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Heidelberger Wochenblätter (33) — 1839

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https://doi.org/10.11588/diglit.29903#0873

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Hcidclbergcr Wochcnblättcr.

215. Freitag, den 1. November 1839.

Ereignisse.

Krakau, den 18. Okt. Als Deweis für die
bedeutenden Rüstungcn, die ?1!ußland in dicsem
Aucieudlicke macht, kann cinc Bekanntmachnng
der Russischen Regierung im Iournal deS König-
reicks Polen gelten, wonach alle Aerzte, welche
in Nussische Dieilste tretcn wollen, sich möglichst
bald nach Odcffa zu melden haben, da man deren
eine Zadl von 600 daselbst bedars.

Madrid, 20. Okt. Seit gcstern herrscht große
Dcrwirrung im Kabinele. Es war stark die Nede
davon, sosort zur Auflösung zu schreiten, allein
Gen. Alaix dekümpftc diese Acaßregel. Nachts
war Ministerrath im Schloffe, der bis gegcn 3
Uhr Morgens dauertc. Es wurden zwei Mittel
oorgeschlagen: I Die Kammer aufzulösen, dos Mi-
nisterium bcizubehalten, mit Ausnadmc des Mit-
gliedcß, das gegen die Maßregcl stimmt, odex 2)
das gegenwartige Kabinet zu veradschieden und
ein ncues zu crnennen, unker der Bcdingung, die
Cortcs aufzulösen. Allc Minisier haben ihre Mei-
nung durch lange Nedcn begrruldet. Gen. Alaix
hat den Umhalsungsauskritt inö Gcdachkniß zzirückgc-
rlisen, den Olozaga mit Lob überl'äuft und ihn
gewiszcrmaßen der Konigin als Niinistcr angebo-
tcn. Er sclbst wolle sich zurückzichen, abcr in
einem konstüulioneUcn Stoai n.üffe die Majorität
als Gcsch gclren. — Nach dem Kabinetsrathe blieb
dcr Nalhspi äsidcnt bci tcrIlönigin; man glaubt
daher, daß keine Hauptvcränderung vorgenommen
werden wird. — Hcu,e ist große'Mustcrung der
Nationalmiliz. Man besürchlct Tumult. Es soll,
heißt es, gerufen wcrden: „Es lcbe Alaix, nieder
mit dcn Ministcrn." Cs sind gegcn möglichcn Ans-
' ruch von Unruhnl Dorsichlömaßregeln getroffrn.

Graf Numigny, der frauzösüchc Gesandte,
iff für die Beibchalkung des Nathspräsidenten. Die
Königin zeigt wenig Neigung, den General Alaix
zu entlaffen; es bildet dieö die Hauprschwieriqkeit.
— Heuke Abend ist abermalß ein Kabinckörath
angejagt. Die Senatskammer dürsre wohl heute
zur Abstimmung dcs Fuerosgesctzvorschlags kom-
mcn. — Nachschrift: Bei der Puerta del Sol
!)cißt es, Alaix !)abe obgcsiegt und seine Kollcgen
zögen sich zurück. Es ist dics ein bloßcö Gerücbt.
Der Kabmelsralh har biö ?)ütieruacht gedauert. —
Die Berichtc aus Katalonien lauren schr ungünstig.

Türkei. Smyrnacr Blätter vom 9. Oku schrei-
ben: Eine Abtheilung des cnglischen Geschwadcrs
besteheud ails si L.nienschiffen und 2 Corvetten

wclche am 30. Septcmber die Besika-Bai ver-
laffcn hatte und am 2. Oktober in Smyrna
angelangt war, ist nach der Bcsika-Bai zurückgekehrt
wo das französische Geschwader unrer Admiral
Lalande noch immer vor Anker liegt. Das Oe-
strcichische Geschwader unter Baron Bandiera soll
Smyrna am 10. wicder verlaffen.

Don der türkischcn Gränze, 16. Okr.
Die Ruhe der Hauptstadr war bis zu Abgang der
neuesten Post nichl wescntlich gestört worden; doch
hat die Parrei des Umsturzcs neuerdings ein Zci-
chen von sich gegeben. Die Fabrik, wo die neue
Kopfbedeckung dcr Türken (Feß) fabrizirt wird, ist
an cinigcn Stellen zugleich angezündct, binueu
einigcn Slunden in Asche gelegt worccn. Mcm
weiß, wie der orthodoxe Türke ansangs gegen die
Derdrängung des Turbans und Einfülwung deö Feß
eisene, man crinnerl sich ferner, daß dcr Sultan
bald nach seiner Lhronbeftcigung hi« sichllich des
Turbans dcn Ulcmas cinigc Konzessioncn zu ma-
chen rathsam fand, und kann sonach übcr dic Tendenz
dcs ncuen Frevcls nicht im Zeisel seyn.

T ü rkei. Aus dcn Dardanellen ist die Fregatte
Rhadamantb mit Bolschasten des englischen Admi-
rals, Sir Slopford, an Lord Ponsonby cingelau-
fen. De> Atmiral crklärr es sür unmöglich, mit
dem Geschwater auf dem gesäbrlichen Ankerplatze
in dcr Besikabai zu überwinlcru und vcrlangt deß-
wegen Derhaltungsbescble. Audercrseirs steht aber
zu besürchten, daß die Swllung au den Dardanellcn,
wenn man sie verläßc, von einer andern Niacht
werdc besttzt werdcn.

Alcxandria, 6. Okr. Dic Spamning, die
schon seit ciniger Zeik zwischen Ibrahim Pascha
uud Solinian Pascha (Sclves), bcsonderL-eit der
Schlacht von Nesbi, slallsand, liar endlich zur
Folge gebadt, daß der Letzlere in gänzliche Ungna-
de fiel. Die Truppen die sich unrer il)ni in Aünab
besandcn, habcn ihn aus direkren Vcsehl Zbrahim
Paschas verla;;en und andcre Kantonnii ungen bezo-
gen, so d aß er sich gauz vereinzclt bcfand. Er st-ll
sich aus stine Güur bci Saida zurückgezogcu baben.
Die Hauplursache dicjer Ungnade ist Ncid von
Seilc Ibrahiin Paschas, der Soliman Pascha
nicht vergeben kann, daß dre Berichte über die
Schlacht von Nesbi den Talcnten dcs Renegarcn
den glücklichen Ausgang der Schlacht zuschrcibcn.
So geht es allcn Europäern in hicsigen Dicnstcn
sobald man dcrcn nicht mehr bcdars, sucht man
sich ihrer so bald als möglich zu eutledigen.
 
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