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Heidelberger Wochenblätter (33) — 1839

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https://doi.org/10.11588/diglit.29903#0653

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Hcidelberger Wochcnblättcr.

Xo. 161. Samstag, den 17. August 183V.

Ereignisse.

Karlsrul) e, 2Y. Juli. Diskussion dcs Kom-
missionsdcrichts des Abgcordneten Aschbach übcr
die Motion dcs Abgeordneten v. Rotteck auf Wic»
deryerstellung cinigen Nechlszustandes in Sachen
dcr Prcffe; als Nachlrag zu unserem Berichte übcr
die ü5. öffenrliche Sitzung der II. Kammer. (Forts.)

Skaalsminiftcr v. Blittersdorff fälwt forr: Ich
glaube wohl, daß die von dem Abgeordneren
v. Ihstein vorhin bezeichneren Worte nichts
Staaisgefäbrliches emhallen; allein wenn sie gestri-
chen wurden, so könnten sie auch aus andern Grün-
den und nicht blos wegen iyrer Staalsgefäyrüchs
keic geftrichen worden scyn. Wenn Sie aber glau-
ben, daß ich mich mic solchen Lappalien bescbäfti-
ge, so sind Sie seyr im Irrtyum. Dazu würde
;ch mich nicht Yergeben. Nicht nur die Gefälulich-
"'cit, sondcrn anch die Beobachlung des Schickli-
cy . und Anstandigen ist eb, weßdalb nicht selten
ner eine oder anderc Arrikel geslrichcn rvird. Die-
scr Anstand ist aber insbesondcre von eincr Zeitung
zu beachlen, welche am Sitz der Regierung erscheint.
Was würde man und zwar mit Nechtsagen, wcnn
man in einer Zeirung, der man cinen yalbofstziel-
len C!)arakter beilegt, einen Negierungsbeamten auf
die Weise verl)öl)ncn ließ, wie der Abg. v. Itzstein
eL vorgerragen yat. Es mögen die angefüyrten
Tiyatsachen wayr seyn, allein in dem Zusammen-
yang, in dem diese TYarsachen gegeben, in dem
Lichle, in das sic gcsteUl sind, erschcinen sie als ein
Pasguill gegen eincn yöyern Sraatsbcamten. Die
Negicrung kann solchen Artikeln iyre Billigung
nichl ercycilen, sie wird iyre Beamten in denAugen
der llukercyanen nichc yeruntersetzen laffen. Die
Censur k'önnre untcr gegebenen Umständen vielleicht
noch weiter geyen müffen, als sie bisyer gegangen.
v. Itzstein st'iufallend): Eiue schöne Perspektive,
die unS da eröffner wird aus dem Munde eincs
konsticutioneUen Nlinifters! Eine schöne Perspekcive
ffür die Eryalrung eincs Preßgesetzes! (Bielseitiger
BeifaU.) Staatsminister v. Blitccrsdorff (forcsay-
rend): Ich spreche von Folgen von Handlungcn,
die sich, wenn man nichc blind seyn will, leichr oor-
yerseycn laffen, von Folgcn, die als ein Produkt
der Notywendigkeit unabweislich sind. Meine Her-
ren, blicken Sie um sich, und Sie werden erken-
nen müffcn, daß wir das größre Inrereffe haben,
unsere Beamten zu eyren und zu achten, damir sie
dic Autorität bei dein Volke,drren sie zu Erfüllung

iyrer Pflicht bedürfen, nicht verlieren. AUerdings
glaube auch ick, daß die vffene und ungeschminkre
DarsteUung der Walu ycit kcine Nevolution erzeugt;
was aber Revolncivnen crzeugt, das ist die Entstel-
lung der Wayrheit, deren sich dic ungezügelte Presse
nur zu leicht fchuldig machr. Wenn ich gesagl yabe,
daß in Deutschland durch die Preßfreiycit eine Ne-
volukion encstcyen könnre, so Yabe rch eö nicht in
dem Sinn genommen, daß die erstc unzensirtc Zei-
tung stakt einer Brandfackel diene, um unfere Städte
und Dörfer in Flammcn zu setzen. Zch yabe
damir nur so viel sagen wollen, daß eine Preßfrei-
yeir, wie Si'e dieselbe verlangen, wie sie in dem
Sinne dcr Majoricäc der Kamwer liegt, zur llm-
gestalcung, zur Desorganisalion des deulschen Bun-
dcs, mityin von Deutschland süyren müßle. Hegr
man solcke Besorg.üffe, dic nichl aus der Luft
gcgriffen sind, so ist es wayrlich der Müye werth,
sich die Sache zweinia! zu bedcnken, bevor man
cine so gesäyrliche Bayn belritt. Meiner Seits
kann ich es den Bundesregierungen nur Dank
wiffcn, wenn sie einen so Yochwich-igen Gegen-
ftand von allen Seilen crivägen, und nur nach
aUseiliger Erwägung iltte Beschlüffe faffen. Meine
Herren, glauben Sie ja nicht, daß die Kabinere
Yicrbei von unlergeordncccn Nücksichten ausgeyen.
Wayrlich, Sie irren Sich, wenn Sie glauben,
taß die 5kabineie eincn so großen Werty darauf
legen, durch Auwcndung der Eensur das Mißfäl-
lige aus ken öffenrüchen Bläccern zu enlferncn.
Ucber das Atißfällige muß slch jede Negicrung weit
erhaben dünken. Icder, der zur Leitung dcr
Slaatsgeschäste berufen wird, muß sich, im Ge-
fü!)le seines eigencn Wertyes, über das Mißfällige
Yinwegsctzen; er muß mit Verachtung auf Ver-
läumdungcn und Anfcindungen Yerabse!ttn, denen
jeder Hochgestellce sich taglich ansgesetzt sicyt. Glau--
bcn Sie mir, cs ist k'eine dankbare, kcine erfreu-
liche SceUung, als Beamter yochgesleUt zu seyn
und von AUen angestindcc zu werden, dre einer
entgegengcjetzten Ansicht yuldigen. Hat man bci
der Gewißl)eit eines solchen LoynS dennoch dcn
Mclty, sich voranzustellen, fo verdicnt dies auck
von I!)rer Seite Anerk'ennung. Auch darin bin
anderer Mcmuug, daß die Gen.ütycr dcs Volks
deSwegen empört seyen, wcil dieCensur mit ttmsicht
und Gewiffenyastigkeit geyandyabt wird. Ich kenne
Deutschland, und zwar nicht blos das Großyer-
zogtyum, ich yabe mich in weitercnKrcisen umge-
seyen, und nichts von einer so allgemeinen Empö-
 
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