Heidelbergrr Wochenblättcr.
> 206 Samstag, den 19. October 1839.
Ereigniss e.
Preußen. Die preußische Slaatszeitung,
welche bis jetzt der Entweichuug des Erzbischofs
von Posen wit keiner Sylbe erwähnt halte, gibt
unter dem r i Okt. daruber folgende Erklarung:
DaS von dem Ober-Landcs-Gericht zu Posen in
der Rechtssache gegen den Crzbischof von Gncsen
und Posen, Martin v. Dunin, am 23. Februar
!. F. gefallte Erkennlniß wurde, nachdem der Erz-
bischof unter dem 25. April den Weg der Gnade
ergriffen hatte, mittclff Allerlwchsten Kabiners-
schreibens am 20. Mai dahin gemindert, daß der
gegen denselben erkannte sechsmonatliche Festungs-
arrest gänzlich crlaffen, die Ausführung der aus-
gesprochenen Entsetzuug von der Amtswirksamkeit
aber so lange suspendirt bleiden solle, bis sich er-
gcben würde, ob sich ein Mittel finden ließe, die
Ausübung dcr Amlschätigkcit nach seincn des
Erzbischoss Ansichten nffr dcn in den königl. Staa-
ren bestehenden gesetzlichen Vorschriftcn zu vereinigen.
Da indeffen, nach den, bei Publikarion des Er-
kcnntniffes dcm Erzbischof bekannt gemachten Ver-
Yältniffcn, dcffen Nückkeyr in seine Diöcese nicht
gestatret wcrden konnte, fo wurde demselben an-
gedeutet, daß er Bcrlin nicht obnc vorgängige Er-
laubniß der Aiinister der geistlichen Angelcgeichciten
und dcs Znnern verlaffen dürfe, ihm jedoch unbe-
nomrnen bleibe, seinen Aufenihalt, nach genom-
mener Nücksprache mit den vorgenannten Mini-
stern anderswo innerhaid der königl. Staatcn zu
wählen. Diesem ausdrücklichcn, im allerhöchsten
Kabinetsschreiben vom 10. Sept. wiederholt aus-
gesprochenen Befehle S. M. des Königs zuwider
i>t dcr Erzbischof am 3. .Okt. auö Berlin entwichen
und nach Posen zurückgekehrt, in der Adsicht, seine
Amtsthätigkeil daselbst wieder auszuüden. Der
durch diese Entweichung auf das Ncue bewiesene
Ungehorsam har die Königl. Negierung tn die
Nothwendigkeit vcrsctzt, den Erzbischos neuerdings
aus seiner Diöcese zu entfernen. Der Erzbischof
ist bereits von Posen enrfernt und demfetbcn iu
Gemä;;h>ir der Allerhöchstcn Kabinets-.Ordre vom
6. Okr. die Stadt Kolberg zum Aufculhalts-Ort
angewiescn worden."
Bayonne, y. Okt. Die baökrschen und na-
varresischen Provinzen, die noch immer im Bela-
gerungszustande crklärt sich befinden^ habcn um
deffcn desinitive Aufhebung, da übcrall nun Ruhe
in ihnen herrschr, auf amllichem Wege dcn Ober-
besehlshaber angegangen.
Stutrgarr. (Allgemeiue Uebersicht der bei der
Obstbaumzuchr häufig erscheinenden nützlichen und
schädlichen Fnsekten und Thieren. — Fortsehung.)
