Heidelberger Wochenblätter (33) — 1839
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https://doi.org/10.11588/diglit.29903#0989
- Einband
-
3-44
No. 1 - No 10
-
45-84
No. 11- No 20
-
85-124
No. 21- No 30
-
125-164
No. 31- No 40
-
165-204
No. 41- No 50
-
205-244
No. 51- No 60
-
245-284
No. 61- No 70
-
285-324
No. 71- No 80
-
325-364
No. 81- No 90
-
365-406
No. 91- No 100
-
407-446
No. 101- No 110
-
447-486
No. 111- No 120
-
487-526
No. 121- No 130
-
527-566
No. 131- No 140
-
567-606
No. 141- No 150
-
607-646
No. 151- No 160
-
647-686
No. 161- No 170
-
687-726
No. 171- No 180
-
717-766
No. 181- No 190
-
767-806
No. 191- No 200
-
807-850
No. 201- No 210
-
851-890
No. 211- No 220
-
891-930
No. 221- No 230
-
931-970
No. 231- No 240
-
971-1010
No. 241- No 250
-
1011-1038
No. 251- No 257
- Einband
- Farbkeil/Maßstab
Hcidclbcrgcr Wochcnblätter.
Nv. 244. Mittwoch, den 11. Dezember 18S9.
Greignisse.
Lcr! rn, dcn 30. Nov. Zn unserer Armec be»
reitcn sich zal)lreiche Veränderungen vor, die nicht
allein in dem Personal dcr Generalität und der
l)öhern Offizicre, sondern auch in manchen andern
Keziehungen vorgehen werden und theilweise schon
dekannt sind. Namentlich brachte das heute erschci-
nende Militär-Wochenblatt eine lange Liste von
Berabschiedungen, unter denen auch die von acht
Stabsosfizieren (Oberstlicutenants und Majorö)
waren.
Paris, 5. Dez. Der Moniteur parisicn schreibt:
„Einige Blätter klagen über das Stillschweigen der
Negierung in Betreff der Angelegenheit von Nord-
afrika. Da bloß zweimal wöchentlich ein Pakec-
boot ankommt, so l)at die Regierung seit den am
Sonntag burch Stafette ir: Paris angekommenen
und soforc veröffenllichten Nachrichten keine Bot-
schaften mehr erhalten. Sie wird unverzüglich
Alles, was sie aus der Provinz Algier erfährt,
veroffenrlichcn. Die Angabe, als wäre dcr Nach-
rrab des Korps, das die Expedition durch die eiser-
nen Pforterr machte, von dcn Arabern zusammen-
gehauen worden, ift grundlos." — Dem Con-
stuurionnel zufolge wiro der Generallieutenant Eu-
bieres (bekannt von Ancona her, unrer dem lctzten,
provisorischen Kabinet Kriegsminiftcr) den Oberbe-
fehl über dic akcivcn Streitkräfce erhalren, welche
gegen Abd-el-Kader ins Felde rücken sollen. Die
Generalmajore Parchappe, Lasbordeö und Lahitle
geyen ebenfallS nach Noroafrika ab. — Der Temps
vom 5. Dez. schreibt: „In einer Art von Gehei-
merrathvfitzang, die am 2. Dez. statlfand, und
an welchcr der König, der Kronprinz und der Her-
zog von Nemvurs Theil nahmen, wurde die Frage
berarhen, ob beide Prinzen oder ob blos Einer und
welcher in letztercm Falle nach Afrika gehen solle.
Es emskand eine lcbhafre Szene. Unler anderen
Gründen, die dcr Herzog v. Orleans für sich an-
führce, war auch folgender: da cr erst kürzlich einen
militärischen Spaziergang in Algerien gernacht habe,
fo fordere eö seine Ehre, daß er nichc zu Hause
bleibe, wenn ein Feldzug bevorstehe, der Kampf
und persönliche Gefahr vorhersehen laffe. Der
Herzog v. Nemours wendete gegen den Abgang
seines Bruders ein, daß, falls derselbe umkämc,
die Wechselfälle einer Regcntschaft nach des Königß
Tode in Aussicht skänden. Der König, den diese
Familienerörterung in tiefe Nührung versctzte, cnt-
schloß sich, dem Kabinct die Entscheidung anheim-
zugeben, und diesc stel dahin, daß der Herzog von
Orleans allcin sich nach Algier begeben und dort,
wie er selbst verlange, seinem militarischen Nange
gemäß ein Kommando unter dcm Marschall Dalee
bekleiden solle. Dem Marschall Valee sollen be-
deutendere Verstärkungcn geschickt werden, als er
verlangte (roulöner Blätter fprechen von 15,000
Mann, die von Port Dendres abgchen sollen),
und da er vornämlich, weil die Zufuhr vom Bin-
nenlande abgeschnitten ist, Lebensmittel verlangte,
so ist Befeht zum Ankauf von Ü000 Ochsen crtheilt.
