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Heidelberger Wochenblätter (33) — 1839

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https://doi.org/10.11588/diglit.29903#0961
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cidclbcrger

Wochcnblättcr.

X«. 237. Montag, den 2. Dezemdcr 1838.

Greignisse.

London, 23. Nov. J?or dem Buckinqbam->
Palaste hatten sich heute schon um 12 Uhr mchrere
Tausend Menschcn vcrsanimclt. Eß war heute der
Tag, aus wclchen die vielbesprochene Sitzung des
Geheimcnraths ausgeschrieben war. Gcmäß dcm
k. Befehle versammelten sich die Mitglicder zahlreich
um 2 Uhr im Palaste. Die Königin hielt sosort
mit sester Stimmc folgende Anrede an die Dersam-
melten: "Ich habe Sie auf diese Stunde berufen
laffen, um Ihncn meinen Entschluß mitzutheilen
in einer Angelegenheit von hohem Belang sür die
Wohlfal)rt nicincs Dolkeö und mein künftiges Le-
bensglück. Es ist meine Absicht, mit dem Prinzcn
Albert von Sachsen-Coburg-Gotha dcn Bund der
Ehe zu schließcn. Tief durcbdrungen von der Fei-
erlichkeit dcr Derpflichtung, wclchc ich einzugebcn
im Begriffe bin, karn ich zu diesem Entschluffe nichr
ohnc reifliche Erwägung, nicht olme die fcste Ucber-
zeugung erlangt zu haben, daß dersclbe, mir dem
Segen des allmächtigen Goltes, zugleich mein
häusliches Glück sichern und zum Dortheile meines
Landes dienen werde. Ich erachte es für paffend,
Ihnen diesen Entschluß so früh als möglich kund-
zurhun, aus daß Sie vollkommcne Kcrmlniß er-
halten von cinem für mich und mein Königreich so
hochwichtigcn Ereigniffe, das, wie ich überzeugt
bin, allen mcinen treu ergebenen Unterthanen sehr
angenehm seyn wird." Die Sitzung des Gehei-
mcnralhs cndere kurz vor drei Uhr. Bei dcm
Austrilt aus dcm Palast wurden die Minister und
anderen ausgezeichneten Personcn mit dcn gcwöhn-
lichen Bcisalls- odcrMißfallensdezeugungen empfan-
gen. Lord Melbourne, einer der Letztcn, welche
den Palast vcrließcn, wurdc von der Mehrheit der
vor dem Palaste Dersammclten mit lautem Bei-
falle begrüßt, eine geschloffenc Schaar abcr vcrfolgte
seinen Wagen mit lautem Zischen. Dassclbe wi-
derfuhr auch dcn übrigen Ministern. Dcr Herzog
von Wellington dagegen, der zwar ausnchmend
mager und blaß, sonst aber ganz munter aussah,
wurde mit begeistertem Beifalle cmpfangen. Die
gcschlossene Schaar, von welcher die Mißfallensbc-
zeugungen gcgen die Dcinister ausgingen, stand,
wie deutlich zu sehen war, unter der Leitung eines
gcwiffcn cdlen Marquis und cincs in indischcn An-
gelegcnheitcn berufencn Baroneks. Als die Königtn
bald nachher den Duckingham-Palast cbenfalls ver-
licß, unr nach Windsor zurückzukchren, wurde sie
von der versammeltcn Menge mit lautem und all-
gemeinem Iubel begrüßt. — Die Dcrmählung der

Königin mitdem PrinzcnAlbertvonSachsen-Coburg-
Gotha wird zu Anfang Aprils iLüOstattfinden. Das
Eourt Iournal schreibt: „Ueber die Stellung, wclche
Prinz Albcrt, als Gemahl dcr regierendcn Königin
von England, einnehmen wird, waltcn vielfachc
Irrthümer ob. Die Gemahlin eines regierenden
Königs ist die crste Unterthanin des Königs. Dcr
Gemahl der Königin hat als solcher gar keinen Rang.
Die Gemahlin cines Königs hat nach dem gemeinen
Rechte viele wichtige Freiheitcn und werthvolle Pri-
vilegien; der Gemahl der Königin hat deren kcine.
Nang und Privilegien können ibm nur durch die
Gnade und Gunst seincr erlauchten Gcmahlin er-
theilt werden. Diese Gnadenbezeugungen wcrden
ungcfähr in Folgendcm bestehen: Zuerst wird ihm
dcr Titel: Königliche Hoheit, übenragen wcrden.
Dadurch erhält er bei allen Feierlichkeiten den Nang
unmüteibar nach dem jüngsten Oncime I. M-,
dcm Hcrzoge von Cambridge, aber kcine politische
Bcsugniß oder Würde, und cs ist nicht wahrschein-
lich, daß der Prinz Albert zum Pair mit einem Sitze
in dem Parlamcnte wird crnannt wcrden. So-
dann wird der Prinz nach einander zum Nitter dcs
Hoscnbandordcus, Gcneral und Feldmarschall und
Nitterkommündeur des Batbordens erhobcn werdcn."
— Die londoncr Blätter aller Farbcn nehmcn die
Nachricht vcn der bcvcrstehenden Derbindung freu-
dig auf. Ein bcsonderes Ecwichr wird auf die
altprotestantische Hcrkunft dcs hohen Bräutigams
gelegt. Prinz Albert ist der zwcile Sohn des Her-
zogs von Sachsen-Coburg-Gotha (Brudcrs derHer-
zogin von Kcnl, der Mutter der Kcnigin Dictoria,
aus deffen erstcr Ebe mit Luise, Tochter deö Her-
zogs August von Sachsen-Gotha-Altenburg) gebo-
ren am 26. Aug. 1619, dcmnach 3 Monate jüngcr
als die Königin, die am 2ü. Niai deff. Iahrs ge-
boren wurde."

Paris, i8. Okt. Man kann jctzt in Paris
keine 10 Schritte gel'cn, ohnc deutsch odcr englisch
sprechen zu hören. Das englische Clcment dcr hic-
sigcn Bevölkcrung ist indcsien wescnilich verschieden
von dem deutschen; jcnes ist ein konsumirendes,
dieses ein schaffendes und erwcrbendcs. Es gibt
ganze O.uarrierc, Dorstädrc und Straßen, die
größtentheils von Engländern kewohnt sind, welche
von ihren Renten lebcn. Die Deurschen und
Schweizcr wohnen übcrall mit den Franzosen vcr-
mischt und konkurrircn mit ihnen in Künften und
Gewcrbcn. Deutsche, die hier bloö von ihrem
Einkommcn lcben, sind sehr selten. In vielen
Fächern der Künstc und Gewcrbc hat das Deutsch--
thum sogar dic Obcrhand; vor allcm in der Mustk,.
 
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