Diese Raupengattung wird nicht leicht von
dcn Vögeln aufgesuchr und verzehrt und ebenso
die folgenden nichr. Der Wcißdornspinner (Lom-
dyx eürysoirbea) , Nesterraupenschmetterling,
welche sthr zahlreiche Naupenart schon im Au-
gust rmd Scptember crscheint, jedoch in kleiner
Gestalt in ihren Nestern über Winter bleibt,
die an den Bäumen an einem werßen Gcspinnst
in verdorrten Blättcrn aufgehängt und leicht auf-
zufinden sind. Vom September an kann man
diefe Nester aufsuchen, und sie müsscn alsdann zer-
kreten oder verbrannt wcrden. Mit dem Eintritte
der warmcn Tempcrarur (12 - i^o R.) verlaffen
sie ihre Nestcr und verbrciten sich auf den Bäumen,
wo sie aufgesucht und getödtet werden müffcn. Am
besten geschieht dicses Tödten durch Zerschneiden
mit Schcercn, wodurch daö Ablescn erspart und
Lie Plnlust des Sammelns dersclben erleichtcrt
wird. Ebenso wird gcgen den Baumweißling
s?a;ü!io cnstaeßi) in Betrcff dcr Vertilgung vcr-
fahren. Seine Entwickelungsort und Keit und
seine Lebenswcise triffs ganz mit der vorhcr-
genanntcn Raupenarr zusammen. Auffcr dcn ge-
nanm.kn Arten kommen noch fehr viele schädliche
Naupen, 9))orlcn und Käfer vor, die abcr hier
nicht genannt wcrden; dcnn da sie weniger zahl-
reieb find schaden fie auch wcniger und crfordcrn
keinen eigcncn Vertilgungskricg. Endlich muß ich
noch einen Hauptfeind dcr Obstbäume bezeichnen,
den Kernobstrüffelkäfcr (^otbonomus ^omoium,
Oorcuüo pomornm). Er ist braun, von der Farbe
der Maikäfer, jedoch klein und fchmäler als dcr
Sonnenkafer (Hcrraottkäfcr). Die Larve dieses
Käfers lebc in, April und Akai in den Blüthen der
Acpfel und Birnen, deren Blüthenblättcr sic über
sich zusainlncnzieht, welche dann vertorren, weil
die Larve unrer diefem Bcl^älter den Fruchtknoten
und die Geschlechtörhcile ausfrißt und so manchmal
den ganzen Erlrag eines Baumes zerstört. Man
darf nur die zujammengczogenen Blüthcnblärter
wie ein Läppchen von dcm Stiele der Obstblüthen
abziehen, so liegt dic Larve (ein gebliches Würm-
chen, daß sich meistcns aus der Hüllc herausschnellt)
offen da. Der Käfer kann von dcn Bäumen
leicht abgeschüttclt werdcn, und in diesem Falle
legt man L inwandtücher auf den Bodcn um ihn
leichtcr zu erkermen und zu tödten. Ich kann aus
eigener, sorgfältig gemachrer Erfahrung die Vcrsiche-
rung geben, daß durch die hier angegebenen Mittel
bei den cinzelnen Naupengatlungen deren Abhalten
von den Bäumen ganz sicher zu crwarten ist, und
daß selten ein Vogel weder die Ningelraupe noch
die Nesterraupe (Goldaftcr) verzehrt. (Schl. f.)
> 206 Samstag, den 19. October 1839.
Ereigniss e.
Preußen. Die preußische Slaatszeitung,
welche bis jetzt der Entweichuug des Erzbischofs
von Posen wit keiner Sylbe erwähnt halte, gibt
unter dem r i Okt. daruber folgende Erklarung:
DaS von dem Ober-Landcs-Gericht zu Posen in
der Rechtssache gegen den Crzbischof von Gncsen
und Posen, Martin v. Dunin, am 23. Februar
!. F. gefallte Erkennlniß wurde, nachdem der Erz-
bischof unter dem 25. April den Weg der Gnade
ergriffen hatte, mittclff Allerlwchsten Kabiners-
schreibens am 20. Mai dahin gemindert, daß der
gegen denselben erkannte sechsmonatliche Festungs-
arrest gänzlich crlaffen, die Ausführung der aus-
gesprochenen Entsetzuug von der Amtswirksamkeit
aber so lange suspendirt bleiden solle, bis sich er-
gcben würde, ob sich ein Mittel finden ließe, die
Ausübung dcr Amlschätigkcit nach seincn des
Erzbischoss Ansichten nffr dcn in den königl. Staa-
ren bestehenden gesetzlichen Vorschriftcn zu vereinigen.
Da indeffen, nach den, bei Publikarion des Er-
kcnntniffes dcm Erzbischof bekannt gemachten Ver-
Yältniffcn, dcffen Nückkeyr in seine Diöcese nicht
gestatret wcrden konnte, fo wurde demselben an-
gedeutet, daß er Bcrlin nicht obnc vorgängige Er-
laubniß der Aiinister der geistlichen Angelcgeichciten
und dcs Znnern verlaffen dürfe, ihm jedoch unbe-
nomrnen bleibe, seinen Aufenihalt, nach genom-
mener Nücksprache mit den vorgenannten Mini-
stern anderswo innerhaid der königl. Staatcn zu
wählen. Diesem ausdrücklichcn, im allerhöchsten
Kabinetsschreiben vom 10. Sept. wiederholt aus-
gesprochenen Befehle S. M. des Königs zuwider
i>t dcr Erzbischof am 3. .Okt. auö Berlin entwichen
und nach Posen zurückgekehrt, in der Adsicht, seine
Amtsthätigkeil daselbst wieder auszuüden. Der
durch diese Entweichung auf das Ncue bewiesene
Ungehorsam har die Königl. Negierung tn die
Nothwendigkeit vcrsctzt, den Erzbischos neuerdings
aus seiner Diöcese zu entfernen. Der Erzbischof
ist bereits von Posen enrfernt und demfetbcn iu
Gemä;;h>ir der Allerhöchstcn Kabinets-.Ordre vom
6. Okr. die Stadt Kolberg zum Aufculhalts-Ort
angewiescn worden."