Auch sollen 1300 Maulthiere nach Algier geschickt
werden." '
Ein Schreiben aus Algier vom 2ü. Rovember im
Toulonnais sagt: Man schätzt die Zahl ^erniedcrge-
metzelren Kolonisten, sowobl Männer alö Weiber,
auf nahe an üoo. Mehrere schöne Besitzungen
haben sehr von dcm Durchzug des Feindes
gclitten. Vicle deutsche Familien befindewcstch im
Elcnd; ein cinzigcr Tag rcichte hin, um ihrc Hoff-
nungen zu zernichten. Blida ist blokirt. Die Ein-
wohner des Gutes des Barons Vialar, in dem
Benimuffa, haben die Angriffe der Hadschuten
zurückgeschlagen, doch die benachbarten Meierhöfe
wurden zerslört.
Konskantinopcl, 19. Nov. Noch ist kein
Vergleich mit Mehemet Ali zu Stande gekommem
die Flotte verweilt vcrmuthlich so lange im Hafen
von Alexandrien, bis alle andcrn Fragen gelöst
seyn werden. Die Diplomaten sind in skarker Be-
wegung und Hr. v. Pontois scheint den mcisken
Einfluß auszuüben; man glaubt aber nicht, daß
scine Vollmachten unumschränkt sind. Die Faften-
zeir (Ramasan , die in diesem Augenblick tller
stattfindet, trägr mit dazu bei, einc Ärt politischer
Siesta herbeizuführen, um so mehr, als man ge-
wvhnt isk, die Dinge in die Längc zu ziehen. Die
Hauptrolle spielt hier wie in Alexandrien daß fran-
zösische Kabinet, von dem man allein allcs Hcil
crwarcet. — Zu Pera hat abermals einc Fcuers-
brunsk jkattgefunden, wobei die Mannschaft der
"Belle Poule" sich wieder sehr im Hclfen hervorthat.
— Es ist stark die Nede von einem Anlehen im
Becrag von ü Millionen Pf. Sc., welcheß die
Pforte mit dem Hause Rothschild abzuschließen im
Begriffe ftehcn soll, mit Gcwährleistungen Frank-
rcichs und Englands. Ucbrigens lebt man hier
der frohen Hoffnung einer bcffern Zukunft. Dcr
Hatti Scheriff hat bisher zu keincm Widerstande
von Seite unserer konservativen Türken Anlaß
gegcben.
Nv. 244. Mittwoch, den 11. Dezember 18S9.
Greignisse.
Lcr! rn, dcn 30. Nov. Zn unserer Armec be»
reitcn sich zal)lreiche Veränderungen vor, die nicht
allein in dem Personal dcr Generalität und der
l)öhern Offizicre, sondern auch in manchen andern
Keziehungen vorgehen werden und theilweise schon
dekannt sind. Namentlich brachte das heute erschci-
nende Militär-Wochenblatt eine lange Liste von
Berabschiedungen, unter denen auch die von acht
Stabsosfizieren (Oberstlicutenants und Majorö)
waren.
Paris, 5. Dez. Der Moniteur parisicn schreibt:
„Einige Blätter klagen über das Stillschweigen der
Negierung in Betreff der Angelegenheit von Nord-
afrika. Da bloß zweimal wöchentlich ein Pakec-
boot ankommt, so l)at die Regierung seit den am
Sonntag burch Stafette ir: Paris angekommenen
und soforc veröffenllichten Nachrichten keine Bot-
schaften mehr erhalten. Sie wird unverzüglich
Alles, was sie aus der Provinz Algier erfährt,
veroffenrlichcn. Die Angabe, als wäre dcr Nach-
rrab des Korps, das die Expedition durch die eiser-
nen Pforterr machte, von dcn Arabern zusammen-
gehauen worden, ift grundlos." — Dem Con-
stuurionnel zufolge wiro der Generallieutenant Eu-
bieres (bekannt von Ancona her, unrer dem lctzten,
provisorischen Kabinet Kriegsminiftcr) den Oberbe-
fehl über dic akcivcn Streitkräfce erhalren, welche
gegen Abd-el-Kader ins Felde rücken sollen. Die
Generalmajore Parchappe, Lasbordeö und Lahitle
geyen ebenfallS nach Noroafrika ab. — Der Temps
vom 5. Dez. schreibt: „In einer Art von Gehei-
merrathvfitzang, die am 2. Dez. statlfand, und
an welchcr der König, der Kronprinz und der Her-
zog von Nemvurs Theil nahmen, wurde die Frage
berarhen, ob beide Prinzen oder ob blos Einer und
welcher in letztercm Falle nach Afrika gehen solle.
