaum war die Post geftcrn
geschloffen, als sich in der Stadt das Gerücht von
einem neuen Attentat verbreicete. Ilm halb 5 tthr
im Augenblick, wo der König und die Könrgin
aus den Tuilerien fuhrcn, um sich nach Sr. Cloud
zu begeben, naherte sich eine Frau dem Wagen
des Königs und warf einen Stein binein; eine
Wagenscheibe zerbrach und die Splitter vcrwunde-
ten die Königin leicht am Kopfe. Der König wurde
nicht berübrt. II. MM. setzten ihre Fahrt nach
Et. Cloud fort. Das Frauenzimmcr wurde au-
genblicklich festgenommen und vor den Polizeikom-
miffär geführl, wo sie der Polizeipräfekc selbst
verhörte;sie nennt sich Stepl^anie Girodct und ist
eine dienstlose Person. Uebrigens hat sie den
Dcrstand verloren, und dieser Gemüthözusiand ift
bereits von zwei Aerzten bestätigt. Abends bei
Torroni zeigten die Spekulanten schon grosic Furcht
cs möchre eine Verschwörung im Hintergrunde seyn,
uni so mel)r, als dic Festnehmung Blanqui's die
Gedanken auf dic Maiemeute zurückführte. Die
Effckten wurden schwach, und Lerkäufer zcigten
sich in Menge.
M adrid, 13. Okt. Dic königi. Truppen haben
Besedl, dein Cabrera keinen Pardon zu geben;
hingegen werden die Cabccillas Forcadell uiid Llan»
gostera so viel als möglich geschont werden. In
stckederaragonien predigen die Mönche forrwährend
einen Kreuzzug gcgen die Christinos. Weder Ca-
drera, noch Graf Espanna sind gesonnen, die
Waffen so leicht zu streckcn, wie hier gchofft wor-
den. Letzgenannrer hat einen großen Bortheil nber
die ihm gcgenüberstehcndcn christinischen Truppen,
indem diese mit nichts und die scinigen mit AUem
versehen sind.
Posen, io. Okt. In unserer Stadt herrschk
seit dcö Erzbischofs Abreise fortwahrend die voll-
kommcnste Nuhe und Stille. Letztere wird noch
vermehrt durch das gänzliche ttnterbleiben des Läu-
tens der Glocken und daö Schweigen der Orgeln
in dcn Kirchen innerhalb der Stadt; dies ist aber
auch das cinzige bemerkbare Zeichen, daß die Weg-
führung des Kirchcnfürftcn Trauer oder Groll e'r-
zeugt habe. Auf dem Dome wird nach wie vor
gelautet und Gottcsdienft ^it Musik gehaltcn;
dafür sollen jedoch leider, wenn liran dem Gerüchte
Glauben schenken darf, eincm dorr wohnenden
höhern Geistlichen die Fenstcr eingeworfcn wordcn
und ihm Schmähschriften zugegangen seyn. Hof-
fentlich wird nun bald zur Wahl eines Lerwcsers
der Erzdiöcesc geschritten werden.
Saragossa, 12. Okt. Am 6. in der Frühe
brachen sämmttiche unter den Defehlen deS Herzogs
von Bictoria ftehcnden Truppen auf, um sich mit
Cabrera zu meffen. Espartero steht an der Spitze
dcr erstcn Brigade der Dorhur, und die erste Dl-
vision untcr dem Grafen Velascoain ist über Alca-
niz vorwärtS gcgangen. Die zweite Division, von
General Puig-Samper befehligt, nimmt dic Nich-
tung auf die Comun von Hucja; die dritte und
vierte Heeresabtheilung habcn die Straßc von Da-
roca eingeschlagen. O'Donnel steht mit aller seiner
Streitmacht in der Um.iebung von Teruel. Vor
seinem Aufbruche hat Esparlero eine Proklamation
an die Einwohner von Aragonicn, Valencia und
Murcia gericktct. Cabrcra soll, als er vom Her-
anrücken der Christinos gchört, sich geäuffert haben:
„Diese Truppen kommen nicht weircr als biö Mu-
niesca."
Alexandrien, den 26. Sepi. Mchemet Ali
fährt soet, den Kopudan Pascha und die lürkischcn
Offiziere mit dcrselben Auszeichnung wie frühcr zu
hehandcln. Sie sehen cin, daß in Konstaruinopel
nichts zu ibren Gunstcn sich wenden kann, und
daß sie gezwungen sind, jctzt mit Mehemet Ali Wohl
und Wehe zu theilen. Die früheren unangenchmen
Auslrittc zwischcn türkischen Matrosen und den
Einwohnern Alexandricns haben aufgchört, cs ist
einc beffere Polizei eingesührt, und nur sehr wenige
dieser Malrosen dürsen die Schiffc verlaffcn und
an das Land steigen. — Die Küste Alexandriens
vom Marabut bis Abukir ist in Verlhcidigungsstand
gesetzr. Zwor sind die vom Marschall Marmont
angegebenen Festungswerke auf der Westseite noch
nichc vollender, man har aber Maßregeln gelroffen
eine möglichc Landung auf dicser Seite sehr zu
erschweren. Auf der Landzunge, auf welchcr der
Palast dcs Paschas steht, sind neue Batlericn gcgcn
das vffene Meer zu angelcgt und Oefcn zu»n Glühen
von Kugeln crbaut. Ein Bonibardemcnl Alexan-
dricns würde sehr schwer zu bewerkstelligen scyri,
da man nicht in den Hasen einlauscn kann; sodann
würde es keine andcre Folge haben , als die wahr-
schcinliche Niedermetzclung aller Europäer in Ac-
gypten. Einc Ausschiffung von Truppcn aber wäre
ein gcfährliches llnternchmen, das leicht schcitern
i'önnte. Es befinden sich jetzt gcgen ü5,000Man»r
in Alexandrien, und wcnn dicse nur drci Tage
Widcrstand leisten, gehr die feindliche Armee in
dcr wafferlosen Wüste zu Grunde. — Heute ift das
Dampsschiff des Paschas, der Nil, mit Sami Bcy
und eine»n Sohne Ibrahims nach Syrien abgegan-
gen. Sie habcu geheiule Aufträgc.