Heidelberger Wochenblätter (33) (1839)

Hcidclbcrgcr Wochcublättcr.

Xo. 192. Montag, den 30. Sechtember 1838.

Ereignisse.

Hann over, 16. Sept. Die Konsistorien llaben
auf Bcfeyl des Kabinctö verordner, daß dic in bei-
na»e 100,000Excmplaren abgedruckrcProklamation
(v. 10. d.M.) mit dem Bundestagbeschluste von den
Kanzeln verlesen werden soUe. Gestern gescbcch dieö
dcnn auch in sammtlichen Kirchcn der Residenz.
(Am 22. auch in den Landgemeinden.) Die Ge-
meinde soU sich aber, namenrlich in einigcn Kirchen,
eben nichr sebr andachtig dabci benommen, oielmehr
größrentheils sich cnrfernr habcn, und erst wicder-
gekommen seyn, als die Verlesung der Prvklama-
tion zu Ende war. Mehrere Prcdiger yarten in
ihren Predigren Nücksicht auf dicse Proklamation
genommen, soUcn sich aber dabei ebcn nicht im
Sinne der Proklamanon ausgesprvchcn haben. Zn
der Hauplkirche ließ dcr Prediger umnitteloar nach
der Berlesung den 11. Vers des 60ü. Gesanges
(aus dein hannöverschen Gesangbuche - anstimmen,
der also beginnt: „O schwereS Elend, das uns
drückr."

Paris, 2ü. Scpt. Telegraphische Dcpcsche.
Der kommandirende Gencral der LO. Mrlitärdivision
an de>>. NathspräsiLcnle»: „Bayonne, 23. Scpt.
Estella hat sich unrerworfen. Einc Sckwadron
Naoarrcser har sich bei Gr. Iean Pied de Pvrr auf
unser Gebier geflüchtet; 3 Baraillone stnd iin Waldc
von Irato.^

— Daö „Eco von Aragonien" und die „Sen^
tinelle des Pyrenös" besagen, daß Esparrerv sei-
nen Marsch gegcn Niedcraragonien und das 5eönig-
reich Balcncia begonnen habe, wo Cabrera, wie
cs scheine, den Feldzug fortsetzcn wiU.

Toulon, 17. Sept. Ein britisches Paketboor
bringt Nachrickren aus Maita bis zum i i. Sept.
Das Dampsboor Nt)adamanrl)us war dorr auö
Konstantinopcl angekommen, welches es am 31.
Aug. verlasten hatte; cö berührle auf sciner Fahrt
Tenedos, weckin es den Admiral Stopfvrd führte.
Die ^orientalische Frage war bei Abgang dieses
Schists ihrcr Lösung nicht naher. Hr. v. Buteniest
war genölhigt, das Berc zu hüten, in Foige eines
Srurtzes vom Pferd. Fortwährend scheint Nuß-
iand sich buch>tab!ich an seinen Vertrag mir der
Psorte halten und diesen zum PaUadium gcgen alle
Lersuche Englands und Frankreichs machen zu
woUen, in die Dardanellen einzulaufen. Ein Nei-
sender, der auf dem "Nhadam.anthus" angckommen,
erzählt, dic europäische Diplomarie sey so wcnig
einig untcr sich, daß die heute gefaßten Beschlüste
morgen wieder geändert werden. Die beste Ein-

tracht herrscht dagegen zu Tenedoß zwischcn den
Ofstzieren der beiden Geschwader, welche widcr
ihren Wunsch unthärig ausharren müstcn. In den
Forts der Dardanellen wird an den Befestigungö-
werken thälig gearbcitet und die Maucrn reparirt.

- Ein Schreiben aus Odcffa vom 22. Aug. mel-
der die Ankunfr eines austerordenrlichen Kuricrs von
Sr. Percrsburg. Der Kommandant von Odesta
har Befehl, so viel Truppcn als möglich in Be-
reitschafr zu halren; man wird sie ouf Kriegsschif-
fen und großcn Transporlfahrzeugcn unrcrbringen.

Nußtand. Die AUg. Zeirung berichter aus
Bessarabien vom 10. Sept., neben Bestäligung der
großen Schistsrüstungcn in Odcsta und Scbastopol
unb Abberusung dcr Seemachr von dcr Tscherkes-
sischen Küste, Folgendes: Bei dem eingcgangenen
weireren Befehl, alle noch irgend disponiblen Schistc
cilig in Srand zu sctzcn, um in Sce stechen zu
können, kann nicht fehlen, daß unrer dicsen Schif-
feiksich manche befindeu , dercn Holz halb verfault
ist, wie rnan dieß auch in Englischen und Franzö-
sisthcn Häfen häustg bei lang abgerakclt gewesenen
E Sckistcn bcmerkr. Ueberdicß ist die Mannschaft
ungcübt. — Was dic Landtruppen berrifft, fo
herrscht unrcr deu Negimcnccrn, dic in der Krim
kanronniren , die Acgyprische Augenkrankheil in sehr
dösarkiger Form. Die Seuche soll sich nach Eini-
gen fchon auf mehrere Gouvernemenls crstrcckcn.
Gcncral Lüders ist schnell an Orr und SteUe beor-
derc worden mn die gelrostencn Sanitärsvvrkeh-
rungen zu überwachen und nach St. Pcrersdurg
darüber zu referiren.

Oftindien. ZNon l)at über Sucz Nackrichcen
aus Bombay in Ostindien bis zum I. August. Sie
bestäligen den arn 27. Iuni crfolgten Tod'N^rid-
fchil Sings, kes Ntaharadscha von Lahore. Ri^.-
fchir Sing'a (cigeulüch NanadfchitsinU)a, dcr SM?
gcrlewe ist am 2. Nov. 1762 geboren und har^c,
a!s zwölfjahriger Knabe, sckon von sciiuni Paler
Mana Singi»^ größere MackM^rbr, a!L je ciner
der Sirbars ipdcr Häuptlinge d^scs'republikanischcn
Volkcö bcsaß. Bon ber lästigen Bormundschaft
seiner Ncuttcr befrcitc er sich dmch Bergiflung und
übernahm iin 17. Iahre die Zügcl der Regicrung.
Durch dcn Afganenschah Zuman wurde ihm (1600)
Lahore vcrliehen, vo» wo aus cs ihm gclang, nach
und nach die umer sich uneinigen Scikh Cirdars
und Surkundaö, die bisher gänzlich unabhängig
von einandcr gcwcsen, sich tribmpflichtig zu n-achcn.
Iin Ial)r 1805 fchloß cr eincn Frcunbschaftsvcr-
rrag mit dcn Briren, der im Iahr 180Y crncuert,
und durch welchen die Ssctledsch als Ostgräuze der