Es emskand eine lcbhafre Szene. Unler anderen
Gründen, die dcr Herzog v. Orleans für sich an-
führce, war auch folgender: da cr erst kürzlich einen
militärischen Spaziergang in Algerien gernacht habe,
fo fordere eö seine Ehre, daß er nichc zu Hause
bleibe, wenn ein Feldzug bevorstehe, der Kampf
und persönliche Gefahr vorhersehen laffe. Der
Herzog v. Nemours wendete gegen den Abgang
seines Bruders ein, daß, falls derselbe umkämc,
die Wechselfälle einer Regcntschaft nach des Königß
Tode in Aussicht skänden. Der König, den diese
Familienerörterung in tiefe Nührung versctzte, cnt-
schloß sich, dem Kabinct die Entscheidung anheim-
zugeben, und diesc stel dahin, daß der Herzog von
Orleans allcin sich nach Algier begeben und dort,
wie er selbst verlange, seinem militarischen Nange
gemäß ein Kommando unter dcm Marschall Dalee
bekleiden solle. Dem Marschall Valee sollen be-
deutendere Verstärkungcn geschickt werden, als er
verlangte (roulöner Blätter fprechen von 15,000
Mann, die von Port Dendres abgchen sollen),
und da er vornämlich, weil die Zufuhr vom Bin-
nenlande abgeschnitten ist, Lebensmittel verlangte,
so ist Befeht zum Ankauf von Ü000 Ochsen crtheilt.
Auch sollen 1300 Maulthiere nach Algier geschickt
werden." '
Ein Schreiben aus Algier vom 2ü. Rovember im
Toulonnais sagt: Man schätzt die Zahl ^erniedcrge-
metzelren Kolonisten, sowobl Männer alö Weiber,
auf nahe an üoo. Mehrere schöne Besitzungen
haben sehr von dcm Durchzug des Feindes
gclitten. Vicle deutsche Familien befindewcstch im
Elcnd; ein cinzigcr Tag rcichte hin, um ihrc Hoff-
nungen zu zernichten. Blida ist blokirt. Die Ein-
wohner des Gutes des Barons Vialar, in dem
Benimuffa, haben die Angriffe der Hadschuten
zurückgeschlagen, doch die benachbarten Meierhöfe
wurden zerslört.
Konskantinopcl, 19. Nov. Noch ist kein
Vergleich mit Mehemet Ali zu Stande gekommem
die Flotte verweilt vcrmuthlich so lange im Hafen
von Alexandrien, bis alle andcrn Fragen gelöst
seyn werden. Die Diplomaten sind in skarker Be-
wegung und Hr. v. Pontois scheint den mcisken
Einfluß auszuüben; man glaubt aber nicht, daß
scine Vollmachten unumschränkt sind. Die Faften-
zeir (Ramasan , die in diesem Augenblick tller
stattfindet, trägr mit dazu bei, einc Ärt politischer
Siesta herbeizuführen, um so mehr, als man ge-
wvhnt isk, die Dinge in die Längc zu ziehen. Die
Hauptrolle spielt hier wie in Alexandrien daß fran-
zösische Kabinet, von dem man allein allcs Hcil
crwarcet. — Zu Pera hat abermals einc Fcuers-
brunsk jkattgefunden, wobei die Mannschaft der
"Belle Poule" sich wieder sehr im Hclfen hervorthat.
— Es ist stark die Nede von einem Anlehen im
Becrag von ü Millionen Pf. Sc., welcheß die
Pforte mit dem Hause Rothschild abzuschließen im
Begriffe ftehcn soll, mit Gcwährleistungen Frank-
rcichs und Englands. Ucbrigens lebt man hier
der frohen Hoffnung einer bcffern Zukunft. Dcr
Hatti Scheriff hat bisher zu keincm Widerstande
von Seite unserer konservativen Türken Anlaß
gegcben.