Bayonne, y. Okt. Die baökrschen und na-
varresischen Provinzen, die noch immer im Bela-
gerungszustande crklärt sich befinden^ habcn um
deffcn desinitive Aufhebung, da übcrall nun Ruhe
in ihnen herrschr, auf amllichem Wege dcn Ober-
besehlshaber angegangen.
Stutrgarr. (Allgemeiue Uebersicht der bei der
Obstbaumzuchr häufig erscheinenden nützlichen und
schädlichen Fnsekten und Thieren. — Fortsehung.)
Diese Raupengattung wird nicht leicht von
dcn Vögeln aufgesuchr und verzehrt und ebenso
die folgenden nichr. Der Wcißdornspinner (Lom-
dyx eürysoirbea) , Nesterraupenschmetterling,
welche sthr zahlreiche Naupenart schon im Au-
gust rmd Scptember crscheint, jedoch in kleiner
Gestalt in ihren Nestern über Winter bleibt,
die an den Bäumen an einem werßen Gcspinnst
in verdorrten Blättcrn aufgehängt und leicht auf-
zufinden sind. Vom September an kann man
diefe Nester aufsuchen, und sie müsscn alsdann zer-
kreten oder verbrannt wcrden. Mit dem Eintritte
der warmcn Tempcrarur (12 - i^o R.) verlaffen
sie ihre Nestcr und verbrciten sich auf den Bäumen,
wo sie aufgesucht und getödtet werden müffcn. Am
besten geschieht dicses Tödten durch Zerschneiden
mit Schcercn, wodurch daö Ablescn erspart und
Lie Plnlust des Sammelns dersclben erleichtcrt
wird. Ebenso wird gcgen den Baumweißling
s?a;ü!io cnstaeßi) in Betrcff dcr Vertilgung vcr-
fahren. Seine Entwickelungsort und Keit und
seine Lebenswcise triffs ganz mit der vorhcr-
genanntcn Raupenarr zusammen. Auffcr dcn ge-
nanm.kn Arten kommen noch fehr viele schädliche
Naupen, 9))orlcn und Käfer vor, die abcr hier
nicht genannt wcrden; dcnn da sie weniger zahl-
reieb find schaden fie auch wcniger und crfordcrn
keinen eigcncn Vertilgungskricg. Endlich muß ich
noch einen Hauptfeind dcr Obstbäume bezeichnen,
den Kernobstrüffelkäfcr (^otbonomus ^omoium,
Oorcuüo pomornm). Er ist braun, von der Farbe
der Maikäfer, jedoch klein und fchmäler als dcr
Sonnenkafer (Hcrraottkäfcr). Die Larve dieses
Käfers lebc in, April und Akai in den Blüthen der
Acpfel und Birnen, deren Blüthenblättcr sic über
sich zusainlncnzieht, welche dann vertorren, weil
die Larve unrer diefem Bcl^älter den Fruchtknoten
und die Geschlechtörhcile ausfrißt und so manchmal
den ganzen Erlrag eines Baumes zerstört. Man
darf nur die zujammengczogenen Blüthcnblärter
wie ein Läppchen von dcm Stiele der Obstblüthen
abziehen, so liegt dic Larve (ein gebliches Würm-
chen, daß sich meistcns aus der Hüllc herausschnellt)
offen da. Der Käfer kann von dcn Bäumen
leicht abgeschüttclt werdcn, und in diesem Falle
legt man L inwandtücher auf den Bodcn um ihn
leichtcr zu erkermen und zu tödten. Ich kann aus
eigener, sorgfältig gemachrer Erfahrung die Vcrsiche-
rung geben, daß durch die hier angegebenen Mittel
bei den cinzelnen Naupengatlungen deren Abhalten
von den Bäumen ganz sicher zu crwarten ist, und
daß selten ein Vogel weder die Ningelraupe noch
die Nesterraupe (Goldaftcr) verzehrt. (Schl. f.)