Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Wochenblätter (33) — 1839

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.29903#0925

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Hcidelbcrgcr Wochcnblättcr.

wo. 228. Dinstag, den 19. November 1839.

Creignisse.

Dresden, ii. Nov. Die Kammcrn traten
heute zum erstenmale auf dieser Ständeversamm-
!ung in öffentUcher Sitzung in Wirksamkeit. Der
Hauptgegenstand für die Tageöordnung war, wie
aus den srüheren Landtagen in den ersten Sttzun-
gcn, die Wahl der Deputationen, vornehmlich der
seststehenden, deren vier sind. Jn dcr zweiren Kam-
mer wurde heute die erste Sitzung, die bei gefüll-
lcn Tribuncn stattfand, vornehmlich daburch in-
tcrcffant, daß die Vcrsammlung ihre Erörterun-
gen alsbald mit Besprechung der hannöverschen
Angelegenheiten cröffnete. Beranlassung dazu gab
ein aus der Negistrande erscheincnder schristlicher
Antrag Eisenstuckö, daß die Kammer im Vereine
mit der ersten die Staatsregierung ersuchen möge,
in Bezug aus die Verhandlungen des Bundestageö
über die Verhaltniffe Hannovers behufige Mitthei-
lungen zu machen. Bon Scitcn dcr Regierung
wurde glcich Anfangs crklart, daß vorzüglich die
N^tur jener Verhandlungen nicht erlauben werde,
aus gedachten Antrag-Zinzugehen, der auch avohl^
nur als ein formeller zu betrachten sey. Man gab
dies im Allgemeincn zu, vcrwies aber doch im Laus
enrcr langen Berathung den Antrag Eisenstuckö an
eine aujjerordentlich zu erncnnendeDeputation, die
Bericht darüber erstatten soll. Denn wichtige Cründe
ließen zwar von der Möglichkcit eineö Erfolgs in
Lezug aus den Wortlaut des Antrags ganz absehen,
wodl ader hoffte man die Erörterung anderer wich-
tiaer Verhältniffe an dcnselben knüpfcn zu können.
Dies hakte wchl auch Eisenstuck bei seinem Antrag
eigentlich beabsichtigt, diescr Abgeordnete, der allem
Separalismus so scrn stcht unb blos von allge-
meinen, sür das gesammte deulschc Volk wichtigen
Gesichrspunkten ausgcht, so ost sich ihm die Ge-
legcnhür dazu bietet. Vou diesem Gcsichtspunkt
aus gingen auch die meisten Rcdner über dcn srag-
lichen Gegenstand, unter denen sich vornämlich
die Abgeordneten Or. v. Mayer, von Thielau,
Tobt, Neiche-Eisenstuck, v. Watzdors, Clauß
(aus Chemnitz), Schwabe (aus Döbeln), Aus
dcm Winckell und Sachße auszeichneten.

Paris, iZ.Nov. DerBcrichtdeö Hrn. Blanqui
über dieschlechte Verpslegung dcr sranzösischen Trup-
pen har große Sensalwn gemacht. Der Eourrier
srannais, der zucrst den Bericht des Hrn. Blanqui
mittheilte, kommt heute aus daffelbe Thema zurück.
Das Ministeriurn hat zwar die Anklage abgelehnt;
aber seinc Ausdrücke zeigcn von großcr Verlegen-

heit. Ieden Tag laufen Berichte ein, welche die
Aussage des Hrn. Blanqui bestätigen. Zn den
Spitälern von Philippeville sind inncrhalb drei
Tagcn von 950 Kranken gestorbcn und es fehll
an Leutcn, die Todten zu bcgraben. Man läßt
die Soldatcn auf freicm Fclde lagcrn, wie die Osa-
gen und die Botokuden; wer ein Aelt hat, gehörr
zu den Glücklichcn. Die mcistcn haben kcin ande-
rcs Obdach, als Hüttcn, die sie sich auö Strauch-
werk aufbauen. Die Osfiziere sogar sind gczwun-
gen, in solchen Höhlen zu wohnen, wo sie am
Tage von der Sonne lciden und in der Nacht durch
die Kalte. Stroh ist in dcn Lagern ein Luxusar-
tikcl, und der Gouvcrncur von Älgier selbst würdc
nicht ein Gebund davon austrciben könncn, darauf
zu ruhcn. „Wir haben Thränen der Verzweislung
in dcn Augcn des Oberarztcö der Armee geschen,
sagt cin Bricf aus Algicr, und cs ist doch gewiß
ein fester, stoischcr Ntonn." Dicses Elcnd der
Truppcn in Asrika wird von dcn verschiedencn Op-
posüionen auf ihre Weise ausgebcutet. Das Ucbcl
schreibt sich von langer Zcir her. Die Gcnerale
und Kriegsoberstcn behandeln hicr zu Lande wie
anderswo dcn Soldatcn mit ciner systematischen
Härte. Der Soldar gcrraut sich nicht, zu klogcn,
dcnn er wird eiue Memme gescholtcn und bekommt
wohl noch Strafe dazu; die Offiziere, die für daö
Wohl ihrer Untergcordncten besorgt sind, vermögcn
wenig durch sich selbst, und wenn sie höhercn Or-
tcs sich vcrwenden, so lauscn ste Gesahr, abgcsetzt
zu werden, wie dieseß der Oberst Franeois vor
emiger Zeit ersahren. Wenn die Opser dieser mi-
litärischen Brutalität die Stimmen nicht erhcben,
wer sott es thun? Unkerdessen treiben dic Licseran-
tcn ihr Unwescn in attcr Sicherheit. So war eö
aber von jcher in Frankreich: der 12. Mai hat
daran nicht mchr und wenigcr Schuld, als seiuc
Dorgänger. Man bictet nun das Mögliche auf,
dem Uebel zu steuern: ein Beschluß dcs Kricgömi-
uisterö bcfichlt, dcn Soldaten ein 'gcsundes und
nahri)afles Brod zu rcichen. Der berühmte Chirurg
Dr. Larrcy wird nach Asrika gesendet, u«n daselbst
die Kriegsspitäler einzurichten; Dr. Larrcy ftcht
im Nuse großer Geschicklichkeit und ciner cisernen
Nedlichkeit. Der „Moniteur" enthält hcute cinen
langen Bericht des Marschatts Valec übcr den Zug,
den er mir dem Hcrzog von Orlcans von Konstan-
une odcr viclmehr von Setif aus unternommen
hat. Der Zweck der Expcdition war, die Khalifas,
welche Frankreich am 30. Sept. 1838 in dcm Be-
zirke, der ehemalö Achmct Bey gchorchte, einge-
 
Annotationen